Die Leihmutter. Marie Louise Fischer

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Die Leihmutter - Marie Louise Fischer


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nicht lustig. »Du weißt, wie sehr ich an meiner Boutique hänge. Was hast du mit ihr gemacht?«

      »Geschlossen natürlich.«

      »Könntest du nicht ...«

      »Vergiß es, Frank! Nicht dieses Thema. Du weißt, was wir ausgemacht haben: das Geschäft ist einzig und allein deine Sache.«

      »Aber dies ist ein Ausnahmefall ...«

      »Liebling, ich könnte dich nicht vertreten, selbst wenn ich es wollte. Ich habe heute Nachtdienst, und beim besten Willen kann ich mich nach einer schlaflosen Nacht nicht auch noch tagsüber in den Laden stellen. Das mußt du doch einsehen.«

      »Schon gut, schon gut, ich sag ja nichts weiter. Sag mal, hast du nicht doch eine Zigarette für mich?«

      »Woher sollte ich? Du weißt, daß ich nicht rauche.«

      »Aber du hättest daran denken können.«

      »Du mußt dich umstellen, Frank, und am besten fängst du gleich damit an, wie ich dir schon gesagt habe.«

      »Du bist verdammt hart, Beate.«

      »Wäre ich es nicht, könnte ich das Leben, das ich führe, wohl kaum aushalten.« Sie merkte sofort, daß sie zu weit gegangen war. »Entschuldige, Frank, das war nicht als Vorwurf gemeint. Du weißt, wie sehr ich dich liebe. Ich würde alles dafür tun, um mit dir leben zu können. Es ist auch nicht deine Schuld, daß du nicht besser für uns sorgen kannst.«

      »Ich hätte das Geld für die Miete beiseite legen sollen«, sagte er, »aber dann hätte ich keine Ware einkaufen können ... nicht die Ware, die ich wollte, und ohne Ware ...«

      Sie hatte mehrfach versucht ihn zu unterbrechen. Jetzt endlich gelang es ihr, indem sie seinen Arm heftig drückte. »Wegen der Miete brauchst du dir keine Gedanken mehr zu machen, Vater hat das für uns erledigt.«

      Er atmete auf. »Soll das heißen, du hast ihn rumgekriegt?«

      »Ich habe ihm unsere Misere dargelegt, und er hat sich sofort von sich aus erboten, die Sache in Ordnung zu bringen. Er ist ein fabelhafter Mann, dein Vater.«

      Seine Miene verdüsterte sich. »Ich wollte, er hätte es nicht erfahren.«

      »Es war unumgänglich.«

      »Ja, schon, aber ...«

      »Grüble nicht länger darüber nach, Liebling! Die Sache ist gelaufen.«

      »Ich werde ihm das Geld zurückgeben«, versprach er.

      »Ja, sicher wirst du das.«

      Beate und Frank waren während ihres Gesprächs auf dem langen Gang auf und ab gegangen und kamen jetzt wieder an einer mit Sand gefüllten Schale an, die als Ascher diente. Es entging ihr nicht, daß er einen sehnsüchtigen Blick auf einen halblangen Stummel warf.

      »Sieh nur, was für ein Dreck!« sagte sie. »Am leichtesten gewöhnst du dir das Rauchen ab, wenn du dir die widerlichen vollen Aschenbecher vorstellst, den Geruch von kaltem Rauch, der sich in den Kleidern festsetzt.«

      »Du hast gut reden«, sagte er unglücklich.

      »Es ist so wichtig, daß du es schaffst. Bisher war es nur eine dumme Angewohnheit, und du wirst zugeben, daß ich mich nie deswegen angestellt habe. Aber jetzt geht es um dein Leben.«

      »Du übertreibst.«

      »Das würde ich mir wünschen, für dich und für mich.« Sie zog ihn fort, war sich aber nicht sicher, ob er sich, wenn sie erst gegangen war, die verlockende Kippe nicht doch holen würde. Sie schob den Gedanken von sich, denn darauf kam es jetzt auch nicht mehr an.

      »Der Professor hat etwas davon gemurmelt, daß er mich röntgen müßte«, berichtete er.

      »Das wird er wohl.«

      »Aber warum hat er es dann nicht gleich getan? Heute?

      Dann könnte ich doch mit dir nach Hause und das Geschäft ...« Er brach ab.

      »Es ist ein ziemlich komplizierter Vorgang«, erklärte sie vorsichtig.

      »Wieso?«

      »Um die Herzkranzgefäße röntgenologisch darstellen zu können ...« Sie sah ihn an. »Du verstehst mich doch?«

      »Schon. Die Herzkranzgefäße müssen also geröntgt werden.«

      »Ja, und dafür muß ein Kontrastmittel in jede einzelne Coronararterie eingebracht werden.«

      »Wie geht denn das?«

      »Mit einem Katheder.«

      »Hört sich ziemlich schauerlich an.«

      »Angenehm ist es bestimmt nicht, und da fällt mir ein: vielleicht lassen sie dich auch erst übermorgen nach Hause, damit du dich davon erholst.«

      Abrupt blieb er stehen. »So schlimm?«

      »Vielleicht bekommst du eine Narkose und spürst gar nichts davon, aber eine Narkose ist natürlich auch ein Vorgang, nach dem man nicht gleich aus dem Bett springen sollte.«

      »Was werden sie mit mir machen? Ich will es genau wissen.«

      »Es macht mir keinen Spaß, dich zu ängstigen.«

      »Das weiß ich ja.« Er packte sie bei den Schultern und blickte ihr beschwörend in die Augen. »Sag es mir! Sag mir alles! Und komm mir jetzt nicht damit, daß ich einen der Ärzte fragen soll. Du weißt besser als ich, wie die sind.«

      »Ich finde, die tun ganz recht daran, die Patienten nicht mit Einzelheiten zu beunruhigen.«

      »Aber ich bin nicht dein Patient, sondern dein Mann. Einen Vorteil muß es doch haben, wenn man eine Medizinerin geheiratet hat.«

      »Nur einen?« fragte sie und merkte sogleich selber, daß ihr Versuch, die Unterhaltung ins Scherzhafte abzubiegen, kläglich war.

      Er ging nicht darauf ein, sah ihr nur weiter tief in die Augen.

      »Es ist nicht gefährlich«, behauptete sie, »aber für einen Laien hört es sich, fürchte ich, ziemlich übel an. Also ...« Sie suchte nach leicht verständlichen Worten. » ...die große Oberschenkelarterie wird in der Leistenbeuge punktiert, das ist so, als kriegst du eine Spritze dort hinein. Tatsächlich aber wird ein Katheder durch die Aorta in Richtung Herz geschoben. Hier werden dann die Abgänge der Coronarien, also der Herzkranzgefäße, aufgesucht. Das ist natürlich nur mit Hilfe einer komplizierten Technik möglich, von der ich selber nichts verstehe.«

      Endlich löste er die Hände von ihren Schultern und gab ihren Blick frei. »Und wozu das Ganze?«

      »Um ein Kontrastmittel zu applizieren, also einzuführen. Unmittelbar danach wird der Abfluß des Kontrastmittels röntgenologisch in schneller Bildfolge festgehalten. Ich glaube, man macht zwei bis sechs Bilder in der Sekunde. Dabei wird sich dann herausstellen, ob es in der einen oder anderen Arterie eine Engstelle gibt.«

      »Dann bin ich beruhigt«, erklärte Frank überraschend.

      »Wirklich?« fragte sie.

      »Na hör mal, wie sollte ich denn an eine Engstelle in einer Arterie kommen? Das ist doch alles Unsinn. Ich bin erst fünfunddreißig, und habe nie mit dem Herzen zu tun gehabt. Mein Anfall war ein bloßer Zufall.«

      »Schon möglich«, gab sie zu, um ihn nicht weiter zu beunruhigen, obwohl sie selber gerade auf dem medizinischen Gebiet nicht an Zufälle glaubte.

      Er spürte, daß sie nicht seiner Meinung war. »Erklär mir doch mal, bitte, wie es zu einer solchen Engstelle hätte kommen können?«

      »Es gibt verschiedene Ursachen, die zu einer Verletzung der inneren Arterienschicht führen können, hoher Blutdruck zum Beispiel. Wann hast du zuletzt deinen Blutdruck messen lassen?«

      »Heute morgen.«

      »Und?«

      »Der Doktor murmelte irgendwelche Zahlen,


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