Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


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Hals. Trotz des Sonnenschirms war es ziemlich heiß, und der Kaffee tat ein übriges.

      »Das Schloß steht drüben im Breestertal«, antwortete er schließlich. »Ich selbst wohne allerdings in meiner Villa in der Nähe von Waldeck.«

      Das mit dem Schloß stimmte. Im besagten Tal stand wirklich eines. Aber soviel die Haushälterin wußte, war darin ein Kinderheim untergebracht. Von einem desolaten Zustand konnte also keine Rede sein.

      Diese offensichtliche Lüge machte Sophie Tappert noch mißtrauischer gegenüber diesem Grafen, als sie ohnehin schon war, und sie dachte an das, was der Bruder des Pfarrers über den Hochstapler und Heiratsschwindler gesagt hatte.

      Saß sie diesem »Herrn« jetzt etwa gegenüber?

      *

      Pfarrer Trenker hatte sich gleich nach dem Mittagessen auf den Weg gemacht. Nach so einem üppigen Mahl war eine Wanderung das beste, was man seinem Körper antun konnte. Über den Höllenbruch stieg er auf und erreichte die Korber-Alm nach einer guten Stunde Wanderung. Wie zu erwarten, waren viele Touristen hier oben, die sich nach einer ausgiebigen Wanderung an dem labten, was der Sennenwirt anbot. Neben einem warmen Tagesgericht waren es in erster Linie Brotzeiten mit kernigem Schinken und gereiftem Bergkäse. Dazu gab’s entweder Limonade, Bier oder Radler, oder aber ein Glas frische Milch, die von den meisten Wandersleuten bevorzugt wurde. So auch von Sebastian Trenker.

      »Dank’ dir, Loisl«, nickte er dem alten Senner zu, als der ihm den Milchkrug auf den Tisch stellte. »Wenn’s ein Augenblick Zeit hast, dann hock’ dich her, ich muß dich da was fragen.«

      »Freilich, Hochwürden«, antwortete der Alte und setzte sich Sebastian gegenüber.

      Der Geistliche hatte sich absichtlich nach drinnen gesetzt, während die meisten Wanderer und Touristen es vorzogen, draußen zu bleiben. So waren Sebastian und Alois Kremner ungestört.

      »Sag’, Loisl«, erkundigte sich der Pfarrer, nachdem er einen großen Schluck von der köstlich schmeckenden Milch genommen hatte, »hast im Moment auch Pensionsgäste hier droben?«

      Der alte Senner nickte.

      »Natürlich. Es ist ja g’rad Hochsaison. Manche Nacht könnt’ ich noch mehr Strohbetten haben. Es ist ein ständiges Kommen und Gehen.«

      »Ist denn auch jemand darunter, der für länger bleibt?« wollte Sebastian wissen.

      Wieder nickte sein Gegenüber.

      »Zwei junge Madeln wohnen seit einer Woch’ hier. Sie wollen noch bis zum nächsten Samstag bleiben.«

      »Ein Mann ist nicht darunter?«

      Der Alte schüttelte diesmal den Kopf.

      »Suchen S’ denn jemanden? Hat er gar was ausgefressen?«

      »Ja, der Max sucht einen Hochstapler und Heiratsschwindler. Er hat schon mehrere Hotel- und Pensionswirte geschädigt. Außerdem hat er Frauen die Ehe versprochen, sich von ihnen Geld geliehen und ist dann auf und davon. So einem muß natürlich das Handwerk gelegt werden.«

      Dem konnte der Senner nur zustimmen. Er war ein ehrlicher, aufrechter Mann, der sein ganzes Leben lang hart gearbeitet hatte und es noch immer tat. Aufmerksam hörte er sich die Personenbeschreibung an und notierte sich die falschen Namen, unter denen dieser Fritz Untermayr auftrat.

      »Ich werd’ auf jeden Fall Augen und Ohren offenhalten«, versprach er. »Sollte der Bursche sich hier blicken lassen, werd’ ich den Max gleich benachrichtigen.«

      »Das ist recht«, nickte Sebastian und stand auf. »Und jetzt hätt’ ich noch gern’ ein Stückerl von deinem Bergkäs’. Meine Frau Tappert hat mir extra aufgetragen, daran zu denken.«

      Der Senner verschwand im Käselager und kam nach einer Weile mit einem großen Käsestück zurück, das er in Wachspapier eingewickelt hatte. Sebastian verstaute es in seinem Rucksack.

      »Was bin ich dir schuldig?« fragte er, doch der Alte winkte nur ab.

      »Das ist schon recht so, Hochwürden.«

      Der Geistliche gab ihm die Hand.

      »Dann vergelt’s Gott, Loisl. Und bleib weiterhin so gesund und munter.«

      »Das macht die gute Bergluft«, lachte der Sennenwirt. »Und ab und zu ein Glaserl von meinem Enzian.«

      Dabei zwinkerte er mit dem Auge. Beinahe jeder wußte, daß der Alte seinen Schnaps selber brannte, auch wenn er es eigentlich nicht durfte.

      »Das letzte hab’ ich net gehört«, sagte Pfarrer Trenker. »Sonst müßt’ ich noch dem Max davon erzählen…«

      Der Alte verstand den Hinweis.

      »Ist ja Medizin, Hochwürden«, grinste er.

      »Na dann«, antwortete der Geistliche und machte sich auf den Heimweg.

      *

      Je länger Sophie Tappert mit dem Grafen zusammen war, um so unsympathischer wurde er ihr. Den Gipfel dieses Gefühls erreichte sie am Nachmittag, als es ans Bezahlen ging, da dachte der vornehme Herr nämlich gar nicht daran, die beiden Damen einzuladen, sondern bestand auf getrennte Kassen. Hertha Breitlanger war es offensichtlich unangenehm, als ihre beste Freundin sie so befremdet ansah, während Graf Friedrich so tat, als wäre es die normalste Sache der Welt.

      Wäre es ja auch, wenn er vorher nicht so getan hätte, als sei er reicher als ein Scheich aus dem Orient. Fehlte nur noch, daß er sich von uns einladen läßt, dachte die Haushälterin und legte einen extra großzügigen Betrag Trinkgeld zu ihrer Rechnung, woraufhin der Graf sich bemüßigt sah, seinen Rechnungsbetrag um zwanzig Pfennige aufzurunden.

      Hertha indes schien weiter nichts mitzubekommen, sie hatte nur Augen für ihren Kavalier, der sie wohl so blendete, daß sie gar nicht vermutete, mit dem Herrn könne etwas nicht stimmen. Für Sophie Tappert indes wurde es ein quälend langweiliger Nachmittag. Weitere Anzeichen dafür, daß der Graf der gesuchte Hochstapler sein könne, fand sie zwar nicht, aber so sympathisch wie auf den ersten Blick war er ihr schon lange nicht mehr. Die Perle aus dem Pfarrhaus war froh, als der Abend langsam herandämmerte und sie sich auf den Weg zur Bushaltestelle machten.

      Noch bevor der Bus kam, verabschiedete sich Graf Friedrich von den beiden Damen mit dem Hinweis, noch einen geschäftlichen Termin zu haben. Er versprach Hertha, sie anzurufen und ging dann gemessenen Schrittes über den Parkplatz und verschwand irgendwo in den Autoreihen. Dort sollte nämlich nach seinen eigenen Angaben der Chauffeur mit dem Wagen warten.

      Sophie Tappert war schon drauf und dran, hinterherzugehen und den Wahrheitsgehalt dieser Behauptung festzustellen. Allein der heranfahrende Bus – der letzte, der heute nach St. Johann zurückfuhr – hielt sie davon ab.

      Auf der Rückfahrt war sie sehr schweigsam, während Hertha darauf brannte, von der Freundin zu erfahren, was sie von dem Grafen hielt.

      »Nun sag’ schon, wie findest du ihn?« drängte sie.

      Sophie überlegte, wie sie sich äußern sollte. Sie wollte auf der einen Seite die Freundin nicht kränken, auf der anderen Seite sie aber auch nicht blindlings ins offene Messer laufen lassen. Daß dieser Graf zumindest ein Aufschneider war, das stand für sie seit dem Nachmittag fest. Es mochte ja gerne sein, daß er wirklich ein Graf war, dann aber stammte er gewiß aus verarmtem Adel, und da war Hertha ein geradezu willkommenes Opfer. Sophie wußte von einigen tausend Mark, die die Freundin gespart hatte. Zusammen mit der nicht unbeträchtlichen Witwenrente, die sie bezog, war sie immer noch eine lukrative Partie für jemanden, der offenbar noch nicht einmal genug besaß, um ein anständiges Trinkgeld zu geben.

      »Na ja, er ist ganz nett…«, antwortete sie ausweichend.

      »Nett?« entfuhr es Hertha. »Nur nett? Also, hör’ mal, immerhin ist er ein echter Graf, reich und edel!«

      Sophie Tappert hielt es jetzt für angebracht, ein paar offene Worte zu sagen.

      »Also, ich bin da net deiner Meinung«, erwiderte sie. »Der


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