Polnische Geschichte. Clemens Brandenburger
Читать онлайн книгу.der Erzbischof kehrte von Rom nach Polen zurück. Bereits 1215 hatte die Kirche im großen und ganzen erreicht, wonach sie strebte: die allgemeine Anerkennung des Zölibats, die Wahl der Bischöfe durch die Kapitel, die eigene Gerichtsbarkeit des Klerus und die Befreiung von Abgaben 1215 und Leistungen.
Wieder folgte der Lohn auf dem Fuße. Die Kirche half Leszek, die Thronfolgeordnung Bolesławs III. umzustoßen, nachdem er vorher sein Land als päpstliches Lehen erklärt, die Oberherrlichkeit des Kaisers also ausgeschlossen hatte. Er gab seinem Bruder Konrad (dem Berufer des Deutschen Ordens) die Herzogtümer Masowien und Kujawien und bestimmte, daß neben Sandomir auch Krakau seiner Familie erblich verbleiben sollte. Da Krakau nach Bolesławs Bestimmungen bekanntlich Throngut war, so sollte gewissermaßen mit dem Lande auch die Würde in seiner Familie vererben. Vorläufig war damit allerdings nur der vollständige Zerfall des Reiches in unabhängige Fürstentümer gegeben, da das äußere Zeichen der Zusammengehörigkeit, das Kronland, das nach dem Seniorat bald diesem, bald jenem Zweige der Piastenfamilie zufallen konnte, wegfiel. Aber zu guter Letzt erwies sich die Berechnung Leszeks als richtig, denn die Hilfsquellen des Landes Krakau waren groß, und Großpolens, des Stammlandes, Macht litt unter den ewigen Zwistigkeiten in seinem Fürstenhause, damals gerade zwischen Władysław Laskonogi von Posen und seinem Neffen Władysław Odonicz von Kalisch.
Nach Leszeks Tode konnte sich sein unmündiger Sohn, Bolesław V. Wstydliwy (der Schamhafte) (1227–1279), 1227 bis 1279 nicht behaupten. Heinrich I. der Bärtige von Breslau, der Enkel Władysławs II., also das Haupt der ältesten Linie des Piastenhauses, der zugleich nach dem Seniorat Anspruch auf die Großfürstenwürde hatte, wußte den größten Teil der polnischen Länder, auch Krakau, in seinem Besitz zu vereinigen. 1238 Leider starb dieser tüchtige Fürst schon 1238, und sein tapferer Sohn, Heinrich II. der Fromme fiel in der großen Mongolenschlacht auf der Walstatt bei Liegnitz am 9. April 1241 als Vorkämpfer Europas gegen Asien, mit 1241 seinem Blute die Rettung der abendländischen Kultur erkaufend. Dessen Sohn vermochte seine Ansprüche ebensowenig durchzusetzen wie Konrad von Masowien. Vielmehr gewann jetzt Bolesław V. die Oberhand (1243). 1243
In neun Teilfürstentümer zerfiel das Polen jener Zeit: fünf in Schlesien, zwei in Großpolen, zwei in Masowien, und nur Kleinpolen war in einer Hand vereinigt. Jene lange Regierung gehört zu den unglücklichsten, die Polen beschieden 1246 waren. Die deutschen Nachbarn, die Pommern, Preußen, Litauer, Russen und vor allem die Tataren fielen über das zersplitterte Land her. Wenzel I. von Böhmen nahm 1246 Troppau, 1250
1272 1250 wurde das Land Lebus an Brandenburg verkauft, das 1272 auch die Neumark erlangte. Die Einführung und schnelle Erstarkung des Deutschen Ritterordens benahm Polen auch die zweite Möglichkeit, an der Ostsee festen Fuß zu fassen, nachdem Pommern verloren gegangen war. Dafür erreichte Polen nach mehrfachen vergeblichen Bemühungen 1253 von Rom endlich die Heiligsprechung des Bischofs Stanisław von Krakau, dessen Widerstand gegen die Reformen man in Rom noch nicht vergessen 1253 hatte. In diesem neuen Nationalheiligen dokumentierte sich treffend das Übergewicht, das Kleinpolen über Großpolen erlangt hatte. In diesem Jahrhundert machte sich auch wieder eine schärfere Reaktion der polnischen Geistlichkeit gegen das Deutschtum bemerkbar. Eine Synode zu Łęczyca 1257 (1257) untersagte die Erteilung des Unterrichts, nicht nur des Religionsunterrichts, in deutscher Sprache. Der Erzbischof Jakob Świnka bezeichnet auf der Synode von 1285 als Zweck dieser Maßnahme die „Erhaltung und Förderung der polnischen Sprache” und nannte König Wenzels deutschen Hofprediger einen „Hundskopf”. Seine Nachfolger belegten Zuwiderhandlungen gegen das Unterrichtsverbot mit Kirchenstrafen und dem Bann! (Schon hier die Kirche im Dienste polnischer Nationalpolitik!)
Leszek Czarny (der Schwarze) von Sieradz, der Onkel Konrads von Masowien, wurde des Bolesław Nachfolger (1279–1288). Doch infolge der Verschwörung des 1279 bis 1288 Krakauer Bischofs Paul von Przemankowo, gegen welchen wie gegen den Adel die deutsche Bürgerschaft der Hauptstadt treu zu ihm hielt, kam dieser energische und kriegerische, dabei wie die meisten Piasten seines Zeitalters deutsch gesinnte Herrscher nicht zur Entfaltung. Nach Leszeks Tode kämpften sein Bruder Władysław Łokietek (Ellenlang) von Brześć, der vom kleinpolnischen Adel erwählte Bolesław von Płock und der von der deutschen Bürgerschaft berufene Minnesänger Heinrich IV. Probus von Breslau um den Thron. Heinrich, unter dem Schlesien in den Verband des Deutschen Reiches aufgenommen wurde, nahm auch Kleinpolen als Reichslehen. 1289 bis 1290 Aber seine kurze Regierung (1289–1290) blieb ohne nachhaltigen Einfluß.
In seinem Testament hinterließ er Kleinpolen Przemysław II. von Großpolen (1290–1296), 1290 bis 1296 dem wieder Władysław Łokietek und außerdem Wenzel II. von Böhmen die Herrschaft streitig machten. Przemysław wurde 1295 auf Betreiben des Erzbischofs Jakob Świnka in Gnesen zum König von Polen gekrönt, aber bereits 1296 zu Rogasen 1296 ermordet. Wenzel II., der 1291 Krakau erobert hatte, riß nunmehr auch Großpolen und die Krone an sich. 1300 wurde er in Gnesen gekrönt und bald darauf von 1300 Albrecht I. mit Großpolen von Reichs wegen belehnt. Sein Tod (1305) und das vorzeitige Ende seines Sohnes, Wenzels III., des letzten Přemisliden, im nächsten Jahre befreiten Polen von der böhmischen Herrschaft. Władysław Łokietek trat die Regierung an. Die Einführung des Starostentums, 1305 das böhmische Münzwesen und die Stärkung des Deutschtums sind die dauernden Ergebnisse der Přemislidenzeit.
6. Kapitel.
Der Deutsche Ritterorden. Die Tataren.
In jenes Jahrhundert schwerer innerer Wirren fallen zwei Ereignisse, die wir bisher, um die Thronstreitigkeiten im Zusammenhange darstellen zu können, nur flüchtig gestreift haben: die Berufung des Deutschen Ritterordens und die Einfälle der Tataren (Mongolen).
Der Erfolg des livländischen Ordens der Schwertritter veranlaßte den Herzog Konrad von Masowien (den Bruder Leszeks des Weißen), für sein von den heidnischen Preußen und Litauern schwer bedrängtes Land eine ähnliche Gründung zu versuchen, nachdem zwei Kreuzzüge nach Preußen (1219, 1222) erfolglos geblieben waren. Doch 1219 wurde dieser „Christi-Orden”, nach dem ihm zu Eigentum verliehenen Schlosse Dobrzyn auch „Dobriner Brüder” genannt, schon im ersten Kampfe mit den Preußen fast bis zur Vernichtung geschlagen (1224). 1224
Nunmehr lud Konrad die Deutschritter ein, die gerade damals durch Andreas II. von Ungarn aus dem Burzenlande vertrieben wurden. Er schloß mit dem Hochmeister Hermann von Salza einen Vertrag ab, wonach der Orden ihm seine Hilfe gegen die Heiden versprach, dafür aber das Kulmer Land und die noch zu erobernden Gebiete als Eigentum erhielt. Noch im Jahre 1226 nahm der Orden beides 1226 von Friedrich II. als Reichslehen, wodurch er sich die Unabhängigkeit von dem polnischen Fürsten sicherte. Einen weiteren Schritt nach dieser Richtung hin taten die Ritter 1234, nachdem sie bereits festen Fuß gefaßt hatten, indem 1234 sie ihre Besitzungen Gregor IX. übergaben und von diesem als „Lehen des heiligen Petrus” zurücknahmen, wodurch jede fremde Oberherrlichkeit ausgeschlossen wurde.
1228 bezogen die ersten Ritter unter dem Landmeister 1228 Hermann Balk das Schloß Vogelsang bei Kulm. 1231 überschritten sie die Weichsel und gründeten Thorn. 1231 1234 erfochten sie mit einem großen Kreuzheere einen glänzenden Sieg an der Sirgune, der ihnen Pomesanien sicherte. Im gleichen Jahre nahmen sie den Rest der Dobriner Brüder und drei Jahre später die Schwertritter auf, womit der 1234 Orden nicht nur in Livland festen Fuß faßte, sondern auch die Möglichkeit gewann, die Preußen von zwei Seiten zu bekriegen. Eine Reihe weiterer Kreuzzüge folgten dem ersten, und die Eroberung des Landes, das von Anfang systematisch mit Burgen besetzt und durch gute Straßen verkehrsfähig gemacht wurde, nahm ihren steten Fortgang. Gleichzeitig wurde planmäßig mit deutschen und teilweise auch mit polnischen Bauern und Bürgern kolonisiert. Das Land nahm trotz der entsetzlich blutigen und grausamen Kriege einen überraschenden Aufschwung. Und als 1283 1283 der letzte im Felde stehende Preußenhäuptling, Skurdo von Sudauen, seine Sache verloren gab und nach Litauen floh, da war die Entwicklung gesichert. Die Marienburg, seit 1309 der Sitz des Hochmeisters, wurde einer der glänzendsten 1309 und kultiviertesten Fürstensitze ihrer Zeit, wo sich die Blüte