Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


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Nacht im Dienst war, wenn es erforderlich wurde. Schließlich war er nicht nur Polizist, sondern auch der Dienststellenleiter dazu.

      »Kommst’ gerade recht«, sagte sein Bruder. »Frau Tappert hat den Kaffee schon fertig.«

      »Das hab’ ich mir gedacht«, grinste Max Trenker, der ein untrügliches Gefühl dafür hatte, wann im Pfarrhaus gegessen wurde.

      Den Kochkünsten der Haushälterin seines Bruders verfallen, ließ der junge Beamte keine Mahlzeit aus – wenn er es verhindern konnte. Dabei entwickelte er einen enormen Appetit und wirkte jedoch keineswegs dick. Sebastian fragte sich so manches Mal, wo Max das alles ließ, was er essen konnte.

      »Und gibt’s was Neues?« erkundigte sich der Pfarrer, als sie hinter’m Pfarrhaus im Garten saßen.

      Max schüttelte den Kopf.

      »Alles bestens«, meinte er gutgelaunt. »Die Kriminalitätsrate in Sankt Johann ist weiter im Sinken begriffen.«

      »Na, das ist ja erfreulich.«

      Der Geistliche wandte sich an seine Haushälterin.

      »Der Zuckerkuchen ist wieder einmal ausgezeichnet«, lobte er.

      »Stimmt«, nickte Max und griff erneut zu. »Aber das wissen S’ ja ohnehin.«

      Sophie Tappert lächelte nur. Sie redete überhaupt wenig, und wenn sie mal etwas zu sagen hatte, dann hatte es auch Gewicht. Meistens bezog es sich auf den Lebenswandel von Maximilian Trenker, der der Perle des Pfarrhaushalts ein Dorn im Auge war. Sophie hatte den Bruder des Pfarrers wie einen Sohn in ihr Herz geschlossen, und es gefiel ihr überhaupt nicht, daß er mit seinen beinahe dreißig Jahren noch immer nicht unter der Haube war.

      Max indes dachte überhaupt nicht daran, in den Stand der Ehe zu treten. Dazu liebte er seine Unabhängigkeit viel zu sehr. Er war jung und lebenslustig und für jeden Spaß zu haben. Wenn irgendwo eine Gaudi war, dann war Max Trenker meist nicht weit.

      Und er war ein Herzensbrecher, und nicht wenige der Madeln weinten sich hinterher bei Sophie Tappert aus. Was dann erneuter Anlaß für die Haushälterin war, Max ins Gewissen zu reden. Im Moment allerdings hatte sie keinen Grund zur Klage, denn der Gendarm von St. Johann hielt sich sehr zurück, was die Frauen betraf. Sein Bruder argwöhnte, der gute Maxl könne in die Jahre gekommen und weiser geworden sein, aber eigentlich wußte der Pfarrer genau, daß es net so war. Dazu machten die Madeln es dem gutaussehenden Mann viel zu leicht.

      »Ich pack’ Ihnen nachher noch ein paar Stückl ein«, versprach Sophie Tappert und räumte den Kaffeetisch ab.

      »Für mich wird’s Zeit, die Predigt für die Sonntagsmesse zu überarbeiten«, sagte Sebastian und stand auf.

      Auch der Kammeier verabschiedete sich mit dem Hinweis, die Kirche für die Abendmesse vorbereiten zu müssen, so daß Max schließlich alleine im Garten saß. Er stand von seinem Platz auf und legte sich in den Liegestuhl, den er zuvor in die Sonne rückte. Genüßlich schloß er die Augen und blieb bis zum Abendessen liegen.

      Später, als er schon tief und fest schlief, kam Sophie aus dem Haus und breitete eine Decke über ihn aus.

      *

      Sandra Hofmayr brachte das Ehepaar Unterleitner zur Tür und kehrte dann auf die Terrasse zurück. Dort genoß sie die wärmenden Strahlen der Sonne. Ausgiebig reckte und streckte sie sich – es war einfach herrlich, endlich Wochenende, und damit zwei freie Tage zu haben.

      Das Geschäft in der Kreisstadt lief so erfolgreich, daß sie es sich leisten konnte, am Samstag nicht zu öffnen. Viele ihrer Kunden wußten das und kamen an den anderen Tagen. Sandra hatte sogar eine Verkäuferin eingestellt, die sie zu den Zeiten, in denen die Antiquitätenhändlerin unterwegs war, im Geschäft vertrat.

      Alles in allem konnte sie zufrieden sein. Der geschäftliche Erfolg hatte ihr zudem ermöglicht, dieses Haus zu kaufen, das sie auf einer ihrer Touren entdeckt hatte. Es war vor einem guten Jahr, als sie in dieser Gegend unterwegs war. Bei einem Bauern kaufte sie damals einen alten Schrank, der ihr, nachdem er restauriert worden war, einen guten Gewinn einbrachte.

      Sandra griff nach der Kaffeekanne auf dem Tisch – und erstarrte. Der Kuchenteller war leer! Dabei hätte sie schwören können, daß eben, bevor sie die Eheleute zur Tür gebracht hatte, noch zwei Stücke darauf lagen.

      Sie überlegte – sechs Stücke waren es, nachdem zwei auf mysteriöse Weise verschwunden waren. Von diesen sechs hatte sie selber eines gegessen, Karl Unterleitner ebenfalls, machte mit den zweien, die seine Frau aß, vier Stücke. Natürlich, sie hatte sich nicht getäuscht. Zwei Stücke Kirschkuchen hätten noch auf dem Teller liegen müssen, doch der war leer!

      Das konnte doch nur bedeuten, daß – Sandra spürte ihr Herz heftig klopfen – daß sie nicht alleine war. Irgend jemand trieb sich in ihrem Garten umher…

      Sandras Augen suchten alles ab, die Büsche, Bäume, die mannshohe Hecke, die das Grundstück zum rechten Nachbarn begrenzte.

      Da! War da nicht etwas? Ein bunter, blitzender Fleck?

      Sie tat zunächst, als wäre nichts gewesen und schenkte sich eine Tasse Kaffee ein, die sie langsam und bedächtig leerte. Der bunte Fleck bewegte sich unterdessen zwischen den Büschen hin und her, wanderte von hier nach da. Schließlich stand die junge Frau auf und ging langsam durch den Garten, wobei sie die Blumen und Sträucher begutachtete, hier den Reifestand der Äpfel prüfte oder dort eine Kirsche pflückte und in den Mund steckte.

      Schließlich stand sie vor dem Busch, hinter dem sie die Person in dem bunten Hemd vermutete. Es war ein riesiger Rhododendron, mit dunklem, dichtem Laub. Es war wirklich nicht leicht, jemanden darin auszumachen, doch Sandra war sicher, sich nicht getäuscht zu haben.

      »Komm nur heraus«, sagte sie im strengen Ton. »Ich hab’ dich längst gesehen.«

      Es geschah nichts.

      »Was ist?« fragte die Frau nach einer Weile. »Soll ich erst den Gendarm rufen?«

      »Nein«, antwortete ein dünnes Stimmchen. »Ich komm ja schon.«

      Sandra war gespannt. Es raschelte vor ihr, und Zweige knackten, und schließlich kroch ein kleines Mädchen unter dem Busch hervor. Es mochte vielleicht acht Jahre alt sein.

      Die Antiquitätenhändlerin riß die Augen auf.

      Die Kleine war schmutzig von Kopf bis Fuß. Die blonden Haare waren zerzaust, das bunte T-Shirt und die Jeans fleckig. In den Mundwinkeln klebten rote Flecken – die Überreste vom Kirschkuchen.

      Als sie so vor ihr stand und dazu noch eine Arme-Sünder-Miene machte, konnte Sandra nicht an sich halten. Sie lachte laut los.

      »Ja, sag mal, wer bist du denn?« fragte sie.

      Die Kleine schaute sie von unten her an.

      »Ich… ich bin die Nikki«, sagte sie schließlich.

      »So, Nikki. Und wie weiter?«

      Das Mädchen zögerte.

      »Nun, ich höre.«

      »Behringer. Ich heiße Nikki Behringer.«

      »So, Nikki Behringer, und was machst du in fremder Leute Garten, hm?« fragte Sandra weiter. »Kuchen stehlen? Du warst es doch, die den Kirschkuchen vom Teller genommen hat. Man kann’s ja noch an deinem Mund sehen.«

      Die Kleine wischte sich schnell mit der Hand über die Lippen.

      »Das nützt dir jetzt auch nix mehr«, meinte die junge Frau weiter. »Du bist überführt.«

      »Wenn ich doch solchen Hunger hatte«, erklärte Nikki kleinlaut.

      »Ja, bekommst du denn zu Hause net genug zu essen?«

      Das Madel hielt den Kopf gesenkt.

      »Ich hab’ kein Zuhause«, sagte es mit leiser Stimme.

      »Kein Zuhause? Aber wo wohnst du denn? Wo sind denn deine Eltern?«

      Nikki


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