Römische Geschichte. Livius Titus

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Römische Geschichte - Livius Titus


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jetzt unter mehreren Privathäusern durchgehen, und die Gestalt der Stadt mehr eilige Besitznahme als eine planmäßige Austeilung des Platzes zu erkennen gibt.

      Sechstes Buch

      Inhalt

      Dies Buch enthält die glücklichen Kriege gegen die Volsker, Aequer und Praenestiner. Roms Vergrößerung durch vier neue Bezirke, den Stellatinischen, Sabatinischen, Tromentinischen, Arniensischen, weil Marcus Manlius, der das Kapitol gegen die Gallier behauptet hatte, für die mit Schulden Behafteten bezahlte und die Schuldsklaven losmachte, wird er auf die Anklage, nach dem Thron gestrebt zu haben, verurteilt und vom Tarpejischen Felsen gestürzt; ihm zum Schimpf wird durch einen Senatsbeschluss festgesetzt, dass im Manlischen Geschlecht keiner den Vornamen Marcus führen solle. Die Volkstribunen Caius Ticinius und Lucius Sextius beantragen, dass die Konsuln, die bisher aus den Vätern gewählt worden waren, auch aus dem Bürgerstand genommen werden könnten. Sie setzen diesen Vorschlag trotz des Widerstandes der Väter unter vielem Streit durch, indem sie als immer wieder gewählte Volkstribunen fünf Jahre lang die einzigen Obrigkeiten waren, und Lucius Sestius wird der erste aus dem Bürgerstand gewählte Konsul. Auch ein zweiter Vorschlag geht durch, dass niemandem erlaubt sein solle, mehr als fünfhundert Morgen Land zu besitzen.

      (1) Was die Römer seit der Erbauung der Stadt bis zur Eroberung derselben zuerst unter Königen, dann unter Konsuln und Diktatoren, ferner unter Dezemvirn und Konsulartribunen ausgeführt haben, ihre auswärtigen Kriege, ihre Unruhen im Inneren, habe ich in fünf Büchern erzählt, 2 lauter Taten, welche teils wegen ihres zu hohen Alters in Dunkel gehüllt sind, gleich Gegenständen, die man in großer örtlicher Entfernung kaum erkennen kann, teils weil die schriftlichen Nachrichten, dies dem Andenken des Geschehenen einzig treue Erhaltungsmittel, in diesem Zeitraum so kurz und so selten waren, und die, welche sich etwa in den Verzeichnissen der Oberpriester und in anderen öffentlichen Urkunden fanden oder von Einzelnen aufgezeichnet waren, durch die Einäscherung der Stadt größtenteils verlorengegangen sind. 3 Von nun an habe ich die, seit dem zweiten Ursprung des gleichsam aus seinen Wurzeln erfreulicher und fruchtbarer wieder erwachsenen Staates, klarere und zuverlässigere Taten des Friedens und Krieges zu erzählen. 4 Hatte er sich übrigens an Marcus Furius als seiner ersten Stütze wieder aufgerichtet, so stand er auch jetzt auf ihn als seinen vorzüglichsten Mann gelehnt, den man seine Diktatur nicht vor Ablauf des Jahres niederlegen ließ. 5 Dass aber die Tribunen, unter deren Amtsführung die Stadt erobert worden war, den Wahltag für das folgende Jahr halten sollten, fand man anstößig; und so kam es zu einer Zwischenregierung.

      6 Während die Bürgerschaft mit dem Werk und der anhaltenden Arbeit der wieder aufzubauenden Stadt beschäftigt war, wurde vom Volkstribun Caius Marcius dem Quintus Fabius, sobald dieser von seinem Amt abging, ein Klagetag angesetzt, weil er als Gesandter gegen die Gallier, an die man ihn als Sprecher geschickt hatte, dem Völkerrecht zuwider gekämpft habe; 7 und dieser Untersuchung entzog er sich durch den Tod, der so gelegen kam, dass ihn viele für freiwillig hielten. 8 Die Zwischenregierung trat damals Publius Cornelius Scipio als Zwischenkönig an, und nach ihm Marcus Furius Camillus. Dieser ließ, wie schon einmal, Kriegstribunen mit konsularischer Macht wählen, den Lucius Valerius Publicola zum zweiten Mal, den Lucius Verginius, Publius Cornelius, Aulus Manlius, Lucius Aemilius und Lucius Postumius.

      9 Als diese unmittelbar nach der Zwischenregierung ihr Amt angetreten hatten, war die erste Angelegenheit, über die sie beim Senat anfragten, die Verehrung der Götter. 10 Vor allem ließen sie, was sich an Bündnissen und Gesetzen fand (dies waren aber die zwölf Tafeln und einige königliche Gesetze), wieder aufsuchen; manche wurden dem Volk bekannt gemacht, Vorschriften aber, die den Gottesdienst betrafen, wurden größtenteils von den Priestern geheim gehalten, damit sie die große Menge durch die Götterfurcht von sich abhängig erhalten möchten. 11 Alsdann kam die Reihe an die Festsetzung der Tage von übler Vorbedeutung, und sie nannten den durch eine zweifache Niederlage bezeichneten achtzehnten Quintilis (Juli), an welchem an der Cremera die Fabier gefallen waren, an dem später an der Allia zum Untergang der Stadt die schimpfliche Schlacht geliefert war, von der letzten Niederlage den Tag von Allia, und bezeichneten ihn als untauglich zu jedem öffentlichen und privaten Geschäft. 12 Einige glauben, weil der Kriegstribun Sulpicius an dem auf die Quintilischen Idus folgenden Tage nur ungünstige Opferzeichen wahrgenommen und sein Heer am dritten Tag nachher, ohne sich der göttlichen Gnade versichert zu haben, dem Feind preisgegeben habe, so sei die Besorgung jedes gottesdienstlichen Geschäftes auch auf den Tag nach den Idus69 untersagt, und daher komme es, dass auch an dem Tag nach den Kalenden und nach den Nonen das Bedenken bestand.

      (2) Allein eine ruhige Überlegung der Pläne, wie der Staat nach seinem schweren Fall wieder zu heben sei, war ihnen nicht lange gegönnt. 2 Auf der einen Seite hatten die Volsker, diese alten Feinde, zur Vertilgung des römischen Namens die Waffen ergriffen, auf der andern war nach den Aussagen der Kaufleute bei dem Heiligtum der Voltumna zwischen den Häuptern aller Völkerschaften Etruriens eine eidliche Verbindung zum Krieg zustande gekommen. 3 Und eine neue beunruhigende Zugabe war der Abfall der Latiner und Herniker, die nach der Schlacht am See Regillus beinahe seit hundert Jahren gegen Roms Freundschaft nie eine zweideutige Treue gezeigt hatten. 4Von so großen Schrecknissen von allen Seiten bedroht und in der allgemeinen Überzeugung, dass der römische Name nicht allein bei seinen Feinden dem Hass, sondern auch bei seinen Freunden der Verachtung ausgesetzt sei, 5 beschloss man, den Staat unter der Leitung desselben Mannes zu verteidigen, der ihn wiederhergestellt hatte, und den Marcus Furius Camillus zum Diktator zu ernennen.

      6 Als Diktator ernannte er den Caius Servilius Ahala zum Magister Equitum, und nach Ankündigung eines Gerichtsstillstandes hielt er unter den Dienstfähigen eine Aushebung ab, wobei er auch Ältere, wenn sie noch einigermaßen rüstig waren, den Eid leisten und sich einstellen ließ. 7 Das geworbene und bewaffnete Heer teilte er in drei Teile. Den einen Teil stellte er im Vejenterland gegen Etrurien auf, den andern hieß er sich vor Rom lagern. 8 Über diese wurde der Kriegstribun Aulus Manlius, über die, welche gegen Etrurien geschickt wurden, Lucius Aemilius gesetzt. Den dritten Teil führte er selbst gegen die Volsker, und nicht weit von Lanuvium (die Gegend heißt: »bei Maecium«) begann er die Bestürmung ihres Lagers.

      9 Da sie nämlich in der Meinung, fast alle wehrhaften Römer seien von den Galliern aufgerieben, mit Verachtung zu diesem Krieg ausgezogen waren, hatte ihnen der bloße Ruf von der Wahl des Camillus zum Feldherrn einen solchen Schrecken eingeflößt, dass sie sich mit einem Wall und den Wall mit einem Verhau von Bäumen umzäunten, um dem Feind ihre Verschanzungen von allen Seiten unzugänglich zu machen. 10 Als dies Camillus merkte, ließ er in den ihm entgegengebauten Verhau Feuer werfen, und gerade wehte ein heftiger Wind gegen den Feind. 11 Folglich öffnete er sich nicht allein durch den Brand einen Weg, sondern er nahm auch durch die in das Lager einschlagenden Flammen, durch die Dunsthitze, durch den Rauch und das Geprassel des brennenden grünen Holzes den Feinden so sehr alle Fassung, dass es den Römern weniger Mühe kostete, über den Wall ins volskische Lager einzubrechen, als über den niedergebrannten Verhau hinwegzusteigen. 12 Die Feinde wurden geschlagen und niedergehauen, ihr Lager im Sturm erobert, und die Beute überließ der Diktator den Soldaten, die ihnen um so angenehmer war, je weniger sie solche von ihrem sonst nicht freigebigen Feldherrn erwartet hatten. 13 Als er darauf bei Verfolgung der Flüchtlinge das ganze Volskergebiet verheert hatte, zwang er endlich die Volsker nach siebzig Jahren zur Übergabe. 14 Aus dem Volskerland zog der Sieger gegen die ebenfalls zum Krieg schon tätigen Aequer, überfiel ihr Heer bei Volae und eroberte nicht allein ihr Lager, sondern auch die Stadt beim ersten Angriff.

      (3) Während auf dieser Seite, wo Camillus an der Spitze der Römer stand, alles so glücklich ging, hatte sich auf einer andern großer Schrecken verbreitet. 2 Fast das ganze Etrurien in den Waffen belagerte Sutrium, eine den Römern verbündete Stadt. Als ihre Gesandten die Bitte um Hilfe in dieser Not vor den Senat gebracht hatten, erlangten sie zwar den Beschluss, dass der Diktator sobald als möglich den Sutrinern helfen solle, 3 da aber die Umstände der Belagerten diese sich verzögernde Hoffnung nicht abwarten konnten und schon die geringe Anzahl der Bürger, die den beständig dieselben Leute treffenden Schanzarbeiten, Wachen und Wunden erlag, ihre Stadt auf Bedingungen dem Feind übergeben hatte, und ohne Waffen entlassen, jeder nur mit einem Gewand bekleidet, in kläglichem Zug die Heimat verließ, 4 da kam gerade Camillus mit dem römischen


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