Seewölfe Paket 1. Roy Palmer

Читать онлайн книгу.

Seewölfe Paket 1 - Roy Palmer


Скачать книгу
mit Ben Brighton, daß es an der Zeit war, auf östlichen Kurs zu gehen. Sie gaben Zeichen an die Karacke, und nachdem man einander noch einmal zugewinkt hatte, wurden auf den beiden Galeonen die Rahen gebraßt und die Schiffe auf den neuen Kurs gebracht. Die Segel der Karacke blieben rasch zurück. Hasard konnte nur hoffen, daß de Pordenone die Schwarzen heil in ihre Heimat zurückbrachte.

      Hasard ging in die Kapitänskammer und legte sich in seine Koje. Die ganze Nacht über hatte er auf dem Deck gestanden. Wenn irgend etwas Außergewöhnliches geschah, würde Ferris Tucker ihn wecken.

      Das Wetter meinte es gut mit ihnen. Der steife Wind blies aus Nordwest. Die beiden Galeonen liefen gute Fahrt, obwohl sie nur das Großsegel und die Fock gesetzt hatten. Der Wind kam achterlicher als dwars, und sie segelten raumschots mit Backbordhalsen.

      Hasard schlief gerade ein, als er den Lärm von Deck hörte. Erschrocken sprang er auf und knallte mit dem Kopf gegen die Kojendecke. Fluchend rollte er aus der Koje.

      In diesem Moment wurde die Tür zur Kammer aufgerissen. Ferris Tuckers breite Figur füllte den Rahmen aus. Der rothaarige Riese fluchte unterdrückt.

      „Die Kerle sind verrückt“, sagte er knurrend. „Kaum warst du unter Deck, da haben sie sich Matt Davies geschnappt und ihn auf die Gräting gebunden. Sie wollen ihm zwanzig Schläge mit der Siebenschwänzigen überziehen, weil er in der Nacht, als die Spanier mit der Kriegsgaleone auftauchten, als einziger bei den Weibern war, während alle anderen wie die Irren geschuftet haben.“

      Hasard grinste. Er dachte an die wutverzerrten Gesichter von Blacky und Smoky, als sie losgerudert waren, um die Kriegsgaleone in die Hölle zu blasen. Er konnte die Männer gut verstehen. Matt Davies hatte seine Strafe verdient. Doch andererseits waren sie sowieso hoffnungslos unterbesetzt, und wenn Davies jetzt zwanzig Hiebe übergezogen kriegte, war er die nächsten drei Tage an Deck nicht mehr zu gebrauchen. Das konnten sie sich nicht leisten.

      Wenn ein spanisches Schiff auftauchte, brauchten sie jeden Mann.

      Hasard schüttelte den Kopf.

      „Er hat es verdient“, sagte er, „aber zwanzig sind zuviel. Blacky soll ihm fünf geben, das genügt.“

      Er wollte sich in die Koje zurücklegen, aber Ferris Tucker schüttelte den Kopf.

      „Du solltest an Deck gehen. Wenn du dabei bist, wird es keinen Krawall geben.“

      Hasard nickte. Seufzend erhob er sich und zog den Hosengürtel stramm. Der Wind pfiff ihm um die Ohren, als er das Deck betrat und zur Quarterdecksreling hinüberging.

      „Nur fünf Hiebe, Blacky!“ sagte er scharf.

      Er sah, wie Matt Davies, der flach auf der Gräting lag, zur Seite ausspuckte. Wahrscheinlich wollte er damit andeuten, daß diese fünf Schläge für ihn nicht mehr waren als ein Mückenstich.

      Blacky schien das gleiche zu denken.

      „Und hinterher kriegt er noch ’ne Extraration Wein, wie?“ sagte er grollend.

      „Nur fünf, verstanden?“ Hasard schnitt Blackys Worte mit einer Handbewegung ab. „Los, fang an.“

      Blacky starrte Hasard eine Weile wütend an, dann drehte er sich um und ließ die Lederstriemen auf den blanken Rükken von Matt Davies sausen. Es klatschte, und Davies’ Körper bäumte sich ein wenig auf, aber kein Laut des Schmerzes drang über seine Lippen.

      Beim zweiten Schlag platzte die braungebrannte Haut. Blutfäden rannen die Wirbelsäulenwölbung hinab. Blacky schlug zum drittenmal zu. Diesmal konnte Matt Davies ein leises Stöhnen nicht verhindern.

      „Ha, du alter Hurenbock!“ schrie Blacky. „Ich werde dir zeigen, was es heißt, deine Kameraden in die Pfanne zu hauen!“

      Wieder klatschte das Leder auf den blutenden Rücken.

      Hasard sah bewegungslos zu. Für ihn war das Schauspiel nichts Neues. Auf den Schiffen seines Alten gehörten solche Disziplinarstrafen zum normalen Arbeitstag. Hasard hatte schon miterleben müssen, wie bärenstarke Männer förmlich zu Tode gepeitscht wurden.

      „Schluß jetzt!“ sagte Hasard scharf, als Blacky zum sechsten Mal zuschlagen wollte. „Bindet ihn los und bringt ihn unter Deck. Ferris, für alle Männer eine Kanne Wein. Ob Davies etwas kriegen soll, bleibt den Männern überlassen.“

      Hasard sah, wie Dan O’Flynn und Batuti die Fesseln des Ausgepeitschten lösten.

      Matt Davies war wirklich ein harter Brocken. Er richtete sich sofort auf und schüttelte seinen stiernackigen Schädel. Er taumelte etwas, als er sich erhob, doch nach Sekunden stand er bereits wieder fest auf seinen stämmigen Beinen.

      Hasard drehte sich um und ging zur Kapitänskammer zurück. Er grinste, als er die lauten Worte von Davies hörte.

      „Die Schläge verdaue ich, Blacky, aber wenn du mir die Kanne Wein verweigerst, dann werde ich dir mit meinem Haken die Nase aus dem Gesicht reißen!“

      Brüllendes Gelächter folgte. Hasard vermutete, daß Blakky und Matt Davies sich jetzt gegenseitig auf die Schultern klopften. So waren diese Männer nun einmal. Jemand hatte sich gegen seine Kameraden gestellt und war dafür bestraft worden. Hinterher war die Sache schnell vergessen, und man war wieder eine Mannschaft, die zusammen dem Teufel den Schwanz ausriß.

      Hasard ließ sich auf sein Lager fallen. Nur noch im Halbschlaf hörte er die brüllenden Stimmen der Männer, die sich ihren Wein von Ferris Tucker holten.

      „Mit dem Seewolf bis in die Hölle!“ schrie einer, und die anderen stimmten ein.

      Hasard grinste, und er wäre nicht ehrlich gewesen, hätte er behauptet, daß diese Worte ihn nicht gefreut hätten. Es war noch nicht lange her, da war er für diese Männer nichts weiter als ein grüner Junge gewesen, mit dem sich ein echter Seemann die Nase abputzen konnte, und jetzt schien es, als hätte ihn auch der sturköpfigste Kerl unter ihnen akzeptiert.

      Sie hatten den zwanzigsten Längengrad überschritten. Der steife Wind hatte vollends auf West gedreht. Die beiden Galeonen segelten dicht zusammen auf nordöstlichem Kurs. Beide Schiffe wurden auch weiterhin nur mit Großsegel und Fock gefahren. Dementsprechend langsam waren sie.

      Die „Barcelona“ lag höher im Wasser als die „Santa Barbara“, da sie keine Ladung an Bord hatte. Sie war schwieriger zu handhaben als die „Santa Barbara“, aber sie war auch um einiges schneller. Ab und zu mußte Hasard die Fock backbrassen lassen, damit die „Santa Barbara“ wieder heranschließen konnte.

      „Segel Backbord voraus!“

      Hasard konnte die Worte, die der Ausguck im Großmars von Ben Brightons Galeone gerufen hatte, nur undeutlich verstehen, aber er erfaßte sofort, was sie zu bedeuten hatten. Land war nirgends in der Nähe. Also konnte der Mann, es war der blonde Jim Maloney, nur ein anderes Schiff entdeckt haben.

      Hasard drehte sich zu Ferris Tucker um, der hinter ihm auf dem Quarterdeck stand.

      „Gib mir den Kieker, Ferris“, sagte er.

      „Verdammt, meinst du, das ist …“

      Hasard unterbrach ihn mit einer kurzen Handbewegung.

      „Wer weiß, wie lange die Dons bei den Bermudas vor Anker gelegen haben“, sagte er. „Möglich ist alles.“

      Er nahm dem Schiffszimmermann den Kieker aus der Hand und ging aufs Mitteldeck hinab, um an den Wanten zum Großmars hinaufzuklettern. Im stillen hoffte er immer noch, daß es sich um ein einzelnes Schiff handelte, das der Ausguck der „Santa Barbara“ entdeckt hatte, doch Jim Maloney schrie sich die Kehle heiser.

      Hasard brauchte sich darüber nicht mehr lange zu wundern. Er setzte den Kieker an die Augen und ließ ihn über die nördliche Kimm wandern. Wohin er auch schaute – überall sah er Segel und Mastspitzen.

      Der Seewolf blieb ruhig. Es hatte keinen Sinn, jetzt in Panik zu geraten. Der Weg nach Norden war ihnen durch den riesigen Geleitzug, der auf dem Weg in seine Heimat Spanien war, abgeschnitten.

      Ein


Скачать книгу