Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


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über sechzig Jahre hatte der Alte immer noch Augen wie ein Adler.

      »Grüß’ Gott, Herr Pfarrer«, begrüßte er Sebastian.

      Theresa, seine Frau, trat aus der Tür, gefolgt von einem wild umherspringenden Hund.

      »Hochwürden, schön, daß S’ uns wieder einmal besuchen«, rief sie.

      »Pfüat euch, ihr zwei«, nickte Sebastian. »Ich wär’ schon viel eher mal gekommen, wenn ich denn die Zeit dazu gehabt hätte.«

      Resl eilte wieder in die Almhütte, um eine Brotzeit vorzubereiten, die natürlich aus Käse und Milch bestand.

      »Euch geht’s gut, hoff’ ich?« erkundigte Pfarrer Trenker sich, während die drei es sich schmecken ließen.

      »Wir können net klagen«, entgegnet Lorenz. »Jetzt ist’s auch noch ein bissel ruhiger. Wenn die Touristen erst einmal kommen, geht’s anders zu, bei uns hier d’roben.«

      »Und wie schaut’s d’runten im Tal aus?« wollte Resl wissen.

      »Ist schon alles in Ordnung bei uns«, erzählte Sebastian. »Bis auf ein paar Kleinigkeiten. Nur eine Sache gibt’s, die mir Sorge macht.«

      Er berichtete von den sich häufenden Autodiebstählen.

      »Na, da sind wir froh, daß wir hier oben nix damit zu tun haben«, meinte Lorenz. »Hier gibt’s kein Auto, das man stehlen könnt’.«

      Er wandte sich an seine Frau.

      »Siehst, Mutter, es hat schon sein Gutes, daß wir uns für die Alm entschieden haben.«

      Resl sah ihren Mann liebevoll an und nickte.

      Der Seelsorger erhob sich.

      »Ja, Leute, es wird Zeit, daß ich mich auf den Rückweg mach’«, sagte er. »Ach, bevor ich’s vergeß, Resl, bitt’schön, pack mir noch was von eurem Käs’ ein. Die Frau Tappert würd’s mir net verzeihen, wenn ich keinen mit heimbrächte.«

      Die Sennerin lief in die Hütte, um den Wunsch des Pfarrers zu erfüllen. Es war ein großes Stück Käse, das sie schließlich brachte. Die beiden alten Leute bestanden darauf, es dem Geistlichen zu schenken und ließen sich nicht davon abbringen.

      »Dann vergelt’s Gott«, bedankte Sebastian sich und packte das Käsestück in seinen

      Rucksack. »Bis zum nächsten Mal.«

      Die Sennersleute winkten ihm hinterher, bis der Seelsorger nicht mehr zu sehen war.

      *

      Kurze Zeit später traf Sebastian auf jemanden, den er hier oben nicht erwartet hätte. Am Rande einer Almwiese hockte Robert Demant auf einem Felsbrocken. Vor ihm stand eine Staffelei im Gras, darauf eine Leinwand.

      Der Kunstmaler war noch am Abend vorher in die Kreisstadt gefahren, nachdem es unmöglich war, in St. Johann eine Leinwand aufzutreiben. In einem Fachgeschäft fand er, was er suchte. Sogar die Staffelei erwarb er dort. Derart ausgerüstet hatte er sich gleich am Morgen auf den Weg gemacht. Da er sich nicht so gut auskannte, hatte er eine Stelle ausgesucht, an der er am Vortag mit Kathie gesessen hatte.

      »Ich grüße Sie«, sagte Pfarrer Trenker, nachdem er den Maler erkannt hatte. »Wie ich seh’, können S’ auch im Urlaub net ohne Pinsel und Palette auskommen.«

      Er warf einen Blick auf das Bild und erkannte das Gesicht einer jungen Frau, das mit wenigen Strichen skizziert war.

      »Ja, es hat mich wieder gepackt«, bestätigte Robert. »Kommen S’, setzen S’ sich einen Augenblick zu mir.«

      Sebastian nahm die Einladung gerne an. Er spürte, daß der Maler den Drang hatte, sich ihm mitzuteilen.

      »Sehen S’, Herr Pfarrer, noch vor ein paar Tagen, da hatte ich das entsetzliche Gefühl einer großen Leere in mir. Irgendwie trat ich auf der Stelle, kam einfach net voran. Meine Kunst interessierte mich net mehr, und die Menschen merkten das natürlich. Allen voran die Kritiker, die kein gutes Haar an mir ließen.

      Dann lernte ich jemanden kennen, und diese Bekanntschaft veränderte mein Leben. Plötzlich wurde mir klar, wieviel mir die Malerei bedeutet, die ich noch vor kurzem so verdammt hatte. Und ich spürte die ungeheure Kraft, die von diesem Menschen ausgeht und mich erfüllt. Ja, ich kann und werde wieder malen. Dieses Bild ist erst der Anfang, aber ein ganz besonderer, denn es ist der Frau gewidmet, die mir mehr bedeutet, als jeder Mensch zuvor.«

      Er sah Sebastian an.

      »Ich war innerlich gestorben, Hochwürden, jetzt können S’ mich wieder unter den Lebenden begrüßen.«

      Pfarrer Trenker hatte einen kurzen Blick auf die Leinwand geworfen. Trotz der wenigen Bleistiftstriche wußte er, wen das fertige Bild später einmal darstellen sollte.

      »Ich freue mich für Sie und für Katharina Lehmbacher«, sagte er. »Sie ist wirklich ein wunderbarer Mensch.«

      »Ja, das ist sie, denn sie hat ein Wunder an mir vollbracht.«

      Er machte eine bittende Geste.

      »Verzeihen S’ mir, Hochwürden, ich weiß natürlich, daß Wunder eher in Ihr Ressort gehören, dennoch…«

      Sebastian Trenker lachte.

      »Wer weiß«, antwortete er, »ob unser Herrgott da net auch seine Finger mit im Spiel hatte. Es ist ja bekannt, daß er oft durch andere wirkt.«

      Er erhob sich.

      »Ich würd’ gern’ noch mit Ihnen plaudern, Herr Demant«, entschuldigte er sich. »Aber ich hab’ noch einiges in der Kirche vorzubereiten für die Abendmesse. Aber bestimmt ergibt sich die eine oder andere Gelegenheit, unser Gespräch fortzusetzen.«

      »Bestimmt, Hochwürden, ich freu’ mich schon darauf.«

      *

      Wolfgang Lehmbacher spürte, daß er langsam müde wurde. Die ganze Nacht hindurch war er gefahren, hatte nur einmal eine kleine Pause gemacht, um etwas zu essen. Justus Krammler hatte die Sache dringend gemacht, und Wolfgang war daran gelegen, seinen Auftrag pünktlich zu erfüllen und bei seinem Chef einen guten Eindruck zu machen. Jetzt war er nur noch wenige Kilometer von der polnischen Grenze entfernt. Auf einem Rastplatz hielt er kurz an. Hier standen schon zahlreiche LKWs, die immer sehr lange an dem Grenzübergang warten mußten. Wolfgang Lehmbacher stieg kurz aus, machte ein paar Lockerungsübungen und setzte sich wieder in den Wagen. Er suchte seinen Reisepaß hervor und die Wagenpapiere, damit es vielleicht bei der Zollabfertigung etwas schneller ging.

      Merkwürdig, dachte er, als er den Fahrzeugschein durchlas, der Wagen war erst in der letzten Woche zugelassen worden, und nun hatte der Besitzer ihn schon wieder verkauft. Na ja, manche Leute merkten erst später, daß der Wagen doch nicht der richtige war.

      Er ordnete die Papiere und fuhr wieder los. Nach einigen Kilometern wurde die Autobahn mehrspurig, und er konnte die lange Schlange der LKWs überholen, die sich bereits seit einiger Zeit auf der rechten Fahrbahnseite gebildet hatte. Kurz darauf sah er die Grenzstation. Mehrere langgezogene graue Baracken und, direkt an der Straße, kleine Hütten, vor denen die Grenzposten und Zollbeamten standen.

      Wolfgang befand sich in einer Reihe mit mehreren PKW, die langsam an die Grenzstation heranfuhren. Im Gegensatz zu den schweren Lastwagen, wurde hier schneller abgefertigt. Auf der deutschen Seite winkte man sie, nach einem kurzen Blick in das Wageninnere, durch.

      Wolfgang wollte gerade eben durchfahren, als die Hand des Grenzpostens ihn zum Halten zwang. Er kurbelte die Scheibe hinunter.

      »Ist ’was net in Ordnung?« fragte er.

      Der Posten, ein junger Mann, sah ihn durchdringend an.

      »Fahren Sie bitte dort drüben rechts ran und halten Sie Ihre Papiere bereit«, sagte er.

      Wolfgang beschlich ein mulmiges Gefühl, als er der Aufforderung nachkam. Warum nur hatte der Mann so merkwürdig geschaut. Plötzlich wurde die Tür geöffnet.

      »Steigen


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