Seewölfe Paket 20. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 20 - Roy Palmer


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des Achterdecks feuerten, was das Zeug hielt, wobei sie aber darauf achtgeben mußten, die eigenen Getreuen nicht zu gefährden.

      Es gab Tote und Verletzte auf beiden Seiten, aber dank ihres massiven Widerstandes konnten Rascón und seine Männer ihre Position halten. Sie verhinderten, daß Fierro und die Horde in einem neuen Anlauf das Achterdeck stürmte. Wieder landeten zwei Meuterer getroffen auf den Planken.

      Fierro begriff, daß das Unternehmen zum Scheitern verurteilt war. Er beschloß zu retten, was noch zu retten war.

      „Rückzug!“ schrie er. „Zur Back!“

      Rascón verfolgte, wie die Front der Angreifer endlich zurückbrandete. Er hatte eine frisch geladene Muskete an sich gerissen, legte noch einmal auf Fierro an und feuerte, verfehlte ihn jedoch. Es war wie verhext – Fierro schien mit dem Teufel im Bunde zu stehen. Er war nicht zu treffen. Nach wie vor war er unverletzt und schwang mit wüsten Flüchen und Drohungen seine Beuteaxt.

      Die Bande wich zurück und verschanzte sich im Vordeck. In den unteren Schiffsräumen war unterdessen das Trappeln von Schritten zu vernehmen, das Rufen von Männern und Frauen und das Weinen und Klagen von Kindern.

      „Achtung“, sagte Solares. „Sie kommen nach achtern und wollen uns in den Rücken fallen.“

      „Das glaube ich nicht“, sagte Gomez Rascón. Dann betrat er als erster das Achterkastell und eilte zum Niedergang. Mit vorgehaltener Muskete sprang er nach unten, in den Gang, der nach achtern führte.

      Eine Frau taumelte ihm entgegen, sie hielt ein kleines Kind in den Armen.

      „Señor!“ stieß sie mit flehender Stimme aus. „Bitte schießen Sie nicht! Bitte!“

      „Ich bin der Kapitän“, sagte er. „Suchen Sie Schutz?“

      „Ja. Wir wollen mit diesen Teufeln nichts zu tun haben.“

      „Kommen Sie, Señora“, sagte Rascón. Er ließ die Waffe sinken und streckte die Hand aus. Die Frau ergriff sie, und er dirigierte sie an sich vorbei. Dann eilte er weiter nach achtern und stieß in dem kleineren achterlichen Stauraum, der hinter dem eigentlichen Laderaum lag, auf die Passagiere. Ängstlich waren sie zusammengerückt und wichen vor ihm in die Ecke zurück.

      „Die Männer helfen mir“, sagte er. „Wir müssen die Schotten verriegeln, damit wir vor den Meuterern geschützt sind. Wer ist noch vorn?“

      „Nur diese Galgenstricke“, erwiderte einer der Männer, ein stämmig gebauter Schmied. „Wir sind vor ihnen ausgerückt, weil wir ihre Handlungsweise ablehnen. Das sind Verbrecher. Deshalb fürchten wir um unser Leben.“

      „Sie sind imstande und bringen jeden um, der ihnen im Weg ist“, sagte ein anderer Mann.

      „Bestimmt“, sagte Rascón grimmig.

      Er hastete zu den Schotten, die Männer folgten ihm. Er zeigte ihnen, was zu tun war. Inzwischen waren auch Solares und ein paar Männer der Besatzung eingetroffen. Mit vereinten Kräften wurden die Schotten verriegelt und abgesichert, die von den Laderäumen zu den Räumen unter dem Achterdeck führten.

      „Das wäre geschafft“, sagte der Kapitän aufatmend. „Auf diesem Weg dringen sie jedenfalls nicht mehr zum Achterdeck vor.“

      „Ein Glück, das wir schnell genüg gewesen sind“, sagte Solares. „Wir dürfen auch nicht vergessen, daß sich achtern die kleine Waffenkammer befindet.“

      „Wenn die Kerle das Schott aufzubrechen versuchen, wird durch das Holz geschossen“, ordnete Rascón an. „Wir halten die Stellung und versuchen, sie zu überrumpeln, sobald sich eine Gelegenheit dazu bietet.“

      „Haben die denn überhaupt noch eine Chance, Señor Capitán?“ fragte der Schmied.

      „Ja.“ Rascón kehrte zu den Passagieren zurück. „Ich will offen zu Ihnen allen sprechen. Sie müssen darüber informiert sein, in welcher Situation wir uns befinden. Das Vordeck mit der Back und der Kombüse sowie den darunter liegenden Räumen – Kabelgatt, Vorpiek, Proviantraum mit Trinkwasser und so weiter – ist in der Hand der Meuterer. Die Kuhl ist sozusagen Niemandsland. Das Achterdeck mit allen darunterliegenden Räumen bleibt im Besitz unserer Partei.“

      „Der Kapitänspartei“, erklärte der Schmied. „Señor, wir halten voll zu Ihnen. Sagen Sie uns, was wir tun sollen, um mit diesem Gesindel aufzuräumen. Wir haben doch genug Waffen, nicht wahr?“

      „Ja.“

      „Das Achterdeck beherbergt jetzt mehr Menschen als das Vordeck“, sagte Solares. „Hier befinden sich die anständigen Leute – dort die Huren und Verbrecher. Die Spreu ist vom Weizen getrennt. So mußte es ja kommen. Warum begreift die Casa nicht, daß man solches Gesindel nicht an Bord von Segelschiffen lassen kann?“

      „Es hat keinen Sinn, das jetzt zu erörtern“, sagte Kapitän Rascón. „Legen wir uns lieber einen Plan zurecht.“

      „Zahlenmäßig sind wir den Kerlen jetzt, da auch die Passagiere auf unserer Seite sind, weit überlegen“, sagte Elcevira. „Es wäre doch gelacht, wenn wir nicht mit ihnen fertig werden würden.“

      „Ganz so einfach sehe ich das nicht“, sagte Rascón. „Ja, es ist richtig: Die Meuterer sind eindeutig in der Minderheit. Aber sie sind ausnahmslos skrupellose, rohe und verbrecherische Elemente, deren Reaktionen kaum berechenbar sind – es sei denn ihr Wille, zu zerstören und zu vernichten. Wir müssen uns also genau überlegen, wie wir gegen sie vorgehen. Es darf keine weiteren Opfer geben, jedenfalls nicht auf unserer Seite.“

      „Die Toten und Verletzten haben wir vom Hauptdeck abgeborgen, Señor Capitán“, meldete der Schiffszimmermann. „Die Verletzten werden soeben vom Feldscher versorgt. Was soll mit den Toten geschehen? Wann sollen wir sie beisetzen?“

      „Sobald sich eine Gelegenheit dazu ergibt“, erwiderte der Kapitän. „Wir müßten ja in jedem Fall auf die Kuhl, um die Toten der See zu übergeben. Dort sind wir zwar keine direkte Zielscheibe für die Hunde, sie haben nur ein paar Pistolen. Aber sie könnten einen Ausfall wagen und versuchen, einige von uns als Geiseln zu nehmen. Wenn ihnen das gelingt, haben wir verspielt, Señores.“

      „Wir warten also erst einmal die weitere Entwicklung der Dinge ab?“ fragte Solares.

      „Ja“, entgegnete Rascón. „Es scheint mir in unserer Lage das Richtige zu sein.“

      Fierro brauchte das Vordeck nicht zu inspizieren, um sich ein Bild darüber zu verschaffen, was er gewonnen hatte. Er kannte sich überall an Bord der „San Sebastian“ aus, auch im Achterdeck, das er schon mehrfach heimlich untersucht hatte.

      Das Logis ernannte er zu seinem „Kommandostand“. Hier ließ er sich mit Vitaliano und den drei anderen Abenteurern, mit Rosaria und zwei anderen Huren nieder und hieb Vitaliano kräftig auf die Schulter.

      „Danke, Kamerad“, sagte er laut, „daß ihr uns geholfen habt. Wir haben zwar das verfluchte Achterdeck nicht erobert, aber sie haben uns auch nicht besiegt, die elenden Hurensöhne.“

      Vitaliano grinste. „Aber achtern sind sie im Besitz der Waffen und der Munition, wenn mich nicht alles täuscht.“

      „Richtig“, sagte Fierro. Er wurde ernst und schien angestrengt zu überlegen. Aber dann lachte er wieder und zog eine der Huren zu sich heran. „Wir haben dafür aber den Proviant und das Trinkwasser. Und noch mehr: Auch Wein und Schnaps gehören zum Proviant.“

      „Großartig!“ rief Rosaria. „Muß das nicht gefeiert werden?“

      „Ja.“ Fierro schlug mit der Faust auf den Tisch des Logis’. „Her mit dem Wein, jetzt wird erst mal kräftig gesoffen. Wir wollen auf unsere Freiheit anstoßen.“

      „Glaubst du, daß wir das Vordeck halten können?“ fragte Vitaliano.

      „Wir halten es! Hier kriegt uns keiner mehr raus!“ rief Fierro. Er gab den anderen Männern einen Wink. „Los, holt was zu trinken! Ihr wißt ja, wo die Vorratskammern sind! Beeilt euch! Ich sterbe vor Durst!“


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