Das Gasthaus an der Diego Cao, der ehemaligen Sklavenküste Togos am Golf von Guinea. Tony Schmid

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Das Gasthaus an der Diego Cao, der ehemaligen Sklavenküste Togos am Golf von Guinea - Tony Schmid


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Auch mit der bekannten, ungarischen Künstlerin, Astrologin und Schriftstellerin Elisabeth Haich, die mit dem indischen Yogi Yesudian in Zürich eine Hata Yogaschule betrieb und massgeblich zur Verbreitung von Yoga in Europa beitrug, hatte er damals ebenfalls eine Begegnung. Auch dem 1920 von Paramahansa Yogananda gegründeten Self Realisation Fellowship war er sehr zugetan und der Dalai Lama mit seiner einfachen Art und die Heilsarmee mit ihren guten Aktionen beeindruckten ihn sowieso. Mit religiösen Eiferern und Fanatikern konnte er jedoch gar nichts anfangen. Vielen Lehren, auch aus dem Bereich Tantra, hafteten seinem Gefühl nach erhebliche Mäkel an. Bei gewissen Organisationen, die sich dreist Kirche nennen, konnte er beim besten Willen keine Spiritualität ausmachen, nein, das Gegenteil war der Fall und zu allem Übel streben diese auch noch die Weltherrschaft an. Er lernte zu dieser Zeit auch den Erfinder des LSD, Albert Hoffmann, bei einem seiner Vorträge in Zürich kennen. Er befand jedoch seine geniale Erfindung als Fluch und Segen zugleich, war es doch für seelisch positiv ausgerichtete Menschen ein Büchsenöffner für die spirituelle Welt, für nicht stabile Charaktere öffnete es eher die Büchse der Pandora und diese Leute brauchten dann nicht selten jahrelang psychologische Betreuung. LSD verstärkt gewaltig was eh schon im einzelnen Menschen schlummert. Hat jemand beispielsweise eine finstere Seite, sieht er sich plötzlich mit seinem Ich als Monster konfrontiert. Daraus ergibt sich naturgemäss ein sogenannter Horrortrip. Jack sah, dass dieser Unterschied bei allen Konsumenten psychedelischer Drogen bestand. Er sympathisierte aber sehr mit den Leuten, die für nachhaltiges Leben waren und für Krieg und Atomkraft nichts übrig hatten. Jack empfand sich in diesem Sinne auch als Hippie und Kind des Flowerpowers. Er trug ja selbst auch lange Haare, lebte damals überaus gerne in Wohngemeinschaften und wurde von einigen netten Zeitgenossen immer wieder mal als „langhaariger Sauhund“ bezeichnet. Ihm war zudem völlig klar, dass die systematische Verteufelung psychedelischer Substanzen, die ja auch natürlichen Ursprungs sind, nur von den Mächtigen der allgemein herrschenden Wirtschaftsdiktatur kommen konnte. Die brauchen funktionierende, devote Zahnräder im Räderwerk ihrer Interessen und nicht sich verselbständigende Persönlichkeiten. Jack wurde schnell klar, weshalb die Leute kifften oder überhaupt rauchten. Da Rauchen direkt auf den Atem wirkt, welcher ja bekanntlich alle Chakren tangiert, konnte und kann es sich nur um die Sehnsucht nach einem intensiv gefühlten Herzchakra, besser gesagt um das Fühlen der beglückenden Herzliebe handeln. Besonders Cannabisprodukte können eine Wirkung erzielen, was einer Pranayamameditation sehr nahe kommen kann. Auch dass indische Sadus, die konzentriert auf Lord Shiva diesen Weg gehen, war damals bei Jugendlichen bald bekannt. Jack verstand es jedoch nicht, weshalb viele Leute harte Drogen nahmen. Die gehörten seiner Meinung nach in den Medizinschrank und hatten rein gar nichts mit Bewusstseinserweiterung zu tun. Trotzdem starben in seinem Umfeld leider immer wieder gute Bekannte an Drogenmissbrauch, meistens an einer Überdosis. Insgesamt konnte er aber der damaligen Hippiebewegung durchaus viel positives abgewinnen, sei es das vereinte sich wehren gegen alle Ungerechtigkeiten, dann überhaupt alles Gemeinschaftliche, was ja sonst unserer Gesellschaft der nördlichen Hemisphäre völlig abgeht. Ihm gefiel zudem besonders gut, dass sich in den WGs die Frauen die Männer und die Männer die Frauen teilten. Da damals noch nichts über HIV und Aids bekannt war, genoss man die reichhaltige Abwechslung in vollen Zügen. Der Begriff Tantra war in aller Munde, es gab bereits auch Sekten, die dieses Thema bewirtschafteten. Jack zog es vor, sich von solchen fernzuhalten und ging seinen eigenen Weg, er machte so oder so genügend Bekanntschaften. Kein Wunder, hatte er bald eine Neigung zu Polygamie, es gefielen ihm einfach zu viele Frauen. Glücklicherweise hatte er sich in dieser Phase immer unbewusst geschützt, wollte er sich doch ohne feste Beziehung nicht fortpflanzen. Jack bestritt seinen Lebensunterhalt mit allerlei Kreativität, von Musik, Malerei, Bildhauerei, Schmuckfabrikation bis hin zum Reiseleiter. Zuvor hatte er seine Ausbildung, die in Richtung Journalismus ging, abgebrochen. Früh musste er erkennen, dass er sich damit nicht in gewünschtem Masse hätte entfalten können und deshalb beschlossen, sich fortan seinen Talenten als Kreativschaffender zu widmen. Da er inzwischen auch Gitarre lernte, zudem nebst Piano auch auf den ersten Synthesizern spielte und ihn das sehr weitläufige Thema Instrumente sowieso faszinierte, hatte er sich um einen Ausbildungsplatz als Instrumentenbauer bemüht. Von einem renommierten Musikhaus bekam er dann eine zunächst mündliche Zusage, die Ausbildung hätte aber erst eineinhalb Jahre später begonnen. Etwa gleichzeitig wurde Jack, inspiriert durch einen Bekannten, beim katholischen Seminar für Katecheten vorstellig. Er hätte jederzeit dort einsteigen können, überlegte sich dann aber das Ganze noch mal. Einerseits fand er es ja sinnvoll, die christliche Botschaft zu verbreiten. Andererseits musste er sich eingestehen, dass ihm die katholische Kirche ein unbequemes, sehr einengendes Korsett überstülpen würde. Ihm war das alles zu konservativ und unfähig zu dringend nötigen Reformen. Zudem war ihm das katholische Glaubensbekenntnis zuwider, er sah in dieser Kirche nichts heiliges, denn er wusste ja um die von ihr begangenen, beschämenden Verbrechen in der Vergangenheit, wie etwa der Inquisition. Also verwarf Jack diese Möglichkeit einer beruflichen Ausrichtung bald wieder. Etwa gleichzeitig vermittelte Jack seinem Freund Thomas einen echten Oldtimer, nämlich einen BMW 502, also einen sogenannten Barockengel. Der kaufte dann den Wagen an einem Samstag und die Zulassungsstelle war geschlossen. Er wollte aber unbedingt nach Zürich fahren um dort in einem Kino einen Actionfilm zu sehen. So ging er kurz nach Hause und kam bald darauf mit Nummernschildern zurück, die er wie Garagennummern innwendig hinter die Front- und Heckscheibe steckte. Jack stieg ein und sie fuhren mit diesem Brummer vergnügt nach Zürich. Im Kino trafen sie zufälligerweise auf eine bekannte Band aus der Schweiz. Als sie zum Wagen zurückkehren wollten, sahen sie drei Polizeibeamte bei diesem stehen. „Fahr mit dem Zug zurück, ich regle das hier!“ sagte Thomas, „ich erzähl dir dann, wie es ausgegangen ist.“ Zurück in Luzern berichtete er Jack, was eigentlich vorgefallen war: „Ich habe aus Karton die Nummernschilder selbst hergestellt und die Zahlen, Buchstaben und Wappen mit Filzstift darauf gemalt. Weil es in Zürich geregnet hatte, bildete sich innen an den Scheiben Kondenswasser, welches die Nummern verschmierte. Jemand hatte darauf die Polizei informiert!“ Thomas durfte für zwei Jahre nicht mehr Autofahren und musste eine hohe Geldstrafe bezahlen. Nun war Jack mit Corinne, einer schnuckeligen, jungen Frau zusammen. In seiner Schulzeit hatte er bereits schon mit ihren beiden älteren Schwestern geknutscht. Einmal verbrachte er mit ihr eine ganze Woche im Bett. Corinne, damals eigentlich Hochschülerin, war sexuell unersättlich und eines frühen morgens sah er sie, leichtbekleidet, wie sie sich auf dem Strassenstrich vorbeifahrenden, potentiellen Freiern anbot. Jack ging zu ihr hin und wollte wissen: „Was soll das bitte?“ Sie entgegnete ihm: „Alle Männer wollen meinen Busen sehen und ich verdiene mir ein Zubrot fürs Studium, das kann ich ja nur machen, solange ich so begehrenswert aussehe!“ Aus dieser Antwort hatte Jack wieder etwas dazugelernt und akzeptierte es. Jack hatte all die Jahre zuvor verschiedene Freundinnen gehabt. Er liebte halt nichts mehr als den Duft süsser, junger Frauen. Ein ganz bestimmtes Mädchen hatte ihm schon lange total den Kopf verdreht. Sie ging in ein anderes Schulhaus und war in etwa gleich alt wie er. Seit seiner Schulzeit hatte er nicht gewagt sie anzusprechen und er bekam jedes Mal weiche Knie, wenn er sie sah. Jahrelang hatte er deshalb die Sonntagsmesse besucht, nur, um sie zu sehen. Sie stammte von einem venezianischen Adelsgeschlecht ab, war also aus reichem, aristokratischen Haus. Sie war mit ihrem leicht dunkleren Teint und ihren schönen, langen, schwarzen Haaren, seiner Meinung nach das schönste Wesen das er je gesehen hatte. Also trank er sich eines Tages Mut an, sprach sie auf der Strasse an und konnte sich mit ihr für den folgenden Tag zum Mittagessen in einem Restaurant verabreden. Dort unterhielt er sich gut mit ihr und war von ihrer Anmut überwältigt. Leider sagte sie am Schluss zu ihm: „Sei mir nicht böse, aber ich habe bereits einen Freund!“ Tatsächlich sah er sie nur ein paar Tage später in einem Ferrari mit einem Mann, der doch einige Jahre älter war als er, an sich vorbeifahren. „Adel bleibt bei Adel“, dachte Jack bei sich. „Diese Kaste vermischt sich nicht mit dem einfachen Volk!“ Er wohnte dann eine Zeit lang in einer feudalen Patriziervilla aus dem siebzehnten Jahrhundert, einer WG der Guruleute, mit drei Frauen und fünf Männern. In diesem Haus, das in der Nähe der uralten, bekannten Spreuerbrücke mit ihren gruseligen Totentanzbildern steht, spukte es gehörig. Jacks Mitbewohner berichteten immer wieder von Geistererscheinungen. Er selbst wohnte zuoberst im Haus und eines nachts fuhr sein uraltes, schweres Biedermeierbett, das er von einem Bekannten erhalten hatte, etwa einen Meter von der Wand weg. Jack erschrak sehr und fühlte sich sofort an das Märchen „von einem der auszog das Fürchten zu lernen“, der Gebrüder Grimm erinnert, in dem ein Mann in einem Bett
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