Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner
Читать онлайн книгу.Gott, Toni! Sag bitte auch Karo zu mir. Die Karoline, die ist net hier. Hier ist nur die Karo!«
»Gut! Dann ein herzliches Grüß Gott, liebe Karo! Wie geht es dir? Hast dich schon ein bissel reingefunden in die Arbeit?«
»Ja! Setz dich! Willst einen Tee? Wasser?«
»Wasser wäre gut!«
Toni setzte sich auf die Bank unter dem vorgezogenen Dach der großen Almhütte. Karoline brachte einen Krug mit frischem Brunnenwasser und zwei Becher. Unter dem Arm trug sie ein Buch.
»Schau, Toni! Das habe ich gefunden. Der Bursche, der vor mir hier war, hat es liegen gelassen. Da steht viel drin über Viehhaltung. Ich habe es schon fast ganz ausgelesen, jedenfalls die Kapitel über Kühe, Ziegen und Schafe. Ich habe auch schon die Klauen der Schafe kontrolliert. Nachher will ich die Kühe bürsten. Das ist gut gegen die Fliegeneier und die sich daraus entwickelnden Larven. Ich will doch haben, daß das Vieh gesund bleibt.«
»Mei, Karoline! Entschuldige! Karo, des scheint dir wirkliche Freude zu machen.«
»Ja, das tut es! Die Schafe haben sich nicht gewehrt. Sie verstanden gleich, daß ich es nur gut mit ihnen gemeint habe.«
»Ich sehe dir an, wieviel Freude es dir macht!«
»Ja, das tut es! Gustl will am Abend wiederkommen. Dann will ich einiges mit ihm bereden. Ich habe mir die Fragen aufgeschrieben, damit ich sie nicht vergesse.«
Toni betrachtete Karoline. Das Glück leuchtete ihr aus den Augen. Er überlegte, wie er ihr von Pascal erzählen sollte. Er vermutete, daß Karoline jetzt über alles reden wollte, nur nicht über ihr altes Leben, über Pascal.
Toni trank einen Schluck Wasser.
»Schmeckt gut!«
»Ja, finde ich auch! Es schmeckt aber anders als das Wasser aus dem Gebirgsbach oben bei euch auf der Berghütte.«
»Des stimmt! Des hast du richtig erkannt. Es ist auch eine andere Quelle.«
Toni seufzte.
»Karo, es hat einen Grund, daß ich dich besuche. Sicherlich hätte ich die Tage mal vorbeigeschaut. Aber bestimmt net gleich heute, wenn mich meine Mutter net angerufen hätte. Pascal ist in Waldkogel. Er hat sich bei meinen Eltern einquartiert. Er sucht dich! Wir haben nicht verraten, wo du bist. Das hatten wir dir versprochen und das halten wir auch.«
Ein Schatten legte sich über Karolines Gesicht.
»Ich weiß! Er versucht mich über Handy zu erreichen. Er schickt mir fast halbstündlich eine SMS. Ich habe sie noch nicht gelesen.«
»Karo, du solltest dich bei ihm melden! Mußt dich ja nicht mit ihm treffen. Kannst ja sagen, daß du irgendwo in den Bergen bist und einige Tagesmärsche benötigst bis nach Waldkogel. Doch melde dich bitte bei ihm.«
»Macht Pascal deinen Eltern Ärger?«
»Ärger? Naa, so kann man net dazu sagen. Er steigert sich nur in etwas hinein, weil du dich nicht meldest. Er ist der Meinung, du bist im Gebirge abgestürzt und liegst irgendwo verwundet in einer Schlucht. In diesem Augenblick ist er auf dem Weg zur Bergwacht nach Kirchwalden. Er will dort eine Vermißtenmeldung nach dir aufgeben.«
»Der ist verrückt!« rutschte es Karoline heraus. »So ein Narr!«
»Keine Sorge! Ich habe einen sehr guten Freund bei der Bergwacht. Er ist der Leiter der Bergwacht in Kirchwalden. Ich habe schon mit ihm telefoniert. Er wird nicht ausrücken.«
»Danke, Toni! Es ist mir peinlich, daß ich solche Umstände mache.«
»Du kannst doch nichts dafür. Du hast einen Zettel hinterlassen, daß du in den Bergen Urlaub machst. Du konntest doch nicht wissen, daß er dir hinterher reist.«
»Ich hätte es mir denken können, Toni. Wahrscheinlich stecken auch meine Eltern dahinter. Er soll mich sicher zurückholen. Aber ich gehe nicht mit. Ich bin keine Ware, die man einfach abtransportieren kann. Ich bin mit ihm nicht verlobt, noch verheiratet. Und selbst dann kann ich mich aufhalten, wo ich will. Ich bin erwachsen und frei.«
Toni schaute Karoline an. In ihren Augen war ein Funkeln.
»Klingt, als hättest du eine Entscheidung getroffen…«
»Ja, Toni! Die habe ich! Ich habe Gustl gebeten, in Kirchwalden meinen Sportwagen zu verkaufen und mir statt dessen einen kleinen Jeep oder Geländewagen zu besorgen. Es bleibt dann immer noch eine Menge Geld übrig. Der Sportwagen war neu. Auf dem Tacho sind noch nicht einmal tausend Kilometer. Ich habe ihn erst letzte Woche bekommen, bin nur etwas in der Stadt herumgefahren und dann die Strecke hierher. Gustl wird sicher einen guten Preis erzielen. Der Rest des Geldes wird mir einen Start in Waldkogel verschaffen. Ich will, ich werde hier bleiben. Ich werde im Herbst nicht studieren. Was weiter wird, daß steht in den Sternen.«
Karoline lächelte glücklich.
»Gustl und ich haben heute nacht in die Sterne gesehen. Es war ein wunderschöner Himmel. Es war eine laue Nacht. Wir saßen fast bis zum Morgen hier und redeten.«
Karoline seufzte glücklich.
»Ich habe heute nacht noch mehr über die Liebe erfahren. Ich kann jetzt den Vergleich ziehen zwischen Liebe, so, wie es mit Pascal ist und Liebe…«
»… wie es mit Gustl ist!« ergänzte Toni.
»Ja!« flüsterte Karoline leise.
Toni lächelte sie an.
»Dann wünsche ich dir von Herzen, daß dir diese Liebe ein glückliches und erfülltes Leben beschert.«
Er stand auf. Sie gingen nebeneinander her bis zu Tonis Auto.
»Danke für deinen Besuch! Ich werde mich bei Pascal melden. Ich wußte, daß ich es tun muß. Ich werde mich gleich mit ihm in Verbindung setzen. Grüße mir Anna, Sebastian und Franziska herzlich und auch den alten Alois.«
»Das werde ich! Grüße du Gustl!«
Karoline winkte, als Toni davonfuhr.
Dann ging sie hinein und holte ihr Handy aus dem Rucksack. Sie schaltete es ein. Sie schrieb Pascal eine SMS.
Lieber Pascal!
Toni, Metas und Xaver Baumbergers Sohn, informierten mich, daß du mich suchst. Ich bin auf der Straubinger Hochalm. Ich habe hier eine Stelle als Sennerin angenommen. Mir geht es gut. Wenn du willst, schaue vorbei. Es führt ein breiter Feldweg herauf.
Grüße Karoline
Karoline schickte die Nachricht ab. Erleichtert atmete sie auf. Der erste Schritt war getan.
Danach rief sie Gustl an. Sie bat ihn mit dem abendlichen Besuch zu warten, bis sie ihn anrufen würde. Sie bekäme wahrscheinlich Besuch von daheim und wollte – nein, müßte etwas regeln.
»Das gelingt mir besser, wenn du nicht in der Nähe bist, Gustl!«
»Ich vertraue dir, Karo! Ich soll dich auch von Tante Traudel und Onkel Willi grüßen. Sie freuen sich schon darauf, dich kennenzulernen. Ich habe ihnen von dir erzählt.«
Gustl machte eine kleine Pause. Dann sagte er:
»Ich habe ihnen auch erzählt, daß wir uns geküßt haben. Ich hoffe, daß dich das nicht stört.«
Karoline lachte.
»Nein! Nein! Grüße sie auch zurück! Sage ihnen, ich freue mich auch, deine Familie kennenzulernen. Bis später dann, Gustl.«
Karoline legte auf. Sie schaltete ihr Handy ab und packte es wieder in ihren Rucksack. Sie wollte nicht mit Pascal telefonieren. Sie wollte von Angesicht zu Angesicht mit ihm reden. Sie war sich sicher, daß er kommen würde.
*
Pascal ging unruhig im Flur der Bergwacht auf und ab. Man hatte ihm versprochen, daß er gleich persönlich mit Leonhard Gasser sprechen könne. Das war jetzt schon fünf Minuten her. Ungeduldig