Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


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seit dem letzten Sonntag beschlichen hatten, bei Hertha beseitigt. Sie hatte es nicht zugeben wollen, doch Sophies Worte hatten schon für nagenden Zweifel gesorgt, ob mit dem Grafen alles so stimmte, wie er vorgab. Ihr war es ja selber schon merkwürdig vorgekommen, daß er sie nie mit dem Wagen abholte, sondern sie sich immer irgendwo trafen, wohin sie auch mit dem Bus fahren konnte. Doch jetzt, als sie neben ihm saß und bewundernd auf das edel aussehende Holz des Amaturenbrettes schaute, da waren alle Zweifel fortgewischt.

      »Meinem Chauffeur habe ich freigegeben«, erklärte Friedrich auf Herthas diesbezügliche Frage. »Aber Gnädigste brauchen nur einen Wunsch zu äußern und ich kutschiere Sie, wohin Sie wollen, liebste Freundin.«

      So angesprochen, bekam Hertha Breitlanger vor Aufregung glühende Wangen.

      »Ach, bestimmen Sie doch, wohin die Fahrt gehen soll«, antwortete sie.

      Der Graf beugte sich zu ihr.

      »Am liebsten bis ans Ende der Welt«, schmeichelte er. »Aber fürs Erste möchte ich Ihnen etwas zeigen, das nicht ganz so weit entfernt ist.«

      Sie fuhren über eine Stunde durch die herrliche Berglandschaft, durch kleine beschauliche Dörfer, an Seen und Wäldern vorüber. Ihr Begleiter wurde dabei nicht müde, immer wieder auf Sehenswürdigkeiten hinzuweisen, und Hertha wurde immer bewußter, daß sie sich seit dem Tode ihres Mannes viel zu sehr in St. Johann verkrochen hatte. Wo war sie denn schon groß gewesen? Einige Male am Sonntag war sie zum Achsteinsee hinausgefahren, aber so richtig beschaulich war es eigentlich nie gewesen. Aber diese Fahrt heute entschädigte sie für alles, zumal sie an der Seite eines Mannes saß, der ihr Herz höher klopfen ließ.

      »Wollen Sie mir nicht verraten, wohin wir fahren?« fragte sie. »Sie haben mich schon ganz neugierig gemacht.«

      Graf Friedrich von Herdingen zögerte einen Moment, bevor er antwortete.

      »Ich habe Ihnen ja neulich schon von der kleinen Firma erzählt«, sagte er schließlich. »Erinnern Sie sich? Die Firma in Wurzlach, die bis vor fünfzig Jahren noch unserer Familie gehörte.«

      »Aber natürlich«, nickte die Frau neben ihm. »Sie meinen die kleine Porzellanmanufaktur, nicht wahr?«

      »Ich sehe, Sie haben es nicht vergessen«, freute sich der Graf. »Ja, und diese Fabrik möchte ich Ihnen gerne zeigen. Zumindest von außen, hinein können wir leider nicht, sie ist nämlich geschlossen.«

      *

      Sie hatten den kleinen Ort Wurzlach erreicht, und der Adlige steuerte den großen Wagen durch die Straßen. Es war ein typisches Alpendorf, doch besaß es eine Besonderheit – eben jene, weit über die Grenzen des Landes hinaus bekannte Porzellanmanufaktur, die vor mehr als einhundert Jahren gegründet worden war. Nach Friedrichs Worten war sie seinerzeit verkauft worden, um die Familie derer von Herdingen vor dem finanziellen Untergang zu bewahren.

      Die Fabrik machte auf den ersten Blick einen enttäuschenden Eindruck. Die Gebäude waren verfallen, die Wege auf dem Gelände von Unkraut überwuchert, und überall konnte man Spuren sehen, die der Zahn der Zeit hinterlassen hatte. Graf Friedrich hatte den Wagen bis an das Tor gefahren, das das Fabrikgelände von der Außenwelt abschottete, und war ausgestiegen. Hertha Breitlanger folgte ihm.

      »Ja, das hat wirklich alles mal meiner Familie gehört«, seufzte der Graf und machte eine alles umfassende Bewegung mit dem Arm. »Es war wirklich ein ganz kleines Juwel.«

      Wehmut klang in diesen Worten mit. Hertha konnte nachvollziehen, wie es in Friedrich aussehen mochte, jetzt, wo er hier vor dem Werk seiner Vorfahren stand.

      »Aber wenn das Schicksal es will, wird es schon bald im alten Glanz erstrahlen«, deutete er geheimnisvoll an.

      Die Witwe neben ihm horchte auf.

      »Soll das heißen…?«

      »Ja, liebste Hertha, ich überlege, die Fabrik zurückzukaufen«, nickte Friedrich. »Allerdings – es ist nicht ganz so einfach.«

      Sie machten ein paar Schritte am Zaun entlang und er erklärte, welchen Zweck welches Gebäude hatte, das Lager, die Brennerei mit den Öfen, Bürogebäude und Personalhaus.

      »Dort drüben befand sich das Atelier, in dem die schönsten Stücke von Hand bemalt wurden«, deutete der Graf auf ein langgezogenes Haus mit einem Flachdach hin. »Können Sie sich vorstellen, welch eine rege Betriebsamkeit hier einmal geherrscht hat?«

      Das konnte Hertha nur zu gut, und sie konnte sich auch vorstellen, wie es einmal wieder sein würde, wenn Friedrich die Fabrik erst einmal wieder auf Vordermann gebracht hatte.

      Aber sie erinnerte sich an den kleinen Nachsatz.

      »Was meinten Sie eben, als Sie sagten, daß es nicht ganz einfach wäre, die Fabrik zurückzukaufen?« fragte sie.

      »Kommen Sie«, antwortete er und nahm ihren Arm. »Das erkläre ich Ihnen bei einer Tasse Kaffee.«

      Er fuhr ins Dorf zurück und hielt vor dem Gasthof an.

      »Hier bekommen wir einen guten Kaffee und einen ganz hervorragenden Kuchen«, sagte Friedrich und half seiner Begleiterin aus dem Wagen.

      Sie traten durch die Tür in den hellen, freundlich eingerichteten Gastraum, und Hertha erlebte die zweite große Überraschung des Tages. Vom Tresen her kam eine junge Serviererin auf die beiden Gäste zu.

      »Grüß Gott, Herr Graf«, sagte das Madel. »Schön, daß Sie auch einmal wieder vorbeischauen. Kaffee und Pfirsichkuchen, wie immer?«

      Hertha glaubte einen Stein vom Herzen fallen zu hören. Mit dieser Begrüßung waren einfach alle Bedenken aus dem Weg geräumt. Wenn Friedrich hier mit Herr Graf angesprochen wurde, dann konnte es ja gar keinen Zweifel mehr daran geben, daß es sich bei ihm wirklich um einen Adligen handelte.

      »Gerne, zweimal, bitte«, bestellte ihr Begleiter und führte sie zu einem Tisch am Fenster.

      Die Bestellung wurde prompt ausgeführt, und während die beiden es sich schmecken ließen, erzählte Friedrich von den Schwierigkeiten, die es mit dem Rückkauf der Porzellanfabrik gab. Er gab unumwunden zu, daß ihm rund fünfzigtausend Mark fehlten.

      »Wissen Sie, es wäre alles kein Problem, wenn ich an das Geld herankönnte, das ich in der Schweiz angelegt habe«, fuhr er fort. »Natürlich, ich könnte es holen, aber dann würde ich einen immensen Verlust in Kauf nehmen, und davor scheue ich zurück. Denn das Schweizer Kapital ist so etwas wie meine Rente, mit der ich meinen Lebensabend finanzieren will. Sie wissen ja, wie das ist. In unseren Kreisen zahlt man ja nicht in die Rentenkasse ein, aber zur Last fallen möchte ich später einmal auch niemandem.«

      Das konnte Hertha nur zu gut verstehen. Sie selbst war froh, durch die Pension ihres verstorbenen Mannes so gut abgesichert zu sein.

      »Und eine andere Möglichkeit, das Geld von einer Bank zu bekommen, gibt es nicht?«

      Der Graf schüttelte den Kopf.

      »Ich fürchte nicht«, sagte er. »Tja, so wie es aussieht, werde ich meinen Traum wohl begraben müssen, wenn mir da nicht noch etwas einfällt.«

      Er schenkte Kaffee aus dem Kännchen nach.

      »Aber wir wollen uns den schönen Nachmittag nicht mit trüben Gedanken verderben«, wechselte er das Thema. »Wie schmeckt Ihnen der Kuchen? Ist er nicht himmlisch?«

      »Ganz hervorragend«, bestätigte Hertha.

      Graf Friedrich hob die Hand.

      »Allerdings muß ich gestehen – an Ihren Pfirsichkuchen kommt er nicht heran«, schmeichelte er.

      Dabei schaute er ihr tief in die Augen.

      »Was gäbe ich d’rum, ihn öfter genießen zu können.«

      Herthas Herz klopfte bis zum Hals hinauf, als sie diese Worte hörte. Sollte das eben so etwas wie ein versteckter Heiratsantrag gewesen sein? Die Witwe vergaß alles um sich herum, und wie durch einen Wattebausch hörte sie ihre eigene Stimme.

      »Also,


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