Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner
Читать онлайн книгу.einer Anwort verschloß Gesa Jochens Lippen mit einem Kuß.
»Ach, Madl! Wie gut du dich anfühlst! Wie habe ich mich nach dir gesehnt!«
Gesa küßte Jochen. Sie kuschelte sich an ihn.
»Du sagst ja nix. Bist du mir böse, weil ich so lange fort war?«
»Jein! Ich weiß ja, daß du Geld verdienen mußt. Aber du verdienst dafür viel zu wenig. Da kannst du gleich ins Ausland gehen!«
Gesa holte Jochens Geschenk aus ihrem Rucksack.
»Schau, da habe ich etwas für dich!«
Jochen freute sich sehr.
»Sind des net schöne Brummis? Mei, was gäbe ich drum, wenn ich auch mal so einen Brummi fahren könnte! Das ist ein Traum.«
»Träume können auch wahr werden! Schau, du mußt nur ins Ausland gehen. Wenn du dort auch so viel arbeitest wie hier, dann hast du bald das Geld für einen eigenen Lastwagen zusammen. Bist ja so oft länger fort, da spielt es keine Rolle, wo du bist!«
»Willst du mich wegschicken?«
»Wie kannst du so etwas sagen?« schmollte Gesa zum Schein. »Du redest doch immer von der Zukunft und deinen Plänen. Ich muß mich gedulden. Ist es da verwunderlich, wenn ich will, daß du mehr Geld verdienst und schneller die Möglichkeit hast, deine Träume zu verwirklichen?«
»Naa, das ist net verwunderlich! Ich gestehe dir auch, daß ich selbst schon mit dem Gedanken geliebäugelt habe. Dann hättest du nix dagegen, wenn ich mir im Ausland Arbeit suche?«
»Naa, Jochen überhaupt net! Aber Berge sollten schon in der Nähe sein.«
»Berge?«
»Ja, das ist mir wichtig! Wenn ich dich besuchen komme, dann will ich dort mit dir auch auf die Berge.«
Gesa blätterte im Bildband. Sie zeigte Jochen einige Doppelseiten. Darauf waren Lastwagen abgebildet, die auf einer Straße durch eine endlos scheinende Ebene fuhren.
»Eine solche Landschaft gefällt mir nicht!«
Jochen lachte und schloß Gesa in die Arme.
»Mein Chef hat eine Fuhre nach Norwegen. Die könnte ich übernehmen. Wenn es dir nix ausmacht, dann könnte ich einige Tage länger bleiben und mich umsehen.« Jochen lachte. »Umsehen nach Bergen und Arbeit. Ich könnte mich mit meinem ehemaligen Kollegen treffen.«
»Wie lange willst du fortbleiben?«
»Ich weiß nicht! Zwei Wochen vielleicht?«
»Und wer fährt den Lastwagen zurück?«
»Das macht ein Kollege. Ich habe schon mit ihm geredet. Es wäre zu machen.«
»Das hört sich gut an! Wenn du dort eine Arbeit findest, dann kannst du gleich anfangen. Ich kann dir deine Sachen nachschicken.«
Jochen überlegte. Gesa ließ ihm Zeit. Sie kannte ihn gut. Er war ein Mann, der nicht gedrängt werden wollte, ein Mann, der seine Entscheidungen immer alleine traf.
»Nun gut, Gesa, dann werde ich mich mal umsehen!«
Gesa lächelte und küßte Jochen.
Während Jochen im schwachen Schein der Innenbeleuchtung des Autos den Bildband durchblätterte, erzählte er Gesa von seinen Lebensplänen. Obwohl Gesa sie schon kannte, hört sie geduldig zu. Jochen hatte einen ganz festen Plan. Jedes seiner Wort bestätigte Gesa, daß sie Jochen niemals umstimmen könnte. Zuerst wollte er Geld verdienen für einen kleinen Lastwagen. Dann, so hatte er sich ausgerechnet, konnte er sich in weiteren Jahren einen größeren Laster kaufen. Ihm war klar, daß er diesen auch nicht auf einmal bezahlen konnte. Aber wenn alles so lief, wie er hoffte, dann war es auch möglich an Familie zu denken. Familie, das bedeutete für Jochen ein Haus, dann Heirat und Kinder.
»In Kanada, Alaska oder Australien kannst du noch mehr Geld verdienen, besonders in Kanada. Dort gibt es auch Berge mit Schnee und Eis und Gletscher.«
»Ja, das stimmt! Die sollen wirklich gut bezahlen.« Jochen lachte. »Dabei würde ich sogar noch Geld mitbringen, nur um einmal so einen Lastwagen zu fahren. Schau, das sind fast Züge auf Rädern mit drei Anhängern. Es muß himmlisch sein.«
Gesa deutete auf das Bild. Mit dem Finger tippte sie auf die Zugmaschine und die Anhänger.
»Das muß dann auch dreimal so viel Geld geben. Das bedeutet, daß du in einem Drittel der Zeit deine Pläne verwirklichen könntest, nur so als Anregung.«
Jochen küßte Gesa.
»Mache dir in deinem hübschen Kopf nicht so viele Gedanken!«
»Ich will dich nur bei deinen Träumen unterstützen. Sonst kann ich ja nichts machen. Heiraten willst du jetzt ja nicht, oder?«
Jochen seufzte.
»Nein, Gesa! Heiraten, das wäre zu früh! Viel zu früh! Ich muß erst etwas erreichen, das weißt du! Da mußt du schon warten.«
Gesa lächelte Jochen an.
»Was ist, wenn ich nicht warten will?«
»Was soll sein? Dann kann ich daran nichts ändern! Ich habe dir von Anfang an mein Vertrauen geschenkt, habe dich in meine Pläne eingeweiht. Sicherlich würde ich es bedauern, wenn es dir zu lange dauert. Aber ich kann dich nicht zwingen, zu warten, nur bitten. Du kannst mich nicht zwingen, daß ich dich jetzt schon heirate. Wir sind doch beide noch jung und haben Zeit.«
Gesa seufzte.
»Ja, da ist Zeit! Vielleicht komme ich ja zu ganz viel Geld. Dann kaufe ich dir einen großen Lastwagen mit Anhänger!«
»Träumerin! So viel kannst du nicht sparen! Außerdem will ich von dir kein Geld.«
»Ich rede nicht von Geld! Ich rede von einem funkelnagelneuen Lastwagen. Ich wette mit dir, daß du dann nicht ablehnen würdest.«
»Diese Wette würdest du wahrscheinlich gewinnen. Aber wie solltest du an so viel Geld kommen? Spielst du Lotterie?«
Gesa lächelte Jochen an. Mit einem Augenaufschlag sagte sie:
»Kommt es dir nicht manchmal auch vor, als sei das ganze Leben ein Lotteriespiel?«
»Doch, so kann man es sagen! Oft bekommt man nicht einmal den Einsatz zurück! Deshalb muß ich mich jetzt auch von dir verabschieden. Ich muß nach Kirchwalden.«
Jochen schaute auf die Uhr.
»Der Kumpel und ich, wir wollen in einer Stunde schon losfahren! Er fährt die erste Schicht. Ich lege mich in die Koje und schlafe einige Stunden.«
Jochen nahm Gesa fest in die Arme und küßte sie.
»Gesa, ich liebe dich! Du bist wunderbar!« hauchte er.
Gesa sagte nicht, daß sie ihn liebte. Sie küßte ihn nur. Er bemerkte nicht, daß sie geschwiegen hatte.
Als Gesa den Rücklichtern des Autos nachsah, hakte sie einen weiteren Punkt auf ihrer Liste ab. Jochen ist jetzt erst einmal eine Zeitlang fort. Jetzt bin ich diese Sorge los, dachte Gesa.
*
Das Angelusläuten der Glocken der schönen Barockkirche war überall im Tal von Waldkogel zu hören. Seit alters her setzten sich die Waldkogeler, sobald das Angelusläuten zu hören war, zum Abendbrot nieder. Es war der Augenblick, zu dem sich alle Familienmitglieder trafen, wenn sie es irgendwie einrichten konnten und das Wetter sie nicht auf den Feldern und Wiesen hielt.
Der Tisch auf dem Wasmayr Hof war für drei gedeckt.
»Der Dieter kommt heute wohl wieder später«, bemerkte Gudrun Wasmayr.
Sie setzte sich. Wilfried, ihr Mann, sprach das Tischgebet. Sie bekreuzigten sich. Die Bäuerin reichte ihrem Mann das Brot.
»Immer wenn der Bub zum Schlachthof fährt, kommt er erst spät in der Nacht heim. Allmählich