Römische Geschichte. Livius Titus

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Römische Geschichte - Livius Titus


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Heer konnten sie ausrücken und vertrieben den Feind nicht bloß von Tuskulum, sondern trieben ihn auch in seine eigenen Mauern zurück. 5 Und nun hatte Velitrae eine weit heftigere Belagerung auszuhalten als früher Tuskulum; doch konnten dieselben Kriegstribunen, welche die Belagerung angefangen hatten, es nicht erobern. 6 Es wurden vorher neue gewählt, Quintus Servilius, Caius Veturius, die beiden Cornelier Aulus und Marcus, Quintus Quinctius und Marcus Fabius. Aber auch von diesen Tribunen wurde vor Velitrae nichts Denkwürdiges vollbracht.

      7 Weit ungünstiger standen die Angelegenheiten im Inneren. Denn außer Sextius und Licinius, welche jene Vorschläge beantragt hatten und schon zum achten Mal als Volkstribunen wiedergewählt waren, trat nun auch der Kriegstribun Fabius, der Schwiegervater des Stolo, für die Vorschläge, die eigentlich sein Werk waren, ganz öffentlich mit seiner Empfehlung auf. 8 Und da anfangs acht vom Kollegium der Volkstribunen die Vorschläge bekämpft hatten, waren es jetzt nur noch fünf; und diese wussten, als gewonnene Schwachköpfe, wie die in der Regel sind, die von den Ihrigen abfallen, ihre Einsage nur mit erborgten Worten zu rechtfertigen, die ihnen zu Hause eingetrichtert waren: 9 Ein großer Teil des Bürgerstandes, jetzt im Heer vor Velitrae, sei abwesend; man müsse den Versammlungstag bis zur Ankunft der Soldaten aufschieben, damit der gesamte Bürgerstand über Gegenstände seines eigenen Wohles abstimmen könne. 10 Sextius und Licinius hingegen, mit einigen ihrer Amtsgenossen und dem einen Kriegstribun Fabius schon durch die vieljährige Übung Meister in der Kunst, auf das Volk zu wirken, nötigten die Väter, in die Volksversammlung zu kommen, und ermüdeten sie durch Fragen über die einzelnen Vorschläge, 11 ob sie die Stirn haben könnten, zu verlangen, dass es ihnen selbst erlaubt sein solle, während einem Bürgerlichen nur zwei Morgen Land zugeteilt würden, über 500 Morgen zu haben, dass jeder von ihnen die Ländereien von beinahe 300 Bürgern besitzen solle, und das Grundstück eines Bürgerlichen kaum zum nötigen Gebäude oder zur Grabstelle Raum genug habe? 12 Ob es ihr Wille sei, dass der durch Wucher zugrunde gerichtete Bürgerliche lieber seine Person in den Kerker und zur Sklavenstrafe hergeben, als die geliehene Summe, mit Abrechnung der Zinsen vom Kapitale, abtragen solle, dass täglich herdenweise die Verurteilten vom Markt abgeführt und die Häuser der Adligen mit Gefangenen angefüllt würden, und allenthalben, wo ein Patrizier wohne, ein besonderer Gewahrsam sei?

      (37) Und wenn sie nun durch diese ebenso empörenden als Mitleid erregenden, im lauten Strafton gemachten Darstellungen bei Leuten, die beständig ein gleiches Schicksal erwarteten, ihre Zuhörer mit noch größerem Unwillen erfüllt hatten, als sie selbst empfanden, 2 so versicherten sie, bei alledem würden die Väter nie aufhören, sich in die Ländereien einzudrängen und die Bürgerlichen durch Wucher zu morden, ehe nicht das Volk den einen Konsul als Hüter seiner Freiheit aus dem Bürgerstand ernannt habe. 3 Die Volkstribunen wären schon verächtlich, da dieses Amt seine eigene Kraft durch die Einsprache vernichte. 4 Da könne nie Gleichheit des Rechtes obwalten, wo die Herrschaft sich auf jener, auf ihrer Seite nur Hilfeleistung finde. Ohne Teilnahme an der Regierung werde der Bürgerstand nie an der Staatsverwaltung gleichen Anteil haben. Auch dürfe niemand glauben, es sei schon genügend, wenn bei der Konsulwahl auf Bürgerliche nur Rücksicht genommen werden dürfe; wenn nicht der eine Konsul stets aus dem Bürgerstand genommen werden müsse, werde es nie einer werden. 5 Ob sie denn schon vergessen hätten, dass seit 44 Jahren, obgleich man ebendeswegen beschlossen habe, lieber Kriegstribunen als Konsuln zu wählen, um auch den Bürgerlichen den Zutritt zum höchsten Amt offen zu lassen, dennoch kein Bürgerlicher zum Kriegstribun gewählt sei? 6 Wie könnten sie glauben, dass diejenigen bei zwei Stellen freiwillig dem Bürgerstand eine überlassen würden, die gewöhnlich bei der Kriegstribunenwahl acht Stellen besetzt hätten, dass diejenigen den Zutritt zum Konsulat gestatten würden, die ihnen das Tribunat so lange gesperrt hätten? 7 Durch Gesetzeskraft müssten sie sich das verschaffen, was ihnen am Wahltag fremder Einfluss unerreichbar mache, und den Zutritt der Bürgerlichen zu dem einen Konsulat außer Streit setzen, da es jedes Mal, solange es streitig gelassen würde, dem Mächtigeren als Belohnung zufallen werde. 8 Auch könne jetzt die Einwendung nicht mehr gemacht werden, die man sonst von jener Seite gewöhnlich habe hören müssen, dass der Bürgerstand die Männer nicht habe, die zu patrizischen Ämtern geeignet seien. Oder habe sich etwa seit dem Tribunat des Publius Licinius Calvus, des ersten angestellten Bürgerlichen in der Staatsverwaltung mehr Ungeschicklichkeit und Lässigkeit gezeigt als in jenen Jahren, in denen außer Patriziern niemand Kriegstribun gewesen sei? 9 Im Gegenteil, mehrere Patrizier wären nach ihrem Tribunat verurteilt worden, aber kein einziger Bürgerlicher. Auch Quästoren habe man seit einigen Jahren ebenso wie sonst Kriegstribunen aus dem Bürgerstand ernannt, und das römische Volk habe nicht Ursache gehabt, mit einem von ihnen unzufrieden zu sein. 10 Nun sei nur das Konsulat noch für den Bürgerstand übrig; dies aber sei die Burg, sei die Stütze der Freiheit. Komme man dahin, dann erst könne das römische Volk überzeugt sein, dass die Könige wirklich aus der Stadt vertrieben, und dass ihre Freiheit fest begründet sei. 11 Denn von dem Tag an werde dem Bürgerstand das alles zufallen, was jetzt den Vorzug der Patrizier ausmache, Gewalt und Ehre, Kriegsruhm, Geburt, Adel, lauter Dinge von hohem Wert schon als Genuss für sie selbst, von höherem als Erbe für ihre Kinder.

      12 Als sie bemerkten, dass Reden dieser Art Eingang fanden, legten sie noch einen neuen Antrag vor, dass man statt der Zweimänner zur Aufsicht des Gottesdienstes Zehnmänner wählen, und die eine Hälfte aus den Bürgern, die andere aus den Vätern nehmen solle, und die Abstimmung über alle diese Vorschläge verschoben sie auf die Ankunft des Heeres, welches jetzt Velitrae belagerte.

      (38) Das Jahr ging vorüber, ehe die Legionen von Velitrae zurückgeführt wurden. Folglich verzögerte sich die Verhandlung über jene Vorschläge ohne Entscheidung bis zu den neuen Kriegstribunen; denn zu Volkstribunen pflegte der Bürgerstand dieselben Volkstribunen, wenigstens die zwei, welche die Gesetze vorschlugen, wieder zu erwählen. 2 Zu Kriegstribunen wurden gewählt Titus Quinctius, Servius Cornelius, Servius Sulpicius, Spurius Servilius, Lucius Papirius und Lucius Veturius.

      3 Gleich zu Anfang des Jahres kam es über die Vorschläge zum heftigsten Streit, und als die Bezirke zum Abstimmen aufgerufen wurden, die Antragsteller kein Amtsgenosse durch seine Einsprache hinderte, nahmen die bestürzten Väter ihre Zuflucht zu den zwei letzten Rettungsmitteln, der höchsten Gewalt und zum ersten Bürger. 4 Sie beschlossen einen Diktator zu wählen; gewählt wurde Marcus Furius Camillus, der den Lucius Aemilius zu seinem Magister Equitum machte. Einer solchen Zurüstung ihrer Gegner Trotz zu bieten, machten die Urheber der Vorschläge ebenfalls die höchste Entschlossenheit zur Waffe für die Volkssache, und nach angesetzter Bürgerversammlung forderten sie die Bezirke zur Abstimmung auf. 5 Als der Diktator voller Zorn und unter Drohungen, von einer Schar Patrizier umgeben, sich niedergelassen hatte, dann mit dem gewöhnlichen Streit der Volkstribunen unter sich, je nachdem sie einen Vorschlag durchsetzen wollten oder bekämpften, die Sache begann, und die Einsprache, so viel Gewicht sie durch ihre Rechtmäßigkeit hatte, ebenso viel durch die Parteilichkeit für die Vorschläge selbst und für ihre Verfechter verlor, und schon die zuerst aufgerufenen Bezirke mit einem »Dem Vorschlag gemäß« ihre Stimme gaben, da fing Camillus an:

      Weil ihr euch denn, 6 ihr Quiriten, schon nicht mehr vom Tribunenamt, sondern von Tribunenwillkür leiten lasst und ihr die einst durch die Auswanderung des Bürgerstandes gewonnene Einsprache zu eurem Schaden ebenso gewalttätig wieder aufhebt, wie ihr sie errungen habt, so erkläre ich mich, ebenso sehr zu eurem als des Staates Besten als Diktator für die Einsage und werde eure vereitelte Hilfe durch Gewalt beschützen. 7 Sollten also Caius Licinius und Lucius Sextius der Einsprache ihrer Amtsgenossen nachgeben, so werde ich mich mit meinem patrizischen Amt keineswegs in eure Bürgerversammlung mischen. Wenn sie aber darauf ausgehen, der Einsprache zum Trotz dem Staat, als hätten sie ihn erobert, Gesetze aufzubürden, so werde ich nicht gestatten, dass die tribunizische Gewalt durch sich selbst aufgelöst werde.

      8 Als die Volkstribunen dessen ungeachtet ihre Sache noch ebenso eifrig betrieben, sandte Camillus, von Zorn fortgerissen, seine Gerichtsdiener hin, die Bürger vom Platz zu jagen, und fügte die Drohung hinzu, wenn sie so fortführen, werde er alle Dienstfähigen in Eid nehmen und sogleich mit einem Heer aus der Stadt rücken. 9 Die Bürger selbst hatte er dadurch in großen Schrecken gesetzt, aber den Mut ihrer Führer befeuerte er durch den Streit mehr, als dass er ihn minderte. Doch legte er, noch bevor die Sache auf eine von beiden Seiten neigte, sein Amt nieder, entweder weil bei seiner


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