Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher
Читать онлайн книгу.uns net verraten, was du da ausgeheckt hast?« fragte Sebastian.
Der Polizeibeamte machte ein lausbübisches Gesicht und schüttelte den Kopf.
»Wartet’s ab«, sagte er nur und winkte nach der Serviererin.
Dann bestellte er ein großes Stück Nußtorte und ein Kännchen Kaffee.
»Sie haben vielleicht Nerven«, ließ Sophie Tappert sich vernehmen, die immer noch an ihrem Glas Tee herumnippte. »Wie Sie jetzt bloß essen können. Keinen Bissen bekäm ich hinunter.«
»Ich schon«, grinste Max und schaute sich erwartungsvoll um. »Bis ich mit dem Essen fertig bin, könnt’ er sich ruhig Zeit lassen, der Herr Graf, aber dann dürft’ er schon kommen. Die Kollegen werden Augen machen, wenn ich ihnen den lang gesuchten Herrn Untermayr präsentiere.«
Er sah Sophie Tappert an.
»Wer weiß, vielleicht bekommen Sie sogar eine Belohnung«, meinte er.
Die Haushälterin machte eine wegwerfende Handbewegung.
»Mir genügt’s, wenn der Kerl hinter Schloß und Riegel sitzt.«
*
Vergnügt pfeifend stieg Fritz Untermayr aus dem Bus. Seit er aufgestanden war, hatte er eine prächtige Laune. Es versprach aber auch, ein wunderbarer Tag zu werden. Nicht nur, daß die Sonne am wolkenlosen Himmel stand – heute würde er auch als reicher Mann wieder nach Hause fahren.
Er rückte seine Krawatte zurecht und schlug den Weg zum Café ein, in dem er sich mit Hertha Breitlanger verabredet hatte. Als er unterwegs an einem geöffneten Blumengeschäft vorbeikam, überlegte er einen Moment, ob es nicht angebracht sei, angesichts der großzügigen Geste, Hertha einen kleinen Strauß mitzubringen. Er entschied sich aber doch dagegen. Zum einen hatte er schon genug Geld investiert, und zum anderen sagte er sich, daß nur der ein reicher Mann werden könne, der sparsam mit seinen finanziellen Mitteln umging.
Als er das Café betrat, sah er sie an ihrem Tisch sitzen. Den anderen Gästen schenkte er keine weitere Beachtung. Formvollendet machte er eine Verbeugung und küßte der Witwe die Hand.
»Zauberhaft sehen Sie aus, liebste Hertha«, schmeichelte er, wobei er mit Genugtuung den braunen Umschlag registrierte, der auf dem Tisch lag.
Er setzte sich ihr gegenüber und strahlte sie an.
»Ich hoffe, es hat keine großen Umstände gemacht, die erforderlichen Mittel zu besorgen«, sagte Fritz Untermayr und griff über den Tisch nach ihrer Hand.
Hertha fühlte, wie ihr der Schweiß ausbrach. Lediglich die Tatsache, daß sie Pfarrer Trenker und die beiden anderen am Nachbartisch wußte, erstickte die aufkommende Panik.
»Nein, es war ganz einfach«, antwortete sie mit belegter Stimme.
»Sehr schön«, meinte der Graf. »Aber wir wollen jetzt nicht von Geld reden. Dazu ist später noch Zeit genug. Natürlich habe ich Ihnen auch einen Darlehensvertrag mitgebracht. Aber zuerst bestellen wir mal. Möchten Sie noch Kaffee?«
Ohne ihre Antwort abzuwarten, bestellte er zweimal Kaffee und Pfirsichkuchen. Hertha grauste sich insgeheim. Seit Pfarrer Trenker sie über den Mann, der ihr gegenübersaß, aufgeklärt hatte, haßte sie Pfirsichkuchen.
Fritz Untermayr plauderte munter drauflos, wobei er die Zukunft in den rosigsten Farben malte. Besonders die Zukunft der Porzellanmanufaktur.
Du gemeiner Schuft, dachte indes Hertha Breitlanger, du willst die Fabrik doch gar nicht kaufen. Dein Gerede ist doch genauso wertlos wie das Papier, auf dem der Vertrag steht.
Aber natürlich sagte sie nichts, sondern machte gute Miene zum bösen Spiel. Schließlich kam Fritz auf den Punkt. Er zog den Darlehensvertrag aus der Tasche und reichte ihn über den Tisch.
»Darin ist alles geregelt«, erklärte er. »Die Summe, die Zurückzahlung und natürlich auch die Zinsen.«
Hertha schaute das Geschriebene an und nickte automatisch. Sie faltete das Papier zusammen und schob den Briefumschlag hinüber. Der Mann, der sich Graf Friedrich von Herdingen nannte, griff sofort zu und wollte den Umschlag öffnen. Eine Stimme hielt ihn davon ab.
»Herr Fritz Untermayr«, sagte jemand zu ihm, der plötzlich neben dem Tisch stand. »Ich bin Hauptwachtmeister Trenker vom Revierposten Sankt Johann. Ich muß Sie bitten, mich zu begleiten.«
Der falsche Graf war kreidebleich geworden. Mit großen Augen starrte er den Mann an, der ihn auffordernd anblickte.
»Was… was meinen Sie?« stotterte er. »Das muß ein Irrtum sein. Sie verwechseln mich mit jemand anderem.«
Max tat verlegen.
»Sie sind nicht Fritz Untermayr?« fragte er erstaunt.
Der Hochstapler roch sofort Oberwasser. Was bildete dieser Dorfpolizist sich eigentlich ein?
»Hören Sie, mein Name ist Graf Friedrich von Herdingen«, schnarrte er und blickte den Beamten hochmütig an. »Und jetzt belästigen Sie uns gefälligst nicht länger.«
Er wandte sich Hertha Breitlanger zu, als wollte er damit zu verstehen geben, daß die Angelegenheit für ihn damit beendet sei.
Nicht aber für Max.
»Dann muß ich Sie bitten, sich auszuweisen«, forderte er den Mann auf.
Untermayr schaute ihn ziemlich entrüstet an.
»Himmelherrgott noch einmal, ich habe meinen Ausweis nicht dabei«, erwiderte er gereizt. »Fragen Sie doch meine Begleiterin. Sie wird Ihnen bestätigen, wer ich bin.«
Max tat, als kenne er Hertha nicht, als er sie ansah.
»Können Sie bestätigen, was dieser Herr sagt?« fragte er.
»Ja… also…«
»Aber Hertha, was ist denn los?« fuhr Fritz Untermayr dazwischen. »Sagen Sie doch, wer ich bin.«
Die Witwe zuckte die Schultern.
»Aber ich weiß es ja net…«, erwiderte sie und sah ihn ungerührt an.
Er starrte sie mit offenem Mund an.
»Vielleicht kann ich in der Sache Auskunft geben«, ließ sich eine weibliche Stimme vernehmen.
Es war die Dame, die vorhin zusammen mit Max Trenker das Café betreten hatte. Der Hochstapler unterdrückte einen Schrei, als er die Frau erkannte.
»Also, Herr Hauptwachtmeister, mir ist dieser Herr als Joseph Bartner bekannt«, erklärte sie. »Davon, daß er ein Graf ist, weiß ich nichts, aber er soll ja noch andere Namen benutzt haben, wenn er gutgläubige Frauen um ihr Geld brachte.«
Sebastian und Sophie waren ebenfalls hinzugetreten. Angesichts dieser Übermacht mußte Fritz Untermayr einsehen, daß er endgültig verspielt hatte.
*
»Kinder, es war einfach herrlich«, rief Hertha Breitlanger und klatschte dabei in die Hände. »Das Gesicht des ›Herrn Grafen‹ werd’ ich so schnell net vergessen.«
Sie saßen im Eßzimmer des Pfarrhauses, wo Sophie Tappert mit Herthas Hilfe den Tisch für das Abendessen gedeckt hatte. Bis auf Max Trenker waren sie alle versammelt. Sebastians Bruder war noch unterwegs von der Kreisstadt, wo er Fritz Untermayr bei den Kollegen abgeliefert hatte, zurück nach St. Johann.
Die beiden Damen waren zusammen mit dem Pfarrer zurückgekommen. Natürlich hatte sich die Unterhaltung dabei um den Hochstapler gedreht. Besonders Max’ Idee, die Frau, die Fritz Untermayr letztendlich identifizierte, hinzuzuziehen, fanden sie gewitzt. Das war also die geheimnisvolle Idee des Polizisten gewesen, von der er immer wieder gesprochen hatte.
Gertrud Birkner war um fünftausend Mark geprellt worden, die angeblich für einen gemeinsamen Urlaub verwendet werden sollten. Nachdem sie Untermayr das Geld gegeben hatte, ließ er nichts mehr von sich hören. Zunächst schämte die Frau sich, auf den Trick hereingefallen