Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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man net aufhalten, Gunter. Ein bisserl schade ist es schon, daß ihr die Berge net gefallen tun. Aber des kommt vielleicht noch, wenn sie Abstand hat. Die Berge können schon einen gewaltigen Eindruck machen. Sie können so überwältigend sein, daß man sich als Mensch ganz winzig und unbedeutend vorkommt. Des muß so mancher erst mal verarbeiten. Des ist net einfach. Vielleicht freundet sich die Frauke später einmal mit den Bergen an, Gunter. Ich nehme sie mit runter auf die Oberländer Alm. Dann kannst hier bleiben. Ist dir des so recht?«

      »Danke, Toni! Das ist lieb von dir!«

      Frauke verabschiedete sich von Gunter. Sie küßten sich. Gunter spürte in Fraukes Kuß die Erleichterung, daß sie fort kam. Sie küßte ihn nicht so leidenschaftlich wie gewöhnlich, sondern eher flüchtig. Gunter tat, als bemerkte er es nicht. Er wünschte Frauke eine schöne Zeit. Dann ging sie mit Toni davon. Gunter schaute ihr nach.

      Der alte Alois trat neben Gunter auf die Terrasse.

      »Da geht des Madl hin! Des muß dich net bedrücken, Gunter. Außerdem hast du zu viel gewollt!«

      Gunter drehte sich um und schaute den alten Alois mit großen Augen an.

      »Wie meinst du das jetzt, Alois?«

      Alois legte die Hand auf Gunters Schultern.

      »Wolltest alles auf einmal haben, die Harmonie mit den Kindern und Fraukes Liebe zu den Bergen. Des ist ein bisserl viel, denke ich. Es wäre besser gewesen, erst mal alleine mit der Frauke in die Berge zu kommen.«

      »Da wäre sie nicht mitgekommen, nicht einmal über das Wochenende. Nur unter dem Vorwand, daß ich den Kinder sagen will, daß ich und Frauke…« Gunter konnte es plötzlich nicht mehr aussprechen.

      »Ich wollte den Kinder damit Gelegenheit geben, die Frauke näher kennenzulernen und Frauke ebenso den Kindern näherzukommen.«

      »Des war eine gute Absicht! Aber es war dumm!«

      »Dumm?«

      »Ja, des war saudumm, Gunter, wenn ich des sagen darf. Des war eine große Dummheit, auch wenn eine gute Absicht dahintersteckte. Die Frauke ist net die Helen und sie wird auch nie so werden, net einmal im Ansatz.«

      »Du magst die Frauke nicht leiden, Alois?«

      »Wenn du so direkt fragst, dann sollst auch eine direkte Antwort erhalten. Ich kann nix Schlechtes über die Frauke sagen, Gunter. Dazu kenne ich sie zu wenig. Und des bisserl Eindruck, des ich von ihr bekommen hab’, des gefällt mir net, Bub! Gunter! Du bist ein Bursch’ der Berge. Die Frauke ist ein Püppchen, des net zu dir passen tut. Wenn du mit einer schönen Puppe spielen willst, dann mußt wissen, daß sie kein Kuschelbär ist und nie einer wird. Verstehst, was ich dir damit sagen will?«

      Gunter schaute den alten Alois lange an. Er seufzte.

      »Ja, ich verstehe.«

      Gunter wandte sich ab. Er ging die Stufen der Terrasse hinunter und überquerte das Geröllfeld. Weiter oben setzte er sich an den Gebirgsbach und dachte nach.

      Alois Worte hatten ihn tief getroffen. Doch die Wut auf Alois’ offenes Wort verrauchte bald. Die Wut wich einer Nachdenklichkeit, in die sich leise Zweifel einschlichen, ob Frauke wirklich die Frau ist, die zu ihm paßte. So vergingen die nächsten Stunden wieder mit gedanklichen Vergleichen zwischen Frauke und Helen.

      *

      Erst nachdem sich nach dem Mittagessen die meisten der Hüttengäste verzogen hatten, stand Gunter auf und ging die wenigen Schritten zur Berghütte zurück.

      »Magst was essen, Gunter?« fragte Toni.

      Gunter schüttelte den Kopf. Er schaute sich um.

      »Hast du die Kinder gesehen? Die müssen doch inzwischen schon aufgestanden sein.«

      Toni, der hinter dem Tresen in der Wirtstube stand, stellte den Bierhahn ab. Er setzte den halbgefüllten Bierkrug hart auf die Arbeitsplatte. Dann stürmte er zur Kammer von Polly und Patrick. Toni riß die Tür auf.

      »Anna, die Zwillinge sind fort!« schrie er, so laut er konnte.

      Anna, Basti und Franzi kamen sofort herbei. Der alte Alois beobachtete alles von seinem Schaukelstuhl aus, der am Kamin stand. Gunter lehnte sich an den Türrahmen. Er war weiß wie eine frisch gekalkte Wand.

      »Toni, was hat das zu bedeuten?« flüsterte er fast tonlos.

      Toni schlug die Bettdecken zurück. Es war deutlich zu sehen. Die beiden Betten waren unbenutzt. Toni schaute sich in der Kammer um.

      »Die Rucksäcke sind fort, die Jacken sind net da! Die festen Schuhe haben die beiden an!«

      Toni rieb sich das Kinn.

      »Mei, des schaut net gut aus! Jetzt weiß ich auch, was mich den ganzen Morgen so unruhig gemacht hat. Irgend etwas habe ich gespürt, des wie so eine Bedrohung war.«

      Toni setzte sich auf den Hocker am Tisch. Er schaute Sebastian und Franziska an. Ein Blick genügte ihm, um zu wissen, daß die beiden genauso überrascht waren.

      »Ihr wißt nix, wie?«

      »Naa, Toni! Die beiden haben nix gesagt, daß sie abhauen wollen!« sagte Sebastian.

      »Ich hab’ schon mehrmals an die Tür geklopft, weil ich mit Polly spielen wollte, aber sie ist net gekommen«, sagte die kleine Franziska und drückte ihre Puppe an sich.

      »Die werden wir schon finden!« betonte Toni.

      Toni stand auf. Er legte den Arm um Gunter und führte ihn zu einem Stuhl am Kamin. Dort drückte er ihn auf den Sitz. Gunter war wie in Trance.

      »Die Kinder sind fort! Die Kinder sind abgehauen! Die Kinder sind nicht da! Die Kinder sind verschwunden«, flüsterte er immer und immer wieder vor sich hin.

      Wie eine Litanei wiederholte Gunter immer wieder diese Sätze. Toni holte Gläser und den guten klaren Obstler. Normalerweise schenkte Toni den nur ein, wenn es etwas zu feiern gab. Aber für Gunter machte er eine Ausnahme. Er schenkte Gunter gleich ein halbes Wasserglas davon ein.

      »Trink!« befahl Toni.

      Gunter nahm einige Schlucke.

      »Trink!« wiederholte Toni.

      Gunter gehorchte. Er trank aus. Der klare selbstgebrannte Obstler brannte in der Kehle und ergoß sich warm bis hinunter in den Magen. Langsam wich die bleiche Gesichtsfarbe aus Gunters Antlitz.

      »Warum? Wo sind sie hin? Wann sind sie fort? Wieso habe ich nicht gleich nach ihnen gesehen?« fragte sich Gunter laut.

      »Die Fragen kann ich dir net beantworten, Gunter! Jetzt müssen wir sie eben suchen.«

      Toni setzte sich auf den Holzkorb beim Kamin. Er rief Sebastian und Franziska herbei.

      »Setzt euch bitte! Ich muß mit euch reden!«

      Die Bichler Kinder warfen sich Blicke zu.

      »Net, daß ich glaub’, daß ihr lügen tut! Aber ich muß euch noch mal fragen? Wißt ihr, wo die beiden sind, oder wo sie sein könnten?«

      Sebastian und Franziska schüttelten die Köpfe. Dann befragte Anna die beiden Kinder. Sie sollten ganz ausführlich erzählen, was sie gespielt hätten. Anna wollte auch wissen, über was die vier gesprochen hatten. Nach und nach, nicht geordnet, doch in Bruchstücken erfuhren Gunter, Anna, Toni und der alten Alois, daß Sebastian und Franziska mit Polly und Patrick über die Ereignisse nach dem Unfall gesprochen hatten, bei dem ihre Eltern gestorben waren.

      »Wir haben ihnen gesagt, wieviel Angst wir vor dem Kinderheim hatten und daß wir dann weggelaufen sind und ihr uns dann oben beim ›Paradiesgarten‹ gefunden habt.«

      »Die Zwillingen haben doch keinen Anlaß wegzulaufen!« warf Gunter ein.

      Die kleine Franziska schüttelte heftig den Kopf.

      »Des stimmt net! Die wollen net ins Internat! Weil des so ist wie im Kinderheim!«

      Anna


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