Das Evangelium nach Lukas. Ambrosius von Mailand

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Das Evangelium nach Lukas - Ambrosius von Mailand


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Heiland frohlockt hat". Der Herr läßt sich nämlich ‚groß machen'; so heißt es auch an einer anderen Stelle: „Macht mit mir groß den Herrn!"279 Nicht als ob Menschenwort dem Herrn etwas hinzufügen könnte, sondern weil in uns seine Größe kund wird. Das Bild Gottes ist nämlich Christus280, darum macht die Seele mit jedem rechten und frommen Handeln dieses Bild Gottes, dem sie nacherschaffen ist, in seiner Größe offenbar; darum hat sie, während sie dasselbe in seiner Größe offenbart, an dessen Größe teil und wächst an Erhabenheit, so daß sie jenes Bild mit der leuchtenden Farbe der guten Werke und gleichsam durch eifernde Nachahmung seiner Tugendschöne in sich darzustellen scheint. ‚Groß macht' aber die Seele Marias den Herrn und froh jubelt ihr Geist in Gott, weil sie mit Seele und Geist281, dem Vater und dem Sohne hingegeben, frommen Sinnes den einen Gott, aus dem alles ist, und den einen Herrn, durch den alles ist282, verehrt.

       28.

      [Forts. ] Als Folge ergibt sich für Maria283: Je besser sie persönlich ist, um so größer ist ihre prophetische Erfüllung. Und es scheint nicht umsonst Elisabeth vor Johannes und Maria vor der Geburt des Herrn zu weissagen; denn schon regen sich die Anfänge des menschlichen Heiles. Wie nämlich die Sünde vom Weibe ausging, so nehmen auch die Heilsgüter vom Weibe ihren Anfang: auch Frauen legen weibischem Tun entsagend die Schwachheit ab, und die Seele, die geschlechtslose, eifert wie Maria, die sündelose, frommen Eifers keuschem Wandel nach.

       29.

      „Es blieb aber Maria drei Monate bei ihr und kehrte dann in ihr Haus zurück"284. Mit Recht hebt der Bericht von der heiligen Maria hervor, wie sie einerseits den Liebesdienst geleistet, andererseits hierbei eine mystische Zahl eingehalten habe. Der Grund ihres Verbleibens285 war ja nicht allein Gefälligkeit, sondern auch die Vervollkommnung des großen Propheten. Wenn nämlich schon mit ihrem ersten Eintreten ein solcher Gnadenfortschritt statthatte, daß auf den Gruß Marias das Kind freudig im Schoße aufhüpfte, die Mutter des Kindes aber vom Heiligen Geiste erfüllt ward, welche weitere Förderung, glauben wir, mußte nicht im Laufe einer so langen Frist die Anwesenheit der heiligen Maria zur Folge haben? „Es blieb aber Maria drei Monate bei ihr." So wurde der Prophet im Mutterschoße gesalbt und zum guten Kämpfer geschult; denn für einen gar gewaltigen Kampf ward seine Kraft gestählt. ― Solange endlich blieb Maria, bis „für Elisabeth* die Zeit sich erfüllte*, daß sie gebären sollte". Bei genauem Zusehen wirst du diese Wendung nirgends außer bei der Geburt von Gerechten gebraucht finden. So denn „erfüllten sich die Tage, daß Maria gebären sollte"286, „erfüllte sich die Zeit, daß Elisabeth gebären sollte"287, erfüllte sich die Lebenszeit, da heilige Männer von diesem Lebenslauf scheiden mußten. Eine Fülle weist nur des Gerechten Leben auf, die Tage der Gottlosen sind leer.

       30.

      „Es gebar nun Elisabeth einen Sohn, und ihre Nachbarn. . . freuten sich mit ihr"288. Die Geburt von Heiligen bedeutet Freude für die Vielheit. Sie ist nämlich ein Gemeingut; denn die Gerechtigkeit ist eine gemeinnützige Tugend. Darum leuchtet zum voraus über der Wiege des Gerechten (Johannes) ein Anzeichen des künftigen Lebens auf und deutet die Freude der Nachbarn vorbildlich schon auf den späteren Tugendglanz. ― Wohl am Platze aber ist die genaue Angabe der Zeit, wie lange der Prophet im Mutterschoße lag, um Marias Anwesenheit nicht mit Stillschweigen zu übergehen. Dagegen verlautet über die Zeit seiner Kindheit nichts, weil er, den hemmenden Schwächen der Kindheit enthoben, infolge der Anwesenheit der Mutter des Herrn erstarkte. Wir lesen darum im Evangelium außer seiner Geburt und der Weissagung über ihn, seinem freudigen Aufhüpfen im Mutterschoße und der Stimme in der Wüste nichts über ihn; er, der über die Natur, über das (Kindes-) Alter erhaben im Mutterschoße liegend vom vollendeten „Altersmaß der Fülle Christi"289 seinen Anfang nahm, bekam eben vom Kindesalter nichts zu kosten.

      3. Namengebung des Täufers. Lobgesang des Zacharias, Luk. 1, 59―79

      

       Der Name ‚Johannes' der Elisabeth geoffenbart; die göttliche Namengebung ein Privilegium der Heiligen (31). Zacharias bekräftigt den Namen; der Glaube öffnet ihm und uns den Mund (32). Gottes positive Gnadenerweise an Zacharias (33). Die Apostrophe des achttägigen Täufers im Lobgesang des Zacharias (34). Der Frauen Weissagungen kurz: sie sollen lernen, nicht lehren (35).

       31.

       „Und seine Mutter nahm das Wort und sprach: Nein, sondern Johannes soll er heißen! Und sie erwiderten ihr: Es ist doch niemand in deiner Verwandtschaft, der diesen Namen hat. Sie winkte also seinem Vater, wie er ihn nennen lassen wolle. Und er nahm ein Täfelchen und schrieb die Worte darauf: Johannes ist sein Name! Und sie verwunderten sich alle. Sogleich aber ward seine Zunge gelöst und sein Mund aufgetan und er redete und lobte Gott "290.

      Recht bemerkenswert glaubte der heilige Evangelist vorausschicken zu müssen, daß die große Mehrzahl meinte, man solle das Kind nach dem Namen des Vaters benennen291. Es soll hieraus ersichtlich werden, daß der Mutter der Name nicht etwa wegen irgendeines unwürdigen Namensträgers mißfiel, sondern daß ihr durch den Heiligen Geist der Name eingegeben wurde, der vorher schon vom Engel dem Zacharias kund gegeben ward. Dieser war zwar stumm und konnte der Gattin den Namen des Sohnes nicht angeben; vielmehr erfuhr Elisabeth durch prophetische Eingebung, was sie vom Manne nicht erfahren hatte. „Johannes ist sein Name", d. i. nicht wir legen ihm den Namen bei, nachdem er bereits von Gott den Namen empfangen hat. Er hat bereits seinen Namen, wir brauchen ihn nur anerkennen, nicht auswählen. Dieses Vorzugs erfreuen sich verdiente Heilige, daß sie von Gott den Namen empfangen. So erhält Jakob den Namen Israel292, weil er Gott schaute. So empfing unser Herr schon vor der Geburt den Namen Jesus; und nicht ein Engel, sondern der Vater legte ihm den Namen bei: „Denn es wird offenbar werden, heißt es, mein Sohn Jesus mit jenen, die mit ihm teilhaben werden an der Freude, die übrig geblieben sind während vierhundert Jahren. Und es wird geschehen nach diesen Jahren und sterben mein Sohn Christus und sich bekehren die Welt"293. Da siehst du, daß Engel294 nur verkündigen, was sie vernommen, nicht was sie ersonnen haben. Auch ist es nicht zu verwundern, wenn die Frau auf einem Namen besteht, den sie nicht zu hören bekommen hat; denn es offenbarte ihr denselben der Heilige Geist, der auch den Engel beauftragt hatte. Sie konnte auch gar nicht in Unkenntnis sein über den Vorboten des Herrn, nachdem sie Christus prophetisch verkündet hatte.

       32.

      Mit Recht wird beigefügt, daß niemand in seiner Verwandtschaft diesen Namen trug, zum Beweis, daß er kein Familienname, sondern ein Prophetenname war. Auch den Zacharias fragt man durch Zuwinken295. Doch da ihm seine Ungläubigkeit Sprache und Gehör geraubt hatte, brachte er handschriftlich zum Ausdruck, was er in Worten nicht auszudrücken vermochte. „Er schrieb nämlich die Worte darauf: Johannes ist sein Name." Auch hier wird der Name nicht erst gegeben, sondern bestätigt. Und mit Recht „ward sogleich seine Zunge gelöst"; denn der Glaube löste sie, nachdem der Unglaube sie gebunden hatte. Laßt darum auch uns glauben, daß wir reden können!296 daß unsere Zunge, die das Band des Unglaubens bindet, durch das Wort der Vernunft297 gelöst werde! Laßt uns im Geiste die Geheimnisse schreiben, wenn wir reden wollen!298 Laßt und den Vorboten Christi „nicht auf steinerne Tafeln, sondern in des Herzens Tafeln auf Fleisch schreiben!"299 Denn wer ‚Johannes' spricht, weissagt Christus. So laßt uns ‚Johannes', laßt uns ‚Christus' sprechen, daß auch uns der Mund geöffnet werden kann, dem der schwankende Glaube in einem so großen Priester gleich einem unvernünftigen Tiere Zügel anlegte!

       33.

      [Forts. ] * „Und Zacharias, sein Vater, ward erfüllt mit dem Heiligen Geiste und weissagte und sprach"*300. Sieh, wie gut Gott ist und wie bereit zur Nachlassung der Sünden! Er gibt nicht bloß die verlorenen Gaben zurück, sondern unverhoffte hinzu. Der eben noch Stumme weissagt. Eine Großtat


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