Leopold von Ranke: Historiografische Werke. Leopold von Ranke

Читать онлайн книгу.

Leopold von Ranke: Historiografische Werke - Leopold von  Ranke


Скачать книгу
gemacht, ihnen zugesellt hatten, begaben sie sich eines Tages nach der Kirche von Montmartre. Faber, bereits Priester, las die Messe. Sie gelobten Keuschheit, sie schwuren, nach vollendeten Studien in völliger Armut ihr Leben in Jerusalem der Pflege der Christen oder der Bekehrung der Saracenen zu widmen; sei es aber unmöglich, dahin zu gelangen oder dort zu bleiben, in diesem Falle dem Papste ihre Bemühungen anzubieten, für jeden Ort, wohin er ihnen zu gehen befehle, ohne Lohn noch Bedingung. So schwur ein jeder und empfing die Hostie; darauf schwur auch Faber und nahm sie selbst; an dem Brunnen von St. Denys genossen sie hierauf eine Mahlzeit. Ein Bund zwischen jungen Männern, schwärmerisch, nicht eben verfänglich, noch in den Ideen, die Ignatius ursprünglich gefaßt hatte; nur insofern davon abweichend, als sie ausdrücklich die Möglichkeit berechneten, dieselben nicht ausführen zu können.

      In der Tat nahm er in Venedig mit all seinen Gefährten die priesterlichen Weihen. In Vicenza begann er nach vierzigtägigem Gebet mit dreien von ihnen zu predigen. An dem nämlichen Tage zur nämlichen Stunde erschienen sie in verschiedenen Straßen, stiegen auf Steine, schwangen die Hüte, riefen laut und fingen an, zur Buße zu ermahnen. Seltsame Prediger, zerlumpt, abgehärmt; sie sprachen ein unverständliches Gemisch von Spanisch und Italienisch. In diesen Gegenden blieben sie, bis das Jahr, das sie zu warten beschlossen hatten, verstrichen war. Dann brachen sie auf nach Rom. Als sie sich trennten, denn auf verschiedenen Wegen wollten sie die Reise machen, entwarfen sie die ersten Regeln, um auch in der Entfernung eine gewisse Gleichförmigkeit des Lebens zu beobachten. Was aber sollten sie antworten, wenn man sie nach ihrer Beschäftigung fragen würde? Sie gefielen sich in dem Gedanken, als Soldaten dem Satan den Krieg zu machen; den alten militärischen Phantasieen des Ignatius zufolge beschlossen sie, sich die Kompagnie Jesu zu nennen, ganz wie eine Kompagnie Soldaten, die von ihrem Hauptmann den Namen trägt.

      Indes tat auch die Gesellschaft den letzten Schritt. Sechs von den ältesten Bundesgenossen traten zusammen, um den Vorsteher zu wählen, der, wie der erste Entwurf, den sie dem Papste einreichten, besagt, »Grade und Ämter nach seinem Gutdünken verteilen, die Konstitution mit Beirat der Mitglieder entwerfen, in allen andern Dingen aber allein zu befehlen haben sollte; in ihm solle Christus als gegenwärtig verehrt werden«. Einstimmig wählten sie Ignaz, der, wie Salmeron auf seinem Wahlzettel sagte, »sie alle in Christo erzeugt und mit seiner Milch genährt habe«. Und nun erst hatte die Gesellschaft ihre Form. Es war auch eine Gesellschaft von Chierici regolari; sie beruhte auch auf einer Vereinigung von klerikalischen und klösterlichen Pflichten, allein sie unterschied sich doch vielfach von den übrigen dieser Art. Hatten schon die Theatiner mehrere minder bedeutende Verpflichtungen fallen lassen, so gingen die Jesuiten darin noch weiter. Es war ihnen nicht genug, alle klösterliche Tracht zu vermeiden; sie sagten sich auch von den gemeinschaftlichen Andachtsübungen, welche in den Klöstern den größten Teil der Zeit wegnahmen, von der Obliegenheit, im Chor zu singen, los. Dieser wenig notwendigen Beschäftigungen überhoben, widmeten sie ihre ganze Zeit und alle ihre Kräfte den wesentlichen Pflichten. Nicht einer besonderen, wie die Barnabiten, obwohl sie die Krankenpflege, weil sie einen guten Namen machte, sich angelegen sein ließen, nicht unter beschränkenden Bedingungen, wie die Theatiner, sondern mit aller Anstrengung den wichtigsten. Erstens der Predigt; schon als sie sich in Vicenza trennten, hatten sie sich das Wort gegeben, hauptsächlich für das gemeine Volk zu predigen, mehr darauf zu denken, Eindruck zu machen als durch gewählte Rede zu glänzen; so fuhren sie nunmehr fort. Zweitens der Beichte, denn damit hängt die Leitung und Beherrschung der Gewissen unmittelbar zusammen; in den geistlichen Übungen, durch welche sie selber mit Ignaz vereinigt worden, besaßen sie ein großes Hilfsmittel. Endlich »dem Unterricht der Jugend; hierzu hatten sie sich gleich in ihren ersten Gelübden durch eine besondere Klausel verpflichten wollen, und obwohl dieses da nicht durchgegangen war, schärften sie es doch in ihrer Regel auf das lebhafteste ein: vor allem wünschten sie die aufwachsende Generation zu gewinnen.

      Als Ignatius starb (1556), zählte seine Gesellschaft, die römische ungerechnet, dreizehn Provinzen. Schon der bloße Anblick zeigt, wo der Nerv derselben war. Die größere Hälfte, sieben, gehörte der pyrenäischen Halbinsel und ihren Kolonien an. In Kastilien waren zehn, in Aragon fünf, in Andalusien nicht minder fünf Kollegien; in Portugal war man am weitesten, man hatte zugleich Häuser für Professen und Novizen. Der portugiesischen Kolonien hatte


Скачать книгу