Das Evangelium nach Lukas. Ambrosius von Mailand

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Das Evangelium nach Lukas - Ambrosius von Mailand


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an die alten Vergehungen die Zuversicht auf die göttlichen Belohnungen! Es weiß Gott sein Urteil zu ändern, wenn du dein Vergehen gutzumachen weißt.

       34.

      „Und du, Knabe, wirst ein Prophet des Höchsten genannt werden"301.

      Geziemend richtete Zacharias, da er vom Herrn weissagte, seine Worte an den Propheten, um auch damit auf einen Gnadenerweis des Herrn hinzudeuten; um nicht als undankbar zu erscheinen, wenn er bei der öffentlichen Aufzählung der Gnadenerweise die eigenen, die er empfangen hatte und im Sohn erkannte, verschwiege. Doch vielleicht dünkt es manchen töricht und überspannt, daß er ein achttägiges Kind anredete. Wenn es uns um die Wahrheit zu tun ist, muß es uns fürwahr einleuchten, daß das Kind, welches vor seiner Geburt Marias Gruß vernommen, nach seiner Geburt auch des Vaters Stimme zu vernehmen imstande war. Es wußte der Prophet, daß eines Propheten Ohr, das vom Geiste Gottes, nicht mit dem leiblichen Alter erschlossen wird, anders hört; es hatte das Kind wie Gefühl für Freude so Sinn für geistiges Verstehen.

       35.

      [Forts. ] Auch das beachte zugleich, wie wenig Worte Elisabeths Weissagung, wie viele die des Zacharias umfaßt. Beide zwar sprachen vom Heiligen Geiste erfüllt, doch die Regel bleibt gewahrt, daß das Weib sich befleißigen solle, lieber das Göttliche zu lernen als zu lehren302. Wir finden auch schwerlich eines, dessen Weissagung über die der Mutter Gottes an Umfang hinausgegangen wäre. Selbst die Prophetin Maria, die Schwester Aarons, beendete möglichst bald die Worte ihres Lobgesanges303; eben dieselbe aber blieb, da sie zu lange mit dem Bruder plauderte, mit nichten von Strafe für ihr Reden verschont304.

      4. Die Geburt Jesu, Luk. 2, 1―20

      

       Der Zensus des Augustus typisch der Zensus Christi, bezw. der Kirche, darum geistlicher (36), universaler Art (37), der erste seiner Art (38). Christi Geburts-, bezw. der Menschen Erlösungsurkunde im Evangelium weist alle Formalitäten einer profanrechtlichen Urkunde auf (39). Lukas berichtet kurz über die menschliche, Johannes des näheren über die himmlische Geburt Christi (40). Nur die Kindheitsgeschichte Jesu bringt Lukas: Christus unsertwegen ein armseliges Kind (41); die menschliche Hülle birgt seiner Gottheit Fülle. Nicht das Wort, sondern der Sinn der Schrift entscheidet (42). Die Eselin, ein Typus der Heidenwelt, „erkannte ihren Herrn“: die Erkenntniskriterien (43). Die Weisen aus dem Morgenlande. Symbolische Bedeutung ihrer Geschenke (44). Christus der Stern (45). Christus der Weg. Lehre von den zwei Wegen (46). Allen Erdenpilgern winkt das Ziel des Himmelslohnes (47). Die Magier Nachkommen Balaams, Erben seines Blutes und Glaubens (48). Herodes ein Verfolger, aber nicht Leugner der Gottheit Christi; die ermordeten Kinder Opfer und Blutzeugen derselben (49). Die wachenden Hirten Vorbilder der Priester und Bischöfe, bezw. der himmlischen Schutzgeister der Kirche (50). Die dreimalige Engelsendung zur Beglaubigung der Geburt des Herrn (51). Die „Heerschar“ der Engel; ihr Lobgesang kündet die Gottheit des Herrn (52). In Glaubenssachen dürfen weder Person noch Worte der Hirten gering eingeschätzt werden (53). Das Beispiel Marias, der züchtigen, lernenden, schweigenden Jungfrau (54).

       36.

      [Forts. ] * „Es geschah aber in jenen Tagen, da ging vom Kaiser Augustus ein Befehl aus, daß der ganze Erdkreis die Vermögenserklärung abgebe"*305.

      Im Begriff, von der Geburt des Erlösers zu sprechen, halten wir es nicht für unangebracht, die Frage nach der Zeit der Geburt aufzuwerfen. Was hätte denn auch die Erklärung über weltliche Dinge mit der Geburt des Herrn zu tun, wenn wir nicht auch darin ein göttliches Geheimnis erblicken müßten? Unter dem äußeren Vorgang der weltlichen Vermögenserklärung vollzog sich nämlich eine Erklärung geistiger Art, die nicht vor dem Herrscher der Erde, sondern des Himmels abzugeben war. Diese Erklärung betrifft den Besitzstand des Glaubens im Herzen. Nach der Aufhebung des alten Besitzstandes der Synagoge wurde nämlich der neue Besitzstand der Kirche geschaffen, der kein Zwangsverfahren kennen, sondern es beseitigen sollte. Unter dem Typus des Volkes trug die Kirche geistig* ihre* Namen auf Christus ein. Nicht Ländergebiete, sondern das Gebiet des Geistes und Herzens werden hier abgeschätzt, die Grenzen nicht abgesteckt, sondern hinausgerückt und jeglicher ohne Unterschied des Alters eingetragen; denn niemand ist von diesem Zensus befreit, weil jedes Alter Christus tributpflichtig ist. Wimmernde Säuglinge bekennen ihn mit dem Martertod306, Kinder im Mutterschoß bezeugen ihn mit freudigem Aufhüpfen307. Keine Drohung, keine Grausamkeit, kein Leid braucht man bei diesem Zensus besorgen; allein nur der Glaube zeichnet jeden ein. Willst du die Zensoren Christi erfahren? Ohne Rute und Drohung, lautet ihre Anweisung308, sollen sie ihre Forderung erheben, vielmehr freundlich das Volk aufsuchen, das Schwert in die Scheide stecken309, kein Gold in Besitz haben. Durch solche Zensoren ward der Erdkreis gewonnen.

       37.

      Sodann erging, um dich zu überzeugen, daß es sich um einen Zensus nicht des Augustus, sondern Christi handelte, an den „ganzen Erdkreis" der Auftrag, sich aufschreiben zu lassen. Da Christus geboren wird, hat eine allgemeine Aufschreibung statt; da die Welt in Frage steht, steht aller Heil auf dem Spiel. Wer sonst hätte eine Aufschreibung des ganzen Erdkreises fordern können als jener, der die Herrschaft über den ganzen Erdkreis innehat. Denn nicht des Augustus, sondern „des Herrn ist die Erde und was sie erfüllt, der Erdkreis und alle seine Bewohner"310. Auf die Goten erstreckte sich des Augustus Szepter nicht, nicht auf die Armenier: Christi Szepter unterstanden sie; sie mußten doch, nachdem sie Blutzeugen Christi stellten, Christi Amtsträger aufgenommen haben. Und vielleicht werden sie darum, wie die Gegenwart lehrt, Sieger über uns, weil die Arianer die Herkunft dessen, den jene mit der Hinopferung ihres Blutes bekannten, in Frage stellten.

       38.

      [Forts. ] * „Diese Einschreibung war die erste, die erfolgte"*311. Nun aber berichten die Annalen der Geschichte von einer oftmaligen Aufschreibung, die in so manchen Gebietsteilen vorgenommen wurde. Jene nun war „die erste", doch auf geistigem Gebiete, zu der sich, weil es keine Ausnahme gibt, alle zu erklären haben, nicht auf eines Herolds, sondern auf des Propheten Ruf, der längst vorher vorausverkündete: „Ihr Völker alle, klatscht in die Hände, jauchzet Gott mit Jubelschall! Denn hocherhaben ist Gott, furchtbar, ein großer König über die ganze Erde"312. So erschienen denn auch zum Zeichen, daß es sich um den Zensus der Gerechtigkeit handelte, Joseph und Maria hierzu, d. i. der Gerechte313 und die Jungfrau, ersterer zum Schutze des Wortes, letztere zu dessen Geburt. Wo anders sollten der Gerechte und die Jungfrau bekennen als an der Geburtsstätte Christi? Denn „jeder Geist, welcher bekennt, daß Jesus Christus im Fleische gekommen ist, ist aus Gott"314. Wo aber ist nach einer höheren Auffassung die Geburtsstätte Christi als in deinem Herzen und in deiner Brust? Denn „nahe ist das Wort, in deinem Munde und in deinem Herzen"315.

       39.

      Geziemend aber war die Beifügung des Namens des Statthalters zum Zweck chronologischer Näherbestimmung: „Da Cyrinus Statthalter von Syrien war, erfolgte diese erste Aufzeichnung"316. Der Evangelist, wie es scheint, wollte damit zur Besieglung gleichsam den Konsul unserer Schrift beifügen. Denn wenn schon in Kaufverträgen die Konsuln verzeichnet werden, wieviel mehr mußte in der Urkunde über den Loskauf aller das Datum verzeichnet werden! Da hat man nun alles, was in Vertragsurkunden zu stehen pflegt: den Namen des höchsten Amtsträgers an Ort und Stelle, Tag, Ort, Betreff. Zeugen desgleichen werden gewöhnlich beigezogen: auch diese zog Christus für seine Geburt und Menschwerdung zur Beglaubigung des Evangeliums bei, da er sprach: „Ihr werdet mir Zeugen sein in Jerusalem"317.

       40.

      „Es begab sich aber, als sie daselbst waren, erfüllten sich die Tage, daß sie gebären sollte. Und sie gebar den erstgeborenen Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil kein Platz war in jener Herberge"318.


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