Private Ermittler - 2000 Seiten, 16 Krimis in einer Sammlung. Alfred Bekker
Читать онлайн книгу.beteuerte Regina Gerath erneut und sah ihren Mann flehend an. „Frank war genauso geschockt darüber, dass auf dich und deine Pferde geschossen wurde wie ich!“
„Die Krokodilstränen kannst du dir sparen“, sagte Peter Gerath hart.
Seine Frau richtete den Blick wieder auf Berringer. „Ich habe nichts damit zu tun! Es waren die Leute, mit denen Frank Geschäfte gemacht hat.“
„Wissen Sie mehr darüber?“, hakte Berringer sofort nach.
„Ich weiß nur, dass es sich um eine Organisation handelt, die Firmen zwingt, irgendwelche Scheingeschäfte abzuwickeln. Ob das der Geldwäsche dient oder irgendetwas anderem – keine Ahnung. Frank kam mit Avlar Sport aus der Nummer nicht raus. Diese Schweine haben ihn unter Druck gesetzt und sogar auf offener Straße brutal zusammengeschlagen.“
„Nennen Sie Namen, Daten, Umstände ...“
„Ich weiß nicht mehr. Ehrenwort!“
Warum klang dieses Wort nur so eigenartig, wenn sie es aussprach? Berringer sah Peter Gerath an.
„Ich weiß von nichts“, sagte dieser. „Mit mir haben diese Leute nie Kontakt aufgenommen ...“
„Weshalb ich bislang auch nicht wirklich geglaubt habe, dass diese Anschläge mit irgendeiner Textil-Mafia zu tun haben“, bekannte Berringer. „Aber angenommen ...“ Berringer sprach nicht weiter.
„Was?“, fragte der Unternehmer.
„ Wenn Commaneci und seine Leute geglaubt haben, dass Sie Bescheid wüssten, und gleichzeitig hat Severin seinen Partnern vielleicht signalisiert, dass er aussteigen will, dann könnte es in den Augen dieser Leute durchaus sinnvoll gewesen sein, Druck auf Sie auszuüben, Herr Gerath.“ Und zu Regina Gerath sagte Berringer: „Das würde erklären, was mit den Pferden passiert ist, obwohl ich von dieser Theorie nicht hundertprozentig überzeugt bin. Und es ist auch keine Antwort auf die Frage, weshalb Sie sich mit Frank Severin am See getroffen haben.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust und schluckte. Ihr Blick ging ins Nichts.
Tränen glitzerten in ihren Augen. „Okay“, sagte sie. „Also die Wahrheit, Herr Berringer. Die Wahrheit ist, dass ich Frank an diesem Morgen sehen wollte. Ich hatte Angst. Angst vor allem um ihn. Ich wollte genauer wissen, was das für Geschäfte sind, die er da betrieb. Ich meine, diese Typen haben ihn zusammengeschlagen, und er tat so, als wäre nichts gewesen. Und dann die Anschläge auf die Pferde. Ich wollte jetzt endlich wissen, worum es ging. Dass Frank ein paar Sachen nebenbei laufen hatte, fand ich in Ordnung – nach allem, was er für die Firma getan hat.“ Sie sah ihren Mann an. Ihr Make-up war verlaufen. Sie wischte sich mit der Hand über die Augen und machte es noch schlimmer, sodass sich ein abstraktes Aquarell bildete. „Gib es zu, du hast doch auch weggeschaut. Und zwar, weil du genau weißt, was die Firma Frank verdankt. Wir sind nur durch ihn da, wo wir jetzt stehen. Da beißt keine Maus einen Faden ab.“
„Dankbarkeit hat auch bei dem kompetentesten Mitarbeiter seine Grenzen!“, erwiderte Peter Gerath.
Seine Frau lachte heiser auf. „Ja, und bei dir wahrscheinlich ganz besonders enge Grenzen.“
„Sie wollten über das sprechen, was heute Morgen geschehen ist“, erinnerte sie Berringer.
Frau Gerath schluckte. „Ich ... ich bin schwimmen gefahren, habe aber nur ein paar Bahnen gezogen und bin dann raus aus dem Wasser. Ich hatte einfach keine Lust und fühlte mich so elend ... Ich kann es kaum beschreiben. Ich musste einfach mit jemandem reden und wollte Gewissheit. Also habe ich Frank in der Firma angerufen, erhielt aber die Auskunft, dass er bereits nicht mehr im Hause sei. Also versuchte ich es über sein Handy und erwischte ihn. Er war am See. Das machte er oft, wenn er Stress hatte und ihm die Dinge über den Kopf zu wachsen drohten. Ich kann es zwar nicht nachvollziehen, was so entspannend daran ist, ein Modellsegelboot in einem See herumfahren zu lassen und darauf zu hoffen, dass die Fernbedienung auch funktioniert, aber wie heißt es so schön? Jedem Tierchen sein Pläsierchen.“
„Was war, als Sie den Elfrather See erreichten?“, wollte Berringer wissen. Er hatte keine Lust mehr, sich von Frau Gerath langwierig ihr Gefühlsleben auseinanderlegen zu lassen. Es ging um einen einzigen Punkt: Wer hatte Frank Severin mit einem Schlag die Kehle eingedrückt und ihn damit getötet.
Regina Gerath atmete tief durch. Nervös rieb sie sich mit den Fingern der linken Hand das Kinn und strich sich dann eine verirrte Haarsträhne aus den Augen. „Unser Telefongespräch wurde unterbrochen“, erklärte sie schließlich. „Ich dachte zunächst, dass ein Funkloch dafür verantwortlich wäre, aber andererseits ... Wir leben hier ja nicht in der Wildnis, und Berge gibt’s hier auch nicht. Jedenfalls keine erwähnenswerten oder solche, die den Handyempfang behindern. Als ich dann zum Elfrather See kam, sah ich ihn nirgends. Nur sein Modellboot steckte irgendwo im Schilf fest. Da schwante mir schon Übles. Ich sah zu, dass ich wegkam.“
„Die Polizei haben Sie nicht verständigt“, stellte Berringer fest.
„Nein“, flüsterte sie. „Ich war völlig durcheinander, verstehen Sie?“
„Ich hoffe für Sie, dass die Kripo das versteht“, erwiderte Berringer hart. Er wandte sich wieder an Peter Gerath. „Sie werden übrigens auch noch einiges durchzustehen haben.“
„Ich? Wieso?“
„Weil Kommissar Dietrich annimmt – annehmen muss! –, dass Sie vielleicht schon früher etwas von dem Verhältnis Ihrer Frau zu Severin ahnten und dementsprechend gehandelt haben.“
„Aber wenn ich Ihre Ausführungen richtig verstehe, habe ich doch ein perfektes Alibi“, meinte er. „Sie haben zur Tatzeit mit mir gesprochen.“
„Sie könnten jemanden beauftragt haben. Vielleicht die Schläger, die Severin schon mal in die Mangel genommen haben und jetzt einfach etwas zu fest hingelangt haben.“
„Auf welcher Seite stehen Sie eigentlich, Berringer?“, fragte Peter Gerath ärgerlich.
„Sie behaupten hier Dinge, die ...“
„Ich stehe immer auf der Seite des Klienten“, beharrte Berringer. „Deshalb bereite ich Sie auf das vor, womit Sie sich in Kürze konfrontiert sehen werden.“
„Ich werde meine Sachen packen und erst mal woanders unterkommen“, kündigte Regina Gerath an. Sie hob das Kinn und fuhr an die Adresse ihres Mannes fort: „Ich denke, damit tue ich auch dir einen Gefallen. Dann musst du nicht mehr in einem Haus mit einer Person leben, von der du annimmst, dass sie dich umbringen will.“
„Damit sollten Sie warten, bis die Polizei hier war“, mischte sich Berringer ein.
„Alles andere würde so aussehen, als wollen Sie sich den Ermittlungen entziehen.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Meinetwegen.“
„Wo wirst du unterkommen, Regina?“, fragte Peter Gerath.
„Wer weiß? Vielleicht trete ich ja dieser Sekte bei, von der Maja so begeistert ist. Da gibt es zwar keinen persönlichen Besitz, aber man bekommt immerhin was zu essen.“ Sie verzog das Gesicht und bleckte ihre perfekten weißen Zähne wie ein fauchendes Raubtier. „Irgendeines meiner Kinder wird mich schon aufnehmen. Oder ich ziehe in ein Hotel. Du musst es bezahlen, denn geschieden sind wir ja noch nicht.“
„Im Fall einer Scheidung würde sie nur eine Abfindung bekommen“ sagte Peter Gerath zu Berringer. „Herr Berringer, ich will, dass Sie alles aufklären - ohne Rücksicht auf die Familie, auf die Firma oder sonst wen!“
„Schön, dass du die Familie mal zuerst erwähnst!“, versetzte Regina ihrem Mann noch einen verbalen Kinnhaken. „Jetzt, da sie in Trümmern vor dir liegt, fällt dir ein, wie wichtig sie ist! Reizend, dieser Familiensinn, den du da entwickelst! Wirklich reizend!“
Berringers Blick glitt hinaus durch die breite Glasfront. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite sah er erneut den Golf. Vom Fahrer war nur der Schatten zu sehen. Das Kennzeichen war aus Düsseldorf und fiel allein deswegen schon auf.
Plötzlich