Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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Sehen S’, wie des Madl da sitzt? So sitzt die Polly jetzt schon seit über einer Stunde. Also normal ist des net, wenn Sie mich fragen!«

      »Danke, Helene!« sagte Pfarrer Zandler knapp.

      Er ging durch die Kirche und nahm die Seitentür, die zum Friedhof führte. Der Kies auf dem Gehweg knirschte unter seinen Schuhen.

      »Grüß Gott, Polly!«

      Polly erschrak. Sie stand auf.

      »Grüß Gott, Pfarrer Zandler! Ich habe Sie gar nicht kommen gehört.«

      »Das habe ich bemerkt. Hast stille Zwiesprache mit deiner Mutter gehalten?«

      »Ja, so kann man sagen!«

      Polly blinzelte den Pfarrer an. Die Sonne blendete sie. Sie hielt sich die Hand über die Augen.

      »Haben Sie einen Augenblick Zeit für mich?«

      »Aber sicher, Polly! Auch zwei Augenblicke oder drei Augenblicke, solange du mich brauchst. Doch laß uns in den Schatten gehen. Es ist heute ungewöhnlich warm.«

      Sie durchquerten den Friedhof und setzten sich auf eine Bank an der Wand der Kirche. Hier war es schattig und angenehm kühl.

      »So, Polly! Nun schütte mir dein Herz aus!«

      Polly kam gleich zur Sache. Sie zeigte Pfarrer Zandler ihre Noti-

      zen.

      »Ich suche eine Jugendfreundin meines Vaters! Sie war seine erste Liebe. Sie heißt oder hieß damals Lioba Fischer. Vielleicht – wahrscheinlich – hat sie inzwischen auch geheiratet. Ich würde sie gern finden. Vater war einmal sehr verliebt in sie. Er hat mir zwar nicht erzählt, warum die Sache damals auseinandergegangen ist, aber vielleicht kann ich wenigstens erreichen, daß die beiden wieder zusammen reden. Vater braucht jemanden zum Reden. Verstehen Sie das?«

      Pfarrer Heiner Zandler schaute Polly in die Augen. Diese senkte den Blick.

      »Willst du deinen Vater verkuppeln?« lachte der Geistliche.

      »Ich weiß auch nicht! Es war eine Idee, die mich nicht mehr losgelassen hat. Irgendeine innere Stimme treibt mich, treibt mich ungeheuer, diese Lioba zu suchen. Mein Herz, das sagt mir, daß ich das tun soll. Ich weiß nicht, wie ich es Ihnen erklären soll.«

      Polly erzählte Pfarrer Zandler von ihren vergeblichen Versuchen, Liobas Adresse herauszufinden.

      Er hörte zu. Dann gestand Polly dem Pfarrer, daß sie und Joachim Vorbauer ineinander verliebt waren.

      »Ich kann doch den Vater net allein lassen! Das können Sie doch verstehen.«

      Pfarrer Zandler mußte lächeln.

      »Es ist rührend, wie besorgt du um deinen Vater bist, Polly! Ich sehe das ähnlich wie du. Allerdings ist das eine gefährliche Sache, Kontakt mit Lioba aufzunehmen. Sie ist vielleicht sehr glücklich verheiratet, hat selbst Familie und Kinder. Da kannst du viel Unruhe hineinbringen. Wie willst du das machen?«

      Polly nickte. Sie erzählte von ihrem Plan, daß Alois sie einladen könnte, zusammen mit anderen Bergkameraden aus der Zeit. Polly wollte dann dafür sorgen, daß ihr Vater auch zu dem Fest auf die Berghütte geht.

      »Das ist ein guter Plan!«

      Pfarrer Heiner Zandler dachte nach. Dann hielt er eine kurze stille Zwiesprache mit seinem Herrgott, den er scherzhaft manchmal seinen Arbeitgeber nannte.

      »Also gut! Ich kann ja auch mal meine Beziehungen spielen lassen. Komm mal mit!«

      Polly folgte dem Pfarrer ins Pfarrhaus. Dort schrieb sich Pfarrer Zandler die alte Adresse und Telefonnummer auf. Polly mußte ihm versprechen, nichts zu unternehmen, bis er sich wieder in einigen Tagen bei ihr melden würde. Der Geistliche versprach, sich mit den Nachforschungen zu beeilen. Versprechen konnte er natürlich nichts, aber eine kleine Chance gab es schon. Polly war erleichtert. Sie war froh, daß sie sich Pfarrer Zandler anvertraut hatte.

      Der Geistliche versprach Polly, auch mit Edgar zu reden, um herauszufinden, wie er dazu stehe, wenn Polly in einen anderen Hof einheiraten wollte.

      »Danke, Herr Pfarrer! Mir fällt ein Stein vom Herzen. Ich bin froh, daß ich mit Ihnen gesprochen habe. Der Vater geht einmal in der Woche auf die Hochalm. Meistens an einem Dienstag oder Mittwoch, dann bin ich allein auf dem Hof.«

      »Gut, Polly! Das ist ja schon morgen oder übermorgen! Ob ich so schnell etwas in Erfahrung bringe, das weiß ich nicht. Aber ich melde mich bei dir.«

      Pfarrer Zandler verabschiedete Polly und wünschte ihr Gottes Segen. Sie verließen zusammen den Friedhof. Polly stieg auf ihr Fahrrad und fuhr heim. Pfarrer Zandler begann sofort damit, nach dieser Lioba Fischer zu suchen.

      *

      Polly hörte die ganze Woche nichts von Pfarrer Zandler. Sie war ungeduldig und wirkte nervös.

      »Madl, was ist mit dir?« fragte ihr Vater eines Abends. »Bist immer so in Gedanken! Hast was auf dem Herzen?«

      »Des kommt dir nur so vor, Vater! Ich habe viel Arbeit. Ich will ja morgen wieder auf die Berghütte.«

      Ihr Vater schaute Polly prüfend an.

      »Wenn es dir keine Freude macht, dann müssen sich die Anna und der Toni jemand anderen suchen.«

      »Naa! Freude macht es mir schon! Ich bin gern mit der Anna zusammen.«

      »Was ist es dann? Denkst du an die feschen Burschen dort oben?«

      Polly errötete tief.

      »Aha« raunte ihr Vater und schmunzelte.

      »Nix aha! Vater! Ich habe dir doch gesagt, daß des meine Angelegenheit ist.«

      Edgar Pircher seufzte.

      »Polly, du bist manchmal ein echter Dickschädel. Mir kannst du nix vormachen. Du grübelst doch! Du hast doch einen bestimmten Burschen ins Auge gefaßt, oder? Was paßt dir an ihm net?«

      Polly antwortete nicht. Sie vergrub ihre Hand in die Schürzentasche. Darin bewahrte sie in einem Taschentuch den Ring auf. Daheim konnte sie ihn nicht tragen.

      »Mein Madl! Mache es mir doch nicht so schwer! Bist doch meine Einzige. Red’ schon! Mei, ich bin auch mal jung gewesen. Vielleicht kann ich dir einen Rat geben. Willst du dich mir nicht anvertrauen?«

      Polly schüttelte den Kopf.

      »Ich will dich mit meinen Gedanken nicht belasten. Vielleicht bin ich zu gewissenhaft. Für mich muß eben alles perfekt sein. Ich denke eben darüber nach, was du am Anfang der Woche zu mir gesagt hast. Weißt, die Sache mit der eierlegenden Wollmilchsau!«

      Ihr Vater schmunzelte.

      »Du schaffst das schon! Die Erkenntnis, daß man im Leben von dem einen oder anderen Ideal Abstriche machen muß, das kann schon schmerzhaft sein. Doch daran tust du nur reifen. Doch du sollst wissen, daß du Kummer net allein durchstehen mußt. Auch wenn ich dir nicht helfen kann, so kann ich dir zuhören. Des hilft manchmal schon. Ich weiß, wie es mir geht. Wenn ich etwas erzähle, dann wird mir währenddessen oft klar, was ich tun muß. Es ist ein Unterschied, ob man nur drüber nachdenkt oder es ausspricht. Unklare Gefühle kann man schlecht in Worte packen. Sätze müssen Hand und Fuß haben, sagt man. So wird die Sache klarer, verstehst? Es ist für mich schwer zu erklären, wie ich des meine. Ich bin nur Bauer, kein Studierter.«

      Polly lachte.

      »Du hast das schön erklärt, Vater! Dazu muß man kein Studierter sein. Ein bodenständiger Bauer ist oft viel klüger.«

      Polly hauchte ihrem Vater einen Kuß auf die Wange.

      »Mache dir keine Sorgen! Es ist alles in Ordnung!«

      Edgar Pircher war sich nicht so sicher. Aber er ließ die Sache auf sich beruhen.

      Es war früh am Freitagmorgen. Das Gras war noch feucht vom Tau. Polly steuerte ihren Jeep mit Vierradantrieb langsam die Hauptstraße entlang. Als sie


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