Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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Quintus wieder ganz gesund wird.«

      »Ja, trinken wir drauf, Alois! Aber da habe ich wenig Hoffnung, nach dem, was mir der Leo erzählt hat. Des Knie bekommen die Doktors ja vielleicht wieder hin. Aber klettern wird der net mehr können. Das sollen die Ärzte schon gesagt haben.«

      »Des ist ja ein wirkliches Drama!« Der alte Alois war voller Mitleid.

      »Was sagt denn der Quintus dazu?«

      »Soweit ich den Leonhard verstanden habe, weiß er noch net alles. Er ist noch im Operationssaal unterm Messer. Bei der Bergwacht is ja auch immer ein Arzt dabei. Der hat mit dem Leo gesprochen.«

      »Ja, des is schlimm!« Alois war erschüttert. »Dem Quintus sein Vater war schon bei der Bergwacht, sein Großvater auch. Des wird ihn schwer treffen.«

      Anna legte Alois die Hand auf die Schulter.

      »Warten wir doch erst einmal das Ergebnis der Operation ab. Wunder geschehen immer wieder. Man soll nicht alles so schwarz sehen. Ich habe da neulich in einer Zeitung etwas über einen Hochleistungssportler gelesen. Er hatte einen schweren Motorradunfall und einen Trümmerbruch des Beines. Nach vielen Operationen und Reha-Maßnahmen ist er wieder fit. Er hat sogar schon wieder eine Medaille gewonnen. Das wird schon wieder werden.«

      »Du bist ein liebes Madl, Anna! Du nimmst immer nur das Beste an. Des ist ganz lieb von dir. Doch mit der Zeit als Aktiver bei der Bergwacht, des is für den Quintus gewiß vorbei. Den lassen sie schon aus Sicherheitsgründen net mehr auf den Berg«, erklärte Alois.

      »Anna, alle, die bei der Bergwacht aktiv arbeiten, müssen gesundheitlich extrem belastbar sein. Nach so einem Unfall ist es vorbei. Da hilft es auch nicht, die Sache sich voller Hoffnung schönzureden. Es geht dabei einfach auch um die rechtliche Absicherung«, erklärte Toni seiner Anna.

      Alle waren bedrückt. Den ganzen Abend redeten auch die Hüttengäste darüber, wie so etwas passieren konnte. Einige unter ihnen kannten Quintus Quandler gut, da dieser in seiner Freizeit gelegentlich als Bergführer tätig gewesen war.

      *

      In der folgenden Woche fuhr Toni mit Leo ins Krankenhaus. Sie besuchten Quintus. Er lag in einem Einzelzimmer. Ein richtiges Gespräch kam nicht auf, weil Quintus immer wieder einschlief. Die Ärzte hatten ihn unter ein starkes Beruhigungsmittel gesetzt. Er sah schlecht aus und hatte tiefe Ringe um die Augen.

      Auf dem Heimweg sagte Leonhard zu Toni: »Der Quintus ist ein gebrochener Mann. Dem fehlt jeder Lebensmut. Er fühlt sich als Invalide.«

      »Ja, des tut er! Weißt du auch nicht, was wir machen können, um ihm zu helfen, Leo?«

      »Da ist guter Rat teuer! Wie willst du jemanden helfen, der sich net helfen lassen will. Er verbeißt sich so in sein Unglück, daß er guten Ratschlägen und Vorschlägen net zugänglich ist. Auf alles hat er eine ablehnende Antwort.« Leonhard Gasser seufzte. »Weißt, Toni, in gewisser Weise kann i des auch versteh’n. Der Quintus war ein vor Gesundheit nur so strotzendes Mannsbild. Wenn wir bei einem Großeinsatz waren und uns alle schon langsam die Kräfte ausgingen, da war der Quintus noch immer topfit. Der hat Kraftreserven gehabt ohne Ende, und geschickt war er auch. Der hat mit links Dinger hingelegt, da konnte man nur den Kopf schütteln.« Leonhard Gasser war voller Bewunderung.

      Toni hob zu einer Bemerkung an, brach aber ab, als Leo anfügte:

      »Versteh’ mich net falsch, Toni. Jeden kann’s mal treffen und bei jedem is es schad. Aber bei Quintus is es besonders tragisch! I hab’ richtig Angst um ihn, wie des mit dem weitergehen tut. Damit mein i, wie es seelisch weitergeht. Der hat doch einen Schaden davongetragen. Einen mächtigen Knacks hat der jetzt schon.«

      »I hab’s gemerkt, Leo. Des war dem gar net recht, daß wir ihn besucht haben. Ständig hat er davon gesprochen, daß er ein Invalide is. Wir müssen ihn da irgendwie rausreißen. Doch wie, des weiß i auch net.«

      *

      Die Ärzte hatten Quintus’ Knie geschraubt und genagelt und eine künstliche Kniescheibe eingesetzt. Die Wochen des Krankenhausaufenthaltes vergingen. Quintus war jung und kräftig, seine Wunde verheilte gut. Er saß im Rollstuhl oder humpelte ein paar Meter auf Krücken durch das Krankenzimmer.

      Die Ärzte der Sportmedizinischen Unfallabteilung konnten für Quintus Quandler nichts mehr tun. Der Patient wurde in eine Rehaklinik entlassen. Dort wurde er nach zehn Wochen entlassen.

      In Waldkogel übernahm jetzt Dr. Martin Engler die Betreuung des Patienten. Das erforderte in einem besonderen Maß Geduld von seiten des Arztes, da die beiden sich gut kannten. Jeden zweiten Tag machte Martin bei Quintus einen Hausbesuch.

      »Mußt net immer vorbeikommen, Martin! I dank dir schön für deine Fürsorge. Aber helfen kannst du mir auch net. Ich bin halt zu nix mehr zu gebrauchen.«

      »So ein dummes Gerede. Bist wohl jetzt ganz narrisch geworden. Du

      hast’s am Knie und net am Kopf. Man könnt denken, daß du da an Gehirnerweichung leidest, so unsinnig und verbohrt, wie du dich da in die Sach reinsteigerst«, brüllte Martin Quintus an.

      Sie gerieten richtig in Streit. Martin wußte, daß er Quintus aus seiner Lethargie reißen mußte. Der einst lebenslustige Quintus igelte sich immer mehr ein. Es wurde fast von Tag zu Tag schlimmer.

      »Du hast gut reden! Dir ist des net passiert. Du hast zwei gesunde Knie und kannst jederzeit auf den Berg kraxeln. I kann mir die Berge nur noch von unten ansehen.«

      »Jetzt übertreibst du aber mächtig. Fühlst dich sauwohl in deinem Gejammer. Des is a Schand, wie du dich gehenläßt.«

      »Laß mich in Ruh, Martin. I will mich mit dir net streiten. I weiß ja, was ihr alle von mir denken tut.«

      »So, du nimmst des an! Des ist wieder so ein Irrtum von dir. Liegst hier im abgedunkelten Zimmer und starrst den ganzen Tag an die Decke.«

      Der Doktor ging zum Fenster und wollte die Klappläden aufmachen.

      »Nimm deine Pranken da weg! Die bleiben zu. Soll ich mir den ganzen Tag auch noch die Berge durchs Fenster aus ansehen?«

      »Ah! Deshalb willst du Woche für Woche eine Krankmeldung von mir. Du willst dich allem entziehen? Willst du vielleicht bis an dein Lebensende, in fünfzig oder sechzig oder noch mehr Jahre, dich hier selbst einsperren? Da spiel i net mehr mit, Quintus!«

      »So, dann such i mir einen anderen Doktor!« entgegnete Quintus trotzig und fügte hinzu: »Soso! Des nennst du Freundschaft! Mich so im Stich zu lassen.«

      Die beiden gerieten immer mehr aneinander.

      »Wenn es mir der Eid des Hippokrates nicht verbieten würde, dann wüßte ich schon eine Therapie für dich. Du gehörst mal richtig durchgeprügelt! So, daß dir hören und sehen vergeht und du wieder zu dir kommst. Nix da! Von mir bekommst du keine Krankmeldung mehr. Du kannst ganz gut laufen, auch wenn du das Knie noch net ganz beugen kannst. Du kannst mindestens vier Stunden am Tag im Büro sitzen zum Anfang. Des gebe ich dir gern schriftlich!«

      Dr. Martin Engler schrieb ein Attest.

      »So, das war’s. Mach jetzt was du willst. I besuch dich net mehr. Wennst Schmerzen hast, kannst zu mir in die Praxis kommen. Ein Rezept für Bewegungstherapie stelle ich dir auch aus. Wenn du ohnehin in der Stadt bist, kannst du anschließend in die Krankengymnastik gehen.«

      Martin ergriff seine Arzttasche und wandte sich zur Tür. Im Rahmen blieb er noch einmal stehen und schaute mit traurigen Augen Quintus Quandler an:

      »Es ist schade, daß unsere Freundschaft so darunter leidet. Gerade bei dir habe ich beide Augen zugedrückt. Jeder versucht dir zu helfen. I verstehe ja, daß dir der Bürojob auf der Hauptverwaltung der Bergwacht in der Stadt net schmecken tut. Aber jeder bei der Bergwacht muß früher oder später aus dem aktiven Dienst ausscheiden und das Feld in den Bergen Jüngeren überlassen. Des is für jeden ein schwerer Einschnitt im Leben. Des is mir schon klar. Jetzt ist des halt bei dir ein paar Jährchen früher soweit. Wirst sehen, so schlimm ist es net.«

      »Pah!


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