Das Gasthaus an der Diego Cao, der ehemaligen Sklavenküste Togos am Golf von Guinea. Tony Schmid

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Das Gasthaus an der Diego Cao, der ehemaligen Sklavenküste Togos am Golf von Guinea - Tony Schmid


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dies ein italienischer Künstler war, der damals jeden Winter über Land von der Schweiz aus nach Indien reiste um dort uralte, verfallene Dschungeltempel abzuzeichnen. Auf einer Reise manifestierte sich die weisse Wolke irgendwo im Iran, entfachte einen heftigen Sturm, der Bus, in dem er mitreiste, kam wegen Aquaplaning ins Schleudern und überschlug sich. Bei diesem Unfall war er der einzige Überlebende. Jack, der bei vielen seiner Mitmenschen zeitenweise auch Astralebenen sehen konnte, hatte bei diesem Mann etwas ganz besonderes entdeckt, was auf eine besondere Form von Schutzengel hinwies. Sah er in seinem Gesicht doch immer wieder das Antlitz des Hindugottes Ganesh aufblitzen. Das heisst, seine Nase verwandelte sich dabei in den Rüssel von Ganesh, der ihm klar sichtbar Schutz gewährte. Kurz nach dem Jack und Jean-Luc ihr eindrückliches Erlebnis mit der weissen Wolke gehabt hatten, nahm sie ein bärtiger, langhaariger Fahrer eines Lastwagens für ein längere Strecke mit. Dieser entpuppte sich als Mitglied der grössten amerikanischen Motorradgang und lud die Beiden zu sich in sein weitentlegenes Blockhaus an einem Waldsee ein. Dieses Haus war wie eine feste Burg gestaltet. Der Brunnen befand sich innerhalb des Gebäudes, bot somit für mehrere Tage Schutz, auch vor Bären, von denen es dort viele gibt. Was Jack und Jean-Luc aber vollends die Sprache verschlug, war die atemberaubende Schönheit der Frau des Rockers. Sie war gross, schlank, braungebrannt und hatte lange, blonde Haare. Sie schien keine Kleider zu besitzen, denn sie ging ständig nackt. Sie sagte, dass sie sich nur so wohl fühle und keine einengende Kleider tragen wolle. Auch ein Wochenendtreffen der auf Harleys herangedonnerten Motorradgang änderte daran nichts. Als dann ihr Mann vorschlug, die Beiden sollten doch, auch wenn er die nächste Woche wieder arbeiten würde, seiner Frau Gesellschaft leisten, winkten sie dankend ab. Sie waren ob dem schönen Körper der Frau sowieso schon total aus dem Häuschen und mussten ständig ihre Erregung unterdrücken. Jung und bezüglich einer solchen Situation noch völlig unerfahren, mit der berechtigten Angst, dieser herrlich schönen Frau nicht widerstehen zu können, zogen sie weiter. Jack meinte dann zu Jean-Luc: „Schade, gibt es nicht noch mehr so mutige Frauen, die sich jedermann, frei von verlogenen, prüden Moralvorstellungen, ohne unnötige Scham, mit grosser Leidenschaft zeigen. So etwas zu sehen ist beglückend fürs Gemüt. So hätten wenigstens alle etwas davon und eine Frau könnte sich viel einfacher ihren oder ihre Partner aussuchen!“ Jean-Luc antwortete Jack: „Du musst halt mal nach Brasilien, ich habe gehört, dass es dort vielerorts so läuft!“ Jack fand, dass sie wegen ihrer konservativen, katholischen Erziehung versagt hatten. Entsprach doch diese Frau seiner Vorstellung sozialer Traumfrauen, die ihre Schönheit mit ihrem Umfeld ohne finanzielle Interessen, nur aus Freude an der Sache, teilten. Unterwegs standen sie eines Abends in einer kleinen Ortschaft und kamen nicht weiter. Plötzlich verschwanden alle Bewohner in ihren Häusern und schlossen eilig die Türen. Die Fenster und Türen waren alle zusätzlich mit Moskitonetzen versehen, was den Freunden sofort aufgefallen war. Schon verdunkelte sich der Himmel und sie standen mitten in einem brutalen Mückenschwarm. Die stechwütigen Biester trieben Jean-Luc und Jack dazu, sich in ihre Schlafsäcke zu verkriechen. Dort hatte es leider auch schon viele Moskitos, welche die Beiden in den puren Wahnsinn trieben. Sie brüllten schmerzgepeinigt und wanden sich hin und her. Der Spuk dauerte etwa ein halbe Stunde. Total verstochen, den nicht gerade gastfreundlichen Dorfbewohnern, die sie nicht davor gewarnt hatten, ihre Gleichgültigkeit übelnehmend, fanden sie endlich eine Mitfahrgelegenheit. Im Spiegel der Sonnenblende des Wagens sah Jack, wie aufgedunsen sein Gesicht und seine Hände waren. Die graugrünliche Hautfarbe, die er jetzt hatte, entlockte ihm folgenden Ausspruch: „Ich sehe ja aus wie Frankenstein!“ Der Fahrer, der aus der Gegend stammte und diesen Anblick gewohnt war, pflichtete ihm bei. Aber auch Jean-Luc sah nicht viel besser aus. Die Beiden juckte es am ganzen Körper und es verging einige Zeit, bis sie sich wieder erholt hatten. Zum Glück waren die Mücken keine Malariaträger. Eine solche Attacke wäre wohl tödlich ausgegangen. Nach der sehr langweiligen Prärielandschaft in Manitoba und Saskatchewan, dem Cowboy Rodeoland Alberta, seinen wunderbaren Landschaften von Jasper und Banff mit Lake Louise, erreichten sie schliesslich Abbotsford in Britisch Kolumbien. Nichtsahnend, dass sich dort einige Zeit später bei einer alljährlich stattfindenden Flugschau ein schweres Unglück ereignen sollte. Ein russisches Konkurrenzflugzeug der Concorde, also ebenfalls ein Überschallpassagierflugzeug, riss beim Steigflug in der Mitte entzwei und fiel wie ein Papierflieger vom Himmel. Da die Jungs nicht mehr bei Kasse waren, arbeiteten sie eine Zeit lang als Pflücker auf einer grossen Beerenfarm. Diese wurde per Flugzeug mit hochgiftigen Pestiziden besprüht. Die Beeren, Himbeeren und Erdbeeren wurden für die allseits bekannte Konservenfabrik Del Monte produziert. Indische Gastarbeiterinnen, zumeist mit von Tüchern gehaltenen Babys auf dem Rücken, waren geschwätzig zu Tausenden am Pflücken. Bezahlt wurden sie nach gefüllten Kistchen. Jack und Jean-Luc hatten gegen ihre Geschwindigkeit keine Chance und somit schlechte Karten, mit dem ohnehin schlecht bezahlten Job richtig Geld zu verdienen. Jean-Luc verliebte sich schon bald in die Tochter des aus Litauen eingewanderten Farmers. Sie hatten sie in einer Frühstückbar erstmals getroffen und sie sagte zu ihnen: „Korn Flakes sind ungesund, esst stattdessen Haferflocken!“ Jack arbeitete dann noch kurze Zeit auf der Farm, war aber nicht zufrieden mit der allzu einfachen Unterkunft und reiste bald weiter nach Vancouver, fand dort Unterschlupf in einer Wohngemeinschaft von Divine Light Mission, eben jener Organisation von Guru Maharaji. Diese Organisation betrieb übrigens damals in ganz Nordamerika eine eigene Reformhauskette, was es vereinfachte, sich dort gut und vegetarisch zu ernähren. Jack fand einen Job als Zaunbauer, besorgte sich ein Fahrrad, fuhr in der Freizeit oft und gern in den Stanleypark, wo er sich die Seaworld und die wunderschönen Totempfähle anschauen konnte . Zudem sass er oft in einem Restaurant am Bahnhof, der sich am Hafen befindet und sah den Zügen und den auf dem Wasser startenden und landenden Flugzeugen zu. Zudem suchte er auf etlichen Schiffen nach einer Mitfahrgelegenheit nach Asien. Da sich aber leider nichts ergab, entschloss sich Jack, nun wenigstens noch die USA zu bereisen. Ein Visa für länger, das verfügbare hundert Dollar pro Woche erfordert hätte, war für Jack mit seinem „paar Kröten Job“ nicht realisierbar. In Anbetracht der Situation kam jetzt nur eine illegale Lösung in Frage: Seine Bekannten, bei denen er als Zaunbauer arbeitete, schlugen vor, es doch über die grüne Grenze zu probieren, zeichneten deshalb einen Plan für ihn, wo er durchlaufen sollte und wo sie ihn, nachdem sie mit ihrem Chevy Pickup Truck und Jacks Tramperrucksack die reguläre Grenze überquert hatten, ihn wieder aufnehmen würden. So fuhren sie also mit ihm an die grüne Grenze, einige Kilometer vom Grenzposten entfernt. Jack machte sich auf den Weg durch den Busch und seine Freunde fuhren zur Grenzstation. Dort wurden sie aber, wegen einer Anzeige von jemandem, der den illegalen Grenzübertritt Jacks mitbekommen hatte und dementsprechenden Fragen zum mitgeführten Gepäck Jacks für längere Zeit aufgehalten. Man musste ihn wohl für einen Drogenkurier gehalten haben, denn hinter sich hörte er bald unter höchster nervlicher Anspannung eine Meute von Bluthunden immer näher kommen. Zudem suchte man auch mit einem Hubschrauber nach ihm, welcher mit seinem Rotorwind die Büsche auseinandertrieb. Trotzdem erreichte Jack völlig fertig eine auf dem Plan eingezeichnete Farm, wo er sich zunächst versteckte. Es war bereits dunkel, als ihm seine Bekannten über eine Lichtung hinweg Lichtzeichen gaben. Äusserst erleichtert und erfreut über ihr Auftauchen rannte Jack zu ihnen. Dann fuhren sie endlich weiter nach Bellingham im Staat Washington, wo er vorerst in einer WG unterkam. Nachdem sich Jack von seinen Helfern verabschiedet hatte, wurde er in der Nähe seiner neuen Unterkunft noch von ein paar fletschenden Hunden erschreckt. Noch die Angst vom Grenzübertritt im Nacken, war das nun einfach zu viel für ihn und er erlitt seinen ersten Nervenzusammenbruch. Er erlebte es, wie wenn man bei einer Autobatterie Plus und Minus verbindet, ihm war, als ob nach einer inneren Explosion Rauch aus ihm aufsteigen würde. In der Wohngemeinschaft befand sich auch ein weiterer Schweizer, der damals für unglaubliche zweitausendfünfhundert Dollar den Flugschein für kleine Propellermaschinen gemacht hatte. Jack gefiel die herrliche Aussicht auf den Pazifik, die alte, weissgestrichene Villa stand an erhöhter Lage. Wieder erholt, trampte er via Seattle, das ihm nicht sonderlich gefiel, wo er aber in einem Lunapark auf einer sehr grossen Achterbahn bis zum Umfallen eine Runde um die andere fuhr, dann Portland in Oregon, Richtung Kalifornien. Eine Gruppe fröhlicher Hippies hatte ihn mitgenommen, diese wollten nach San Francisco, wo sich damals immer noch viel Flowerpower abspielte. Im Gebiet der uralten Mammutbäume, die hundert und mehr Meter hoch werden können, unweit von Frisco, machten sie dann noch einmal halt und übernachteten auf einer Waldlichtung am Meer. Sie rauchten mexikanisches Marihuana, sogenanntes „Acapulco Golden“ aus einer Wasserbongpfeife, welche die Form des markanten Kopfes Präsident
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