Coltkampf am Rio Grande: Western Exklusiv Sammelband 7 Romane. Pete Hackett

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Coltkampf am Rio Grande: Western Exklusiv Sammelband 7 Romane - Pete Hackett


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und Manuela verließen die anderen, die wie erstarrt an den kahlen Wänden standen. Sie näherten sich dem Liegenden und beugten sich vor, als sie nur noch wenige Yards von dem Mann trennten.

      »Teniente Carras«, murmelte Gomez.

      »So eine Überraschung«, setzte Manuela hinzu. Sie ging in die Hocke. »Kennst du mich noch, Miguel, du dreckiger Halunke?«

      Der degradierte Offizier kroch zurück, stützte hinter sich die Hände auf und kroch eine Stufe höher.

      Manuela und Gomez folgten im gleichen Abstand.

      »Du kannst mich doch nicht schon vergessen haben, Miguel! Ich bin Manuela. Aus der Bodega gegenüber! Das Kneipenflittchen, das angeblich die Campesinos vor den Steuereintreibern warnte!«

      Carras kroch auf die nächste Stufe.

      »Warum sagst du nichts?« Manuela legte den Kopf schief. »Es wird dir doch nicht die Sprache verschlagen haben?«

      Carras schob sich auf die dritte und gleich darauf auf die vierte Stufe.

      Manuela und Gomez erreichten die Stiege. Das Mädchen hatte sich aufgerichtet.

      Die anderen Gefangenen verließen die Wände und folgten den beiden zur Treppe. Nur John Corcoran, Chet McCoy und die beiden Cowboys blieben zurück.

      Und Carras kroch auf der Treppe Stufe um Stufe höher. Die Gefangenen folgten ihm. Es war wie eine Prozession, die sich unendlich langsam die wenigen Yard bis zum Gitter hinauf quälte, schließlich aber doch dort anlangte.

      Corcoran konnte den degradierten Offizier nicht mehr sehen. Erst, als sich ein paar Männer bückten, als der Pulk förmlich auseinanderbrach, war Carras wieder da und stürzte zum zweiten Mal schreiend die Treppe herunter. Er rollte über den harten Lehmboden und blieb vor den Füßen des Ranchers liegen.

      Die zerlumpten Gestalten kamen die Stiege herunter und bildeten eine neuen Halbkreis.

      Miguel Carras schaute zu John Corcoran wie zu einem Riesen hinauf. Nackte Angst beherrschte ihn, ließ ihn zittern und seine Zähne zusammenschlagen.

      »Keine Angst, ich mache mir an dir die Finger nicht schmutzig«, sagte der Rancher ruhig.

      Gomez beugte sich von der anderen Seite über den Liegenden, der nun nicht mehr weg konnte. »So feine Leute wie der Rancher aus den Staaten sind wir nicht, Carras. Zumal, wo wir an dreckige Hände gewöhnt sind. Das stört uns nicht sehr. Wir greifen in Schlamm oder Jauche, ohne uns zu ekeln. Nicht wahr, das weißt du doch?«

      Teniente Carras atmete keuchend. Schweiß bedeckte sein Gesicht und den Hals. Er saß in der Falle. Es gab kein Ausweichen mehr. Er wollte etwas sagen, sich verteidigen, seine Rolle verharmlosen. Aber der Kloß in seinem Hals ließ keine Worte entstehen.

      »Natürlich wirst du uns gleich vorgaukeln, dass alles nicht so war, wie wir es wissen«, sagte Gomez mit hohntriefender Freundlichkeit. »Das wissen wir doch, Carras. Einer wie du bringt vermutlich nie ein ehrliches Wort über die Lippen. – Hast du gehofft, es könnte dich retten, wenn du die Gringos in die Pfanne haust?«

      Carras Blick traf wieder den Rancher.

      Corcoran wandte sich ab und lief in die Ecke, wo er sich ins raschelnde Stroh setzte.

      Chet folgte seinem Schwiegervater, hockte sich neben ihm an die Wand und zog die Beine an den Körper.

      »Wir machen ihn fertig!«, zischte jemand.

      Carras sprang auf und warf sich mit dem Rücken gegen die Wand.

      Der Halbkreis schob sich zu seinen beiden Seiten bis an die gekalkte Mauer.

      »Ich tat nur meine Pflicht!«, stieß der neue Gefangene schrill hervor.

      »Es war deine Pflicht, falsche Beschuldigungen zu erheben?«, fragte Manuela scharf.

      Carras schien in die Mauer kriechen zu wollen.

      »Die bringen ihn um«, sagte Corcoran leise. »Irgendwann. Zu verlieren haben sie ja nichts mehr.«

      »Vielleicht rechnet dieser Don Esteban damit sogar. Und da Carras Soldat ist, nehmen sie ihm vielleicht eine Arbeit ab.«

      Corcoran meinte ein fernes Klirren zu hören und hob lauschend den Kopf.

      »Reiter verlassen den Innenhof«, sagte Chet.

      Carras warf sich gegen die Menschenmauer, durchbrach sie, rannte bis in die entfernteste Ecke und presste sich dort wieder gegen die kalte Wand.

      »Lasst ihn«, befahl Gomez, als die Männer ihm folgen wollten. »Er soll erst mal verdauen, dass er die Seite gewechselt hat und zu den Verlorenen gehört.«

      Carras rutschte ins Stroh und wischte sich den Schweiß vom Gesicht.

      »Er ist genauso vom Pech verfolgt wie wir«, murmelte Corcoran.

      Sie schauten ihn überrascht an.

      »Was reden Sie?« Manuela kam näher.

      »Er hat sich das Kommando bei dem Gobernator sicher nicht aussuchen können. Und in seiner Angst vor Don Esteban benötigte er andauernd neue Sündenböcke.«

      »Blödsinn!«, schnaufte Gomez. »Dem hat es Spaß gemacht, auf anderen herumzutrampeln!«

      »So ist es!«, stimmte Manuela heftig zu.

      »Lasst ihn trotzdem. Zeigt ihm, dass ihr besser seid!«

      Manuela kam zu dem Rancher und hockte sich neben ihn. »Du hast so ein gutes Herz. Warum bin ich dir nicht früher und unter besseren Umständen begegnet? So einen Mann wie dich habe ich ein Dutzend Jahre lang gesucht. Etwas fürs Herz, verstehst du?«

      »Sei nicht so verbittert, Manuela. Wenn es stimmt, dass keiner je lebend wieder vor diesen Mauern auftaucht, der einmal dahinter war, dann kriegt Carras doch, was er verdient.«

      »Vielleicht wollen wir deshalb bei ihm aber ganz sichergehen«, erwiderte Gomez schleppend.

      Die anderen grinsten finster. Es lenkte sie von der eigenen Not ab, sich mit dem Teniente befassen zu können, der nach Don Esteban ihr schlimmster Feind war und den eine, wie sie meinten günstige, Fügung des Schicksals in ihre Hände spielte.

      Sie würden ihn töten. John Corcoran erkannte es in ihren Augen. Irgendwann in den nächsten Stunden würde sich das Schicksal des Teniente erfüllen. Auf eine grausame Art, der er nicht mehr zu entrinnen vermochte.

      Chet legte sich ins Stroh. »Lasst uns endlich mal ein bisschen schlafen, Leute. Es muss doch schon tiefe Nacht sein!«

      12

      John Corcoran stieß Chet an. Der Vormann erwachte, drehte sich herum und sah, dass der Lampendocht soweit heruntergedreht war, dass nur die Funzel selbst eben noch erkannt werden konnte.

      Stroh raschelte. Ein Keuchen erschallte, dann ein Schrei, der in ein Röcheln überging. Männer schnauften vor Anstrengung, Stiefel scharrten über den Boden.

      Noch einmal ein Röcheln, dann war es sekundenlang still.

      Chet richtete sich auf und sah die Menschen wie einen Klumpen an der Wand. Manuela stand hinter den Leuten und hielt die Hände wie schützend an den Hals. Es sah aus, als wäre sie in Sorge, jemand könnte sie anfallen und versuchen, sie zu erdrosseln.

      Der Klumpen löste sich auf. Nur eine Gestalt blieb reglos auf dem Boden liegen. Gomez wandte sich um und schaute zu Chet herunter.

      Corcoran stand auf, ging zur Lampe und drehte den Docht höher. Die Helligkeit verdreifachte sich. In der reglosen Gestalt war Carras zu erkennen. Der Rancher ging hin, beugte sich über die Gestalt und schaute dann in der Runde herum.

      »Wollen Sie wissen, wer ihm die Luft abgeschnürt hat?«, fragte Gomez.

      »Nein.« Corcoran kehrte zu Chet und den inzwischen ebenfalls munter


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