Private Ermittler - 2000 Seiten, 16 Krimis in einer Sammlung. Alfred Bekker

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Private Ermittler - 2000 Seiten, 16 Krimis in einer Sammlung - Alfred Bekker


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auf Humorlosigkeit gedrillt. Nur der mannscharfe Schäferhund mit dem Maulkorb über der Schnauze schien Berringer zu verstehen - er wedelt mit dem Schwanz.

      Ein Hausmädchen öffnete Berringer die Tür und führte ihn die Freitreppe hinauf.

      So sah er wenigstens noch etwas von dem Palast, dachte er und fragte sich, ob er sein Hausboot gegen eine solche Hütte nicht doch eingetauscht hätte.

      Berringer scheuchte den Gedanken fort. Er musste sich auf das Gespräch mit dem Ehepaar Gerath konzentrieren. Er war wirklich gespannt, was insbesondere Regina Gerath zu den Dingen zu sagen hatte, die er ihr in ein paar Augenblicken auf dem Silbertablett präsentieren würde.

      Das Hausmädchen führte Berringer in einen salonartigen, lang gezogenen Raum.

      Alles war in Blau gehalten. Es gab kräftiges Blau, Marineblau, Violett, ein Himmelblau, das beinahe schon an ein blaustichiges Weiß erinnerte, und so fort.

      Wie in der sogenannten guten alten Zeit, die es wahrscheinlich nie gegeben hat, dachte Berringer. Aber wenn sie schon nicht tatsächlich existiert hatte, dann konnte man sie sich ja selbst erschaffen. Otto Normalreich musste dazu seine Fantasie bemühen – jemand wie Gerath hatte es besser. Er braucht nur Innendekorateure zu finden, die diese nach rückwärts gerichteten Träume in Kunst und Mobiliar umsetzten und alles richtig kombinierten.

      Berringer ließ den Blick schweifen. Die Front der hohen Fenster sorgte dafür, dass stets viel Licht diesen blauen Salon erhellte. Man sollte sich offenbar wie im siebten Himmel fühlen. Mit der Wirklichkeit hatte das wohl nicht viel zu tun. Jedenfalls stand das ach so harmonische Ambiente dieses Hauses in einem geradezu diametralen Gegensatz zu den zwischenmenschlichen Beziehungen der Familienmitglieder untereinander.

      „Herr und Frau Gerath werden gleich erscheinen“, versprach das Hausmädchen und ließ Robert Berringer einen Augenblick allein.

      Berringer atmete tief durch und versuchte seine Gedanken zu ordnen. Er trat an die Fensterfront. Man konnte bequem über die hohe Mauer schauen, die das gesamte Anwesen von den angrenzenden Grundstücken isolierte. Selbst die Straße war –

      abgesehen von einem kleinen Streifen im unmittelbaren Sichtschatten der Umgrenzungsmauer – gut zu überblicken.

      Ein Wagen fiel Berringer auf. Er parkte auf der gegenüberliegenden Straßenseite.

      Jemand saß am Steuer, ließ dann das Fenster herunter und entsorgte eine Zigarettenkippe. Eine der Polizeistreifen, die rund um Geraths Haus für Ruhe und Ordnung sorgen sollten, fuhr heran. Ein Beamter stieg aus und forderte den Fahrer des Fahrzeugs – es handelte sich um einen altersschwachen Golf – aus dem Auto zu steigen. Er kam dem auch nach. Er musste Papiere und Ausweis zeigen und außerdem den Kofferraum öffnen.

      Das hatte er davon, dass du die Straße befleckt hatte, dachte Berringer. Es gab eben Bereiche, da kannten deutsche Gesetzeshüter kein Pardon. Und das Entledigen einer Kippe auf die Straße gehörte inzwischen dazu. Ordnungswidrigkeit mit einer kostenpflichtigen Verwarnung von zehn Euro, erinnerte sich Berringer und fragte sich insgeheim, ob die Preise auch in dieser Branche inzwischen gestiegen sein mochten.

      Wahrscheinlich ja. Schließlich war alles teurer geworden.

      Der Mann aus dem Golf wirkte auf die Entfernung völlig konturlos. Schütteres Haar.

      Jemand, dessen Züge einem wahrscheinlich nicht in Erinnerung bleiben, selbst wenn man ihm im Zugabteil vielleicht einen halben Tag lang gegenübersaß. Er gestikulierte wild herum und versuchte, gegenüber den Polizisten sein vermeintliches Recht durchzusetzen. Doch die blieben hart. Schließlich bezahlte er, und die Streife fuhr weiter. Der Golffahrer ebenfalls.

      „Herr Berringer?“

      Es war die Stimme von Peter Gerath, die Berringer förmlich zusammenzucken ließ.

      Da sprach ein Mann, der es gewohnt war, Untergebene zu führen.

      Berringer drehte sich um.

      Gerath war zusammen mit seiner Frau eingetreten. Regina Gerath wirkte etwas verlegen, als sie Berringer erblickte. Sie rieb dauernd die Handinnenflächen gegeneinander und trat von einem Fuß auf dem anderen. Da hatte jemand keinen festen Stand im Leben, hätte da der Amateurpsychologe gesagt, ging es Berringer durch den Sinn.

      „Ich nehme an, dass sich im Laufe des heutigen oder morgigen Tages die Polizei noch bei Ihnen melden wird, um Sie zu befragen“, sagte Berringer.

      „Worum geht es denn?“, wollte Gerath wissen.

      „Um den Tod von Frank Severin, der Sie– wenn auch aus unterschiedlichen Gründen

      - beide betrifft“, eröffnete ihnen Berringer. „Er wurde heute Morgen im Elfrather See gefunden. Frau Gerath, vielleicht können Sie uns etwas dazu sagen?“ Berringer wartete ihre Reaktion ab. Peter Gerath schien ehrlich überrascht. Er wandte ruckartig den Kopf, sah seine Frau an. „Hast du davon etwas gewusst? Was ist geschehen?“

      „Nun, ich denke, dass wird uns Herr Berringer sicher gleich noch berichten“, erklärte sie ziemlich angespannt. Sie presste die Lippen zusammen und wich Berringers Blick aus.

      „Warum sagen Sie uns nicht, was Sie schon wissen?“, forderte Berringer sie auf.

      „Tut mir leid, ich weiß nicht, wovon Sie reden, Herr Berringer!“ Peter Gerath runzelte die Stirn und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich habe keine Ahnung, was Sie da für ein Spiel treiben, Herr Berringer, aber ich weiß genau, wofür ich Sie eigentlich bezahle – nämlich dafür, dass Sie mir Informationen liefern!

      Informationen, an die die Polizei aus irgendwelchen Gründen nicht herankommt, Sie aber schon, denn Sie können sich voll und ganz dieser Sache widmen und brauchen keinerlei Rücksicht auf Vorschriften und Paragrafen zu nehmen. Also reden Sie schon.“

      Berringer trat auf die beiden zu. Regina Gerath hatte sich zur Seite gewandt. Sie beobachtete den Detektiv aus den Augenwinkeln heraus. „Sie waren doch ungefähr zur Tatzeit am Tatort, Frau Gerath“, stellte Berringer fest. „Dafür gibt es Zeugen.

      Angeblich waren Sie schwimmen, aber entweder, Sie haben an diesem Morgen Ihre Bahnen im Badezentrum in einem Rekordtempo hinter sich gebracht, oder Sie sind einfach früher aufgestanden. Oder Sie waren nie dort und haben das nur als Ausrede benutzt. Letzteres halte ich für das Wahrscheinlichste.“

      „Sie haben eine blühende Fantasie, Herr Berringer“, sagte sie mit schneidender Stimme.

      „Aber warum sollte meine Frau den Geschäftsführer von Avlar Sport umbringen?“, fragte Gerath. „Das ist doch absurd! Ich meine ...“

      „Wollen Sie es Ihrem Mann sagen oder muss ich es tun?“, fragte Berringer an Regina Gerath gewandt.

      Sie schluckte, schien noch mit sich zu ringen und nach einer Ausrede zu suchen. Aber was hätte sie sich da ausdenken können? Die Fakten ließen sich kaum schönreden, egal, wie man es auch formulierte.

      „Ihre Frau hatte ein Verhältnis mit Frank Severin“, erklärte Berringer, als Regina Gerath noch immer nichts sagte. „Dafür gibt es ebenso Zeugen wie für ihre Anwesenheit am Tatort, dem Ufer des Modellsegelweihers am Elfrather See. Herr Severin war nämlich leidenschaftlicher Modellsegler und hat am See geübt. An diesem Morgen nahm er sich kurzfristig Urlaub dafür. Vielleicht, um sich dabei zu entspannen, weil ihm der Stress überm Kopf stieg.“ Gerath blieb vollkommen ruhig. Die Nachricht von der Untreue seiner Frau schien ihn in keiner Weise zu überraschen oder emotional zu tangieren. Er nahm das hin wie schlechtes Wetter, dachte Berringer. Er selbst könnte das nicht. Aber wer mochte schon wissen, was die Eheleute Gerath tatsächlich noch miteinander verband. Allzu viel schien es jedenfalls nicht zu sein.

      Genauso wenig schien es Gerath zu erschüttern, dass seine Frau möglicherweise eine Mörderin war.

      „Ich ... äh, ich habe mir nach Ihren ersten Hinweisen auf Severin mal die Bücher vorgenommen, beziehungsweise vornehmen lassen“, erwiderte Gerath schließlich und nachdem er sich ausgiebig geräuspert hatte.


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