Gesammelte Werke: Historische Romane, Kriminalromane, Erzählungen & Essays. Rudolf Stratz

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Gesammelte Werke: Historische Romane, Kriminalromane, Erzählungen & Essays - Rudolf Stratz


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hatte. »Ich sagte euch doch ... wir hätten ruhig noch im ›Bristol‹ sitzenbleiben können. Aber nein, da muß man mit dem letzten Bissen im Munde absausen ...«

      »Markieren wir den kleinen Mann, Hammerschmiedt!« lachte der hünenhafte Dandy neben ihm und stieß fast unhörbar mit seinem silberbeschlagenen Stock auf den Boden. »Heda ... Wirtschaft ... anfangen ...«

      »Seybling ist ungeduldig,« sagte Prinz Duyn aus dem Hintergrund der Loge, »ich weiß auch warum ...«

      »Die Dame, die ich liebe, nenn' ich nicht«, trällerte der schwarze, spitzbärtige Ritter von Sedlek, der sich in Geschäften seines Vaters, eines reichen Wiener Fabrikanten, in Berlin befand.

      Seybling drehte sich herum und zuckte die breiten Schultern.

      »Ich liebe sie noch nicht ...«, meinte er gleichmütig, »ich bewache mein Herz! Ich liebe immer erst, wenn ich sicher bin, kein Toggenburg zu bleiben ...«

      Seybling als Toggenburg! ... Das erregte Heiterkeit.

      »Und so saß er ... eine Leuche ...«, deklamierte Hammerschmiedt und brach plötzlich ab. »Also heute werden wir's ja sehen ... nach dem, was Fränzchen sagt ...«

      »Fränzchen hat wieder frech gelogen!« hieß es. »Das tut sie immer, wenn sie eine Viertelstunde mit Käthe Hannemann zusammen war ...«

      »Ihr werdet's ja sehen ...«, wiederholte der Gigerl ärgerlich. »Die Elten hat eine sublime Toilette ... Fränze hat sie mir beschrieben ... sie kommt übrigens heute auch nicht schlecht ... bordeauxrote Seide ...«

      »Ich denke, Sie wollten Fränzchen die Schneiderrechnungen abgewöhnen?« fragte Duyn ernsthaft.

      Der Gigerl stöhnte nur statt jeder Antwort, und die anderen lachten laut auf.

      In der Nebenloge wandte sich Onkel Klaus ärgerlich zu seinem Neffen:

      »Was ist denn das für Volks da nebenan?«

      Rönne schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Offenbar junge Lebemänner ...«

      »Die scheinen sich ja hier recht gemütlich zu fühlen«, brummte der Alte weiter und rückte seinen Stuhl zurecht; denn eben klang das Glockenzeichen, und der Vorhang ging auf.

      Käthe Hannemann stand auf der Bühne und sang schwermütig ein leises Lied vor sich hin. Das helle Licht umfloß ihre hohe Gestalt. Sie sah schön aus.

      »Ist sie das?« zischelte Onkel Klaus aufgeregt.

      Die Herren nebenan wandten etwas den Kopf und verbissen ein Lächeln.

      »Nein,« erwiderte der Major, seinen Ärger unterdrückend, »ich werde es dir schon sagen, wenn sie auftritt ...«

      »Schön, mein Sohn!«

      Der alte Herr lehnte sich behaglich zurück und blinzelte nach der Hannemann hinüber. Sie gefiel ihm. Und wie ein Klang aus endlos ferner Weite ging durch seinen greisen Kopf die Erinnerung an jene Jugendtage, da er mit der bewußten Operettensängerin gelacht und geküßt und getollt.

      »Gott weiß, wo die jetzt steckt ...«, dachte er bei sich. »Ich würde sie wohl nicht wiedererkennen ...«

      Jetzt fiel auf der Bühne das Stichwort für die vier Damen, die hinter der Szene schweigend, mit hochgehobenen Schleppen, warteten.

      Sie kamen nicht auf einmal heraus, sondern der Reihe nach, um vor der Hannemann, die als regierende Fürstin in der Mitte der Bühne stand, ihre Reverenz zu machen.

      Zuerst Franziska Ilgen.

      »Die Marchesa von Ponte-Nero!« rief die kleine Elly Krause, die als Page an dem Eingang Wache hielt, und die schwarze Franziska trat vor, machte ihren Knicks und beugte sich über die Hand der Hannemann.

      Dann trat sie nach links.

      Hammerschmiedt sah in der Loge seine Freunde triumphierend an. In der Tat ... die Ilgen nahm sich in dem bordeauxroten Seidenkleid sehr pikant aus.

      »Die Contessa von Torre del Greco!« schrie der Page.

      Mizi erschien, verbeugte sich und trat neben die Ilgen. Beide wandten wie unabsichtlich die Köpfe nach links und zwinkerten blitzschnell aus rotuntermalten Augen ihren Freunden unten in der Loge einen Blick des Einverständnisses zu.

      Wieder öffnete Elly Krause die Tür, und ihre helle Kinderstimme erklang:

      »Die Baronin von Ankarström!«

      »Das ist sie!« flüsterte Rönne seinem Begleiter zu, während Thilda auftrat.

      In der Nebenloge entstand eine Bewegung gelinder Heiterkeit.

      »Diese Toilette!«

      »Entsetzlich!« sagte Seybling kurz.

      Der Prinz nahm das Opernglas vom Auge.

      »Was willst du?« meinte er. »Vielleicht ist das in Schweden neueste Mode!«

      »Ich kann die Thorbeck nicht ausstehen!« erklärte Hammerschmiedt, während diese auf der Bühne ihr Gespräch mit der Hannemann begann. »Sie ist mir einfach ein Greuel!«

      »Warum denn?«

      »Ja ... erstens ist sie häßlich ...«

      »Diese Schlüsselbeine sind unmöglich!« murmelte Seybling.

      »... und zweitens ist sie solide!«

      »Ach, gengan's!« Der spitzbärtige Wiener Ritter beugte sich vor. »Plauschen's nöt, Herr von Hammerschmiedt!«

      Aber die anderen Herren bestätigten sofort die Tatsache ... die Thorbeck sei wirklich ganz solide! ... Kein Wunder allerdings ... und Hammerschmiedt behauptete, er habe ein Verzeichnis aller soliden Schauspielerinnen Berlins ... es seien ihrer leider doch eine ganze Ecke ... und die Thilda stände obenan! ...

      »Na ... alsdann!« sagte der dunkle Wiener resigniert und setzte sich wieder zurück.

      In der Nebenloge gab Onkel Klaus seinem Neffen einen gelinden Stoß.

      »Haste jehört, Albrecht?« fragte er aufgeregt.

      »Jawohl!«

      »Was meinste ... die Zierbengels da nebenan ... die scheinen ja sehr genau Bescheid zu wissen ...«

      »Pst ... pst ...«, klang es unten aus dem Parkett.

      »Es sollte mich wahrhaftig freuen, wenn ich gerade durch diese Bürschchen ...«

      »Pst!« tönte es wieder.

      Rönne warf dem andern einen schweigenden Blick des Einverständnisses zu. Er wußte nicht, welche unerklärliche Angst ihm plötzlich die Brust zusammenpreßte.

      Oben auf der Bühne stellte sich die kleine Elly auf die Fußspitzen und machte den Mund weit auf.

      »Die Herzogin von Olivarez!«

      Ein lautes »Ah!« ging durch die Loge nebenan, während Valeska auf der Szene erschien.

      Sie sah in der Tat glänzend aus. Im ganzen Hause hoben sich die Operngläser. Ein Summen und Surren ging durch die Ränge.

      Langsam schritt sie auf die Hannemann zu, um mit tadelloser, abgemessener Grazie ihren Hofknicks auszuführen. Man hörte nichts als das Knistern und Rauschen des grünen Damastes, der in schweren Falten an ihrer schlanken Gestalt herabfiel und weit hinterher über den Teppich schleifte. Alle anderen Toiletten verblichen gegen diese Pracht.

      »Was sagt ihr nun?« tuschelte Hammerschmiedt. »Wißt ihr, was die Fränze gesagt hat? Das Kostüm kostet tausend Mark. Dreihundert hat sie monatlich. Tausend von dreihundert geht nicht ... also borg' ich mir eins!«

      »Die Fränze hat ein Schandmaul!« brummte Seybling. »Aber die Robe ... alle Achtung!«

      »Dös is a mudlsauberes Mädel ...«, erklärte im Hintergrund der schwarze Ritter.

      Nur Duyn schwieg.

      »Na


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