Sechs Krimis: Ferienkiller. Alfred Bekker

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Sechs Krimis: Ferienkiller - Alfred Bekker


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      „Wir wissen wegen des Gen-Tests gerade mal, dass es ein Mann war. Alter: Ende vierzig bis Mitte fünfzig. Das Gesicht lässt sich nur durch sehr aufwendige Rekonstruktion wiederherstellen. So etwas dauert Wochen. Nicht einmal der Zahnstatus ist noch vollständig erkennbar. Im Moment führen die Kollegen aus dem Labor Untersuchungen zur Isotopenverteilung des vom Körper aufgenommen Bleis durch. Damit können wir immerhin feststellen, woher der Betreffende stammt und wo er in den letzten Jahren gelebt hat.“

      Von dieser Methode hatte ich gehört. Sie kam eigentlich aus der Archäologie und war der letzte Schrei unter den Wissenschaftlern, die ihren Dienst für das BKA oder die Ermittlungsgruppe Erkennungsdienst verrichteten. Das Element Blei lag in verschiedenen Isotopen vor, deren Anteile regional stark schwankten. Die jeweilige Zusammensetzung glich einem regionalen Fingerabdruck. Da Blei vom Körper angereichert wurde und man sehr genau wusste, wie lange es dauerte, bis dieses Schwermetall in Haaren oder Fingernägeln wiederzufinden war, ließ sich über Jahre hinweg eine Art Atlas darüber erstellen, wo sich ein Mensch über längere Zeit aufgehalten hatte.

      „Ich weiß, dass das alles nicht gerade nach einem riesigen Ermittlungsfortschritt klingt, aber die Isotopenverteilung des im Körper angereicherten Bleis ist das einzige, was sich relativ schnell durchführen lässt. Alles andere, was wir tun können, braucht seine Zeit.“

      „Ich nehme an, dass ein Abgleich der Gen-Daten bereits stattgefunden hat“, mischte sich Rudi ein.

      Dr. Claus nickte. „Ja. Ergebnis: negativ.“

      „Dann wissen wir ja immerhin, dass der Mann wegen eines Kapitalverbrechens straffällig war oder gesucht wurde. Was ist mit der Kleidung?“

      „Die Herkunft wird untersucht. Aber da werden wir wohl auch auf aufwendige Textilanalysen warten müssen, denn die Etiketten und Markenbezeichnungen sind sämtlich entfernt worden. Übrigens meiner Ansicht nach bereits vom Opfer – das war keine Maßnahme des Täters, um die Spuren seines Verbrechens zu verwischen.“

      „Das ist doch schon mal etwas“, meinte ich und wandte mich an Rudi. „Was für Leute trennen denn die Etiketten aus ihren Kleidern?“

      „Geheimagenten oder andere Personen, die ein konspiratives Leben führen und es sich nicht erlauben können, dass man herausfindet, wer sie wirklich sind“, lautete Rudis Schlussforderung.

      37

      Anstatt gleich zum Präsidium zurückzufahren, statteten wir Johanna Steinmann noch einen Besuch ab.

      „Wir haben leider keine guten Nachrichten“, eröffnete ich. „Nora Coldewey ist tot. Wir nehmen an, dass Bykow der Täter ist.“

      Sie sah uns entgeistert an und schüttelte stumm den Kopf. Johanna Steinmann war für Augenblicke völlig unfähig, auch nur einen einzigen Ton herauszubringen. Sie ließ sich in einen Sessel fallen und schluckte. „Wieso hat dieser Bykow das getan?“

      „Offenbar hat Ihre Mitbewohnerin Bykow dabei geholfen unterzutauchen. Sie wusste einfach zuviel über ihn. Darum war er wohl der Ansicht, sie nicht am Leben lassen zu können“, sagte Rudi.

      „Aber er läuft immer noch frei herum!“

      „Ja. Bitte, Frau Steinman, versuchen Sie sich an alles zu erinnern und helfen Sie uns.“

      „Aber womit? Ich habe keine Ahnung wie ich etwas dazu beitragen könnte, dass dieser Kerl hinter Schloss und Riegel kommt!“

      „Es geht um den Wagen den Nora gekauft hat“, ergriff nun Rudi das Wort.

      „Mit Bykows Geld natürlich!“, sagte Johanna. Sie war jetzt uns gegenüber sehr viel aufgeschlossener als bei unserem ersten Gespräch.

      „Erinnern Sie sich an den Typ? Das Kennzeichen?“

      „Bin ich ein Computer?“, fuhr sie auf. Sie wirkte jetzt ziemlich gereizt. „Ich kann mir nicht alles merken!“

      „Wissen Sie vielleicht, bei welchem Händler sie den Wagen gekauft hat?“

      „Bei Hansen & Kremers aus Potsdam. Das weiß ich so genau, weil ich den Kaufvertrag kurz gesehen habe. Ich glaube, es war ein Ford Maverick.“

      „Na, dann wissen wir immerhin, wonach wir fahnden müssen“, sagte ich.

      38

      Wir suchten den Autohändler auf, der Nora Coldewey den Wagen verkauft hatte.

      Wie vermutet, war der Ford Maverick bar bezahlt worden und wir wussten jetzt die genaue Typbezeichnung und die Zulassungsnummer.

      „Okay, wir haben uns gewundert, weshalb die Frau auf Barzahlung bestand“, meinte Herr Konrath, einer der drei Besitzer des Autohauses. „Ich dachte nur, dass so ein paar verrückte Hippies den Kreditkarten immer noch misstrauen.“

      Ich ging auf seine Bemerkungen nicht weiter ein. Stattdessen versuchte ich aus Konrath herauszuholen, ob ihm vielleicht noch irgendetwas anderes im Gedächtnis geblieben war. „Vielleicht eine Bemerkung, die Frau Coldewey fallen ließ oder irgendwelche besonderen Extras.“

      Konrath schüttelte den Kopf. „Nein. Aber wissen Sie, was meine Hauptsorge ist?“

      „Wovon sprechen Sie?“

      „Dass morgen ganz Deutschland in der Zeitung und im Kabelfernsehen mitbekommt, dass wir etwas mit einem Mord und dem organisierten Verbrechen zu tun haben! Hier kauft doch niemand mehr einen Wagen!“

      „Wir werden tun, was wir können, um Sie da herauszuhalten“, erwiderte ich.

      Und Rudi ergänzte: „Schließlich sind wir vom BKA und keine Korrespondenten einer Nachrichtenagentur.“

      „Das soll mich jetzt beruhigen, oder was?“

      „Herr Konrath, es ist einfach Ihre Pflicht dabei mitzuwirken, dass Polizei und Justiz ihre Arbeit machen können“, sagte ich ernst. „Schließlich könnte es ja auch einmal sein, dass Sie unseren Schutz brauchen und darauf angewiesen sind, dass jemand sein Wissen mit uns teilt!“

      „Ist ja schon gut, Herr Kubinke!“ Er sah mich an und verengte dabei die Augen. Schließlich erklärte er: „Da ist vielleicht noch etwas, das Sie interessieren könnte!“

      „Was?“

      „Sehen Sie, wir bieten auch den Einbau von Mobiltelefonen samt Freisprechanlage an. Deswegen kann man hier auch Handys erwerben. Ist für uns ein Zusatzgeschäft und wie heißt es so schön? Man soll geschäftlich nie alle Eier in einen Korb legen.“

      „Heißt das, Frau Coldewey hat hier ein Handy erworben?“, hakte ich sofort nach.

      Konrath nickte. „Ja. Allerdings nur eins dieser billigen Dinger ohne Vertrag, die man mit einer Prepaid-Karte betreiben muss. Man hat dann keinen festen Vertrag, sondern kann immer nur den Betrag vertelefonieren, der noch auf der Karte gespeichert ist.“

      Prepaid-Handys waren das Kommunikationsmittel, das bei den Gangstern den höchsten Beliebtheitsgrad hatte, da man das Gerät nur schwer einem einzelnen zuordnen konnte und es normalerweise sehr abhörsicher war.

      „Wir brauchen die Nummer, die für Frau Coldewey eingerichtet worden ist!“, verlangte ich.

      „Ich suche sie Ihnen heraus“, versprach Konrath.

      „Okay.“ Während ich mich an Rudi wandte, verschwand Konrath in einem Nebenraum. „Wenn wir Glück haben, können wir Bykow mit dem Ding orten!“

      „Falls er es irgendwann mal einschalten sollte.“

      „Ich will nicht hoffen, dass es sein Ersatzgerät ist!“

      Rudi hob die Augenbrauen. „Dass Nora Coldewey es gleich an ihn weitergereicht hat, stellst du gar nicht erst in Frage, oder?“

      „Sie hat es für Bykow besorgt, da wette ich drauf!“

      Nachdem


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