Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

Читать онлайн книгу.

Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


Скачать книгу
Brust, und gleich darauf einen fürchterlich brennenden Schmerz. Er schrie auf. Als er umstürzte, war er schon ohne Bewußtsein.

      »Himmelkruzifixnochamoal!« fluchte der Schütze, während er sich langsam dem auf dem Boden liegenden Förster näherte.

      Hatte er ihn voll getroffen? Selber schuld! Warum mußte der Kerl auch hier herumschleichen?

      Am meisten ärgerte der Mann sich aber über seine eigene Dummheit, hatte er doch angenommen, daß die Förster nach den Ereignissen des Nachmittags glauben würden, der Wilderer würde sich vorerst nicht mehr in den Wald wagen.

      Hab’ ich mich doch verrechnet, dachte er.

      Er stand über Christian Ruland, der aus einer Wunde an der Brust blutete. Das Gewehr hielt er schußbereit in den Händen. Entweder war der Förster schon tot, oder nur bewußtlos.

      Der Wilddieb hob noch einmal die Waffe und legte auf Christian Ruland an. Wieder zerriß ein Schuß die Stille der Nacht. Doch nicht der verwundete Förster war das Ziel der todbringenden Kugel. Statt dessen traf sie die Hand des Todesschützen, abgefeuert aus dem Gewehr, das Joseph Breithammer in den Händen hielt.

      Dem Wilderer wurde die Waffe aus den Händen gerissen, und ein entsetzter Schrei entrang sich seinen Lippen, als er sich vergegenwärtigte, was geschehen war.

      Gehetzt sah er sich um. Woher mochte der Schuß gekommen sein?

      Der Mann machte sich nicht mehr die Mühe, sein Gewehr aufzuheben. Die verletzte Hand unter den anderen Arm pressend, rannte er davon. Ein zweiter Schuß wurde abgefeuert, und die Kugel sauste ihm hinterher, landete aber irgendwo zwischen den Bäumen, ohne weiteren Schaden anzurichten.

      Joseph Breithammer trat aus seinem Versteck hervor und eilte zu Christian Ruland, der immer noch mit geschlossenen Augen am Boden lag. Aus einiger Entfernung drang heftiges Hundegebell herüber, und wenig später schoß Nero heran. Der Setter stürzte sich auf seinen Herrn und leckte ihm winselnd über das Gesicht, in dem sich kein Leben regte.

      Der Alte zerrte das Tier am Halsband zurück und befahl ihm, Platz zu nehmen. Merkwürdigerweise gehorchte das Tier dem fremden Mann. Joseph strich dem Hund über den Kopf.

      »Hätt’s ein bissel eher da sein müssen«, sagte er. »Dann hätt’ dein Herr eine bessere Chance gehabt. Laß mich mal schau’n, ob ich was tun kann.«

      Als hätte er den Fremden verstanden, legte sich Nero neben den Förster. Joseph Breithammer beugte sich über Christian. Erleichtert stellte er fest, daß der Mann noch lebte. Er öffnete vorsichtig Jacke und Hemd des Verletzten. Die Wunde sah schlimm aus, aber wenn er Glück hatte, dann würde er überleben. Die Kugel hatte wohl das Herz verfehlt, wie Joseph Breithammer flüchtig feststellte. Jedenfalls saß die Wunde zu hoch, als daß das lebenswichtige Organ hätte getroffen sein können.

      Der Alte holte ein Messer hervor und zerschnitt Christians Hemd, so gut es ging, in lange Streifen. Damit legte er notdürftig einen Verband an. Die Blutung zu stoppen, war jetzt am Wichtigsten. Das alles geschah in wenigen Minuten. Joseph Breithammer richtete sich auf.

      »Paß’ schön auf, ich bin gleich zurück«, sagte er zu Nero, der ihn genau beobachtet hatte.

      Der Hund ahnte wohl, daß der Mann seinem Herrn helfen wollte.

      Als Kathrins Vater zur Hütte zurückkam, sah er, daß drinnen Licht brannte. Offenbar war seine Tochter aufgewacht. Er schluckte schwer, als er daran dachte, welch schreckliche Nachricht er jetzt überbringen mußte.

      *

      Später vermochte Kathrin nicht mehr zu sagen, was es war, das sie geweckt hatte. Sie meinte, plötzlich einen Schuß gehört zu haben. Unruhig stand sie auf, entzündete die Petroleumlampe auf dem kleinen Tisch neben ihrem Bett und lief hinüber zu dem Raum, in dem der Vater schlief. Als sie entdeckte, daß das Bett leer war, stieg eine böse Ahnung in ihr auf. Rasch zog sie sich an, als ein neuer Schuß fiel, kurz darauf noch einer. Und das Gewehr lag nicht mehr im Regal!

      Nein, Vater, dachte sie verzweifelt, das darfst du net!

      Nichts anderes konnte sie glauben, als daß Joseph Breithammer nicht von seinem alten Laster habe lassen können. Noch am Nachmittag hatte er erklärt, daß alles wieder gut werde, doch jetzt hatte ihn offenbar das alte Fieber wieder gepackt!

      Das Madel griff nach seinem Tuch und warf es sich über, als die Tür aufgerissen wurde und der alte Breithammer hereinstürmte. Abgehetzt sah er aus, keuchend nach Luft ringend, und die Haare wirr in der Stirn hängend.

      »Vater!« schrie Kathrin und sah fassungslos auf das Gewehr in seinen Händen.

      Joseph Breithammer warf die Waffe auf den Tisch. Er riß das Madel in seine Arme.

      »Nein, nein«, sagte er beruhigend. »Es ist net das, was du glaubst. Aber du mußt mitkommen. Es ist etwas Furchtbares geschehen.«

      In hastigen Worten berichtete er, was vorgefallen war. Die Augen seiner Tochter weiteten sich vor Entsetzen, als sie hörte, daß der geliebte Mann schwer verwundet sei, vielleicht sogar im Sterben liege.

      »Du bist schneller als ich mit meinen alten Beinen«, rief Joseph, während sie zu der Stelle eilten, an der Christian lag. »Du mußt ins Dorf und den Doktor holen. Ich bleib’ beim Förster.«

      Kathrin stürzte sich auf Christian, verzweifelt rief sie seinen Namen und küßte das bleiche Gesicht.

      »Schnell, beeil’ dich«, befahl ihr Vater. »Sonst ist’s vielleicht zu spät.«

      Nie zuvor in ihrem Leben war die junge Frau so schnell gelaufen. Dabei war sie in ständiger Sorge, jegliche Hilfe für Christian könne zu spät kommen. Als sie das Dorf erreichte, lag St. Johann im tiefsten Schlummer. Kathrin hämmerte gegen die Tür des Hauses, in dem Toni Wiesinger wohnte.

      Immer, wenn Vollmond war, hatte der Arzt einen leichten Schlaf. Schon nach wenigen Minuten öffnete er. Das Madel berichtete, was geschehen war. Dr. Wiesinger, der noch seinen Morgenmantel trug, nickte.

      »Laufen S’ zur Kirch’ hinüber und sagen S’ dem Pfarrer Bescheid«, sagte er. »Ich zieh’ mich schnell an.«

      Pfarrer Trenker hörte das Klingeln an der Haustür und war schneller wach als seine Haushälterin. Als er Frau Tappert oben rumoren hörte, rief er nach ihr. Die Haushälterin blickte zwar ein wenig verschlafen, war aber sofort hellwach, als sie hörte, was los war.

      »Bitt’ schön, rufen S’ Max an«, trug Sebastian ihr auf.

      Aber da war Sophie Tappert schon ans Telefon geeilt und hatte die Nummer des Polizeireviers gewählt.

      Alles in allem war weniger als eine halbe Stunde vergangen, seit Kathrin losgelaufen war, als zwei Autos mit hoher Geschwindigkeit zum Ainringer Wald fuhren. In dem einen saßen der Arzt und das Madel, in dem anderen Fahrzeug Sebastian und Max Trenker.

      Alle hofften inständig, daß sie nicht zu spät kamen.

      *

      »Nun erzähl’ einmal, Breithammer, wie sich alles abgespielt hat«, forderte Max Trenker Kathrins Vater auf.

      Zusammen mit seinem Bruder und dem Alten saß der Beamte in der Waldhütte und nahm das Protokoll auf.

      Über sein Handy hatte Dr. Wiesinger einen Notarztwagen angefordert, nachdem er die Wunde versorgt hatte. Dank Josephs beherztem Handeln war die Blutung rechtzeitig gestoppt worden. Christian Ruland lebte zwar, aber es sah nicht gut aus, wie der Arzt sich vorsichtig ausdrückte. Kathrin hatte darauf bestanden, den Verletzten ins Krankenhaus zu begleiten.

      Joseph hatte sich die ganze Zeit, die er auf seine Tochter und den Arzt wartete, Gedanken gemacht, wie er erklären sollte, warum er mit einem Gewehr im Wald unterwegs war. Natürlich wäre die Wahrheit die einfachste Erklärung, aber – würd’ man sie ihm auch abkaufen? Dennoch, der ehemalige Wilderer, der wieder auf dem Pfad der Tugend wandeln wollte, entschloß sich, die Geschichte so zu erzählen, wie sie sich zugetragen hatte.

      Er berichtete, daß er wegen seiner neuen Arbeitsstelle zu aufgeregt


Скачать книгу