Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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Da redet niemand hinten herum. So will ich es dir ins Gesicht sagen«, flüsterte Hilda Oberländer. »Hüte dich davor, mit der Frauke hinauf in den ›Paradiesgarten‹ zu gehen.«

      »Warum?« staunte Gunter.

      »Weil des net passen tut! Vielleicht paßt es nur jetzt noch net. Vielleicht paßt es später, wenn ihr des nächste Mal kommen tut.«

      »Gunter! Wovon spricht diese Frau?«

      »Wir reden über Wanderziele. Sie meinte, daß es nicht gut sei, ganz hinaufzugehen. Das wäre noch zu… nun vielleicht beim nächsten Mal. Du mußt dich ja erst noch an die Berge gewöhnen.«

      So redete sich Gunter heraus. Dabei verstand er genau, was ihm die alte Hilda damit hatte sagen wollen. Sie hielt nichts von Frauke. Sie lehnte sie ab. Sie warnte ihn. Sie war davon überzeugt, daß die Liebe zwischen ihm und Frauke weder wirkliche Tiefe hatte, noch von Dauer sein würde. Gunter versuchte diese Gedanken zu verdrängen.

      »Ha! Ich bezweifele, daß es ein nächstes Mal gibt! Gunter, ich habe dir versprochen, daß ich mit dir fahre. Ich wollte dir und deinen Kindern eine Freude machen. Aber nur ein einziges Mal. Ein zweites Mal? Nein!«

      Frauke stand auf. Sie griff nach ihrer Handtasche und ihrem Kosmetikkoffer.

      »Laßt uns gehen!« sagte sie entschlossen.

      Polly und Patrick schulterten ihre Rucksäcke und griffen ihre kleinen Reisetaschen. Gunter hatte alle seine Sachen in einem großen Rucksack auf dem Rücken. In beiden Händen trug er je eine der großen Reisetaschen von Frauke.

      Ganz allmählich kamen ihm auch Zweifel, ob es wirklich so eine gute Idee war, mit Frauke und den Kindern in die Berge zu fahren. Er nahm sich vor, mit den Kindern bald eine schöne Wanderung zu machen. Dabei wollte er noch einmal mit ihnen sprechen.

      *

      Für den Aufstieg von der Oberländer Alm zur Berghütte benötigten Gunter, Frauke und die Zwillinge fast die dreifache Zeit. Das lag sicherlich nicht an Gunter, obwohl er an Fraukes beiden schwergewichtigen Reisetaschen viel zu tragen hatte. Auch Polly und Patrick machte der Aufstieg keine Schwierigkeiten. Frauke machte die Schwierigkeiten. Sie konnte in ihren offenen Stadtsandalen mit den zierlichen Riemchen nur langsam laufen. Dazu kam, daß ihre viel zu engen röhrenförmigen Jeans für eine Bergwanderung sehr unbequem waren. So schleppten sie sich von Rast zu Rast. Dazwischen lagen oft nicht mehr als hundert Meter.

      »Ich habe nicht erwartet, daß dieser Weg so steinig, steil und unwegsam ist. Du hast von einem schönen Wanderweg gesprochen, Gunter«, beklagte sich Frauke. »Das hier ist Wildnis.«

      So jammerte Frauke den ganzen Weg. Die Zwillinge schwiegen. Doch ihre Blicke sprachen mehr als tausend Worte. Auf der anderen Seite hatten sie Mitleid mit ihrem Vater. Fraukes Unfähigkeit, sich den Bergen anzupassen oder sich auch nur in die Umstände zu fügen, war Gunter schon peinlich. Er konnte die Gedanken seiner Kinder aus ihren Blicken lesen. Immer öfter dachte er während der Pausen und während des Aufstiegs an Helen. Ihm kamen die vielen gemeinsamen Aufstiege in den Sinn. Sie waren nicht nur bei schönem Wetter aufgestiegen. Sie hatten den Aufstieg auch schon im strömenden Regen bewältigt. Einmal wurden sie unterwegs von einer plötzlich aufziehenden Nebelwand überrascht. So ein Wettersturz im Gebirge, das brachte Helen nicht aus der Fassung. Sie sahen damals fast die Hand vor den Augen nicht. Aber sie schafften es, wie man es von echten Bergfreunden eben erwarten konnte.

      »Leuchtet dahinten etwas, Papa?« riß Patrick seinen Vater aus den Gedanken.

      »Das müssen die Lichter der Berghütte sein!«

      Gunter bat die Kinder bei Frauke zu bleiben. Er ging voraus und kam bald mit Toni und zwei Stablampen zurück. Toni und Gunter stützten Frauke während der letzten Meter.

      Anna hatte bereits ein Bett für Frauke gerichtet. Völlig erschöpft sank sie in die Federn.

      *

      Es war früher Morgen. Gunter saß mit seinen Kindern auf der Terrasse der Berghütte und frühstückte.

      »Steht Frauke nicht auf?« fragte Patrick leise.

      »Frauke will im Bett bleiben und sich ausruhen. Ich nehme an, sie ist gleich wieder eingeschlafen.«

      Gunter trank einen Schluck Kaffee.

      »Was machen wir heute? Wollt ihr eine Wanderung machen?«

      Patrick zuckte mit den Schultern.

      »Was ist, wenn Frauke aufsteht und du nicht da bist, Papa?« fragte Polly.

      »Sie wird warten, bis wir wiederkommen. Wo wollt ihr hin?«

      »Den ›Pilgerpfad‹ rauf, bis zum Bergsattel, wo es auf der anderen Seite wieder runtergeht. Weißt du noch, wie wir mit Mama dort waren?«

      »Ja!« antwortete Gunter leise.

      Er trank einen Schluck Kaffee. Wieder mußte er an Helen denken. Wieder drängte sich der Vergleich zwischen Frauke und Helen auf. Wie schön war die Aufstiege mit Helen immer gewesen! Hand in Hand hatten sie die Schönheit der Berge in ihre Herzen aufgenommen und die Begeisterung geteilt für den weiten Blick über das Tal bis hinauf zu den Berggipfeln des ›Engelsteigs‹ und des ›Höllentors‹. Gunter erinnerte sich an den Aufstieg mit Frauke am vorherigen Tag. Sie hatte nur geklagt und jeden Schritt bedauert. Ihr Blick war nicht voller Glück gewesen, sondern nur ein stiller Vorwurf.

      »Papa!« Polly riß Gunter aus seinen Gedanken.

      »Ja?«

      »Papa, wann gehen wir?«

      »Sofort, liebste Polly! Ihr zieht eure Anoraks an und vergeßt auch Mütze und Schal nicht. Der Wind ist heute etwas kühl. Weiter oben wird es noch frischer sein. Ich rede mit Toni und Anna wegen des Proviants.«

      Gunter stand auf.

      »Nehmt eure Teller und Becher mit und stellt sie drinnen auf den Tresen. Anna und Toni haben schon genug Arbeit.«

      »Danke, Kinder! Das ist lieb!« sagte Anna freundlich. »Wollt ihr mit Sebastian und Franziska spielen? Sie sind in ihren Zimmern.«

      »Nein! Papa will mit uns eine Wanderung machen«, erklärte Patrick stolz. »Das wird toll werden. Frauke bleibt hier!«

      Polly und Patrick gingen in ihre Kammer. Gunter schaute ihnen nach.

      »Darfst nicht schlecht von den beiden denken, Anna. Die beiden kommen ganz gut mit Frauke aus. Na ja, vielleicht sehe ich es optimistischer, als es ist. Aber es könnte schlimmer sein.«

      Anna lächelte Gunter an.

      »Es ist für Kinder nie leicht, wenn sich die Eltern trennen. Hier in Waldkogel ist es selten, daß sich zwei scheiden lassen. Aber ich habe so etwas daheim oft mitbekommen – daheim…« Anna lachte laut. »Ich meine, vor meiner Heirat mit Toni. Da lebte ich in Hamburg und arbeitete in einer Bank. Da gab es schon Kollegen, die in Scheidung lebten. Für die Kinder war das nicht leicht. Kinder leben auch in der Illusion, daß die Eltern für ewig zusammenbleiben müssen. Oft stellt es sich später heraus, daß die Geschiedenen sich wieder ganz gut verstehen, später, wenn der Druck des Konfliktes raus ist. Es ist doch meistens der Alltag, der den Menschen zu schaffen macht. Unter der Last des Alltags wird die Liebe zueinander verschüttet. Dann sehen sie nur noch die Fehler und Unzulänglichkeiten des anderen und es kommt zum Streit.«

      »Genauso war es bei mir und Helen. Manchmal frage ich mich, wie es dazu kam und ob es wirklich notwendig war…«

      Gunter seufzte.

      »Nun ja, vorbei ist vorbei! Jedenfalls haben wir es geschafft, wieder sehr gute Freunde zu sein. Wir können jetzt besser reden als früher.«

      Gunter räusperte sich. Wieder stiegen Erinnerungen in ihm auf. Wehmut und eine tiefe Sehnsucht und Trauer über das zerbrochene Glück breitete sich in seinem Herzen aus. Er rief sich selbst zur Vernunft.

      »Kannst du uns Proviant geben, Anna? Die Kinder wünschen sich eine Wanderung hinauf bis zum Sattel, dort wo der ›Pilgerpfad‹ auf der anderen


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