EXIT NOW!. Teri Terry

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EXIT NOW! - Teri Terry


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      Doch mir wird auf einmal eiskalt, da hilft auch kein heißer Kakao. Anschläge gleich neben meiner Schule? »Warum machen die das?« Doch im selben Moment erinnere ich mich wieder an Gespräche, die ich mit halbem Ohr gehört habe, düstere Graffiti-Slogans und die Frau, die mit ihren Kindern bei uns am Wagen gebettelt hat. Anarchisten sind gegen die Herrschenden. Gegen die, die ihr Leben bestimmen und es zu dem gemacht haben, was es ist. Habe ich das richtig verstanden? Die wollen die Ordnung zerstören, alles niederreißen.

      »Warum sie das tun, ist für einen rationalen Menschen nicht nachvollziehbar«, antwortet Dad. »Aber keine Sorge, wir haben ihnen ja das Handwerk gelegt. Nun schnappen wir uns noch die Mittelsmänner. A4A wird uns keine Probleme mehr machen.«

      Eine dieser Splittergruppen hat er gesagt. Selbst wenn es der Polizei gelingt, von denen alle zu fassen, was ist mit den anderen Gruppen?

      »Schau nicht so ernst und troll dich ins Bett. Auch wenn morgen kein Unterricht ist, hast du sicher eine Menge zu tun. Wie läuft es mit der Nachhilfe?«

      »Gut. Ava ist okay.«

      »Vielleicht kann sie ja morgen vorbeikommen.«

      Kurz darauf gehe ich schnell auf mein Zimmer, ich renne fast, als könnte ich damit alles hinter mir lassen. Zu viele Dinge schießen mir durch den Kopf, über die ich nicht nachdenken will. Und wenn morgen auch noch die Schule ausfällt, habe ich nichts, was mich ablenken kann. Ich will nicht den ganzen Tag allein sein, aber auf mein übliches Programm habe ich auch keine Lust. Wenn ich Charlize besuche, redet sie bloß über ihre Geburtstagsparty, wahrscheinlich darf ich dann über jede mögliche Kombination von Outfit und Schuhen meine Meinung abgeben. Dass ich eines einfach besser finde als ein anderes, akzeptiert Charlize nicht, ich muss es genau begründen. Das habe ich schon tausende Male gemacht und es kommt mir jetzt so belanglos vor.

      Dad will, dass Ava morgen kommt. Einerseits graut mir davor, mir meinen schulfreien Tag mit Hausaufgaben zu ruinieren, andererseits auch nicht. Hat Dad Avas Nummer oder einer seiner Assistenten? Allerdings haben die wohl gerade andere Sorgen. Wenn ich Dad nicht erinnere, vergisst er es bestimmt wieder.

      Ich schließe meine Zimmertür und hole die Zeichnung von Ava hervor. Es wird, aber noch ist sie nicht fertig. Irgendwas fehlt.

      Da fällt mir ein: Ava hat mir geschrieben! Ich habe doch ihre Nummer!

      Ist es zu spät, ihr zu antworten? Bevor ich meine Meinung wieder ändere, tippe ich: Schön, dass du ok bist. Hab mir Sorgen gemacht. Morgen ist keine Schule. Insider-Info ;) Willst du vorbeikommen?

      Es ist schon nach eins, und ich erwarte keine Antwort mehr, doch während ich mir die Zähne putze, brummt mein Handy.

      Klingt gut.

      Ich klettere ins Bett und decke mich zu. Meine Nachttischlampe ist an, doch der zarte Lichtstrahl kann die nächtlichen Schatten nicht verscheuchen. Die Angst kehrt zurück. Deshalb schalte ich auch noch die Schreibtischlampe ein.

      Ich wickle mich fest in die Decke. Rechts und links extra Kissen, damit es sich wie ein Nest anfühlt. Bumble, der Löwe, passt von hinten auf.

      Doch es reicht noch nicht. Ich kämpfe darum, die Augen offen zu halten. Wenn ich sie schließe, verschwindet alles.

      Es ist dunkel.

      Ich sehe nichts. Ich mache die Augen weit auf, sehe immer noch nichts. Alle Monster dieser Welt könnten neben mir sitzen, ohne dass ich es merke. Und ich weine und habe Angst, unvorstellbare Angst.

      Noch immer kommt keiner.

      Ich will auch nie mehr böse sein. Versprochen. Bitte, bitte bringt mich nach Hause.

      Mit aufgerissenen Augen verfolge ich die Schatten in der Dunkelheit, aber sobald ich danach schlage, ist da nichts. Mein Herz pocht immer schneller und lauter.

       Bitte bringt mich nach Hause …

       AVA

      »Ein Haus, so groß wie das Kolosseum«, sagt Dad und das ist gar nicht mal so übertrieben. Durch das hohe Tor sehe ich eine Parklandschaft und mittendrin eine unfassbar riesige Villa mit drei oder vier Stockwerken. Die gesamte Nachbarschaft ist eingezäunt, abgeschlossen und überwacht. Für die Sicherheitssysteme stehen bestimmt noch extra Notstromgeneratoren bereit und bei Anruf kommt die Polizei sofort.

      Hier sieht es so anders aus als überall sonst.

      Mir ist schlecht. Ich gehöre nicht in diese Welt, aber das wusste ich auch schon vorher. Warum habe ich bloß zugesagt? Die Nachhilfe in der Schule bekomme ich noch irgendwie hin – auch wenn es Sam ist. Die Schule ist für mich wie ein zweites Zuhause, da habe ich irgendwie das Gefühl, noch das Sagen zu haben. Hier wird es mir nicht so gehen.

      Doch nun ist es zu spät. Dad fährt ans Tor heran und drückt auf den Knopf der Gegensprechanlage.

      »Ja?«, fragt jemand.

      »Taxi mit Ava Nicholls.«

      Nach einer Weile öffnet sich das Tor langsam. Zwei Männer stehen vor einem kleinen Wachhäuschen, sie sind bewaffnet. Haben all diese großen Häuser so viel Security, oder liegt es daran, dass Sams Vater Politiker ist?

      Eine der Wachen winkt uns heran und wir fahren durch. Er klopft an meine Scheibe und verlangt nach meinem Ausweis. Aufmerksam studiert er ihn, schaut mich an und nickt, bevor er ihn mir zurückgibt. Dann spricht er in sein Headset.

      Wir warten, dass sich das Tor zur Einfahrt öffnet. Vergebens. Stattdessen tritt eine Frau durch eine Seitentür.

      »Wahrscheinlich habe ich keinen Zugang zum Innersten des Heiligtums.« In Dads Stimme schwingt leichte Verärgerung mit. »Dann mal ab mit dir.«

      Ich hole tief Luft und steige aus, während die Frau auf uns zukommt.

      »Hallo, Ava? Ich bin Penny.« Sie lächelt. »Ich bringe dich ins Haus.« In der Hand hat sie das Geld für die Taxifahrt. Ich sehe Dad an, dass er ablehnen will, aber es ist ein ordentlicher Batzen.

      Ich beuge mich noch mal über den Sitz, um Jacke und Bücher einzusammeln, und sage leise: »Nimm es doch an. Wenn ich mit einem anderen Taxi gekommen wäre, hätten die auch bezahlt.«

      Widerstrebend greift Dad nach den Scheinen. Situationen wie diese, in denen er daran erinnert wird, wie sehr wir das Geld brauchen, verbittern ihn. Sie erinnern ihn an das, was er verloren hat, als seine Abteilung an der Uni geschlossen wurde. Latein und Griechisch zählten plötzlich nicht mehr und Dads Doktortitel war über Nacht wertlos geworden.

      »Melde dich, wenn ihr fertig seid.« Mit starrem Blick winkt er mir zu.

      Ich verschwinde mit Penny hinter dem inneren Tor.

      Penny scheint die angespannte Atmosphäre nicht bemerkt zu haben. Wahrscheinlich gehört sie zu den Menschen, die Taxifahrer nicht wahrnehmen, es sei denn, um mit ihnen über den besten Weg zu streiten. Abschätzig betrachtet Penny meine Jeans und mein T-Shirt. Ich bin ihr wohl auch nicht ganz geheuer. Über den Gartenpfad erreichen wir einen Seiteneingang.

      »Warte mal kurz«, meint Penny und drückt auf die Gegensprechanlage neben der Tür.

      »Samantha, Ava ist hier.«

      »Kannst du sie bitte hochbringen?«, antwortet Sam.

      »Hier entlang«, sagt Penny. Ich folge ihr durch die Tür in den Flur und eine Treppe hinauf. Von hier sehe ich eine weitere geschwungene, reich verzierte Treppe in der Mitte des Hauses, die wohl zum Haupteingang führt. Wir steigen aber andere Stufen hinauf, laufen durch noch einen Flur, und bei all den Zimmern, an denen wir vorbeikommen, verliere ich allmählich den Überblick. Drinnen ist das Haus sogar noch größer, als es von außen scheint. Es gibt hohe Decken, und an den Wänden hängen Bilder, die alle echt wirken. Wie im Museum. Muss seltsam sein, hier zu wohnen. Ob man sich hier je zu Hause fühlt?

      Als wir um eine Ecke biegen, kommt Sam uns entgegen.

      »Hi«,


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