Römische Geschichte. Livius Titus

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Römische Geschichte - Livius Titus


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Camillus selbst versicherte sie nicht ohne Verlegenheit seines Dankes. 8 Dann sagte er: Durch die Erklärung, dass man ihn schon zum vierten Mal zum Diktator ernannt hätte, sei ihm eine nicht geringe Verpflichtung vom römischen Volk auferlegt, eine größere vom Senat durch solche Äußerungen über ihn, die größte aber von seinen Mittribunen, von so hochgeehrten Amtsgenossen, durch ihre Hingebung. 9 Wenn es ihm also möglich sei, seine Tätigkeit und Wachsamkeit noch zu erhöhen, so werde er, mit sich selbst wetteifernd, dahin streben, dieser so einstimmigen guten Meinung des Staates über ihn, so hohe Forderungen sie auch an ihn stelle, auch Dauer zu geben. 10 Was den Krieg und die Antiaten betreffe, so zeige sich hierin mehr Drohung als Gefahr. So wie er indes keinen Grund zur Furcht sehe, so stimme er doch auch nicht für Sorglosigkeit. 11 Die Stadt Rom sei von der Missgunst und dem Hass der Nachbarn auf allen Seiten umgeben, darum bedürfe die Verwaltung des Staates mehrerer Führer zugleich und mehrerer Heere. 12 Du, Publius Valerius, fuhr er fort, magst, als Teilnehmer meiner Feldherrnstelle und Pläne, die Legionen mit mir gegen die feindlichen Antiaten führen, 13 du, Quintus Servilius, mit einem zweiten gerüsteten und schlachtfertigen Heer dein Standlager in der Stadt haben, aufmerksam auf die indes möglichen Bewegungen, entweder, wie neulich, von Etrurien aus, oder, was uns die neueste Sorge macht, von den Latinern und Hernikern. Ich bin überzeugt, dass du unsere Sache führen wirst, wie es deines Vaters, deines Großvaters, deiner selbst und deiner sechs Tribunate würdig ist. 14 Ein drittes Heer zur Besetzung der Mauern und der Stadt soll uns Lucius Quinctius aus Zurückgesetzten und Älteren bilden. Lucius Horatius sorge für Wehr und Waffen, für Getreide und was sonst die Vorfälle des Krieges nötig machen werden. 15 Und dir, Servius Cornelius, übergeben wir Amtsgenossen den Vorsitz hier in der Ratsversammlung, deiner Obhut den Gottesdienst, die Wahlen, die Gesetze und alle städtischen Angelegenheiten.

      16 Da sie alle bereitwillig für den einem jeden zugeteilten Amtskreis ihre Dienste versprachen, fügte Valerius, mit welchem Camillus den Heeresbefehl teilen wollte, die Erklärung hinzu, er werde den Marcus Furius als seinen Diktator und sich als dessen Magister Equitum ansehen. 17 Und so möchten denn die Väter die Erwartungen von diesem Krieg nach dem Vertrauen bestimmen, das sie in diesen ausgezeichneten Feldherrn setzten. – Allerdings, riefen die Väter laut, indem sie sich vor Freude von ihren Sitzen erhoben, zeige sich ihnen für Krieg und Frieden und alle Staatsangelegenheiten die schönste Aussicht. 18 Nie werde der Staat eines Diktators bedürfen, wenn er solche Männer in Ämtern habe, die sich mit solcher Eintracht vereinigten, zum Gehorchen wie zum Befehlen so bereitwillig wären und an ihrer eigenen Ehre lieber das Ganze teilnehmen ließen, als die Ehre aller auf sich selber zuzuwenden suchten.

      (7) Nach angekündigtem Gerichtsstillstand und gehaltener Werbung zogen Furius und Valerius gegen Satricum, wo die Antiaten nicht allein die aus dem neuen Zuwachs ausgehobene Mannschaft der Volsker, sondern auch aus den Latinern und Hernikern, diesen in dem langen Frieden ungeschwächt gebliebenen Völkerschaften, eine ansehnliche Menge versammelt hatten. Diese Vereinigung neuer Feinde mit den alten setzte die römischen Soldaten in Furcht. 2 Als dies die Hauptleute dem Camillus, der bereits die Linie ordnete, meldeten, und dass die Soldaten in Bestürzung seien, mutlos die Waffen ergriffen hätten, zaudernd und wieder stillstehend seien sie aus dem Lager gerückt, ja man habe rufen hören, jeder von ihnen werde mit hundert Feinden zu kämpfen haben, und man werde kaum einer solchen Menge von Unbewaffneten widerstehen können, geschweige denn, wenn sie bewaffnet sei, 3 schwang er sich auf sein Pferd, und als er an der Spitze des Heeres, das Gesicht der Linie zugekehrt, durch die Glieder ritt, sprach er:

      Wozu dieser Missmut, ihr Soldaten, und dies ungewöhnliche Zaudern? Kennt ihr den Feind, oder mich, oder euch nicht? Was ist der Feind anders, als eine immerwährende Gelegenheit für eure Tapferkeit und euren Ruhm? 4 Ihr hingegen habt unter meiner Führung – eines eroberten Falerii und Veji und der in unserer eroberten Vaterstadt niedergehauenen gallischen Legionen nicht zu gedenken – noch neulich über ebendiese Volsker und Aequer und über Etrurien euren dreifachen Sieg in dreifachem Triumph gefeiert. 5 Oder erkennt ihr in mir euren Feldherrn nicht, weil ich euch nicht als Diktator, sondern als Tribun das Zeichen gegeben habe? Über euch habe ich für mich die unumschränkte Gewalt nicht nötig, und auch ihr müsst auf weiter nichts als auf mich sehen, denn nie hat mir die Diktatur Mut eingeflößt, sowenig als ihn mir selbst die Verbannung geraubt hat. 6 Folglich sind wir alle noch dieselben; und da wir in diese Schlacht alles mitbringen, was wir in die früheren mitbrachten, so lasst uns auch denselben Ausgang der Schlacht erwarten. Sobald ihr mit dem Feind zusammentreffen werdet, wird jeder tun, was er gelernt hat und gewohnt ist: Ihr werdet siegen, sie werden fliehen.

      (8) Nun gab er das Zeichen, sprang vom Pferd und riss den nächsten Fahnenträger, den er bei der Hand ergriff, mit sich in den Feind, 2 wobei er immer rief: Kameraden, hinein mit der Fahne! Kaum sahen sie ihn, der für leibliche Verrichtungen durch sein Alter schon zu schwach schien, in die Feinde eindringen, da stürmten mit erhobenem Geschrei alle zugleich vorwärts, und jeder Einzelne rief: Dem Feldherrn nach! 3 Man sagt auch, Camillus habe eine Fahne in die feindliche Linie werfen lassen, und um diese wiederzugewinnen, hatten sich die beiden Vordertreffen herangestürzt. 4 Hier habe die Niederlage der Antiaten begonnen, und der Schrecken sich nicht bloß über ihre erste Linie, sondern auch auf ihr Hintertreffen verbreitet. 5 Und dies Übergewicht der römischen Soldaten war nicht bloß Folge ihrer eigenen, durch die Gegenwart des Feldherrn erhöhten Tapferkeit, sondern auf die Volsker wirkte nichts so furchtbar als Camillus selbst, dessen Gestalt, wo sie etwa ihn bemerkten, sie mehr als alles schreckte. 6 So brachte er allenthalben, wohin er sich wandte, den entschiedenen Sieg mit sich. Am auffallendsten zeigte sich dies, als er mit dem Schild eines Fußgängers sich auf sein Pferd schwang, auf seinen fast schon geschlagenen linken Flügel hinsprengte und, indem er auf die übrige schon siegende Linie hinzeigte, durch seinen Anblick das Treffen wiederherstellte.

      7 Schon neigte sich die Schlacht zum Sieg; allein teils war den Feinden ihr eigenes Gewühl am Fliehen hinderlich, teils hätten die schon ermüdeten Römer eine so große Menge nur durch anhaltendes Gemetzel niederhauen können; da machte plötzlich ein unter heftigem Windsturm herabströmender Regenguss mehr dem offenbaren Sieg als der Schlacht ein Ende. 8 Nach gegebenem Zeichen zum Rückzug wurde in der folgenden Nacht der Krieg ohne Zutun der Römer entschieden. Denn da die Latiner und Herniker von ihrer verderblichen Maßregel keinen besseren Erfolg gewannen, so verließen sie die Volsker und zogen nach Hause. 9 Als sich die Volsker von denen verlassen sahen, auf deren Beistand sie bei Erneuerung des Krieges gerechnet hatten, schlossen sie sich mit Hinterlassung ihres Lagers in die Mauern von Satricum ein, und diese wollte Camillus anfangs mit einem Wall einschließen und durch Erdarbeiten und Belagerungswerke bestürmen. 10 Da er aber sah, dass sie dies alles nicht einmal durch einen Ausfall zu verhindern suchten, forderte er in der Voraussetzung, dass ein so mutloser Feind einen so langsam abzuwartenden Sieg unnötig mache, seine Soldaten auf, sie möchten sich nicht bei langwierigen Werken abarbeiten, sie hätten den Sieg in Händen. Er griff mit der lautesten Zustimmung der Soldaten die Mauer von allen Seiten an und eroberte die Stadt durch Sturmleitern. Die Volsker warfen die Waffen fort und ergaben sich.

      (9) Übrigens beschäftigte sich der Feldherr in Gedanken schon mit einer größeren Unternehmung, mit der gegen Antium. Dies sei die Hauptstadt der Volsker, sie die Urheberin des letzten Krieges gewesen. 2 Weil aber eine so starke Festung nicht ohne große Zurüstung, Wurfgeschütze und Werkzeuge erobert werden konnte, ging er nach Zurücklassung seines Amtsgenossen beim Heer nach Rom, um den Senat zur Zerstörung Antiums zu ermahnen, während seiner Rede – 3 ich glaube, es war der Götter Wille, dass Antium länger stehen sollte – kamen Gesandte von Nepete und Sutrium, welche um Hilfe gegen die Etrusker baten, indem sie anführten, dass die Möglichkeit, ihnen zu helfen, bald nicht mehr sein werde. Dies war der Punkt, auf den das Schicksal das Übergewicht des Camillus von Antium ableitete. 4 Denn da diese Plätze nach Etrurien zu gelegen und von dieser Seite gleichsam die Schlüssel und Tore waren, so waren die Etrusker bei jedem neuen Aufstand darauf bedacht, sie zu besetzen, und die Römer, sie wiederzuerobern und zu behaupten. 5 Deswegen beschloss der Senat, mit Camillus zu unterhandeln, dass er nach Aufgebung Antiums den Etruskischen Krieg übernähme. Es wurden ihm die städtischen Legionen bestimmt, die unter Quinctius gestanden hatten,

      6 Hätte er gleich das ihm bewährte, an seinen Oberbefehl schon gewöhnte Heer, das im Volskerland stand, lieber gewählt, so weigerte er sich


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