Polnische Geschichte. Clemens Brandenburger

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Polnische Geschichte - Clemens Brandenburger


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nur die kirchliche Unterstellung unter den erzbischöflichen Stuhl von Gnesen blieb noch bestehen. Die Hoffnung Kasimirs auf Hilfe gegen den Orden wurde freilich enttäuscht. Der Visegráder Schiedspruch entschied, daß Pommern dem Orden verbleiben solle.

      Dem ersten Vertrag von Visegrád folgte 1339 ein 1339 zweiter, zwischen Ungarn und Polen. Da nämlich Kasimir keinen Sohn hatte, bemühte sich Karl Robert, seinem Sohne Ludwig unter Übergehung der übrigen Linien des Piastenhauses die polnische Krone zu sichern. Kasimir mußte einerseits daran liegen, durch diesen Erbvertrag sich in seinen auswärtigen Unternehmungen die Hilfe Ungarns zu sichern, andererseits hatte die Geschichte der letzten Jahrhunderte ihn gelehrt, daß Polens Stärke davon abhing, ob die Thronfolge geregelt war und der Erbe seine Ansprüche mit Nachdruck vertreten konnte oder nicht. Aber er schlug zur Erreichung dieses Zieles einen Weg ein, der in der Folgezeit gerade zum Gegenteil führte. Denn da die Erbfolge des Schwestersohnes wider Landesrecht war, so konnte Kasimir diesen Vertrag nur gewährleisten, wenn er ihm die Anerkennung derer sicherte, die in den Wirren der letzten Zeit stets den Ausschlag gegeben hatten, der Magnaten. Die aber forderten Gegenleistungen, und so mußte Ludwig versprechen, 1. daß er die verlorenen Gebiete, insbesondere Pommern, für Polen wiedergewinnen, 2. daß er Ämter und Würden nur an Polen vergeben, 3. daß er neue Abgaben nicht auferlegen und die bestehenden Privilegien achten werde.

      Dieser Vertrag wurde im Jahre 1355 von den Magnaten in Ofen noch dahin eingeschränkt, daß sie Ludwig die Nachfolge nur für seine männliche Nachkommenschaft zugestanden. Daß die Magnaten diese Bedingungen stellen konnten, namentlich die von 1355, als es sich herausstellte, daß auch bei Ludwig männliche Nachkommen nicht zu erwarten waren, zeigt am besten, wie stark der Adel geworden war, denn 1355 stand Kasimir auf der Höhe seiner Macht. In jenen Vorgängen müssen wir den ersten Schritt zum Wahlkönigtum und in den Verträgen die Vorläufer der späteren Pacta conventa erblicken. Hierin, nicht in den persönlichen Verhältnissen liegt ihre entscheidende Bedeutung.

      Wegen Pommerns und Kujawiens hatte sich Kasimir inzwischen wieder an den Papst gewandt, der eine Gesandtschaft zur Entscheidung nach Polen schickte (1339). Das 1339 Urteil fiel nochmals zuungunsten des Ordens aus, der aufgefordert wurde, Pomerellen zurückzugeben. Genau wie zu des Vaters Zeiten legte der Orden in Rom Berufung ein. Da zur selben Zeit die kleinrussischen Verhältnisse Kasimirs Aufmerksamkeit zu erheischen begannen, und da er endlich einsah, daß er auf Böhmens Hilfe nicht rechnen dürfe, zog er vor, sich mit dem Orden friedlich auseinanderzusetzen. So kam es zum Vertrage von Kalisch (1343), durch 1343 den Kasimir seinen Ansprüchen auf Pomerellen, das Kulmer und das Michelauer Land entsagte, wofür er Kujawien und Dobrzyn zurückerhielt. Außerdem wurde ihm Hilfe gegen Litauen versprochen.

      Kasimir glaubte um so eher auf den Zugang zur Ostsee verzichten zu können, als sich ihm die Aussicht auf den Besitz der Schwarzmeerküsten eröffnete.

      Als Andreas von Wladimir (im heutigen Gouvernement Lublin, nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen großrussischen Stadt) und Leo (Lwow) II. von Halicz 1324 im Kampfe gegen 1324 die Tataren gefallen waren, erlosch das Haus Romanowitsch (der kleinrussische Zweig der Ruriks aus der Linie Monomach). Den Thron bestieg ihr nächster Verwandter, Bolesław Georg II., der Sohn Trojdens von Masowien und Marias, der Tochter Leos II., der seinerseits eine Tochter Gedymins von Litauen zur Frau hatte. 1340 vergifteten den Bolesław die mit seiner 1340 Förderung des römischen Katholizismus unzufriedenen Bojaren. Da seine Ehe kinderlos geblieben war, machten Ansprüche auf den Thron geltend: Lubart, Gedymins Sohn, als Mann Buszas, der Tochter Andreas' von Wladimir; Kasimir als Verwandter des Verstorbenen; Karl Robert, weil die ungarischen Könige seit Andreas II. Rechte auf das Land zu haben glaubten und sich Könige von Galizien und Ludomirien nannten; endlich der Tatarenkhan Usbek als Oberherr von ganz Rußland.

      Kasimir besetzte 1340 Halicz und Lemberg, Lubart Wolynien. 1340 Mit Ungarn verständigte sich Kasimir im Hinblick auf den Erbvertrag leicht. Karl Robert trat ihm in einem Vertrag von 1350 Klein-Rußland ab, behielt sich aber vor, im Falle Kasimir noch männliche Nachkommenschaft erhielt, das Land für 100 000 Gulden 1350 zurückzukaufen. Auch die Tataren allein, die verwüstend in Ungarn und Polen eingefallen waren, konnten ihm nicht mehr dauernd gefährlich werden, denn er hatte die unzufriedenen Bojaren für sich gewonnen und ihren Führer, Dmitry Detko von Przemyśl, zum Starosten von Klein-Rußland gemacht, womit er sich erprobte Helfer gegen die Tataren gewann. Gegen die Litauer freilich kämpfte er 26 Jahre mit wechselndem Glück. Anfangs kamen ihm die nach dem Tode Gedymins ausbrechenden inneren Streitigkeiten und die Niederlage der Litauer in ihren Kämpfen mit dem Orden sehr zustatten. Er konnte dem Lubart Wolhynien abnehmen. Aber bald gewannen die Litauer das Verlorene wieder, ja sogar Lemberg fiel in ihre Hände. Zwei polnisch-ungarische Feldzüge in den Jahren 1351 und 1352 1351 blieben fruchtlos, und als die Litauer sich gar mit den Tataren verbündeten, fand es Kasimir ratsamer, sich zu vertragen. Litauen erhielt Wolhynien, Polen das Gebiet von Lemberg und Halicz (1352).

      Vierzehn Jahre hielt man sich auf beiden Seiten von entscheidenden Unternehmungen zurück, bestrebt, die neuen Besitzungen auf Kosten der Tataren zu vergrößern. Dabei hatten die Litauer mehr Glück, denn ihr Großfürst Olgerd brachte 1362 den Tataren an den Blauen Wassern (einem 1362 Nebenfluß des südlichen Bug) eine entscheidende Niederlage bei, die ihm Podolien und die Ukraine sicherte. Doch mußte es notwendig wieder zu einem ernsten Zusammenstoß kommen, da sowohl Polen wie Litauen nach dem Schwarzen Meere strebten und um des Ordens willen streben mußten. Diesmal blieb Kasimir Sieger. Lubart wurde von den Seinen nicht unterstützt und mußte das ganze westliche Wolynien mit Wladimir an Polen abtreten (1366). So wurde die einstige 1366 Eroberung Bolesław Chrobrys wieder an Polen gebracht.

      Kasimir änderte klugerweise an den inneren Einrichtungen seiner neuen kleinrussischen Besitzungen möglichst wenig, um seine Herrschaft nicht mißliebig zu machen. Der geringere Kulturzustand und die weitgehende Rassenverschiedenheit der dortigen Völker verbot es übrigens von selbst. An die Spitze stellte er, wie schon erwähnt, einen „Starosten für Klein-Rußland”, einzelne Teile gab er den hervorragendsten Familien zum Lehen, bedeutende Kleinrussen berief er in den königlichen Rat. Mit Eifer förderte er die Kolonisation des verwüsteten Landes. Lemberg, Reszów, Sanok und Kolomea begabte er mit Magdeburger Recht. Vor allem für das deutsche Lemberg, das er sehr liebte, hat er viel getan.

      Besondere Aufmerksamkeit schenkte er den kirchlichen Verhältnissen. Die Kleinrussen gehörten der griechischen Kirche an und waren dem Metropoliten von Kijew, später von Moskau, unterstellt. Er versuchte nicht, sie Rom zuzuführen, erreichte aber vom ökumenischen Patriarchat die Erhebung von Halicz zum Metropolitansitz, so daß die kirchliche Abhängigkeit von den Großrussen fortfiel, die politische Verbindung erschwert, seinen Nachfolgern aber der Weg zur Union mit Rom gebahnt wurde (1371). Den zahlreichen Armeniern, die vor den Mongolen 1371 nach Kleinrußland geflüchtet waren, errichtete er 1367 ein 1367 eigenes Bistum in Lemberg. Für die römischen Katholiken, die seit alters zum Bistum Lebus gehörten, gründete er im gleichen Jahre in Halicz ein Erzbistum, nachdem er schon vorher drei Bistümer gestiftet hatte. So schuf er der römischen Mission Stützpunkte, ohne die anderen Bekenntnisse, für die er ja auch gesorgt hatte, zu verletzen.

      Wenngleich auf diese Weise die Aufmerksamkeit Kasimirs und überhaupt die ganze polnische Politik in entscheidender Weise wieder dem Osten zugewendet wurde, blieb der König doch auch im Westen nicht untätig. In Kriegen 1343 mit Böhmen eroberte er nach dem Kalischer Vertrag das schlesische Fraustadt, das nunmehr dauernd bei Polen verblieb (1343). Gegen Verzicht auf die Lehenshoheit über Schweidnitz erhielt er die Lehenshoheit über Masowien zurück (1351), das erst nach dem Aussterben der dortigen 1351 Piasten (1529) unmittelbar mit der Krone vereinigt wurde. 1364 verkaufte ihm der letzte selbständige Piast in Kujawien, Władysław Biały (der Weiße) von Argenau (Gniewkowo), 1364 sein Herzogtum und ging außer Landes. Im nächsten Jahre erlangte er nach dem Tode Ludwigs des Römers einen Teil der Neumark mit Driesen und Zantoch, 1368 auch 1368 Deutsch-Krone zurück. Die Bestrebungen freilich, die im Titel „Erbe von Pommern” zum Ausdruck kamen, den er trotz dem Kalischer Vertrage weiterführte, hat er nicht mehr verwirklichen können.

      Aber nicht um dieser Eroberungen willen, obwohl sie das Reich beträchtlich vermehrten, gab ihm die Nachwelt den Beinamen des Großen. Seine wahre Größe liegt vielmehr in der inneren Politik.

      Wir


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