Römische Geschichte. Livius Titus

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Römische Geschichte - Livius Titus


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wollte, den einen Konsul vom Bürgerstand zu nehmen und das Recht, zwei Patrizier zu wählen, euch untersagte? 17 Wenn wir jetzt solche Kriege hätten, wie der Etruskische war, als Porsenna das Janiculum besetzt hatte, oder wie der Gallische kürzlich, da außer dem Kapitol und der Burg dies hier alles in Feindeshänden war, und es bewürbe sich mit Marcus Furius hier oder mit jedem anderen aus den Vätern so ein Lucius Sextius um das Konsulat, würdet ihr es dann nicht unerträglich finden, dass Sextius unbezweifelt Konsul sein müsste, Camillus aber Gefahr liefe, abgewiesen zu werden? 18 Heißt das, die Ehrenämter gemeinsam machen, wenn aus dem Bürgerstand zwei Konsuln erwählt werden dürfen, aus den Patriziern aber nicht? Wenn man den einen schlechterdings aus dem Bürgerstand nehmen muss, bei beiden Stellen aber die Patrizier unbeachtet lassen kann? Wo bleibt hier die Gemeinschaft, wo die Gleichstellung? Ist dir das zu wenig, dass du Anteil an einer Sache bekommst, an der du bis dahin nicht den geringsten Anteil hattest, wenn du nicht auch, indem du nach dem Anteil greifst, zugleich das Ganze an dich reißt? – 19 Ja, spricht er, ich fürchte, wenn ihr zwei aus den Patriziern wählen dürft, dass ihr gar keinen Bürgerlichen wählt. – Was heißt das anders, als, weil ihr mit gutem Willen Unwürdige nicht wählen werdet, so will ich euch die Notwendigkeit auferlegen, die zu wählen, die ihr nicht wollt. 20 Und was wird die Folge davon sein? Dass der eine Bürgerliche, wenn er mit zwei Patriziern sich bewirbt, seine Wahl nicht einmal als Wohltat dem Volk zu verdanken hat, sondern behaupten kann, er sei nach dem Gesetz, nicht weil man für ihn gestimmt habe, gewählt worden.

      (41) Sie legen es nur darauf an, sich Ehrenämter zu erzwingen, nicht, darum anzuhalten; sie suchen sich in den Besitz der höchsten Stellen zu setzen, ohne sich auch nur die für die kleinsten schuldigen Verpflichtungen aufzuerlegen, wollen also lieber von den Zeitumständen als vom Verdienst unterstützt, sich um die Ehrenstellen bewerben. 2 Fühlt sich jemand zu stolz dazu, sich als Bewerber beobachten, sich beurteilen zu lassen, meint er, er allein müsse unter den mit ihm sich wagenden Bewerbern mit Sicherheit auf die Ehrenstelle rechnen dürfen, will er sich eurem Gutachten entziehen, will er eure gutwillig zu gebenden Stimmen zu erzwungenen, eure freie Wahl zu einer sklavischen machen – 3 den Licinius und Sextius nenne ich nicht, da ihr die Jahre in ihrem fortdauernden Amt geradeso wie auf dem Kapitol75 die Regierungsjahre der Könige zählt –, wer wäre wohl in unseren Tagen in der Bürgerschaft noch so niedrig, dem nicht der Zutritt zum Konsulat durch die Gunst dieses Gesetzes leichter würde als uns und unseren Kindern? Wird es doch Fälle geben, wo ihr uns nicht einmal werdet wählen können, wenn ihr auch wolltet, und jene wählen müsst, auch wenn ihr nicht wollt.

      4 So viel von der Unwürdigkeit der Sache. Was soll ich aber nun, da die Würdigkeit sich bloß auf Menschen bezog, von den Religionsgebräuchen und den Auspizien sagen, wodurch dieser Unfug sich so ganz zu einer Verachtung und Beleidigung der unsterblichen Götter eignet? Wer weiß nicht, dass unsere Stadt auf Zustimmung von oben gebaut sei, dass nach diesen Auspizien sich die ganze Staatsverwaltung im Krieg und im Frieden, im Inneren und im Äußeren richte? Und wer hat nach der Einrichtung der Vorfahren diese Auspizien auszumitteln? 5 Ich sage geradezu, die Väter, denn bei der Wahl einer bürgerlichen Obrigkeit wird nach diesen Auspizien nicht einmal gefragt. 6 Uns sind die Auspizien so eigentümlich, dass nicht allein das Volk diejenigen patrizischen Obrigkeiten, die von seiner Wahl abhängen, nicht anders wählen darf, als wenn wir die göttliche Genehmigung eingeholt haben, sondern dass auch wir für uns, ohne alle Stimmenwahl des Volkes, bloß auf die Bewilligung von oben einen Zwischenkönig ernennen können, und also selbst außer dem Amt die Einholung des Götterwillens haben, die jenen dort nicht einmal als Obrigkeiten zukommt. 7 Wer also durch seine Wahl bürgerlicher Konsuln den Vätern die Auspizien, die sie allein besitzen, entzieht, was tut der anders, als dass er alle Befragung des Götterwillens im Staat abschafft? Mögen sie immerhin als Spötter der heiligen Gebräuche fragen: 8 Was ist es denn mehr, wenn einmal die Hühner nicht fressen, wenn sie nicht so geschwind aus dem Käfig kommen, wenn ein Vogelschrei eine Warnung sein soll? Dies sind Kleinigkeiten, aber als Nichtverächter dieser Kleinigkeiten haben unsere Vorfahren dem Staat diese Größe gegeben, 9 und wir, als bedürften wir der Gnade der Götter weiter nicht, verachten bereits die heiligen Gebräuche. So lasst uns denn Oberpriester, Vogelschauer, Opferkönige ohne Unterschied wählen, jedem, der nur Menschengestalt hat, den Kopfschmuck aufsetzen, den nur Jupiters Eigenpriester trägt; die Ancilien, des Reiches heilige Kleinode, die Götter selbst und die Sorge für die Götter in verbotene Hände geben. 10 Lasst uns ohne Einholung des Götterwillens Gesetze geben, ohne ihn Obrigkeiten wählen. Lasst uns die Genehmigung der Väter, wir mögen unsere Volkstage nach Zenturien oder nach Kurien halten, unnötig finden. Mögen Sextius und Licinius gleich einem Romulus und Tatius in der Stadt Rom gebieten, weil sie fremdes Geld, weil sie Ländereien verschenken. 11 So angenehm ist es, anderer Eigentum zu plündern; und niemand begreift, dass durch den einen Vorschlag, wenn wir die Besitzer von ihren Feldmarken treiben, unsere Ländereien zu wüsten Einöden werden, und durch den andern Treue und Glaube vernichtet wird, womit die ganze menschliche Gesellschaft aufgehoben wird.12 In jeder Hinsicht müsst ihr, wie ich glaube, diese Vorschläge verwerfen. Geben die Götter zu eurem Tun ihren Segen.

      (42) Die Rede des Appius bewirkte nur so viel, dass die Annahme der Vorschläge noch aufgeschoben wurde. 2 Sextius und Licinius, zum zehnten Mal wieder zu Tribunen gewählt, setzten den Vorschlag durch, Zehnmänner des Gottesdienstes zur Hälfte aus den Bürgerlichen zu wählen. Man wählte fünf aus den Vätern und fünf aus dem Bürgerstand, und durch diesen Schritt schien der Weg zum Konsulat schon gebahnt zu sein. 3 Zufrieden mit diesem Sieg gab der Bürgerstand, ohne jetzt von den Konsuln weiter zu reden, den Vätern darin nach, dass Kriegstribunen gewählt werden sollten. Man wählte die beiden Cornelier Aulus und Marcus, beide zum zweiten Mal, den Marcus Geganius, Publius Manlius, Lucius Veturius, Publius Valerius zum sechsten Mal.

      4 Von der Belagerung von Velitrae, deren Ausgang mehr zögernd als zweifelhaft war, abgesehen, hatten die Römer von außen Ruhe, als das unerwartete Gerücht von einem einbrechenden Gallischen Krieg den Senat bewog, den Marcus Furius zum fünften Mal zum Diktator zu ernennen. Er ernannte den Titus Quinctius Pennus zu seinem Magister Equitum.

      5 Claudius76 berichtet, man habe mit den Galliern in diesem Jahr am Fluss Anio gekämpft, und jener berühmte Zweikampf auf der Brücke, in welchen sich Titus Manlius mit dem ihn herausfordernden Gallier einließ, ihn im Angesicht beider Heere erschlug und ihm die Halskette abnahm, habe damals stattgefunden. 6 Die Mehrzahl der Angaben bestimmt mich zu der Annahme, dass jene Begebenheit volle zehn Jahre jünger, das Treffen dieses Jahres aber unter dem Diktator Marcus Furius im Gebiet von Alba geliefert sei. So groß der Schrecken war, den die Gallier den Römern durch die Erinnerung an die frühere Niederlage mitbrachten, 7 so war dennoch für diese der Sieg weder zweifelhaft noch schwer. Tausende von Barbaren fielen in der Schlacht, Tausende wurden nach Eroberung ihres Lagers niedergemacht. 8 Die Übrigen, welche größtenteils nach Apulien hinüberstreiften, sicherten sich vor dem Feind teils durch die Flucht in die Ferne, teils dadurch, dass sie vor Bestürzung und Schrecken sich hier- und dorthin versprengten. Dem Diktator wurde einstimmig von den Vätern und Bürgern der Triumph zuerkannt.

      9 Kaum hatte er diesen Krieg beendigt, so machte ihm im Inneren ein weit heftigerer Aufstand zu schaffen, in welchem Diktator und Senat, nach harten Kämpfen besiegt, die tribunizischen Vorschläge annehmen mussten; und es kam trotz des Widerspruches des Adels eine Konsulwahl zustande, nach welcher Lucius Sextius als der erste Konsul aus dem Bürgerstand gewählt wurde. 10 Aber auch dies machte den Streitigkeiten noch kein Ende. Weil die Patrizier ihre Bestätigung verweigerten, kam es beinahe zu einer Auswanderung des Bürgerstandes und zu anderen schrecklichen Drohungen bürgerlicher Streitigkeiten. 11 Doch wurden noch vom Diktator die Zwistigkeiten auf Grund eines Vertrages beigelegt, und vom Adel dem Bürgerstand ein bürgerlicher Konsul, von den Bürgern dem Adel ein aus den Vätern zu wählender Prätor zugestanden, der die Rechtspflege in der Stadt handhaben sollte. 12 Da nun nach dieser auf die lange Erbitterung erfolgten Rückkehr der Stände zur Eintracht der Senat erklärte, dieses Ereignis verdiene, durch prächtige Spiele und Verlängerung der dreitägigen latinischen Festlichkeiten um einen Tag gefeiert zu werden, 13 und man werde sich zu diesem den unsterblichen Göttern zu erweisenden Ehrendienst mehr als je verpflichtet fühlen, verweigerten die Ädilen diesen Dienst, während die jungen Patrizier durch einmütigen Ruf versprachen, sie wollten


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