Coltkampf am Rio Grande: Western Exklusiv Sammelband 7 Romane. Pete Hackett
Читать онлайн книгу.wollte sich ausschließen und nur dabeistehen wie das fünfte Rad am Wagen.«
»Es interessiert mich wirklich nicht.«
»Sie sollten uns dankbar sein.« Ein kleiner, stoppelbärtiger alter Mann näherte sich. »Er hat auch Sie in diese verteufelte Lage gebracht.«
»Ich hasse diese Art von Faustrecht, die dem anderen keine Chance zur Gegenwehr lässt. Ich hasse sie genauso sehr wie Carras‘ Art, Menschen ins Unglück zu stürzen.«
»Das ist Ihre Sache.« Gomez ging zurück. »Fasst mit an!«
Der Tote wurde von mehreren Männern durch das Verlies getragen und die Treppe hinaufgebracht. Sie ließen ihn die steile Stiege hinunterrutschen. Zusammengekrümmt blieb er am Fuß der Treppe liegen.
Die Gefangenen kehrten zu ihrem Strohlager zurück.
»So lassen wir ihn liegen«, entschied Gomez. »Es sieht aus, als habe er sich das Genick gebrochen. Lange kann es nicht mehr dauern, dann macht die Wache ihren Rundgang.«
Chet versuchte zu schlafen, aber es gelang ihm nicht. Immer wieder musste er auf die verrenkte Gestalt blicken. Er konnte den Hass der Campesinos begreifen, ihre Handlungsweise dennoch nicht verstehen. Sie waren zu wilden Tieren geworden und wussten es nicht.
Irgendwann kamen die Wachen. Ihre harten Schritte, das Sporenrasseln und Klappern aneinanderschlagender Waffen drang bis in den Keller herunter.
Dann Stille. Alle blickten gespannt auf den Toten und warteten mit angehaltenem Atem.
»Der Capitan soll kommen!«
Ein Mann hastete durch den Gang. Der andere repetierte sein Gewehr und richtete es ins Verlies herunter.
Eine Minute später rannten weitere Wächter herein. Adjutant Capitan Vicente befand sich unter ihnen, griff nach den Gitterstäben und schaute herunter. Ein Soldat bekreuzigte sich unauffällig im Hintergrund.
Vicente brauchte eine Weile, bis er sich gefasst hatte, die kalten Gitterstäbe loslassen und zurücktreten konnte. »Aufschließen!«
Der Schlüssel raschelte, Eisen schepperte, die Angeln kreischten. Vicente zog den Revolver, spannte den Hammer und stieg die Treppe vor den Soldaten herunter. Auf der letzten Stufe verharrte er und schaute von der zusammengekrümmten Gestalt auf die Gefangenen im Halbdunkel.
»Die Heilige Jungfrau von Guadalupe hat ihn bestraft«, sagte ein kleiner Mann. »Damit ihr alle sehen sollt, dass es noch eine Gerechtigkeit in Chihuahua gibt!«
Vicente erwiderte nichts darauf. Sein Colt war auf die Gefangenen gerichtet, und hinter seinem Kopf jagten sich die Gedanken. »Schafft ihn hinauf und weckt den Gobernator!«, befahl er mit schwerer Stimme.
Vier Soldaten bugsierten den Toten hinauf, der ihnen noch vor wenigen Stunden Befehle erteilte, und von dem sie manche Ungerechtigkeit hatten hinnehmen müssen.
Vicente zog sich zurück, stieg rückwärts die Treppe hinauf und verließ das Gefängnis. Die Tür schlug scheppernd zu und wurde abgeschlossen.
Capitan Vicente schob den Colt ins Holster und verließ den Gang.
13
Gobernator Don Esteban Cuchillo beugte sich über den Toten im Hof. Ein Soldat hielt ihm die Lampe, damit dem Gobernator nichts entgehen sollte.
»Es sah aus, als wäre er die Treppe hinuntergestürzt und hätte sich das Genick gebrochen«, murmelte der Capitan.
Cuchillo hob den Kopf. »Und?«
»Er wurde erdrosselt, Don Esteban. Die Spuren an seinem Hals lassen sich nicht übersehen.«
Cuchillo blickte erneut auf den Toten. »Ich kann keine Spuren von fremder Gewalt erkennen.«
»Doch.«
»Wo, Capitan?« Die Stimme des Gobernators klang schrill.
Vicente wurde es heiß unter der Haut.
»Wo?«, herrschte der Gobernator ihn an, blickte schon auf den nächsten und fragte: »Sehen Sie etwas?«
»Nein, Don Esteban«, versicherte der Soldat.
»Sehen Sie schon Gespenster, Capitan?«
Der Capitan trat zurück.
»Schafft ihn weg!«, kommandierte der Gobernator. »Und schreiben Sie auf, dass er einem Unfall zum Opfer fiel!« Der kalte Blick traf Vicente abermals.
»Zu Befehl, Don Esteban.«
Die Soldaten trugen den Toten weg.
»Ist Ihnen nicht gut?«, erkundigte sich der Gobernator beinahe väterlich besorgt.
»Doch, Don Esteban.«
»Sie sind übermüdet. Wie spät ist es denn?«
»Zwei Uhr.«
»Dann legen Sie sich schlafen. – Haben wir von den Guerillas etwas gehört?«
»Nein.«
»Unsere Leute müssen die Berge im Morgengrauen erreichen. Vielleicht bekommen Sie wenigstens eine Nachricht.«
»Ich habe Teniente Marco Bandera befohlen, sofort einen Kurier zu schicken, wenn er Berührung mit den Bandoleros hat oder etwas von ihnen erfahren kann.«
Der Gobernator nickte, wandte sich ab und ging zum Haupthaus. Don Sancho stand zusammengesunken auf der Türschwelle.
»Geh hinein!«, befahl der Gobernator. »Es ist nichts weiter passiert.«
14
Zehn abgerissene Gestalten umgaben Alfredo Bosque, den hochgewachsenen, breitschultrigen Mexikaner mit dem riesigen schwarzen Sombrero auf dem Kopf.
Sie schauten in die Nebelschwaden über der Ebene, auf denen die Spitzen der Saguaro-Kakteen wie auf einem Wattemeer schwammen.
Die Wärme vertrieb die Nachtkühle rasch und löste die Nebelfelder binnen weniger Minuten restlos auf. Für eine kurze Zeitspanne herrschte so große Klarheit, dass sich weit im Westen ein paar Dächer erkennen ließen.
Noch eine Meile von den Bergen entfernt näherte sich der Reitertrupp. Im ersten Sonnenlicht funkelten Messingknöpfe und Gewehrschlösser, goldene Tressen und Patronenhülsen.
»Na also«, sagte Alfredo Bosque. »Was habe ich euch gesagt? Die müssen kommen. Es bleibt ihnen doch gar nichts weiter übrig.«
»Es sind reguläre Soldaten«, erwiderte einer der abgerissenen Campesinos.
»Und?«
»Keine private Soldateska des Gobernators, Alfredo. Wenn wir die umbringen, haben wir die ganze Republik gegen uns. Nicht mehr nur den Gobernator!«
»Republik ist kein guter Name für das, was Porfirio Diaz aus Mexiko nach der Revolution von Juarez gemacht hat.«
»Ich weiß. Es sind wieder nur die Reichen, die uns auf den Köpfen herumtanzen.«
»Du sagst es.« Alfredo beobachtete die nur langsam näherrückenden Reiter, über denen sie mehr als fünfzig Yards hoch auf einem von Buschwerk bewachsenen Plateau in guter Deckung waren. »Sie unterstehen dem Gobernator und werden alles tun, was er von ihnen verlangt. Das habt ihr doch längst alle am eigenen Leib erfahren.«
»Alfredo hat recht«, sagte ein anderer. »Wir können jetzt nicht mehr zurück!«
»Mich hat der Gedanke nie begeistert, gegen die Soldaten vorzugehen.«
»Du willst aber, dass die Campesinos freikommen?«, fragte Alfredo.
»Werden wir sie wirklich befreien können?«
»Auf jeden Fall versuchen wir es, wie ich es euch versprach. Ihr habt