Crazy Love. Eva Kah

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Crazy Love - Eva Kah


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gleich den kommenden Montag, um seine paar Sachen aus dem Studentenheim zu holen. Er war mit dem Putzplan einverstanden, versprach mir, sich um sämtliche kleinen Renovierungsstaus zu kümmern und spielte sogar freiwillig mit dem Hamster. Das kleine Missverständnis zwischen uns wurde mit keinem weiteren Wort erwähnt und fiel zur allgemeinen Zufriedenheit unter den Tisch. Schwamm drüber.

      Um zehn gingen die beiden gemeinsam. Angeblich nur, damit Freddy Tom den schnellsten Weg zur U-Bahn zeigen konnte. Ich hoffte, dass sie ihm hinterher noch den Weg zu ihr nach Hause zeigen würde, damit er wiederum ihrem Vermieter zeigen könnte, wo der Hammer hängt... ein schönes Paar. Ich freute mich für Freddy, und ich freute mich auf Toms Einzug in der kommenden Woche. Wenn sich das mit den beiden so gut weiterentwickelte, würde Freddy in Zukunft wohl noch öfter hier sein, egal ob mit festem Wohnsitz oder nicht.

      Die Sache war also noch einmal glimpflich ausgegangen. Ich machte mir einen Feierabend-Eistee und legte mich ins Bett. Am nächsten Tag würde ich ausnahmsweise früh arbeiten müssen. Mein Plan war daher, so lange zu trinken und dabei eine uralte Folge von Desperate Housewives anzusehen, bis ich einschlief. Aber in den paar Minuten, die mein Feierabend-Eistee und Eva Mendes’ superknappes Minikleid brauchten, um mir das Denken vor lauter Bettschwere angenehm unmöglich zu machen, meldeten sich doch ein paar fiese kleine Skrupel unter meinem flotten Stufenschnitt.

      Klar, ich freute mich auf den Einzug von Tom und auf den von Freddy sowieso. Wir würden eine nette kleine Familie abgeben. Es wäre immer jemand da, mit dem ich quatschen könnte, und so wie ich Tom einschätzte und Freddy kannte, würde es Igor niemals an Inhalt mangeln. Wir könnten auf dem Balkon grillen, was Max immer wahnsinnig spießig gefunden hatte. Und sogar der arme Hamster hätte endlich genügend Pulliärmel um sich herum, in die er hineinpinkeln konnte.

      Aber die spontane Harmonie zwischen Freddy und Tom hatte mir auch noch etwas ganz anderes aufgezeigt: Wenn man mit sich im Reinen war und alle Viere gerade sein ließ, war es durchaus möglich, auch als Mann und Frau mit einem gewissen Interesse am anderen zivilisiert miteinander umzugehen.

      Nur in mir herrschte immer noch eine Leere, die sich nur durch Schwänze stopfen ließ. Vor mir breitete sich eine Parade von willigen Männern aus, die an diesen Schwänzen dran hingen und mir bei meinem kleinen Bestätigungsproblem nur zu gern weiterhalfen.

      Es war ein Leben wie das von Alice im Wunderland. Kaum war ich durch Schorschis spiegelglatte Oberfläche getaucht, konnte ich überall auf den weißen Hasen treffen. Mit einem Riesenständer. Oder den verrückten Hutmacher – ebenfalls mit einem Riesenständer. Oder die Grinsekatze mit verbotenen oralen Vorlieben. Manchmal fühlte ich mich zwar auch wie ein Elefant im Porzellan-Penis-Laden, aber meistens doch wie Alice im Bumswunderland.

      Dann zog Tom tatsächlich ein. Nachdem wir das mit der versehentlichen körperlichen Anziehungskraft gleich zuallererst thematisiert hatten (diese war glücklicherweise von alleine erloschen), waren die Fronten so angenehm geklärt, wie sie zwischen Männern und Frauen nur sein konnten. Friends with ehemaligen benefits sozusagen.

      Wir schafften mit Hilfe von Freddy den gesammelten Krempel von Maximilian Emanuel Herzog in ein Lager auf Zeit an der Kreillerstraße. Es wurden siebenundzwanzig Umzugskartons. Die Kosten für das Acht-Quadratmeter-Lager konnte man glücklicherweise so lange schuldig bleiben, bis man das Zeug wieder abzuholen gedachte. Ich würde es einfach dem nächsten Vertreter der Familie Herzog anlasten, der danach fragte.

      Ich hatte noch nie einen männlichen Freund gehabt. Angeblich gibt es das ja gar nicht. Aber Tom entpuppte sich als die Idealbesetzung eines männlichen Freundes: Locker, positiv gestimmt, mit einer unerschöpflichen Menge an dämlichen Ideen und genau der richtigen Portion Altklugheit ausgestattet. Auch als Mitbewohner war er erste Sahne. Er putzte klaglos das Bad, und zwar nicht nur Sonntagabend fünf Minuten vor Ablauf seiner Zuständigkeitswoche, sondern immer dann, wenn es nötig war. Er sah den Dreck. Ein Mann, der von selbst bemerkte, wann der Boden gewischt, die Ecken von Staubflusen befreit und das Waschbecken geschrubbt werden wollten! Das musste eine genetische Mutation sein, vielleicht ausgelöst durch Tschernobyl.

      Leider musste ich mich von dem Gedanken verabschieden, mit Tom und Freddy glückliche kleine Familie zu spielen. Nicht, dass sie etwas gegen einen gemeinsamen Sonntagsbrunch oder einen kleinen Feierabendausflug gehabt hätten – aber für so etwas fanden sie keine Zeit. Sie bumsten nämlich am laufenden Band.

      Anfangs fand ich das ja noch ganz witzig. Ich saß im Wohnzimmer und lackierte mir nichtsahnend die Fußnägel, als der erste gemeinschaftliche Höhepunkt im Zimmer nebenan die Deckenlampe zum Wackeln und die Fensterscheiben zum Klirren brachte. Doch schnell stellte sich ein gewisses Gefühl der Ermüdung ein. Kein Ort der Wohnung war vor ihrem Herumgesexe sicher. Das lüsterne Gestöhne und erhitzte Kreischen verfolgten mich noch bis an die Espressomaschine und auf den Balkon. Und nachdem die beiden überhaupt nichts anderes mehr taten, stundenlang die Badewanne blockierten und ich sie eines Tages auch noch auf dem hässlichen Sofa erwischte, gab ich mich geschlagen.

      Mir blieb gar nichts anderes übrig, als mich ebenfalls wieder in den zwischenmenschlichen Nahkampf zu stürzen. Zuhause zu sitzen und dem körperlichen Glück der besten Freunde zu lauschen, machte ungefähr so gute Laune wie niemals von der Reservebank aufstehen zu dürfen.

      Ich ließ mich also auch wieder selbst verwöhnen. Zum Beispiel von Thomas, dem Verwöhner, dem ich dann doch noch ein zweites Date gönnte. Er hatte zwar in seinem Profil ziemlich gemogelt: Das superheiße Foto mit den vielen Muckis und Tattoos war schon ein paar Jährchen alt. Mittlerweile waren es zwar sogar noch ein paar mehr Tattoos geworden, aber deutlich weniger Muckis. Die hatten eher dem Speckansatz Platz gemacht, mit dem Thomas seit seinem Abschied aus der Bundeswehr kämpfte. Aber hey, wer war ich, um über so etwas zu richten. Immerhin zeigte sein Profilfoto auch tatsächlich ihn selbst!

      Und überhaupt geriet ich wieder in einen wahren Dating-Taumel. Mein Telefon schmatzte nur so von eingehenden Mail-Küssen, dass es eine wahre Freude war. Ich antwortete auf fast alle Anfragen und ich traf mich mit beinahe einem Drittel davon. Die Kerle, die es bis zu einem Date schafften, kriegten mich dann normalerweise auch ins Bett.

      Oh ja, ich lernte viel über meinen Marktwert. Und über Schwänze. Sie existierten in so vielen Variationen, wie ich niemals gedacht hätte. Klar, ich wusste schon vorher, dass es dicke und dünne, lange und kurze, krumme, gerade, beschnittene und solche mit Vorhäuten bis zum Knie gab, ich war ja nicht in Teheran aufgewachsen. Aber das wirklich Erstaunliche waren nicht die äußeren Unterschiede, sondern die inneren.

      Schwänze haben alle dieselbe Zusammensetzung: Schwellkörper, Harnröhre, Eichel, viele Nervenenden. Vor allem aber Schwellkörper. Ohne die geht nun mal nix. Und so ein Schwellkörper kann in so unterschiedlichen Formaten und Fähigkeiten daherkommen wie es Eissorten in Italien gibt. Gerade die, von denen man es nicht erwartet, sind oft die Leistungsstärksten. Da gibt es recht unscheinbare Schniepelchen, die sich in gigantische Lanzen aus Stahl verwandeln können, und solche, die in steifem Zustand auch nicht größer sind als vorher. Andere, wie der von dem unverschämten Loveboy, werden überhaupt nicht wirklich hart, was man auch tut. Mir persönlich am Liebsten war schnell das Modell „Eher unauffällig mit Überraschungseffekt“. Wie Marathonläufer im Fernsehen. Am Ende gewinnen immer die zähen Drahtigen.

      Mittlerweile zog sogar Freddy die Augenbrauen hoch, wenn ich ihr in der Mittagspause meine neuesten Errungenschaften aufzählte. Sie war aber zu höflich, um mich irgendwie in die Schranken zu weisen. Immerhin war sie es ja selbst gewesen, die mir den Floh mit Schorschi und luvjah ins Ohr gesetzt hatte. Doch trotz der Selbstbestätigung und trotz der vielen Orgasmen, die mir all diese Kerle verschafften, blieb immer ein kleines Stückchen Unwohlsein. Jedes Mal, wenn ich von einem Fick nach Hause kam und mich im Spiegel betrachtete, wurde das Stückchen Unwohlsein größer. Ich nannte es Routine. Routine ist im Grunde eine gute Sache, kann aber auch zu schlimmen Unfällen führen, wenn man immer dieselbe Strecke fährt und deshalb vergisst, den Blinker zu setzen. Vor der Frage, ob ich es nicht vielleicht langsam ein wenig übertrieb mit der Herumbumserei,


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