Römische Geschichte. Cassius Dio

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Römische Geschichte - Cassius Dio


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zürnte, sondern seine Beute unter jenes Namen als Weihegeschenk stehen ließ.

      207. Im Jahr 614 (141 v.Chr.).

      Pompeius49 war in vielen Unternehmungen unglücklich und zog sich großen Schimpf zu. Er wollte einen Fluss, der durch das Land der Numantiner floss, aus seinem alten Bett ab- und auf ihre Felder leiten und führte es zwar mit vielen Anstrengungen durch, verlor aber viele Leute und brachte mit dieser Ableitung den Römern keinen Vorteil und jenen keinen Schaden.

      208. Im Jahr 614 (141 v.Chr.).

      Caepio50 tat gegen die Feinde nichts, das der Rede lohnte, die Seinen aber behandelte er aufs Härteste, sodass er von ihnen beinahe umgebracht worden wäre. Denn da er auch gegen die anderen, namentlich aber gegen die Ritter mit ungebührlicher Strenge verfuhr, taten ihm viele besonders bei Nacht mancherlei Schabernack und streuten lose Reden gegen ihn aus, und je mehr er sich ärgerte, desto mehr neckten sie ihn, um ihn aufzureizen. Wie nun die Sache an den Tag kam und doch keiner sie getan haben wollte, warf er den Verdacht auf die Ritter, weil er aber auf niemanden die Schuld bringen konnte, wollte er sie alle seinen Zorn entgelten lassen und befahl ihnen, 600 an der Zahl, nur von Reitknechten begleitet, über den Fluss, an dem sie ihr Lager hatten, zu setzen und von dem Berg, auf welchem Viriatus stand, Holz zu holen. Weil die Gefahr für alle augenscheinlich war, baten ihn die Tribunen und die Legaten, sie nicht zugrunde zu richten. Die Ritter warteten eine Weile, ob er auf jene hören würde, als er aber darauf bestand, hielten sie es für unwürdig, ihn selbst zu bitten, so sehr er dies auch wünschen mochte, und wollten lieber sterben, als ihm gute Worte geben und zogen aus, den Befehl zu vollziehen. Mit ihnen zog die Reiterei der Bundesgenossen nebst anderen Freiwilligen. Sie gingen über den Fluss, fällten das Holz und häuften es rings um das Feldherrnzelt, um ihn zu verbrennen; und er wäre auch verbrannt worden, wenn er sich nicht durch die Flucht gerettet hätte.

      209. Als Gesandte der Numantiner kamen, empfingen sie die Römer außerhalb der Mauer, um nicht den Schein zu erwecken, als ob sie den Frieden bestätigten, schickten ihnen jedoch Gastgeschenke, um ihnen nicht die Hoffnung auf einen Frieden zu nehmen. Die Freunde des Mancinus stellten die Notwendigkeit des Vertrags vor, wie viele Römer dadurch gerettet wären und wie sie alle ihre früheren Besitzungen in Spanien noch besäßen, und meinten, nicht ihre eigene gegenwärtige Gefahrlosigkeit, sondern die damalige Gefahr der Soldaten, nicht was geschehen sollte, sondern was möglicherweise geschehen könnte, müsste man bedenken. Die Numantiner ihrerseits sprachen viel von ihrer früheren Ergebenheit gegen jene, von dem an ihnen verübten Unrecht, das sie zum Krieg gezwungen hätte, und von der Treulosigkeit des Pompeius und wollten dafür Dank, dass sie Mancinus und seinen Leuten das Leben geschenkt hätten. Die Römer aber erklärten den Vertrag für ungültig und beschlossen die Auslieferung des Mancinus an die Numantiner.

      210. Als Scipio gegen die Spanier kämpfte, fürchteten sich die Barbaren vor ihm und brachten ihren König Boriantus (Viriatus) um. Einige derselben kamen zu Scipio und verlangten von ihm, für ihre Tat belohnt zu werden; dieser aber antwortete, dass es bei den Römern nirgends Sitte sei, meuchlerische Angriffe der Untergebenen auf das Leben ihrer Anführer gutzuheißen. [Die Barbaren brachten ihren Herrscher Boriantus um, kamen und verlangten von Scipio für ihre Tat belohnt zu werden. Scipio aber antwortete, dass es bei den Römern nirgends Sitte sei, meuchlerische Angriffe der Untergebenen auf das Leben ihrer Anführer gutzuheißen.

      211. Im Jahr 618 (137 v.Chr.).

      Der Zensor Appius Claudius hätte aus Strenge viel Ungebühr begangen, wenn ihn nicht sein Amtsgenosse Quintus [Fulvius] daran gehindert hätte. Denn dieser als von sanftem und ganz entgegengesetztem Charakter, widersetzte sich ihm nicht mit Leidenschaft, sondern gab ihm hin und wieder nach und wusste ihn durch freundliche Behandlung so zu leiten, dass er nur selten mit Heftigkeit einschritt.

      212. Publius Furius nahm Quintus Pompeius und Quintus Metellus, obgleich sie gegen ihn und unter sich feindlich gesinnt waren, als Legaten mit, um sich von den Taten, die er verrichten wollte, einen sicheren Beweis zu verschaffen und sie wider ihren Willen zu Zeugen seiner Tapferkeit zu machen.

      213. Tiberius Gracchus brachte den römischen Staat in große Verwirrung, obgleich er durch seinen Großvater Africanus aus einem der ersten Häuser stammte und einen desselben würdigen Charakter besaß, sich auch durch wissenschaftliche Bildung und hohe Gesinnung auszeichnete. In je höherem Grade sich dies alles bei ihm fand, umso mehr wurde er zum Ehrgeiz hingerissen. Nachdem er einmal vom Pfad des Guten gewichen war, geriet er, ohne es selbst zu wollen, immer mehr auf Abwege. –

      Denn als ihm51 der Triumph über Numantia verweigert worden war und er selbst, der auf eine ehrenvolle Anerkennung seiner dabei geleisteten Dienste gehofft hatte, sich nicht nur getäuscht sah, sondern sogar Gefahr lief, ausgeliefert zu werden, überzeugte er sich, dass bei Beurteilung der Taten nicht auf den wahren Wert der Leistungen an sich, sondern auf zufällige Umstände Rücksicht genommen werde, und verließ diese Bahn des Ruhms als unsicher. Da er aber gleichwohl auf irgendeine Weise sich emporzuschwingen strebte und dies eher durch die Menge als durch den Senat zu erreichen glaubte, schloss er sich dem Volk an.

      214. Marcus Octavius wurde aus verwandtschaftlicher Eifersucht freiwillig ein Gegner des Gracchus. Nun galt nirgends mehr Mäßigung. Mehr darauf bedacht, einander zu besiegen als dem Gemeinwesen zu nützen, erlaubten sie sich, wie in einer Alleinherrschaft und nicht in einer Demokratie, viele Gewalttätigkeiten und erlitten, als wären sie im Krieg und nicht im Frieden, mancherlei Unbilden. Denn bald zogen sie einzeln, bald mit zahlreichem Anhang unter kränkenden Schmähungen und wirklichen Kämpfen nicht nur in der übrigen Stadt, sondern selbst in der Curie und in der Volksversammlung gegeneinander los. Zum Vorwand nahmen sie das Gesetz, in der Tat aber griffen sie nach allem anderen, um in nichts einander einen Schritt weit zu weichen. So ging auch sonst nichts seinen gewöhnlichen, ordentlichen Gang; die Obrigkeiten setzten aus, die Gerichte standen still, Handel und Wandel stockten. Allenthalben herrschten Verwirrung und Unordnung; Rom hieß bei ihnen noch eine Stadt, war aber ein förmliches Feldlager.

      215. Gracchus gab Gesetze zugunsten derer, die vom Volk Kriegsdienste taten, übertrug das Richteramt vom Senat auf die Ritter und knetete und warf alles Bestehende durcheinander, um sich daraus einige Sicherheit zu verschaffen. Als ihm aber auch dabei nichts gelang, seine Amtszeit zu Ende ging und er sich mit Niederlegung desselben seinen Feinden preisgegeben sah, bemühte er sich, sich auch für das folgende Jahr mit seinem Bruder zum Volkstribun, seinen Schwiegervater Appius Claudius aber zum Konsul wählen zu lassen, und ließ es für diesen Zweck nicht an Worten und Versprechungen fehlen. Oft legte er sogar Trauerkleider an und führte seine Mutter und seine Kinder vor das Volk, um mit ihm zu flehen.

      216. Im Jahr 625 (129 v.Chr.).

      Publius Scipio Africanus hatte mehr Ehrgeiz, als ziemlich war oder mit seinen sonstigen Vorzügen übereinstimmte, und doch freute sich niemand selbst von der Gegenpartei über seinen Tod,52 auch wünschten sie ihn, obgleich sie ihn für ihren größten Widersacher hielten, zurück. Denn sie sahen, dass er dem Gemeinwesen gut anstand, und befürchteten auch für sich nichts Schlimmes von ihm. Mit seinem Fall sank wieder die Macht der Nobilität, sodass die Landverteiler ungestraft ganz Italien, sozusagen, plündern durften.

      Dies scheinen auch die Menge von Steinen, die vom Himmel auf einige Tempel fielen und mehrere Menschen töteten, und die Tränen Apollos vorbedeutet zu haben. Denn er weinte – weinte drei Tage lang, sodass die Römer auf den Rat der Wahrsager beschlossen, seine Bildsäule zu zerschlagen und ins Meer zu werfen.

      217. Gaius Gracchus hatte dieselben Grundsätze wie sein Bruder, nur dass dieser von der Tugend in Ehrgeiz und von diesem auf die Abwege des Lasters geriet; er dagegen, von Natur ein unruhiger Kopf, handelte aus freier Entschließung schlecht. Als Redner übertraf er ihn weit, zeigte aber deswegen auch in seinen Anschlägen mehr Bosheit, in seinen Unternehmungen mehr Kühnheit und größere Anmaßung in allem, was er tat. Er war der Erste, der während seiner Reden an das Volk auf- und niederging, der Erste, der den Arm entblößte, sodass seit ihm keines von beiden mehr für unanständig galt. Da er mit großer Gedrängtheit der Beweise und mit viel Nachdruck der Worte sprach und oft so hingerissen wurde, dass er auf ganz anderes abschweifte, als er sagen wollte, nahm er einen Flötenspieler mit sich, nach dessen Takt er sich stimmte und mäßigte. Und wenn er


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