Römische Geschichte. Livius Titus

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Römische Geschichte - Livius Titus


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wollen uns von euch den Frieden erbitten, den wir gehalten haben, und flehen euch an, den Krieg dahin zu wenden, wo er sich findet. Sollen wir durch Leiden erfahren, was eure Waffen gegen uns vermögen, so wollen wir unbewaffnet diese Erfahrung machen. Dies ist unsere Gesinnung; mögen die unsterblichen Götter geben, dass sie uns ebenso erfreulich werde wie sie pflichtvoll ist. – 7 Was die Beschuldigungen betrifft, die euch zur Kriegserklärung gegen uns bewogen haben, so finden wir, obgleich es unnötig ist, durch Tatsachen widerlegte Angaben noch mit Worten zu widerlegen, dennoch für uns größere Sicherheit darin, falls sie wahr sein sollten, sie lieber einzugestehen, da unsere Reue so unverkennbar ist. Mag man sich gegen euch vergehen, wenn ihr die Männer seid, die eine solche Genugtuung verdienen.

      So etwa lauteten die Worte der Tuskulaner. Sie erlangten für jetzt den Frieden und bald nachher sogar das Bürgerrecht. Die Legionen zogen von Tuskulum ab.

      (27) Camillus, ausgezeichnet durch Umsicht und Tapferkeit im volskischen Krieg, durch Glück im Feldzug gegen Tuskulum, und in beiden durch seltene Nachsicht und Mäßigung gegen seinen Amtsgenossen, 2 legte sein Amt nieder, nachdem unter seinem Vorsitz zu Kriegstribunen auf das folgende Jahr die beiden Valerier, Lucius und Publius, Lucius zum fünften, Publius zum dritten Mal gewählt waren, auch Caius Sergius zum dritten, Lucius Menenius zum zweiten Mal, Spurius Papirius und Sergius Cornelius Maluginensis.

      3 Auch Zensoren bedurfte dieses Jahr, hauptsächlich wegen der über die Geldschulden sich widersprechenden Gerüchte, indem die Volkstribunen den Betrag der gehässigen Forderungen sogar noch drückender angaben, während ihn diejenigen auf ein Kleines herabsetzten, die ihren Vorteil dabei fanden, wenn die Schwierigkeit des Bezahlens mehr in der Unredlichkeit der Schuldner als an ihren Umständen zu liegen schien. 4 Die gewählten Zensoren waren Cajus Sulpicius Camerinus und Spurius Postumius Regillensis; und die schon angefangene Untersuchung wurde durch den Tod des Postumius unterbrochen, weil man sich ein Gewissen daraus machte, einem Zensor einen nachgewählten Amtsgenossen zu geben. 5 Als nun Sulpicius sein Amt niedergelegt hatte, konnten die neuen Zensoren, weil bei ihrer Wahl ein Fehler vorgefallen war, das Amt nicht führen. Und eine dritte Wahl vorzunehmen, hielt man für bedenklich, insofern die Götter die Zensur für dieses Jahr nicht zu genehmigen schienen. 6 Dies aber erklärten nun gar die Tribunen für eine unerträgliche Misshandlung des Bürgerstandes. Der Senat weiche den Schätzungslisten, als Zeugen über das Vermögen jedes Bürgers, aus, weil er die Summe der Schulden nicht zur Schau gestellt haben wolle, die einen Beweis dafür geben würde, dass der eine Teil des Staates vom andern zugrunde gerichtet sei, obgleich bei dem allen der verschuldete Bürgerstand einem Feind nach dem andern vorgeführt werde. 7 Überall und ohne allen Unterschied suche man Gelegenheit zum Krieg. Von Antium wären die Legionen nach Satricum, von Satricum vor Velitrae, von da nach Tuskulum geführt. Nun richte man die Waffen gegen die Latiner, Herniker, Praenestiner, mehr aus Hass gegen die Mitbürger als gegen die Feinde; bloß damit man den Bürgerstand unter den Waffen aufreibe und ihn nicht dahin kommen lasse, dass er sich in der Stadt erholen könne oder in Ruhe seiner Freiheit eingedenk sei, oder in der Versammlung sich einfinde, um endlich einmal aus dem Mund eines Tribunen ein Wort zu hören, das auf Milderung des Wuchers und Abstellung anderer Ungerechtigkeiten hinziele. 8 Wenn der Bürgerstand den Mut habe, den ihm die Erinnerung an seiner Väter Freiheit einflößen müsse, so würden sie weder zugeben, dass man irgendeinen römischen Bürger wegen Schulden zur Leibeigenschaft verurteile, noch dass eine Aushebung gehalten würde, bis nach Untersuchung der Schuldenmasse und herausgefundener Möglichkeit sie zu vermindern, jeder wisse, was ihm, was anderen gehöre, ob ihm die Freiheit seiner Person noch übrig bleibe, oder ob auch sein Leib in Fesseln und Banden gehöre.

      9 Dieser auf Meuterei gesetzte Preis erregte auch sogleich Empörung; und teils wurden viele zur Leibeigenschaft verurteilt, teils hatten die Väter auf das Gerücht von einem Praenestinischen Krieg die Werbung neuer Legionen anbefohlen, zwei Dinge, deren Verhinderung die tribunizische Hilfe und die Beistimmung des Bürgerstandes zugleich unternahm. 10 Denn die Tribunen litten nicht, dass die Verurteilten abgeführt wurden, und die junge Mannschaft ließ den Aufruf ihrer Namen unbeantwortet. Da nun den Vätern die rechtliche Verfügung in Schuldsachen nicht so wichtig wie die Werbung war, denn es lief schon die Nachricht ein, dass die von Praeneste aufgebrochenen Feinde sich im Gebiet von Gabii gelagert hätten, 11 hatte unterdessen selbst dies Gerücht die Volkstribunen mehr zu dem unternommenen Streit gereizt als abgeschreckt, und das Einzige, was den Aufruhr in der Stadt zu dämpfen vermochte, war der Einbruch des Krieges beinahe in die Mauern selbst.

      (28) Denn als die Praenestiner erfuhren, dass zu Rom kein Heer geworben, kein Feldherr gewählt sei, dass Väter und Bürger sich gegeneinander selber gewendet hätten, rückten ihre Anführer, 2 welchen dieser Zeitpunkt gelegen kam, in Eilmärschen, auf denen sie die Dörfer vor sich her plünderten, an das Collinische Tor. 3 Die Bestürzung in Rom wurde allgemein. Man rief zu den Waffen, rannte auf die Mauern und an die Tore, und nach dem endlichen Übergang vom Aufruhr zum Krieg wählte man den Titus Quinctius Cincinnatus zum Diktator. 4 Er ernannte den Aulus Sempronius Atratinus zum Magister Equitum. Kaum wurde dies ruchbar, als zugleich die Feinde – ein so großer Schrecken ging vor diesem Amt her – sich von den Mauern zurückzogen, und die jungen Römer ohne Widerstreben dem Befehl sich stellten. 5 Während in Rom ein Heer geworben wurde, verlegten die Feinde ihr Lager in die Nähe des Flusses Allia, plünderten von hier aus das Land weit umher und prahlten damit, eine für die Stadt Rom verhängnisvolle Stellung eingenommen zu haben. 6 Schrecken und Flucht würden hier denselben Gang nehmen wie im Gallischen Krieg. Denn wenn den Römern der schon seit dem Unglück an jener Stelle mit Grauen behaftete und nach ihr benannte Tag so furchtbar sei, wie viel schauderhafter als der Tag der Allia werde ihnen die Allia selbst sein, dies Denkmal ihrer so großen Niederlage? Gewiss würden hier die trotzigen Gestalten der Gallier und der Klang ihrer Stimme ihnen vor Augen und Ohren schweben. 7 Mit solchen eitlen Gedanken über nichtssagende Dinge beschäftigt, ließen sie ihre Hoffnung auf dem Glück des Orts beruhen.

      Die Römer hingegen waren überzeugt, dass der Latiner als Feind, wo er sich auch sehen lasse, derselbe sei, den sie nach dem Sieg am See Regillus gehorsam in einem hundertjährigen Frieden erhalten hätten. 8 Der Platz, den das Andenken ihrer Niederlage bezeichne, solle sie vielmehr anspornen, die Erinnerung an die Niederlage auszulöschen, als dass sie ihnen Furcht verursachen würde, dass ihnen irgendein Boden zum Siege verboten sei. 9 Ja, wenn ihnen hier die Gallier selbst entgegenträten, so wollten sie so kämpfen, wie sie in Rom gekämpft hätten, bei der Wiedereroberung ihrer Vaterstadt, wie den Tag darauf bei Gabii, damals nämlich, als sie es dahin gebracht hätten, dass von den in die Ringmauern Roms eingerückten Feinden auch nicht einer weder von seinem Glück noch von seinem Unglück eine Nachricht habe nach Hause bringen können.

      (29) In dieser Stimmung auf beiden Seiten gelangte man an die Allia. Schon zeigte sich der Feind in Schlachtordnung und Erwartung, da sprach der römische Diktator: Siehst du, Aulus Sempronius, wie sie im Vertrauen auf das Glück des Ortes sich an der Allia aufgestellt haben? Und mögen ihnen die unsterblichen Götter keine festere Zuversicht oder mächtigere Hilfe angedeihen lassen! 2 Du aber eile, voll Vertrauen auf Waffen und Mut, mit deinen Rossen im Angriff auf ihren Mittelpunkt, dann will ich auf die verwirrten und Bestürzten mit den Legionen anrücken. Ihr Götter, ihr Zeugen des Bundes, seid mit uns und nehmt die Rache, die euch, an denen sie frevelten, und uns zugleich gebührt, denen sie den Eid bei eurem heiligen Namen gebrochen haben!

      Weder der Reiterei noch dem Fußvolk hielten die Praenestiner stand; beim ersten Angriff und Geschrei waren ihre Glieder gesprengt. 3 Dann, als ihre Linie allenthalben die Haltung verlor, wandten sie den Rücken, und von Verwirrung und Schrecken sogar vor ihrem Lager vorübergesprengt, ließen sie sich auf ihrer ungehemmten Flucht nicht eher nieder, bis sie Praeneste im Gesicht hatten. 4 Hier besetzten sie, infolge der Flucht zerstreut, eine Stelle, die sie durch Notwälle haltbar zu machen suchten, um nicht durch ihren Rückzug hinter die Mauern die Dörfer sogleich den Flammen preiszugeben und nach Verheerung des Ganzen ihrer Stadt eine Belagerung zuzuziehen. 5 Allein sobald sich nach Plünderung ihres Lagers an der Allia der siegende Römer zeigte, verließen sie auch diese Befestigung, und kaum dem Schutz ihrer Mauern trauend, schlossen sie sich in die Stadt Praeneste ein. 6 Außer dieser gehörten noch acht Städte zum Gebiet der Praenestiner. Sie wurden angegriffen und als sie, eine nach der andern, mit nicht sehr großer Anstrengung genommen waren, rückte das Heer bis vor


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