Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

Читать онлайн книгу.

Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


Скачать книгу
ist, kann man nur vermuten«, beantwortete der Pfarrer die zweite Frage. »Wie das Gerücht lautet, ist schnell erzählt. Danach haben Sie in der Heimat ein Madel, das auf Sie wartet und zu dem Sie schon bald wieder zurückkehren wollen.«

      »Was?«

      Florian hatte diese Frage beinahe geschrien.

      »Wer erzählt denn solchen Blödsinn?« empörte er sich.

      »Wie gesagt, das kann man nur mutmaßen«, entgegnete Sebastian. »Aber vielleicht können Sie Franziskas Beweggründe verstehen, wenn Sie erfahren, was sich vor einiger Zeit zugetragen hat.«

      Er erzählte dem gespannt zuhörenden Knecht die Geschichte von der schönen, reichen Erbin des Pachnerhofes und dem zweitgeborenen Sohn des Anzengruber. Pfarrer Trenker verschwieg nicht den unseligen Tanzabend, als Franziska von dem Mann, der ihr Liebe geschworen hatte, so bitter enttäuscht wurde.

      »Lange Zeit hat Franziska niemanden an sich herangelassen, geschweige denn, daß sie es zugelassen hätte, daß sie sich wieder in einen Mann verliebt. Sie mußte ja Angst haben, daß jeder nur hinter ihrem Geld her sein würde.«

      Florian sprang auf.

      »Ich muß sofort zu ihr«, stieß er hervor. »Ich muß ihr erklären, daß nichts von dem stimmt, was da über mich erzählt worden ist. Und was das Geld anlangt, Hochwürden, ich bin kein armer Schlucker. Mein Vater hatte eine gutgehende Schreinerwerkstatt, die mein Bruder geerbt hat. Mir hat der Vater so viel Geld hinterlassen, daß ich gewiß net mit leeren Händen vor der Franzi steh’.«

      Pfarrer Trenker war ebenfalls aufgestanden. Er legte dem Burschen die Hand auf die Schulter.

      »Geh’ zu deiner Franzi«, sagte er. »Ich bin sicher, daß sich noch alles zum Guten wenden wird. Und was den Urheber des Gerüchts angeht – ich hab’ da so eine Vermutung und werde mich darum kümmern.«

      »Danke, Hochwürden, daß Sie mir das alles erzählt haben«, sagte Florian zum Abschied und machte sich mit einem frohen Lächeln auf den Weg.

      Was scherte es ihn, daß genau jetzt ein neues krachendes Gewitter über dem Tal niederging. Von ihm aus hätte es Katzen und junge Hunde regnen können. Aufgehalten hätte es ihn nicht.

      *

      »Es scheint, als wollte es gar nimmer mehr aufhören«, sagte Maria Ohlanger und schaute besorgt aus dem Fenster.

      Die beiden Frauen waren in der Küche.

      »Hoffentlich hat der Valentin einen Unterschlupf gefunden«, meinte Franziska.

      »Keine Bange«, winkte die Magd ab. »Unkraut vergeht net, und schon gar net der Alte. Der kennt doch jeden Baum und jeden Busch. Der weiß schon, wo er hin muß, damit er net naß wird.«

      Das Unwetter schien geradewegs über dem Pachnerhof zu stehen. Unentwegt krachte es, und Blitze zuckten, und manchmal schien ein Zittern durch das Gebälk zu gehen. Auch Franziska sah durch das Fenster hinaus dem Naturschauspiel zu.

      Heiliger Florian, beschütz uns vor dem Schlimmsten, bat sie still für sich. Doch gerade, als habe der Schutzheilige sich abgewendet, schoß ein Blitz durch das Dach der gegenüberliegenden Scheune und setzte sie in Brand.

      »Feuer!« schrie die junge Bäuerin auf. »Es brennt!«

      Rasend schnell fraßen sich die Flammen durch die Schindeln und erfaßten den Dachstuhl.

      »Schnell, ruf die Feuerwehr!« befahl Franziska. »Ich lauf’ hinaus.«

      »Sei vorsichtig«, rief Maria ihr zu, während sie schon zum Telefon eilte.

      Franziska schlüpfte in ihre Gummistiefel, die draußen im Flur standen, und öffnete die Haustür. In der Scheune lagerte das Stroh, außerdem stand der Traktor darin. Nicht auszudenken, wenn der verbrannte.

      Regen und Wind peitschten ihr ins Gesicht, als sie über den Hof lief. Sie stemmte sich gegen das schwere Tor, das sich kaum aufschieben ließ. Endlich hatte sie es geschafft und stand in der Scheune. Während hinter ihr das Tor zufiel, warf sie einen Blick nach oben. Der Dachstuhl brannte bereits lichterloh, und die ersten Flammen züngelten nach den Stohballen, die oben auf dem Boden lagerten. Schon fielen glühende Holzstücke herab, zogen brennendes Stroh mit sich.

      Franziska lief zum Traktor, der im hinteren Teil der Scheune stand. Auf halbem Weg stoppte sie. Der Schlüssel! In ihrer Aufregung hatte sie nicht an den Traktorschlüssel gedacht, der im Flur an dem Brett hing, an dem auch alle anderen Schlüssel ihren Platz hatten.

      Sie lief zurück zum Tor. Beißender Qualm nahm ihr die Sicht und stieg ihr in Rachen und Nase. Franziska hustete und würgte, während sie vergeblich versuchte, das Scheunentor zu öffnen. Es ließ sich keinen Zentimeter bewegen, als wäre es zugesperrt.

      *

      Schon von weitem sah Florian den roten Lichtschein über dem Pachnerhof stehen. Er warf seinen Rucksack ab und rannte, als gelte es sein Leben. Endlich erreichte er die brennende Scheune, aus dem Bauernhaus kam Maria gelaufen.

      »Franziska! Sie ist in der Scheune«, rief sie erregt.

      Von drinnen hörten sie die Hilferufe der jungen Bäuerin. Florian riß an dem Tor. Lange, viel zu lange dauerte es, bis es sich endlich einen Spalt öffnete. Der Bursche schlüpfte hindurch und stand in einer dichten Rauchwolke. Über ihm zischte und knallte es fürchterlich.

      »Franzi, wo bist du?« rief er durch den Qualm, der jede Sicht nahm.

      Die Bäuerin hatte sich wieder zurückgezogen, weil der Rauch an der Tür am stärksten war. Als sie jetzt Florian rufen hörte, schöpfte sie neue Hoffnung.

      »Hier!« schrie sie. »Hier bin ich!«

      Mit einem erlösenden Aufschrei sanken sie sich in die Arme.

      »Komm, bloß raus hier!« sagte Florian und preßte die Frau eng an sich.

      Noch einmal bedurfte es aller Kraft, das Tor zu öffnen, gemeinsam schafften sie es und sprangen ins Freie. Tief atmeten sie die frische Luft ein. Aus der Ferne hörten sie die Sirenen der Feuerwehrwagen.

      »Der Traktor wird wohl net mehr zu retten sein«, sagte Franziska und sah Florian an. »Es war wie ein Wunder, als du plötzlich da warst.«

      »Kein Wunder«, antwortete er. »Bestimmung, denn wir sind füreinander bestimmt, wie der Himmel und die Sonne, der Sand und das Meer, wie die Berge und – ach, was rede ich. Ich liebe dich, und alles andere ist egal.«

      Er sah sie ernst an.

      »Was immer du über mich gehört hast, es ist dummes Geschwätz«, sagte er eindringlich. »Es gibt nirgendwo ein anderes Madel, das auf mich wartet. Und was dein vieles Geld angeht – ich pfeif d’rauf, denn ich bin auch net g’rad arm.«

      Franziska schaute ihn bittend an.

      »Ich glaub’, ich war etwas voreilig«, flüsterte sie. »Kannst du mir verzeihen, daß ich so dumm war?«

      »Es gibt nix zu verzeihen«, antwortete er, während sein Mund den ihren suchte. »Hauptsache, du vertraust mir in Zukunft.«

      »Das versprech’ ich…«, wollte sie noch antworten, doch da verschloß sein inniger Kuß schon ihre Lippen.

      *

      Pfarrer Trenker schaute auf seine Schäfchen. Ganz besonders auf eines von ihnen, mit dem er am Vortag ein Gespräch unter vier Augen gehabt hatte.

      »Heut’ will ich über ein Gebot reden, das jeder von euch kennt, aber net immer beherzigt«, begann er seine Predigt. »Das Gebot lautet: Du sollst nicht falsch Zeugnis reden…«

      Mit Genugtuung sah Sebastian, wie Tobias Anzengruber immer tiefer in seinen Sitz sank. Der Geistliche ließ sich aber nicht anmerken, daß er innerlich schmunzelte. Und während er auf seine Gemeinde sah, gingen ihm ein paar Gedanken durch den Kopf. Er war dankbar, daß sich wieder einmal alles zum Guten gewendet hatte. Einem Gauner war das Handwerk gelegt worden, einem jungen Paar zu seinem Lebensglück verholfen – er konnte


Скачать книгу