Coltkampf am Rio Grande: Western Exklusiv Sammelband 7 Romane. Pete Hackett

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Coltkampf am Rio Grande: Western Exklusiv Sammelband 7 Romane - Pete Hackett


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den man Alfredo nannte. Aber nicht einmal Gomez vermochte sich zu erinnern, so einen Mann zu kennen.

      Corcoran setzte sich neben den Vormann und lehnte den Rücken gegen die kalte Kellerwand.

      »Was gibt es denn gewöhnlich zu essen?«, fragte Rizzos.

      Gomez wühlte im Stroh herum und brachte ein paar Blechnäpfe zum Vorschein. »So eine Tasse Suppe.«

      »Habt ihr auch Löffel?«

      »Nein. Die sind für die Suppe nicht nötig. Aber Sie haben ja noch allerhand zuzusetzen. Das hält Sie schon auf den Füßen, bis Sie an der Reihe sind.«

      »Was heißt das?« Rizzos richtete sich zu seiner imposanten Größe auf.

      Sie starrten ihn alle mit zusammengepressten Lippen an.

      »Können Sie sich das wirklich nicht denken?«, fragte Manuela in die Stille. »Hier ist noch nie einer lebend wieder bis auf die Straße gekommen. Das spielt sich alles im Inneren ab.«

      Rizzos griff sich an den Hals.

      »Ja«, sagte das Mädchen. »Draußen kursieren die wildesten Gerüchte über dieses Verlies. Aber niemand weiß etwas. Und wer es je erfährt, kann es draußen nicht mehr erzählen.«

      »Wie … wie oft holt man denn jemanden?«, fragte Corcoran schweratmend und heiser.

      »Der letzte war vor vielleicht vier oder fünf Tagen an der Reihe. Wir haben hier unten das rechte Zeitgefühl verloren, Señor.«

      »Ein Campesino?

      »Nein. Ein kleiner Taschendieb, der in der Bodega aufgegriffen wurde. Wir Campesinos leben bis jetzt alle noch. Vielleicht will der Gobernator uns aufsparen, bis alle beisammen sind.«

      »Kommt er selbst hierher?»

      »Zweimal haben wir ihn gesehen. Oben, am Gitter. Aber er sprach nicht mit uns.«

      Rizzos setzte sich auf die Treppe. Dwarf rückte neben ihn.

      »Jetzt sehen wir ziemlich alt aus, was, Großer?«

      »Plagt dich der Galgenhumor?«

      »Scheint so.«

      John Corcoran tastete an der Wand entlang. Sie bestand aus festgebranntem Lehm. Er nahm einen Napf und kratzte damit an einer Stelle, aber er vermochte nur staubfeine Schichten zu lösen.

      »Es ist eine Mauer dahinter«, erklärte Gomez ungefragt. »Wir haben keinerlei Werkzeuge, sie zu durchbrechen.«

      Corcoran ließ den Napf aus der Hand fallen. »Sie dachten auch schon daran, einen Tunnel zu graben?«

      »Es war mein erster Gedanke, als ich hier landete. Hinten, in der Latrine wollte ich es versuchen. Dahin gehen die Wächter nie. Das stinkt ihnen zu sehr.«

      »Mit anderen Worten, es besteht keine Möglichkeit für uns, einen Selbstbefreiungsversuch zu unternehmen?«

      »Nein, Señor, keiner.«

      Corcoran lehnte sich wieder gegen die weiße, kalte Wand.

      »Soll ich für euch tanzen?«, fragte Manuela. »Es bringt euch ein bisschen auf andere Gedanken.«

      »Hör auf!«, kommandierte Gomez barsch. »Wir wollen nicht abgelenkt werden. Es ist besser, dem Schicksal gerade ins Auge zu sehen!«

      Das Mädchen setzte sich neben Chet. »Du bist wirklich verheiratet?«

      »Ja.«

      »Schade. Du gefällst mir. Ich hätte so gern davon geträumt, diesen stinkenden Keller doch noch einmal verlassen und mit einem Mann über die Grenze flüchten zu können.«

      »Such dir doch einen anderen für den Traum. Wo die Grenze ist, weiß von uns jeder.«

      »Natürlich. Es gibt ja im Norden auch nur noch einen Fluss, der um diese Jahreszeit sichtbar Wasser führt. – Ist sie hübsch?«

      »Ja.«

      »Jung?«

      »Auch.«

      »Du solltest ihr noch einmal schreiben.«

      »Wir haben weder Papier, noch Tinte, noch einen Boten!«, schimpfte Gomez.

      Eine Tür klappte. Stiefel polterten durch den Gang.

      Sie standen alle auf und blickten nach oben. Zwei Soldaten erschienen am Gitter.

      Corcoran lief die Treppe hinauf. »Melden Sie dem Gobernator, dass ich ihn sprechen will! Sagen Sie ihm, ich wäre amerikanischer Staatsbürger und bestünde darauf, einen Anwalt aus Texas zu bekommen!«

      »Scher dich weg.« Der eine Soldat stieß sein Gewehr zwischen die Gitterstäbe.

      Corcoran wurde getroffen, verlor den Halt, konnte sich aber eine Stufe tiefer fangen.

      »Bringt die Lampe herauf, ihr kriegt sie gefüllt!«

      Gomez hängte die Sturmlaterne von der Wand ab und kam die Treppe herauf. Sie war so mickrig, dass er sie zwischen den Stäben hindurch in den Gang reichen konnte. Der Soldat löschte sie, schraubte den Behälter auf und stellte sie auf den Boden. Der andere hatte eine Blechkanne mitgebracht, aus der er sie füllte.

      »Sagen Sie dem Gobernator, dass ich ihn sprechen will und einen Anwalt aus Texas verlange!«

      Corcorans Worte hallten im Gewölbe wie höhnisches Gelächter nach.

      Die Lampe wurde verschraubt, angezündet und durch das Gitter gereicht.

      »Danke, Hoheit«, sagte Gomez hämisch.

      Die beiden Soldaten wandten sich ab.

      »Ich will den Gobernator sprechen!«, rief Corcoran. »Dieser Teniente sagt die die Unwahrheit!«

      Die Tür fiel polternd zu.

      Gomez blickte den Rancher an. »Tut mir leid für Sie, Señor. Aber denken Sie doch richtig darüber nach. Von uns hier hat keiner ein Verbrechen begangen.«

      Corcoran wischte sich über die Stirn und setzte sich auf die Treppe.

      Gomez stieg hinunter und hängte die Funzel an den Holzdorn, der in ein Wandloch getrieben war.

      10

      Das Arbeitszimmer des Gobernators war groß wie eine Halle. Ledersessel mit Mahagonirahmen standen in langen Reihen rechts und links an den Wänden. Der Raum verfügte über vier hohe Fenster. Ein Schreibtisch von vier Yard Breite stand ziemlich in der Mitte. Ein paar Aktenordner, in Leder gebunden und goldbedruckt, lagen rechts und links der Marmorutensilien zum Schreiben, die einen ungebrauchten Eindruck machten.

      Der hochgewachsene, bärenhafte Don Esteban stand dahinter und stemmte die Fäuste auf die polierte Platte. Sein langes Pferdegesicht reckte sich vor, und sein kalter Blick war auf Teniente Carras gerichtet, der ihm gegenüber am liebsten im Boden versunken wäre.

      Don Esteban war ein fein gekleideter Mann; weißes Rüschenhemd, schwarze Samthose mit eingesetzten roten Keilen, eine breite Schärpe um die Hüften und eine schwarze, mit Silberstickerei verzierte Weste am Oberkörper. Ein Revolverholster war am Hosengurt unter der Schärpe befestigt. In ihm steckte eine schwere, vernickelte Waffe amerikanischer Herkunft. Das schwarze Haar war glatt zurückgekämmt, nur die angegrauten Schläfen besaßen nicht diese glatte, anklebende Strenge, vermochten den Anblick des Gobernators jedoch nicht freundlicher erscheinen zu lassen.

      An der Seite des Schreibtisches stand Don Sancho Perez, fünfunddreißig Jahre alt. Er hatte ungewöhnlich lange Beine, auf denen ein kurzer, beinahe kugelrunder Körper saß. Der melonenförmige Kopf mit dem schwammigen Gesicht schien direkt zwischen den Schultern zu sitzen. Kleine Schweinsaugen blickten böse auf den Soldaten. Das spärliche Haar des kaum männlich wirkenden Don Sancho war kunstvoll auf dem Schädel verteilt, ohne die kahlen Stellen alle verdecken


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