Crazy Love. Eva Kah
Читать онлайн книгу.(oder meine Frau)!
Mir war eigentlich egal, ob da in Zukunft ein Mann oder eine Frau wohnte. Hauptsache, er oder sie wäre so wenig wie möglich zuhause. Ich wollte im Grunde keinen Eindringling in meiner heiligen Bude – ich wollte eine zahlende Putzfee ohne körperliche Bedürfnisse, die vielleicht ab und zu noch den Kühlschrank auffüllte.
Nachdem ich das Inserat aufgegeben hatte, widmete ich mich dann doch wieder der Befriedigung meiner eigenen körperlichen Bedürfnisse. Aus meiner Mailbox suchte ich mir einen heraus, der aus seinen diesbezüglichen Fähigkeiten keinen Hehl machte: Ich bin der Thomas, aber du darfst mich auch deinen Verwöhner nennen.
Wow! Fünfundzwanzig, Sportstudent, voll tätowiert. Auf seinem Profilfoto war nur sein nackter Oberkörper von hinten abgebildet. Dass ein Rücken so viele verschiedene definierte Muskelstränge besaß, hatte ich gar nicht gewusst. Lecker. Für mich waren Rücken bis dahin nur das gewesen, auf dem die meisten Patienten unpraktischer Weise ständig herumlagen und wunde Stellen kriegten. Höchste Zeit, das zu ändern.
Wir trafen uns im Café nebenan und spürten sofort das Prickeln in der Luft. Thomas hatte kurzes dunkles Haar, roch angenehm unaufdringlich nur nach Duschgel und war für einen Sportstudenten erstaunlich gut gekleidet. Er wirkte etwas älter als fünfundzwanzig und war überrascht, dass ich tatsächlich gleich unter dem Tisch mit ihm füßelte. Als ich aber auf das Fehlen des Höschens unter meinem knappen Jeansmini hinwies, bestellten wir einvernehmlich nichts mehr zu essen, sondern gingen gleich zu mir. Er lächelte glückselig, als ich ihm schon im Flur meine Nippel in den Mund schob. Dann bumste er mir das halbe Hirn heraus, während ich die definierten Muskelstränge auf seinem Rücken mit meinen Fingernägeln durchwalkte. Später drehten wir das Spielchen um: Ich lag auf dem Bauch, und er massierte mir den Rücken, während er gleichzeitig immer wieder seinen Schwanz in mich steckte. Ja, das war Ablenkung und Verwöhnung, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ansonsten redeten wir kaum.
„Du bist erstaunlich wenig tätowiert“, sagte ich zum Abschied.
„Macht das was?“, fragte er. Das glückselige Lächeln wich nicht aus seinem Gesicht, und er strich mir eine Spur zu selig über die Haare.
„Nö. Ich dachte nur, du hättest mehrere Tattoos erwähnt.“
„Kann mich gar nicht erinnern. Ich finde übrigens, du hast viel zu wenig erwähnt. Wenn ich gewusst hätte, was du für eine Granate bist, hätte ich dir schon mehr von mir erzählt. Und deine Wohnung ist echt gemütlich. Wann kann ich einziehen?“
Statt einer Antwort lachte ich und schubste ihn hinaus in den Lift.
Gleich am nächsten Vormittag, es war ein Samstag, traf ich mich mit dem ersten Bewerber um Max’ altes Zimmer. Er hieß Tom und war ein Biochemiestudent im vorletzten Semester, der mich durch seine witzige Mail gewonnen hatte. Seine Anwesenheit in der Wohnung würde ich wirklich gar nicht spüren, schrieb er darin. Er sähe Wohnungen derzeit in erster Linie als Heimathafen für sein Ladegerät, da er jeden Tag von sehr früh bis sehr spät in den Laboren seiner Fakultät mit seiner anspruchsvollen Abschlussarbeit beschäftigt wäre. Genau das Richtige für mich. So einer würde meine drei Stunden Halbschlaf zwischen zwei Nachtschichten nicht durch demonstratives Ausschlafen oder sonstiges studentisches Herumlungern beeinträchtigen.
Wieder einmal hatte ich das Café in der Nachbarstraße vorgeschlagen; Tom war pünktlich und bestellte einen Kaffee. Einen echten deutschen Filterkaffee, schwarz und ohne alles. „So verbrennt er mehr Kalorien, als er dir bringt“, erklärte er. „Perfekt nach dem Work-out. Oder auch schon vorher.“
Nach dem gefühlten tausendsten Latte Macchiato der letzten Wochen fand ich das sehr sympathisch, geradezu erfrischend. Ansonsten wirkte er aber etwas übernervös. Er trug legere Klamotten und teure Laufschuhe, als ob er gleich aufspringen und davon rennen wollte. Als sein Kaffee kam, hielt er sich geradezu daran fest. Junge, mach dich mal locker, es geht doch nur um ein WG-Zimmer, dachte ich. Mir war wohl nicht klar gewesen, wie angespannt die Lage auf dem Münchner Wohnungsmarkt tatsächlich aussah.
Ich zückte mein Notizbuch und sah Tom aufmunternd an.
„Schön, dass du hier bist. Bevor wir weitermachen, möchte ich erst mal unsere grundsätzliche… sagen wir, Kompatibilität austesten.“
Tom guckte etwas verwirrt. „Okay…“
„Ich meine, das geht jetzt dann hoffentlich für ein paar Jahre mit uns beiden, da wollen wir uns doch nicht gleich am Anfang total in die Haare kriegen wegen irgendeiner Kleinigkeit. Das regeln wir lieber gleich, oder?“
Bei der Erinnerung, was ich zuletzt beinahe in die Haare gekriegt hatte, zuckte ich zusammen, aber Tom nickte nur ergeben. „Na gut. Schieß los!“
„Also – bist du gegen irgendetwas allergisch? Nicht, dass ich dich irgendwann tot in der Küche finde, weil ich das falsche Brot gekauft habe.“
„Nicht, dass ich wüsste. Höchstens auf Auberginen.“
Zufrieden schrieb ich Auberginen! in mein Notizbuch. „Die sollten sich vermeiden lassen. Du bist Nichtraucher, hörst keine laute Musik, hast keine ansteckenden Krankheiten?“
Tom beantwortete alles zögerlich, aber brav mit Nein. Er hatte den Test bestanden.
„Gut, dann zeige ich dir jetzt meinen Putzplan. Du kannst dich gleich eintragen, ich bin da relativ flexibel“, sagte ich huldvoll und reichte ihm die ausgeklügelte Tabelle über den Tisch. Stirnrunzelnd streckte Tom die Hand danach aus.
„Ich dachte eigentlich, wir gehen vielleicht erst mal zusammen aus“, murmelte er in seine Kaffeetasse, während er irritiert den Putzplan studierte. „Ich meine, wir müssen es ja auch nicht gleich hier auf dem Tisch treiben, aber ich finde eigentlich schon, dass wir doch erst mal sehen sollten, ob es überhaupt im Bett mit uns klappt, bevor ich bei dir einziehe.“
In diesem Augenblick wurden mir siedendheiß zwei Dinge bewusst. Erstens brauchte ich dringend mehr Organisation in meinem Leben. Die vielen Nachtschichten und die fehlende Privatsekretärin oder zumindest ein fehlender anständiger Terminplaner ergaben keine gute Kombination. Und zweitens hatte ich gestern Abend meinen neuen Mitbewohner gevögelt.
5
Vom Vögeln und anderen Flugobjekten
Auf den Schreck brauchte ich erst einmal ein Schlückchen Spirituelles. Nachdem ich Thomas den Verwöhner abgewimmelt hatte (mir war überhaupt nicht mehr nach Verwöhnung), rauschte ich schnurstracks nach Hause und an meine Hausbar. Ich öffnete die Küchenschranktür neben Igor, dem Kühlschrank, wo ich die harten Sachen und das Hamsterfutter aufbewahrte.
Erschrocken musste ich feststellen, dass ich zwar noch über jede Menge Hamsterfutter, aber nur noch über einen Viertelliter Eierlikör verfügte, der schon vor Monaten in Igors Obhut gehört hätte. Für diese gelbschleimige Soße war meine Verzweiflung nicht stark genug. Wie wohl die meisten Menschen verwende ich Eierlikör allerhöchstens zum Backen – wenn ich Proteine und Alkohol kombinieren will, esse ich lieber eine Bierwurst. Außerdem befand sich hinter meiner Küchenschranktür noch eine Riesenflasche Wodka für den Pfirsich-Eistee, in welcher der Wodka leider noch genau zwei Millimeter hoch stand. Den trank ich direkt aus der Flasche. Besser als nichts.
Danach riss ich mich am Riemen und rief Tom an. Also den, der eigentlich mit mir zusammen ziehen hatte wollen, anstatt mir das Hirn herauszubumsen. Er freute sich, von mir zu hören. Stotternd erzählte ich ihm von meiner Verwechslung, was etwas schwierig war, weil ich mich dadurch als ziemliches Luder offenbarte. Glücklicherweise lachte er nur.
„Ich muss schon sagen, das mit dir war die äh, herzlichste Begrüßung, die ich auf Wohnungssuche jemals erlebt habe. Aber mach dir mal keinen Kopf. Hey, das kann doch mal passieren! Mensch, in anderen WGs sind die Leute seit zwanzig Jahren verheiratet. Die wissen gar nicht, dass sie eigentlich nur noch Mitbewohner sind. Da ist es doch besser, wir hatten den ganzen Quatsch mit dem Poppen schon zu Anfang auf dem Tisch. Oder?“
Wo er natürlich Recht hatte. Ich war so erleichtert,