Seewölfe Paket 20. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 20 - Roy Palmer


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warten wir noch?“ schrie ein anderer Abenteurer. „Los, wir verlieren hier nur kostbare Zeit! Das Schiff gehört uns!“

      Sie stürmten aus dem Laderaum zum nächsten Niedergang, Vitaliano und Rosaria allen voran. Sie hatten Pistolen, und kaum langten sie auf der Kuhl an, feuerten sie die Waffen ab. An Bord war der Teufel los, es gab Tote und Verletzte.

       3.

      Ramón Vega Venteja hatte sich langsam von seinem Platz in der Ecke des großen Frachtraumes der „Almeria“ erhoben. Sabina und Pablito waren endlich eingeschlafen. Es war ihm gelungen, ihnen auf einem Stapel fest verzurrter Kisten ein provisorisches und trockenes Lager einzurichten.

      Durch das Leckwasser schritt Ramón auf Marcela Buarcos zu. Er war fest entschlossen, ihrem Vorhaben Einhalt zu gebieten. Was sie plante, war ihm klar: Sie wollte Unfrieden und Zwietracht säen und eine Meuterei vom Zaun brechen. Das mußte verhindert werden, um jeden Preis. Ramón wollte nicht, daß seine Kinder den Galgenstricken in die Hände fielen, die sich auf diesem Schiff befanden. Er war aber auch um die Mitreisenden besorgt, von denen die meisten immer noch nicht begriffen hatten, was hier seinen Lauf nahm.

      Marcela verhöhnte das Lenzkommando.

      „Narren!“ rief sie ihnen zu. „Ihr könnt euch kaum noch auf den Beinen halten! Wann schlaft ihr endlich? Nie? Das will der Kapitän ja – daß ihr tot umfallt! Wenn, wir Kuba erreicht haben, braucht er euch nicht mehr! Er müßte euch sowieso irgendwie loswerden!“

      „Sei still“, sagte der Anführer des kleinen Trupps, ein in Ehren ergrauter Seemann. „Du weißt offenbar nicht, was du redest. Das Wasser muß abgepumpt werden. Wir tun das für euch, will dir das nicht in den Kopf?“

      „Ich wüßte eine bessere Beschäftigung“, sagte sie und bewegte aufreizend ihre Hüften.

      „Zum Beispiel?“ fragte einer der Kerle an der Pumpe grinsend.

      Er gehörte zu den Kerlen, die in Cadiz im Gefängnis gesessen hatten – und bei ihm waren zwei andere Galgenstricke. Somit bestand das Kommando aus vier Männern. Der alte Seemann ahnte schon, was sich anbahnte, aber er versuchte, etwas dagegen zu tun.

      „Los“, sagte er. „An die Arbeit. Wenn der Kapitän erfährt, daß wir hier herumlungern, gibt es Ärger.“

      „Ich warte noch auf eine Antwort“, sagte der Kerl an der Pumpe.

      „Komm mit nach nebenan, dann erkläre ich dir, was ich meine“, sagte Marcela.

      „Aha“, sagte der zweite Galgenstrick. „Wie wär’s, wenn ich auch mitgehe? Und mein Kumpel hier würde auch ganz gern erfahren, was man auf diesem Scheißkahn noch alles anstellen kann. Wir scheinen ja bislang ganz schön blöd gewesen zu sein.“

      „Das wollte ich euch gerade erklären“, sagte sie. „Also los, meinetwegen, ich bin bereit, euch alle drei zu bedienen.“

      Der Seemann trat zwischen sie und die Kerle.

      „Seid ihr wahnsinnig?“ stieß er hervor. „Dafür läßt der Kapitän euch auspeitschen!“

      „Und ihr habt kein Schamgefühl“, sagte Ramón, der Marcela in diesem Moment erreicht hatte. „Ihr seid wie die Tiere. Es sind Frauen und Kinder an Bord. Vor allem die Kinder solltet ihr achten. Was seid ihr bloß für ein erbärmliches Pack.“

      „Halt du dich raus“, sagte Marcela. „Du hast hier gar nichts zu melden.“

      Trotzdem packte Ramón sie an der Schulter und zog sie zu sich zurück.

      „Jetzt ist Schluß“, sagte er. „Was du hier treibst, ist eine Schande.“

      „Laß sie los!“ fuhr der Kerl an der Pumpe ihn an.

      „Du tust mir weh!“ schrie Marcela.

      „Aufhören!“ rief der Seemann und griff zur Pistole.

      In diesem Moment ertönten die Schuß- und Kampfgeräusche von Bord der „San Sebastian“. Alle horchten auf, die Köpfe ruckten herum, einige stürzten zu den Luken, um ins Freie zu blicken. Auch auf dem Oberdeck der „Almeria“ wurde es lebendig. Schritte trappelten auf und ab, Befehle und fragende Rufe erklangen.

      „Hört ihr das?“ schrie Marcela. „Die da drüben sind nicht so dumm wie wir! Die haben bereits angefangen!“

      „Mit was?“ stieß einer der Siedler entsetzt hervor.

      „Mit der Meuterei!“ schrie der Kerl an der Pumpe und streckte den Seemann mit einem einzigen Hieb nieder.

      Er entriß ihm die Miqueletschloß-Pistole, spannte den Hahn und zielte auf Ramón, der in einem jähen Wutausbruch Marcela eine schallende Ohrfeige verpaßte. Marcela kreischte und stürzte. Der Kerl mit der Pistole feuerte über sie hinweg, donnernd hallte das Schußecho von den Schiffswänden wider.

      Siedendheiß bohrte sich die rotgelbe Stichflamme in Ramóns Brust. Er wurde zurückgeworfen, stolperte über eine Kiste und fiel auf die Planken. Die Frauen und Kinder schrien vor Angst und Panik. Auch Sabina und Pablito fuhren von ihrem Lager hoch, sahen ihren blutenden Vater und stießen schrille, entsetzte Schreie aus.

      Der Kerl ließ die schmauchende Pistole fallen, half Marcela auf die Beine und rief: „Los, nichts wie weg hier!“

      „Ja!“ brüllte einer seiner Kumpane. „Zeigen wir es dieser aufgeblasenen Achterdecksbande! Auf zum Kampf!“

      Sie stürmten quer durch den Laderaum zum Schott, rissen es auf und hasteten durch den im Halbdunkel liegenden Schiffsgang zum nächsten Niedergang. Ihre Schritte polterten auf den Stufen, durch Rufe verständigten sie sich mit anderen Passagieren, die sich ihnen spontan anschlossen.

      Sabina wankte mit kreideweißem Gesicht zu ihrem Vater und ließ sich neben ihm auf die Knie sinken.

      „Santa Maria“, stammelte sie fassungslos.

      Juan Alentejo, der Kapitän, stand zu diesem Zeitpunkt längst auf dem Achterdeck der „Almeria“ und verfolgte durch sein Spektiv, was an Bord der „San Sebastian“ vor sich ging. Als in den unteren Räumen seines Schiffes der Tumult begann und der Pistolenschuß krachte, wußte er, daß sich auch hier die offene Auseinandersetzung nicht mehr vermeiden ließ.

      „Aufpassen!“ rief er seinen Leuten zu. „Das ist eine Meuterei! Haltet die Waffen bereit!“

      Fast schien es, als hätten sich die Galgenvögel von der „San Sebastian“ durch eine geheime Absprache mit den Meuterern der „Almeria“ verständigt. Das Backbordschott des Vorkastells flog auf und knallte gegen die Querwand. Die Meute, von Marcela Buarcos geführt, stürmte auf die Kuhl. Zwei, drei Seeleute, die verdutzt zu ihnen herumfuhren, wurden durch Hiebe gefällt. Marcela und ihre Spießgesellen entrissen ihnen die, Waffen. Dann begann der Sturm auf das Achterdeck.

      Fierro war nach wie vor darauf aus, Kapitän Gomez Rascón zu erreichen. Wild schlug er mit seiner Zimmermannsaxt nach allen Seiten um sich und hatte schon drei Männer schwer verletzt. Aber die Zahl der Gegner war groß, und je mehr Blut floß, desto erbitterter wurde ihr Widerstand. Da erfolgte die Verstärkung – Vitaliano, Rosaria und die anderen Glücksritter aus dem Laderaum – wie gerufen.

      Schüsse krachten, Männer stürzten, Schreie und Flüche tönten über das Hauptdeck der „San Sebastian“. Vitaliano und sein kleiner Trupp drangen bis zu Fierros Meute vor, und es bildete sich eine geballte, wehrhafte Einheit.

      Aber Rascón hatte unterdessen Musketen und Tromblons verteilen lassen. Er selbst kniete vor der Querwand des Achterkastells und legte mit einer Muskete auf die Meuterer an.

      „Zurück!“ brüllte er noch einmal. „Ihr habt keine Chance! Ergebt euch!“

      „Aufs Achterdeck!“ schrie Fierro und versuchte, einen Keil in die Masse der Leiber zu treiben, die ihm immer noch den Weg versperrte. Doch jetzt drückte der Kapitän auf ihn ab. Laut knallte der Musketenschuß, und noch einmal hatte


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