Römische Geschichte. Livius Titus

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Römische Geschichte - Livius Titus


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die seinem Befehl zufolge auf das ausgesteckte Schlachtzeichen schon mit Tagesanbruch zu den Waffen griffen. 8 Der Sieg ist unser, sprach er, ihr Soldaten, wenn irgend noch der Blick der Götter und ihrer Seher in die Zukunft reicht. So lasst uns, wie es Kriegern ziemt, die voll sicherer Hoffnung sind und mit Leuten kämpfen sollen, die ihnen nicht gewachsen sind, die Wurfspieße vor unseren Füßen niederlegen, und das Schwert die Waffe unserer Rechten sein. Ja, ich wünschte nicht einmal, dass ihr aus der Linie vorliefet, sondern, in festem Schritt den Feinden entgegengestemmt, ihren Anlauf auffinget. 9 Wenn sie dann ihre nutzlosen Wurfpfeile herübergeschossen haben und im Lauf heranwankend sich auf euch, die ihr ruhig dasteht, stürzen werden, dann lasst die Schwerter blitzen, dann sage jeglichem sein Bewusstsein, dass es die Götter sind, die dem Römer zur Seite stehen, dass es die Götter sind, die ihn unter Glück versprechendem Vogelflug in die Schlacht sandten. – 10 Du, Titus Quinctius, aufmerksam auf den ersten Anfang des beginnenden Kampfes, halte die Reiterei an dich; siehst du dann, dass Mann gegen Mann kämpft und die Schlacht im Gang ist,11 dann falle du mit dem Schrecken deiner Reiterei auf die schon von dieser Seite Bedrängten, und hineingesprengt wirf ihre kämpfenden Reihen auseinander. Seiner Anordnung gehorsam focht die Reiterei, focht das Fußvolk, und der Feldherr hielt seinen Legionen, das Glück dem Feldherrn Wort.

      (13) Die Menge der Feinde, die sich nur auf ihre Menge verließ und beide Linien nur mit den Augen maß, fing die Schlacht ohne Besonnenheit an und gab sie ohne Besonnenheit auf. 2 Nur zum Geschrei, zum Gebrauch ihrer Wurfgeschosse und im ersten Sturm der Schlacht voll Mut, konnte sie den Schwerterkampf Mann gegen Mann und das von Kampflust blitzende Auge des Feindes nicht ertragen. 3 Ihre Vorderreihe wurde zurückgedrängt, die Verwirrung verbreitete sich auf das Hintertreffen, und die einhauende Reiterei vermehrte den Schrecken. Da wurden ihre Glieder auf mehreren Punkten durchbrochen, keine Stellung behauptet, und auf der ganzen Linie zeigte sich eine wogende Bewegung. Als endlich nach dem Fall des Vordermannes jeder das Gemetzel auf sich hereinbrechen sah, kehrten sie dem Feind den Rücken; 4 die Römer hinterdrein, und solange der Feind noch bewaffnet und in geschlossenen Gliedern abzog, war das Fußvolk an der Reihe des Verfolgens; als man sie aber allenthalben die Waffen wegwerfen und die feindliche Linie auf der Flucht sich über die Felder zerstreuen sah, da brachen die Geschwader der Reiterei hervor, die den Befehl hatten, nicht etwa dadurch, dass sie beim Niederhauen der Einzelnen verweilten, die Menge entkommen zu lassen, 5 es genüge, durch Pfeile und drohenden Angriff sie im Lauf zu hindern und durch bloßes Entgegensprengen den Zug aufzuhalten, bis das Fußvolk nachkommen und durch ein vollständiges Gemetzel den Feind vertilgen könne.

      6 Flucht und Verfolgung nahmen vor Einbruch der Nacht kein Ende; auch wurde noch an diesem Tag das Lager der Volsker erobert und geplündert und die ganze Beute mit Ausnahme der Freigeborenen dem Soldaten überlassen. 7 Der größte Teil der Gefangenen bestand aus Latinern und Hernikern, und zwar nicht aus geringen Leuten, von denen man hätte glauben können, dass sie für Sold gedient hätten, sondern man fand junge Männer vom ersten Rang, zum offenbaren Beweis, dass ihr Staat Roms Feinden, den Volskern, diese Hilfe bewilligt habe. 8 Auch erkannte man Bürger von Circei und Ansiedler von Velitrae; und als sie sämtlich nach Rom geschickt waren, bestätigten sie vor den vornehmsten Vätern auf geschehene Nachfrage, was sie schon dem Diktator gestanden hatten, jeder in unzweideutiger Aussage, den Abfall seines Volkes.

      (14) Der Diktator hielt sein Heer im Standlager, in der sicheren Erwartung, dass die Väter den Krieg mit diesen Völkern genehmigen würden, als ein größerer zu Rom ausgebrochener Sturm seine Zurückberufung nach Rom gebot, wo eine Gegenpartei, die durch ihr Oberhaupt eine mehr als gewöhnliche Furcht erregte, täglich weiter um sich griff. 2 Denn schon waren nicht bloß die Reden des Marcus Manlius, sondern auch seine Handlungen von der Art, dass sie unter dem Schein, ihn als Volksfreund darzustellen, wenn man ihre Absicht erwog, einen Aufruhr bezweckten. 3 Einen Hauptmann, dem seine Kriegstaten Ruhm erworben hatten, sah er wegen dessen Schulden verurteilt wegführen, kam in der Mitte des Marktes mit seiner Schar herbeigelaufen, widersetzte sich mit Gewalt gegen die Abführung, und nachdem er sich laut über die Tyrannei der Väter, die Grausamkeit der Wucherer, das Elend der Bürger und über die Verdienste und das Schicksal des Mannes ausgelassen hatte, sprach er: 4 Dann müsste ich wahrhaftig mit dieser Rechten Kapitol und Burg umsonst gerettet haben, wenn ich ruhig zusehen könnte, wie mein Mitbürger und Kampfgenosse gleichwie von siegenden Galliern gefangen, in Sklaverei und Banden weggeschleppt wird. 5 Dann bezahlte er vor allem Volk dem Gläubiger die Schuld und gab den durch feierlich gewogene Zahlung Gelösten frei, der nunmehr Götter und Menschen beschwor, sie möchten dem Marcus Manlius, seinem Befreier, dem Vater des römischen Bürgerstandes, dies nicht unvergolten lassen. 6 Sogleich in die aufrührerische Schar aufgenommen, vermehrte nun auch dieser den Aufruhr dadurch, dass er seine im Vejentischen, gallischen und in mehreren anderen Kriegen erhaltenen Wunden aufwies. 7 Bei seinen Kriegsdiensten, sagte er, bei dem Wiederaufbau seines zerstörten Hauses wären die Schulden, deren Kapital er vielfach abbezahlt habe, dadurch, dass die Zinsen das Kapital immer wieder verschlungen hatten, über ihm zusammengeschlagen. Dass er das Tageslicht sehe, den Markt, das Antlitz seiner Mitbürger, sei das Werk des Marcus Manlius; alle Wohltaten, die man Eltern verdanke, verdanke er ihm; 8 ihm weihe er, was er an Leib und Leben und Blut noch übrig habe; alle die Verpflichtungen, die er gegen Vaterland, gegen die Schutzgötter des Staates und seines Hauses gehabt habe, habe er jetzt gegen den einen Mann.

      9 Durch solche Reden begeistert, gehörten die Herzen des Volkes schon dem einen Mann, der nun nach einem für die beabsichtigte Umwälzung des Ganzen noch wirksameren Plan einen neuen Angriff folgen ließ. 10 Er unterwarf sein Haupterbgut, ein im vejentischen Gebiet gelegenes Grundstück, dem Ausgebot zur Versteigerung, mit der Angabe: Nein, ich kann es nicht geschehen lassen, ihr Quiriten, dass einer von euch, solange von meinem Vermögen noch das Geringste übrig ist, als Verurteilter oder in die Sklaverei Hingegebener weggeführt werde. Dies vollends entflammte die Gemüter so, dass sie bereit schienen, dem Retter ihrer Freiheit zu jeder erlaubten und unerlaubten Tat zu folgen.

      11 Außerdem hielt er in seinem Haufe, wo er wie zu einer Versammlung sprach, Vorträge, voll von Beschuldigungen gegen die Väter; und da er hier manches vorbrachte, ohne dass es ihm auf Wahrheit oder Unwahrheit ankam, äußerte er auch, dass die Väter den Schatz des gallischen Goldes versteckt hielten. Schon sei ihnen der Besitz der Staatsländereien nicht genügend, wenn sie nicht auch öffentliche Gelder unterschlügen. Wenn dies an den Tag käme, könne der Bürgerstand aus allen Schulden kommen. 12 Bei dieser vorgespiegelten Hoffnung fanden es die Leute vollends unwürdig, dass sie damals, als zur Loskaufung des Staates von den Galliern das Gold habe aufgebracht werden müssen, dies durch auferlegte Steuer zusammengeschossen hätten, und dass nun ebendies den Feinden wieder abgenommene Gold einigen Wenigen zur Beute geworden sei. 13 Also drangen sie mit Fragen in ihn, wo denn ein so wichtiger Unterschleif verheimlicht werde. Und da er auswich und es seinerzeit anzuzeigen versprach, beschäftigten sich aller Gedanken, mit Hintansetzung alles Übrigen, nur hiermit; und offenbar versprach ihm die Wahrheit seiner Aussage nicht geringe Liebe, war sie aber falsch, nicht weniger Feinde.

      (15) Bei diesen schwebenden Verhältnissen kam der vom Heer abgerufene Diktator in die Stadt. Nachdem er in einer am folgenden Tag gehaltenen Senatsversammlung die Gesinnungen gehörig geprüft und dem Senat befohlen hatte, ihm nicht von der Seite zu gehen, ließ er, gedeckt von dieser Schar, seinen Richterstuhl auf dem Vorplatz aufstellen und schickte einen Gerichtsboten an Marcus Manlius. 2 Auf den Befehl des Diktators zu erscheinen, gab dieser seiner Partei das Zeichen, des Kampfes gewärtig zu sein, und kam mit einem zahlreichen Gefolge vor den Richterstuhl. 3 Dort hatte sich der Senat, hier das Volk wie in Schlachtordnung aufgestellt, und hier und dort wandte jeder den Blick auf seinen Führer. 4 Nach gebotener Stille sprach der Diktator:

      Möchten ich und die Väter Roms in allen übrigen Stücken ebenso mit den Bürgern übereinstimmen, wie mir nach meiner festen Überzeugung in Bezug auf dich und auf den Punkt einverstanden sein werden, über den ich dich jetzt zu vernehmen habe. 5 Es ist erwiesen, dass du der Bürgerschaft Hoffnung gemacht hast, die Schulden könnten ohne Nachteil für den Kredit von dem gallischen Schatz, den die Vornehmsten der Väter versteckt halten sollen, bezahlt werden. Dies zu verhindern bin ich weit entfernt, fordere dich vielmehr auf, Marcus Manlius, die Bürger Roms von dem Zinsendruck zu befreien und die Ungeheuer, die auf diesem dem Staat gehörigen Schatz brüten, aus dem Besitz der verborgenen Beute


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