Römische Geschichte. Livius Titus
Читать онлайн книгу.Ruhmes und seiner Hinrichtung. 13 Auch trafen ihn noch Beschimpfungen im Tod, die eine vom Staat, dass keinem Patrizier, da bei dem Volk darauf angetragen wurde, weil sein Haus da stand, wo jetzt der Tempel und die Werkstatt der Moneta steht, erlaubt sein solle, auf der Burg oder dem Kapitol zu wohnen, 14 die andere von seiner Familie, die durch einen Beschluss festsetzte, dass künftig keiner ihres Stammes Marcus Manlius heißen solle. Dies war das Ende eines, wäre er nicht in einem freien Staat geboren, preiswürdigen Mannes.
15 Bald erwachte beim Volk, als es jetzt nichts mehr von ihm zu fürchten hatte und sich seiner Verdienste ohne weitere Rücksicht erinnerte, die Sehnsucht nach ihm. Und als bald darauf auch eine Pest ausbrach, galt sie bei vielen, weil sich keine auffallende Veranlassung dieses großen Unglücks zeigte, für eine Folge von der Hinrichtung des Manlius. 16 Das Kapitol sei mit dem Blut seines Retters besudelt worden, und den Göttern sei die ihnen beinahe zur Schau gestellte Todesstrafe dessen, der ihre Tempel den Händen der Feinde entrissen habe, ein Gräuel gewesen.
(21) Auf die Pest folgte im nächsten Jahr, in welchem Lucius Valerius zum vierten Mal, Aulus Manlius zum dritten Mal, Servius Sulpicius zum dritten Mal, Lucius Lucretius, Lucius Aemilius zum dritten Mal und Marcus Trebonius Konsulartribunen waren, ein Getreidemangel, und da das Gerücht von dem zweifachen Unglück sich verbreitete, ein vielfacher Krieg. 2 Als neue Feinde traten außer den Volskern, die gleichsam vom Verhängnis beinahe für alle Ewigkeit dem römischen Soldaten zur Übung beschieden waren, außer den Kolonien Circei und Velitrae, deren Abfall schon lange im Gang war, und den verdächtigen Latinern nun auch unerwartet die Lanuviner auf, bisher eine der treuesten Städte. 3 In der Voraussetzung, dies sei eine Folge der daraus erwachsenen Verachtung, dass man die Veliterner als Mitbürger für ihren Abfall so lange ungestraft gelassen habe, beschlossen die Väter, auf den ihnen anzukündigenden Krieg je eher je lieber beim Volk anzutragen, 4 und um die Bürger zu diesem Feldzug um so geneigter zu machen, ernannten sie Fünfmänner zur Vermessung der Pomptinischen Länderei und Dreimänner zur Ausführung einer Kolonie nach Nepete. 5 Nun wurde bei dem Volk darauf angetragen, den Krieg zu bewilligen, und trotz aller Gegenvorstellungen der Volkstribunen beschlossen die Bezirke sämtlich den Krieg. 6 Die Rüstung ging noch in diesem Jahr vor sich, allein der Pest wegen rückte das Heer nicht aus. Diese Verzögerung hätte den Ansiedlern Zeit gegeben, den Senat um Verzeihung zu bitten, und viele von ihnen stimmten auch dafür, eine Gesandtschaft mit dieser Bitte nach Rom zu senden, 7 wäre nicht, wie so oft, die Gefahr des Staates mit der Gefahr der Einzelnen verbunden gewesen, und hätten nicht die Urheber des Abfalles von den Römern, aus Furcht, als die einzigen Schuldigen dem Zorn der Römer zu Sühnopfern ausgeliefert zu werden, die Kolonien von den Friedensgedanken abgebracht. 8 Von ihnen wurde nicht allein in ihrem Senat jene Sendung hintertrieben, sondern sie überredeten auch einen großen Teil ihrer Bürger, ins römische Gebiet auf Plünderung auszugehen. 9 Auch tauchten in diesem Jahr die ersten Nachrichten vom Abfall der Praenestiner auf; allein der Senat gab den Tuskulanern, Gabinern und Lavicanern, welche sie dessen beschuldigten, da sie ihnen ins Land gefallen waren, eine so schonende Antwort, dass es offenbar war, die Anklagen fänden nur darum weniger Glauben, weil man die Wahrheit nicht zu wissen wünschte.
(22) Im folgenden Jahr führten die beiden Papirier, Spurius und Lucius, als neue Konsulartribunen die Legionen gegen Velitrae und ließen ihre vier Amtsgenossen, den Servius Cornelius Maluginensis, der dies Tribunat zum vierten Mal, den Quintus Servilius, Servius Sulpicius und Lucius Aemilius, der es zum vierten Mal bekleidete, zum Schutz der Stadt und gegen die neuen Bewegungen zurück, die etwa aus Etrurien gemeldet werden könnten, denn dort war alles verdächtig.
2 In der Schlacht bei Velitrae, in der die feindlichen Hilfstruppen von Praeneste fast noch stärker waren als das zahlreiche Heer der Kolonie selbst, siegten die Römer, weil sich der Feind durch die Nähe seiner Stadt zur früheren Flucht bestimmen ließ, sowie sie auch sein einziger Zufluchtsort wurde. 3 An die Belagerung der Stadt wagten sich die Tribunen nicht, teils weil sie gefährlich war, teils weil sie sich einen Kampf bis zum Untergang der Kolonie nicht erlauben wollten. In ihrem schriftlichen Bericht, der mit der Siegesbotschaft an den Senat nach Rom abging, führten sie härtere Beschwerden über die Feindseligkeiten der Praenestiner als der Veliterner. 4 Also wurde auf Grund eines Senatsbeschlusses und mit Genehmigung des Volkes den Praenestinern der Krieg angekündigt, welche dann im Verein mit den Volskern im folgenden Jahr Latricum, diese Kolonie des römischen Volkes, obwohl sich die Siedler tapfer verteidigten, mit Sturm eroberten und ihren Sieg auf eine schreckliche Art gegen die Besiegten missbrauchten. 5 Hierüber aufgebracht wählten die Römer den Marcus Furius Camillus zum siebenten Mal zum Kriegstribunen. Zu Amtsgenossen wurden ihm gegeben die beiden Postumius Regillensis, Aulus und Lucius, ferner Lucius Furius nebst Lucius Lucretius und Marcus Fabius Ambustus. 6 Den Volskischen Krieg übertrug man dem Marcus Furius außerordentlicherweise, von den übrigen Tribunen beschied ihm das Los den Lucius Furius zum Gehilfen, nicht so sehr zum Besten des Staates, als vielmehr um durch ihn seinem Amtsgenossen jede Art von Ehre erwachsen zu lassen, mag man nun auf das Ganze sehen, wo Camillus wieder gutmachte, was jene Unbesonnenheit verdorben hatte, oder auf den einzelnen Mann, der von dem Fehltritt des andern lieber dessen Verpflichtung als eigenen Ruhm gewinnen wollte.
7 Camillus war schon hochbetagt, und selbst auf dem Wahltag hatte er, schon bereit, den bei vorgeschützter Schwächlichkeit gewöhnlichen Eid zu leisten, nur der allgemeinen Stimme des Volkes nachgegeben, allein bei innerer Lebenskraft regte sich in ihm ein tätiger Geist; er hatte noch seine Rüstigkeit bei ungeschwächtem Geist, und da er sich mit den bürgerlichen Angelegenheiten schon nicht mehr so eifrig beschäftigte, wurden die Kriege für ihn ein Anregungsmittel. 8 Nach einer Werbung von vier Legionen, jede zu viertausend Mann, zog er mit dem Heer, das er auf den folgenden Tag an das Esquilinische Tor befehligt hatte, gegen Satricum. Hier erwarteten ihn die Eroberer der Kolonie ganz unbefangen, voll Vertrauen auf die Anzahl ihrer Krieger, worin sie ihm bei Weitem überlegen waren. 9 Als sie die Annäherung der Römer bemerkten, rückten sie sogleich in Schlachtordnung aus, um die Entscheidung nicht länger aufzuschieben. In diesem Fall, meinten sie, werde der Schwäche der Feinde die Geschicklichkeit des seltenen Feldherrn, worauf sie sich einzig verließen, ohne Nutzen sein.
(23) Dieselbe Kampflust fand sich auch im römischen Heer und bei dem zweiten Feldherrn; und dem Wagestücke eines augenblicklichen Kampfes stand weiter nichts entgegen als die Weisheit und der Oberbefehl eines einzigen Mannes, der von einem langsamen Gang des Krieges eine Gelegenheit erwartete, seine Streitkräfte durch einen Plan zu verstärken. 2 Desto mehr drängte der Feind; und schon stellte er nicht bloß vor seinem Lager seine Linie auf, sondern schritt in die Mitte der Ebene vor und zeigte sich dadurch, dass er beinahe auf die feindliche Verschanzung heranrückte, im stolzen Vertrauen auf seine Stärke. 3 Dies sahen die römischen Soldaten mit Unwillen, noch weit unwilliger der andere Kriegstribun Lucius Furius, rasch durch Jugend und Sinnesart und jetzt durch die Aussichten der großen Menge gehoben, die seinen Mut auch aus den unzuverlässigsten Dingen nimmt. 4 Er ermunterte die ohnehin schon aufgebrachten Soldaten dadurch noch mehr, dass er das Übergewicht seines Amtsgenossen von einer Seite, der einzigen, auf der er ihm beikommen konnte, von der seines Alters, unter den wiederholten Äußerungen verkleinerte: Die Kriege seien nur Sache junger Leute, und mit dem Körper habe auch der Mut seine Fülle und seine Abnahme. 5 Aus dem raschesten Krieger sei ein Zauderer geworden, und er, der sonst gewohnt gewesen sei, durch seine Ankunft Lager und Städte im ersten Sturm zu nehmen, bringe jetzt hinter dem Wall die Zeit untätig hin, in der Hoffnung, dass zur Verstärkung seiner und zur Schmälerung der feindlichen Kräfte – 6 Gott weiß, was, welche Gelegenheit etwa oder Zeitumstand oder Platz zum Hinterhalt? – sich finden werde. 7 Den Entschlüssen eines Greises fehle es an Feuer und Raschheit. Indes wenn Camillus der Lebensjahre genug habe, habe er auch des Ruhmes genug. Wozu es aber nötig sei, dass mit dem absterbenden Körper eines Einzigen zugleich die Kräfte des Staates, welchem Unsterblichkeit gebühre, veralten sollten?
8 Durch diese Reden hatte er aller Augen im Lager auf sich gerichtet, und als von allen Seiten die Schlacht gefordert wurde, sprach er: Marcus Furius, wir können dem Andrang der Soldaten nicht länger wehren; und der Feind, dessen Mut wir durch Zögern erhöht haben, höhnt uns mit einem unerträglichen Übermut. Gib nach, du als der Eine allen; lass es geschehen, dass dein Plan überstimmt wird, damit du umso früher den Krieg als Sieger beendest.
9 Hierauf erwiderte Camillus, in den Kriegen, die er bisher unter