Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner
Читать онлайн книгу.Ich bin gespannt, wie Vater das bekommt.«
»Er geht zu meinen Schwiegereltern essen. Er kommt unter Leute. Das wird sicherlich auch eine schöne Zeit für ihn sein. Polly, ich kann dir nur noch einmal sagen: Opfere dein Leben nicht! Zerstöre die Liebe zwischen dir und Achim nicht aus falschverstandener Vaterliebe. Das ist Unrecht und Verschwendung! Meinst du nicht auch?«
»Ich kann einfach nicht aus meiner Haut. Ich bin hin- und hergerissen zwischen Achim und meinem Vater. Ich suche verzweifelt nach einem Weg, damit ich meine Liebe leben kann.«
Anna dachte nach.
»So auf Anhieb fällt mir da auch nichts ein. Aber ich werde darüber nachdenken. Auf jeden Fall solltest du offen mit deinem Vater darüber reden. Ich denke, daß er auch dich glücklich sehen will. Es kann ihm sicherlich nicht recht sein, wenn du auf deine Liebe verzichtest.«
Polly nickte.
»Übrigens, Achim weiß, daß ich hier oben bin. Ich hoffe, daß er kommt. Versprochen hat er es jedenfalls. Bitte laß dir nichts anmerken, Anna!«
Anna lachte laut, aber herzlich.
»Meine gute Polly! Denkst du wirklich, daß ihr eure Liebe, die Verbundenheit eurer Herzen geheimhalten könnt? Das bezweifele ich stark. Das ist in meinen Augen ganz unmöglich. Wenn zwei verliebt sind, dann kann man es sehen. Das war bei mir auch so!«
Anna erzählte Polly, wie sie sich im Zug in Toni verliebt hatte und wie ihre Freundin Sue in Frankfurt ihr das ins Gesicht gesagt hatte. Anna gab zu bedenken, daß Pollys Vater vielleicht auch schon etwas bemerkt haben könnte. Doch Polly schüttelte heftig den Kopf. Sie war davon überzeugt, daß ihr Vater von den heimlichen Treffen im Garten nichts ahnte.
Toni betrat die Küche.
»Polly, du hast Besuch bekommen!« Toni drehte sich halb um und rief in die Wirtsstube der Berghütte: »Komm hierher, Achim! Die Polly ist in der Küche. Die Anna und die Polly schwatzen gemütlich!«
Polly wurde tiefrot.
»Warum hast du nach mir gefragt?« begrüßte Polly Achim vorwurfsvoll.
Achim ging auf Polly zu und nahm sie in den Arm. Er zog sie an sich und küßte sie.
»Warum? Weil du mein Madl bist – und ich dich liebe! Ich habe mit Toni gesprochen. Er tut uns nicht verraten und die Anna und der alte Alois bestimmt auch nicht.«
»Aber die Kinder, Basti und Franzi könnten etwas erzählen!«
»Mei, Polly! Jetzt gib aber Ruhe! Deine Sorge ist ja fast schon krankhaft.«
Toni räusperte sich.
»Wie wäre es, wenn ihr beide euch ein paar schöne Stunden macht. Es dauert noch eine ganze Weile, bis es ganz dunkel ist. Macht doch einen schönen Spaziergang. Geht den Pfad zum ›Paradiesgarten‹ hinauf.«
»Oder lauft rüber zum ›Erkerchen‹!« warf Anna ein.
Anna reichte Polly deren Wanderjacke, die in der Küche am Haken hing.
»Nimm deine Liebste schon und verschwinde, Achim! Die Polly hat mir von dir erzählt. So geheim ist eure Liebe nicht mehr.«
»Des mag hier auf der Berghütte so sein. Doch noch hat die Polly nicht mit ihrem Vater geredet. Ich bin mir nicht sicher, daß sie wirklich zu mir steht.«
»Dann mußt du das herausfinden, Achim. Dazu ist ein Abend und eine Nacht beim ›Erkerchen‹ gut geeignet. Es ist eben der Ort, wo sich die Herzen der Liebenden besonders nah kommen. Jetzt geht schon! Und vor Mitternacht erwarte ich euch nicht zurück.«
Joachim schmunzelte. Er legte seinen Arm um Pollys Schultern.
»Da hörst du es! Der Anweisung des Hüttenwirts müssen wir schon nachkommen.«
Joachim führte seine Polly hinaus. Toni ging mit bis zur Terrasse. Er vergewisserte sich, daß Joachim eine Stablampe dabei hatte.
»Da kannst du unbesorgt sein, Toni! Ich habe einen vollen Rucksack mit Proviant und auch eine Lampe.«
Toni sah den beiden nach.
Es war kurz nach Mitternacht, als Polly und Joachim zurückkamen. Sie sahen sehr glücklich aus. Toni, Anna und der alte Alois saßen beim Kamin. Gemeinsam tranken sie noch einen warmen Tee und ließen den Tag ausklingen.
»Da seid ihr ja wieder! Schaut gut aus, ihr beide. Wollt ihr euch nicht auch ein bissel zu uns setzen? Mögt ihr einen warmen Tee mit einem Schuß Rum?«
Sie setzten sich. Toni brachte zwei Becher.
»Du trägst ja einen Ring, Polly!« staunte Toni, als Polly ihm ihren Becher abnahm.
Joachim legte den Arm um Polly.
»Ja, das stimmt! Ich habe Polly heute den Ring mit dem schönen Stein geschenkt. Sie soll wissen, wie ernst ich es meine.«
Polly mußte Anna und dem alten Alois den Ring zeigen.
»Dann ist es euch ernst?« fragte Alois.
»Ja, es ist uns ernst. Wir wollen heiraten! Es war schön am ›Erkerchen‹. Wir konnten endlich einmal ungestört über alles reden, ohne daß die Polly Angst haben mußte, ihr Vater könnte kommen. Jetzt müssen wir nur noch einen Weg finden, damit ihr Vater nicht so allein ist. Aber Polly hat mir fest versprochen – einen heiligen Eid hat sie geschworen –, daß sie mit ihrem Vater reden wird. Ja, ja, wir sind uns einig, daß wir zusammengehören. Nur, wie wir das mit Pollys Vater regeln, da sind wir uns noch nicht einig. Ich kann Polly verstehen. An ihrer Stelle würde ich mir genauso viele Gedanken machen.«
Joachim drückte seine Polly fest an sich.
»Joachim hat den Vorschlag gemacht, daß ich mit dem Pfarrer Zandler reden soll. Vielleicht hat er eine Idee. Vielleicht kann er bei Vater etwas vorfühlen, damit ihn meine Ankündigung nicht so sehr treffen wird. Was meint ihr?«
Toni und Anna hielten das für eine gute Idee. Der alte Alois zog an seiner Pfeife. Jeder sah ihm an, daß er über etwas nachdachte. Wenn Alois gedanklich mit etwas beschäftigt war, dann qualmte sein Pfeife besonders stark. Toni fragte ihn, was ihm so durch den Kopf ging.
Der alte Alois trank einen Schluck Tee.
»Des war früher einfacher! Wenn eine Bäuerin gestorben war, dann wußte der Bauer, daß er sich eine neue Frau nehmen muß. Die Frauen sind oft im Kindsbett geblieben, wie ich noch ein Bub gewesen bin. Gott sei Lob und Dank ist des heute nimmer so. Aber es wäre wirklich net das Allerschlechteste, wenn der Pircher wieder heiraten würde. Dann wäre er versorgt und du müßtest dir keine Sorge um ihn machen, Polly.«
»Daran habe ich auch schon gedacht. Aber Vater wird das nie machen. Er liebte die Mutter und will ihr wohl über den Tod hinaus die Treue halten. Einer anderen Frau sein Herz zu schenken, das kommt für Vater nicht in Frage – denke
ich.«
Der alte Alois schüttelte den Kopf.
»Jede Liebe ist anders, Polly! Es wäre für deinen Vater eine neue Liebe. Damit würde er seine gute Alwine nicht vergessen. Sie ist ja auch deine Mutter. Es würde für ihn einfach ein neuer Lebensabschnitt beginnen. Wie alt ist dein Vater jetzt, Polly?«
»Noch nicht einmal fünfzig Jahre!«
Dicke Qualmwolken stiegen aus Alois’ Pfeife.
»Polly, sagt dir der Name Lioba Fischer etwas?«
»Nein, Alois! Wer soll das sein?«
Der alte Alois schaute lange in die Flammen des Kamins. Jeder konnte ihm ansehen, daß er einen innerlichen Kampf ausfocht.
»Polly, ich war schon lange Hüttenwirt, damals, als ich die Lioba Fischer kennenlernte. Sie war eine ganz besondere Bergliebhaberin. Sie kam mindestens zweimal im Monat zum Wandern und Klettern hierher auf die Berghütte. Sie kam aus einer großen Stadt am Rhein. Wenn ich mich richtig erinnere, dann stammte sie aus Köln. Mei, konnte des Madl klettern – wie eine Gemse! Alle ledigen