Gesammelte Werke von Emile Zola: Die Rougon-Macquart Reihe, Romane & Erzählungen. Emile Zola

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Gesammelte Werke von Emile Zola: Die Rougon-Macquart Reihe, Romane & Erzählungen - Emile Zola


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Salon des Hauses war ein langer, weiter Raum, eine Art Galerie, die sich von einem Pavillon zum anderen erstreckte und die ganze Gartenfront des Gebäudes einnahm. Eine breite Glasthür führte auf den Perron. In dem weiten Raum schimmerte Alles in Gold. Die leicht gerundete Decke war mit zahllosen Schnörkeln bedeckt, die um große vergoldete Medaillons liefen, welche gleich Wappenschildern funkelten. Rosetten, Guirlanden zogen sich längs der Wölbung hin: Goldlinien erstreckten sich wie flüssiges Metall über die Wände und umrahmten die in rother Seide gehaltenen Wandfüllungen; Rosenbüschel hingen neben den Spiegeln herab. Ueber das Parquet breitete ein Aubussonteppich seine purpurnen Blumen aus. Die rothen Seidenmöbel, die Vorhänge und Portièren aus demselben Stoff, die mächtige Muscheluhr, die auf dem Kamin stand, die auf den Konsols stehenden chinesischen Vasen, die Füße der mit Florentiner Mosaik eingelegten zwei langen Tische bis zu den in den Fensternischen stehenden Blumenständern – Alles schimmerte in Gold, Alles war überladen mit Gold, In den vier Ecken standen vier große Lampen auf rothen Marmorsockeln, an welchen sie mit Ketten von Goldbronze befestigt waren, die in anmuthigen Bogen herunterhingen. Außerdem hingen von der Decke drei große Kronleuchter mit Kristallprismen herab, die in einem Meere von rothem und blauem Lichte schimmerten und deren blendendes Licht alles Gold des Raumes scharf hervortreten ließen.

      Nach kurzer Zeit zogen sich die Herren in das Rauchzimmer zurück. Herr von Mussy nahm vertraulich den Arm Maximes in den seinigen, den er noch vom Colleg her kannte, obschon er sechs Jahre älter war als er. Er zog ihn mit sich auf die Terrasse hinaus und nachdem sie ihre Zigarren angezündet, begann er sich bitter über Renée zu beklagen.

      »Was hat sie denn, sagen Sie es mir doch? Ich sah sie gestern, sprach sogar mit ihr und da war sie anbetungswürdig. Und nun behandelt sie mich in einer Weise, als wäre Alles zu Ende zwischen uns. Welches Verbrechen mag ich begangen haben? Es wäre sehr liebenswürdig von Ihnen, bester Maxime, wenn Sie sie befragen und ihr sagen wollten, wie sehr ich unter dieser Kälte leide.«

      »Das werde ich hübsch bleiben lassen!« erwiderte Maxime lachend. »Renée hat heute ihre Nervenzufälle und ich bin gar nicht begierig, den Ansturm derselben auszuhalten. Bitte, besorgen Sie derlei Dinge gefälligst selbst.«

      Und nachdem er an seiner Havanna langsam einen Zug gethan, fügte er hinzu:

      »Sie wollen mich da eine nette Rolle spielen lassen!«

      Herr von Mussy aber sprach ihm von seiner lebhaften Freundschaft und erklärte dem jungen Manne, daß er blos auf eine Gelegenheit warte, um ihm zu beweisen, wie sehr er ihm ergeben sei. Er sei sehr unglücklich, er liebe Renée unbeschreiblich! »Nun gut!« sagte Maxime endlich; »ich werde es ihr sagen. Aber versprechen kann ich nichts; ich zweifle gar nicht daran, daß sie mich mit einer langen Nase fortschicken wird.«

      Damit kehrten sie in das Nebenzimmer zurück und ließen sich in den bequemen Fauteuils nieder. Hier erzählte Herr von Mussy während einer geschlagenen halben Stunde seinem jungen Freunde alles Leid, welches ihn bewegte; zum zehnten Mal schilderte er ihm, wie er sich in seine Stiefmutter verliebt, wie ihn diese ausgezeichnet habe und während Maxime seine Zigarre zu Ende rauchte, ertheilte er ihm Rathschläge, erklärte er ihm, wie launisch Renée sei und unterwies ihn, wie er sich benehmen müsse, um sie zu beherrschen.

      Saccard hatte sich in einiger Entfernung von den jungen Leuten niedergelassen, was Herrn von Mussy veranlaßte, in seinen Ergüssen innezuhalten, während Maxime seinen Vortrag mit den Worten beschloß:

      »Ich an Ihrer Stelle würde nach Hußaren-Art zu Werke gehen; sie hat das gerne.«

      Am Ende des Salons gelegen, nahm das Rauchzimmer einen jener runden Räume ein, welche die kleinen Thürme bildeten. Dasselbe war in reichem Styl gehalten. An den Wänden eine Tapete, die eine Nachahmung des Korduanleders war, Vorhänge und Portièren in algierischem Styl und an Stelle des Teppichs ein Mokade-Stoff mit persischem Muster. Die mit holzfarbenem Chagrinleder überzogene Einrichtung bestand aus kleinen Tabourets, Fauteuils und einem sich längs der runden Wand hinziehenden Divan. Der kleine Kronleuchter, der von der Decke herabhing, die Verzierungen der Rauchschränke, sowie die Kamingarnitur waren aus blaßgrüner florentiner Bronze.

      Bei den Damen waren nur einige junge Leute und mehrere alte Herren mit weichen, blassen Gesichtern, die einen Abscheu vor Tabak hatten, zurückgeblieben. Im Rauchzimmer wurde gelacht und in sehr freier Weise gescherzt. Herr Hupel de la Noue trug ganz ungemein zur Erheiterung der Herren bei, indem er die Geschichte, die er schon bei Tische zum Besten gegeben, von Neuem vortrug, diesmal aber mit Details vermehrt und gewürzt, deren er sich zum ersten Mal enthalten. Dies war seine Spezialität; er verstand eine Anekdote stets auf zweierlei Weise vorzutragen, – einmal wie sie Damen, dann wie sie Herren aufgetischt werden durfte. Als Aristide Saccard eintrat, wurde er umringt und beglückwünscht und als er nicht zu verstehen schien, theilte ihm Herr von Saffré in sehr beifällig aufgenommenen Worten mit, daß er sich ganz ungemein um das Vaterland verdient gemacht habe, als er verhinderte, daß die schöne Laura d'Auriguy zu den Engländern übergehe.

      »Nein, wahrhaftig, meine Herren, Sie befinden sich im Irrthum,« erklärte Saccard mit falscher Bescheidenheit.

      »Ach, sträube Dich doch nicht!« rief ihm Maxime scherzhaft zu. »In Deinem Alter ist Das sehr schön gehandelt.«

      Der junge Mann warf seine Zigarre weg und kehrte in den Salon zurück. Es waren noch viele Gäste gekommen. In dem weiten Räume wimmelte es von Herren in schwarzen Fräcken, die herumstanden und mit halblauter Stimme plauderten und von Damen, die in ihren Gesellschaftsroben breit auf den Causeusen saßen. Schon begannen die Lakeien Eis und Punsch auf silbernen Tassen herumzureichen.

      Maxime, der mit Renée sprechen wollte, durchschritt den großen Salon der Länge nach, wohl wissend, wo er den Damenzirkel finden würde. Am anderen Ende des Saales, gleichsam als Gegenstück zu dem Rauchzimmer befand sich ein runder Raum, aus welchem man einen allerliebsten kleinen Salon zurechtgemacht hatte. Mit seinen Tapeten, seinen Vorhängen und Portièren aus golddurchwirkter Seide bot er einen Anblick, der ebenso wollüstig, als originell und einladend wirkte. Das zart vertheilte Licht des Kronleuchters wirkte wie eine Symphonie in Moll inmitten dieser sonnigen Umgebung. Es war wie ein Geriesel gedämpfter Strahlen über dem in phantastischem Muster gehaltenen Aubussonteppich. Ein mit Perlmutter eingelegter Ebenholzflügel, zwei niedrige Möbelstücke, deren Spiegel zahllose kleine Nippes sehen ließen, ein Tisch im Style Ludwigs XVI. und ein Blumentisch mit köstlichen Blumen genügten als Einrichtung dieses Raumes. Die Fauteuils, Tabourets und Divans waren mit blauem Seidenzeug überzogen, über welches sich breite, mit blühenden Tulpen bestickte schwarze Seidenbänder spannten. Außer diesen Sitzmöbeln waren noch andere kleine Schemel vorhanden, die in den verschiedensten Abwechselungen zum Sitzen einluden. Man sah das Holz dieser Möbel gar nicht; überall war dasselbe mit Seide und Polsterungen bedeckt. Die Kissen der Divans legten sich weich und schmiegsam zurück. Jeder derselben glich einem verschwiegenen Lager, auf welchem man nach Herzenslust lieben und träumen konnte, inmitten der Symphonie in Moll.

      Renée liebte diesen kleinen Salon, der durch eine Glasthür mit dem herrlichen Treibhause in Verbindung stand, welches sich an das Hotel schmiegte. Während des Tages verbrachte sie ganze Stunden daselbst. Die in gelblichen Tönen gehaltenen Tapeten verdunkelten ihr blondes Haar nicht, sondern umgaben es mit einem goldenen Glorienschein; ihr Kopf hob sich weiß und rosig von der üppigen Umgebung ab, gleich dem einer blonden Diana, die im Morgenlichte erwacht und so liebte sie denn dieses Gemach zweifellos, weil es ihre Schönheit voll zur Geltung kommen ließ.

      Heute Abend hatte sie sich mit ihren Vertrauten hieher zurückgezogen. Ihre Schwester und ihre Tante hatten sich bereits entfernt. Es waren nur mehr die Tollköpfchen da. In halb liegender Stellung nahm Renée in einem Fauteuil hingegossen die vertraulichen Mittheilungen ihrer Freundin Adeline entgegen, die ihr lachend und kichernd ins Ohr flüsterte. Susanne Haffner war stark umschwärmt; sie befand sich inmitten einer Gruppe junger Leute, die ihr hart zusetzten, ohne daß sich ihr deutsches Schmachten, ihre herausfordernde Frechheit, die nackt und kalt war wie ihre Schultern, verleugnet hätte. In einer Ecke unterwies Frau Sidonie mit leiser Stimme eine junge Frau, die züchtig und verschämt drein blickte. Etwas weiter plauderte Luise mit einem großen schüchternen Jüngling, der jeden Augenblick erröthete, während der Baron Gouraud


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