Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


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      Kathie hörte das Klingeln des Telefons und ahnte, wer da anrief.

      »Hör’ auf. Bitte, hör’ auf«, sagte sie leise. »Vielleicht hab’ ich sonst net mehr die Kraft und nehme doch ab.«

      Zehn Minuten, oder noch länger, ging es so. Dann war Ruhe in der kleinen Wohnung, nur das Ticken der Uhr in der Küche drang durch die offene Tür in das Wohnzimmer.

      Kathie lag auf dem Sofa. Seit dem Morgen hatte sie es kaum verlassen. Nachdem Max Trenker gegangen war, klopfte es kurze Zeit später an der Wohnungstür. Kathie wußte, daß es ihre Vermieterin war. Frau Strohlinger stellte keine Fragen, sie sah, daß es der jungen Frau schlecht ging, und handelte.

      »Sie legen sich erstmal hin«, befahl sie. »Wenn S’ net ins Bett wollen, dann auf das Sofa.«

      Sie warf einen Blick auf Kathies halbvolle Tasse.

      »Kaffee ist ganz schlecht in Ihrem Zustand. Ich koch’ Ihnen gleich einen Kräutertee, aber vorher ruf’ ich den Doktor an. Der muß unbedingt herkommen und Sie anschau’n.«

      Die kleine, resolute Person wirbelte so durch die Wohnung, daß Kathie gar keinen Widerspruch gewagt hatte. Außerdem war sie dankbar, daß Frau Strohlinger sich um sie kümmerte. Schließlich brachte sie den Tee und setzte sich zu der Kranken. Zuvor rief sie im Hotel an und meldete Kathie krank.

      »So, den trinken S’ jetzt schön langsam«, befahl sie sanft. »Und wenn S’ mögen, dann können S’ mir Ihr Herz ausschütten.«

      Kathie sah sie dankbar an.

      Ja, es tat so gut, sich einem Menschen anvertrauen zu können. Kathie berichtete mit langsamen, stockenden Worten, was geschehen war, und warum der Polizeibeamte sie aufgesucht hatte.

      Frau Strohlinger strich ihr dabei immer wieder tröstend über die Wange.

      »Mag ja sein, daß es net ganz richtig war, daß Sie dem Max Trenker net gesagt haben, wo Ihr Bruder sein könnte – aber, du lieber Himmel, ewig wird der Wolfgang sich ja net verstecken können. Und so richtig gelogen haben S‘ ja gar net, nur etwas verschwiegen. Also, Kopf hoch, Kathie, das wird schon wieder.«

      »Glauben S’ wirklich?« fragte sie zweifelnd.

      »Bestimmt. Da bin ich sicher. Und wenn Ihr Bruder unschuldig in die Sache hineingeraten ist, dann wird er auch einen gnädigen Richter finden.«

      Diese Worte waren es, die Katharina Lehmbacher wieder etwas aufrichteten, und an die sie sich klammerte. Dr. Wiesinger kam, und es war für den Arzt gar keine Frage, die junge Frau krank zu schreiben, nachdem er ihren Zustand überprüft hatte. Er erbot sich, die Krankmeldung persönlich im »Löwen« abzugeben und verschrieb ein Beruhigungsmittel auf pflanzlicher Basis, das Frau Strohlinger aus der Apotheke mitbrachte.

      Am Nachmittag gelang es Kathie dann sogar, ein wenig zu schlafen. Sie wachte erst wieder auf, als das Telefon klingelte.

      Gottlob, dachte sie, es hatte aufgehört.

      Nein, sie wollte nicht mit ihm sprechen, denn dann hätte sie ihm alles sagen müssen. Belügen wollte sie ihn nicht, und die Wahrheit war so schrecklich, daß sie sie ihm nicht sagen konnte, denn dann mußte er sie verachten. Wie sie es auch drehte und wendete – sie war die Schwester eines Kriminellen, und als solche konnte sie niemals eine engere Verbindung mit Robert Demant eingehen.

      So schwer es ihr auch fiel – sie mußte und wollte ihn vergessen!

      *

      Die beiden nächsten Tage waren für den Kunstmaler die schwersten seines Lebens. So sehr er auch darauf hoffte, Kathie ließ nichts von sich hören. Mehr als einmal war er drauf und dran gewesen, einfach zu ihrer Wohnung zu gehen und sie zu besuchen. Einzig der Gedanke, daß es ihrer Gesundheit schaden könnte, hielt ihn davon ab.

      Schließlich hatte er versucht, durch Dr. Wiesinger etwas über die junge Frau in Erfahrung zu bringen, doch der Arzt schüttelte nur den Kopf. Er war noch zweimal zu einem Hausbesuch bei ihr gewesen, doch er durfte nichts darüber sagen. Seine ärztliche Schweigepflicht hinderte ihn daran, obwohl er gerne geholfen hätte. Inzwischen wußte auch er, daß Katharina dem Maler alles bedeutete.

      »Sie ist auf dem Wege der Besserung, und es besteht absolut kein Grund zur Sorge«, war alles, was er dem Maler sagen konnte.

      Die meiste Zeit verbrachte Robert auf seinem Zimmer, selbst die Mahlzeiten ließ er sich dort servieren. Die wenigen Male, in denen er es verließ, wanderte er einsam durch die Gegend, immer bemüht, den Menschen aus dem Wege zu gehen, um mit seinen Gedanken ganz bei der geliebten Frau zu sein.

      Am dritten Tag, nachdem Kathie krank geworden war, hielt er es nicht mehr länger aus. Er brauchte endlich jemanden, mit dem er reden konnte, dem er seine Ängste und Sorgen mitteilen konnte. Der einzige Mensch, der dafür in Frage kam, war der Pfarrer des kleinen Ortes.

      Robert fand Sebastian Trenker in der Kirche, wo der Geistliche zwei Buben in die Pflichten als Meßdiener unterrichtete. Der Pfarrer nickte dem Maler zu, der sich in eine Bank setzte und wartete.

      Nach einer Weile entließ er die beiden Jungen und setzte sich zu Robert in die Kirchenbank.

      »Grüß Gott, Herr Demant, geht’s Ihnen net gut?«

      Sebastian war gleich beim Eintreten des Malers dessen Gesichtsausdruck aufgefallen.

      »Haben S’ Kummer?«

      Robert versuchte zu lächeln. Schließlich sprach er über das, was ihn bedrückte. Sebastian hörte ihm geduldig zu. Dann lehnte er sich zurück.

      »Ich war gestern bei Frau Lehmbacher«, berichtete er.

      Roberts Augen leuchteten

      auf.

      »Und, wie geht es ihr?« fragte er hastig.

      »Körperlich geht es ihr gut«, sagte Sebastian. »Zumindest hatte ich den Eindruck. Seelisch jedoch…«

      Der Maler rang verzweifelt die Hände.

      »Aber, was ist denn nur geschehen, das diesen Zusammenbruch auslöste? Als ich Kathie das letzte Mal sah, da ging es ihr doch ausgezeichnet.«

      Der Pfarrer schaute den Maler prüfend an.

      »Sie wissen nichts über die Hintergründe?«

      »Nein. Woher denn? Mir darf ja niemand etwas sagen. Der Herr Reisinger weiß selber nichts, und der Dr. Wiesinger stützt sich auf seine Schweigepflicht.«

      Sebastian strich sich nachdenklich über das Kinn.

      »Das müßt’ ich eigentlich auch«, meinte er.

      Robert Demant hob bittend die Hände.

      »Bitte, Hochwürden, wenn Sie etwas wissen – Sie müssen’s mir sagen«, flehte er. »Vielleicht kann ich ja helfen.«

      Diese Bitte brachte den Geistlichen in einen echten Zwiespalt. Natürlich mußte er sich an seine Schweigepflicht halten, aber vielleicht konnte er auch abwägen, ob er sie brach, wenn er nicht alles erzählte, was er wußte.

      »Ich glaub’ net, daß Sie da helfen können«, sagte er schließlich nach langem Zögern. »Es geht um den Bruder von Frau Lehmbacher, der in Schwierigkeiten steckt. Wissen S’, die Kathie hat sich nach dem Tode der Eltern um den Wolfgang gekümmert, doch der Bursche ist ein leichtsinniger Vogel. Er ist da in eine dumme Sache hineingeschlittert, und das macht der Kathie zu schaffen.«

      »Ja, aber kann man denn da gar net helfen?«

      Jetzt hob Pfarrer Trenker hilflos die Arme.

      »Dazu müßt’ man wissen, wo Wolfgang Lehmbacher steckt«, meinte er.

      Er berichtete, wie er eindringlich mit Kathie über die Angelegenheit gesprochen hatte, doch das Madel konnte, oder wollte, nichts über den Aufenthaltsort seines Bruders sagen.

      Robert Demant war aufgestanden. Nervös ging er zwischen den Bankreihen auf und ab. Zwar


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