Die schönsten Pferdegeschichten. Lise Gast

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Die schönsten Pferdegeschichten - Lise Gast


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gemacht, ganz toll. Keinen Schnitzer“, sagte Cornelia.

      Anja wurde rot.

      „Ich brauchte auch nicht zu galoppieren wie die anderen, allein an der Abteilung vorbei“, stammelte sie. Das mußte Mutter schließlich auch wissen.

      Mutter sah sie an.

      „Fein, Anja“, sagte sie herzlich. „Du, mein Kind, ich muß das unbedingt mal selber sehen. Darf man zusehen kommen? Wenn ich jemanden finde, der mir die beiden Kleinen solange versorgt, komm’ ich zur nächsten Reitstunde mit. Heute in acht Tagen, ja? Darf ich?“

      Nun erst fand Anja, daß die erste Reitstunde im Reitverein wirklich schön gewesen war.

      … und die erste Fahrstunde

      „Was bringst du denn da angeschleppt?“ fragte Herr Anders, als er, um den Stall herumkommend, Petra begegnete. Er war in Hut und Mantel und sah sehr „städtisch“ aus; er hatte heute frei. Petra zog pustend und schnaufend einen merkwürdigen Wagen hinter sich her; zweirädrig, nicht mehr neu, aus Holz, mit Motorrad-Rädern und einer Scherendeichsel aus Leichtmetall.

      Anja schob hinten. Beide waren ziemlich atemlos und blieben stehen, als Herr Anders, der Pferdepfleger, sie anredete.

      „Einen Dogcart, geschenkt bekommen“, meldete Petra und wischte sich über das Gesicht. „Sogar mit Geschirr. Von Bekannten, die früher Pferde hatten. Schön, nicht wahr?“

      „Sehr schön. Und den habt ihr durch die ganze Stadt geschleppt?“

      „Nur durch die halbe. Gott sei Dank wohnen die Leute nicht am andern Ende. Trotzdem –“

      „Trotzdem. Na, wir werden sehen, was damit zu machen ist“, meinte Herr Anders und ging weiter.

      „Nun können wir den Wagen ausprobieren“, sagte Petra zu Anja, die wieder anschob, und nahm die Deichseln auf. „Beim erstenmal ist es vielleicht gut, wenn wir es ohne Erwachsene probieren. Die sehen ja überall nur Schwierigkeiten, wo keine sind.“

      Anja schob schweigend weiter. Sie war immer einverstanden, wenn Petra etwas ausheckte; Petra war zwei Jahre älter als sie und seit eh und je im Reitverein. Wenn sie also sagte, sie wollten es ohne Erwachsene probieren, dann war es wohl das richtige. Obwohl – ein kleines Bedenken schlummerte in ihrem Herzen, aber sie drängte es tapfer beiseite. Aufatmend stellten sie den Wagen vor dem Stall ab.

      „So, das wäre geschafft. Was wir alles für den Reitverein tun!“ sagte Petra. „Die wissen gar nicht, was sie an uns haben. Mal sehen, ob noch jemand da ist.“ Heute war Montag, Stehtag, wie in allen Reitvereinen. Da viele Leute nur sonntags zum Reiten kommen können, wird an diesem Tag oft von früh um sechs an geritten und auch nachmittags, je nachdem, wie viele Interessenten kommen. Dafür ist Montag Ruhetag für die Pferde. Wer gern ausgeruhte, muntere Reitpferde haben will, schreibt sich für die Stunden am Dienstag ein. Petra wußte das natürlich. Heute war deshalb kein Mensch zu sehen.

      „Fein, paßt wunderbar“, sagte sie, „vor dem Abendfüttern ist Herr Anders nicht wieder hier. Komm, wir holen uns Kerlchen.“

      „Warum gerade Kerlchen?“ fragte Anja.

      „Na ja, ich möchte nicht gern ausgerechnet die Moni einspannen. Womöglich geht sie die ganze Zeit auf zwei Beinen. Ob sie jemals vorm Wagen gegangen ist, weiß ich nicht. Kerlchen aber –“

      „Meinst du, Kerlchen war früher ein Wagenpferd?“

      „Wenn nicht, wird er es jetzt. Ich bin entschlossen, mit ihm zu fahren. Brav und friedlich, wie er ist, wird er uns keine Schwierigkeiten machen.“

      „Na schön.“ Anja war nicht ganz wohl zumute, als Petra den alten guten Kerlchen aus dem Stand holte, ihm das Kopfstück überstülpte und ihn dann vor den Dogcart führte. Aber Petra mußte es ja wissen.

      Sie legten ihm den Kammdeckel auf und schnallten ihn unterm Bauch fest, streiften das Brustgeschirr über und schnallten an den Zugsträngen herum, bis sie die richtige Länge zu haben schienen. Das dauerte eine Weile. Sie probierten hin und her, und dann hing in der Mitte noch ein Stück Riemen herunter, mit dem sie nichts anzufangen wußten.

      „Der ist unnötig. Da sieht man mal wieder, wie man Leder sparen könnte“, brummte Petra vor sich hin. „Aber abmachen können wir ihn auch nicht, er ist angenäht. Na, soll er hängen. So, wo ist die Peitsche? Jetzt geht’s los.“

      „Wozu denn die Peitsche?“ fragte Anja besorgt. „Du willst doch nicht etwa einen Schnelligkeitsrekord aufstellen?“

      „Ach wo. Nur, zum Fahren, merk dir, gehört eine Peitsche. Du weißt ja, wir sind nicht im Reitverein, sondern im Reit- und Fahrverein. Da muß man auch vorschriftsmäßig fahren. Nach Achenbach, verstehst du.“

      „Achenbach?“

      „Das erklär’ ich dir später. Los, steig ein.“

      „Soll ich nicht lieber …“

      „Nebenherlaufen? Anja! Reiten lernt man nur vom Reiten, das weißt du ja, und mit dem Fahren ist es ebenso. Also: Willst du oder willst du nicht?“

      Sie selbst war schon auf den Wagen hinaufgeturnt und hob die Zügel, damit Anja darunter durchschlüpfen konnte. Anja überwand das letzte Zögern und tat es ihr gleich. Nun saßen sie nebeneinander, Petra rechts, Anja links, Petra die Zügel in beiden Händen.

      „Setz dich lieber rechts hin und übernimm die Bremse. Wenn es nötig sein sollte“, sagte Petra. „Da, die Drehbremse. Versuch sie mal. Ja, so. Sehr schön. Quietschen tut sie, wir müssen sie nachher ölen. Also, Kerlchen, nun kann’s losgehen!“

      Sie schnalzte mit der Zunge und berührte Kerlchens Flanke mit der Peitsche. Das Pferd zog gehorsam an. Petra lenkte ihn an der Reithalle bergab, langsam und vorsichtig, und bog dann in den kleinen Weg ein, der um den Sprunggarten führte.

      „So ist’s recht, guter Kerlchen, brav, brav. Und jetzt – Terrab!“

      Sie hatten den ebenen Weg erreicht, und Kerlchen setzte sich, ohne zu zögern, in Trab. Petra strahlte.

      „Siehst du. Er ist ganz vortrefflich eingefahren. Das merkt der Fachmann sofort. Na, wie findest du es?“

      „Wunderbar“, seufzte Anja. Dann drehte sie den Kopf.

      „Ob Frau Taube uns sieht? Dort oben sind ihre Fenster. Frau Taube, juhu!“ Sie wagte nicht, richtig laut zu rufen, um Kerlchen nicht zu erschrecken. Aber mit der linken Hand konnte sie ein bißchen winken, die rechte lag an der Bremse. Und es war ihr auch, als winkte es oben hinter der Scheibe zurück. Genau konnte sie es nicht erkennen, denn sie guckte immer nur ganz schnell hinauf und dann wieder auf das Pferd.

      Einmal sanken sie plötzlich beide weit nach hinten auf ihrem Sitz, und die Deichseln gingen hoch.

      „Huch!“ schrie Anja. Petra aber hatte sich geistesgegenwärtig sofort nach vorn gebeugt und erlangte dadurch das Gleichgewicht des Wagens wieder.

      „Na, so was. Das darf doch nicht vorkommen“, murmelte sie. „Wir müssen es beim Sitzen ausbalancieren, damit es nicht wieder passiert. Ja, so geht’s.“

      Auf dem Weg war der Schnee festgestampft und hart, auf den Wiesen rechts und links lag er noch locker. Es fuhr sich schön, Kerlchen trabte, eins, zwei, eins, zwei, als wäre er im Leben nie anders als vor der Kutsche gegangen, und die beiden Mädchen wurden immer vergnügter.

      „Wenn Herr Anders wiederkommt, erzählen wir es ihm“, sagte Petra, „oder wir fahren ihn mal aus. Er ist alt und sollte doch endlich einmal so richtig verwöhnt werden.“

      „Ja, und weißt du, wen wir auch mal ausfahren müßten? Frau Taube. Die kommt doch überhaupt nicht aus der Bude.“

      „Wenn man sie nur die Treppe runterkriegte“, sagte Petra und machte ein nachdenkliches Gesicht. „Ein paar Schritte gehen kann sie ja, also meinetwegen bis zum Wagen, das würde schon reichen. Nur unten müßten wir sie erst mal haben.“

      Der


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