Bio-psycho-soziales betriebliches Gesundheitsmanagement für Sozial- und Gesundheitsberufe. Ruth Haas

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Bio-psycho-soziales betriebliches Gesundheitsmanagement für Sozial- und Gesundheitsberufe - Ruth Haas


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      Abb. 4: Das Salutogenese-Modell (nach Antonovsky 1979)

      Als exogene Stressoren werden ein Unfall, historische Katastrophen, Gewalterfahrungen, innerpsychische Konflikte, Angst vor Aggression, normative und non-normative Krisen, plötzliche Umweltveränderungen, Konflikte im Sozialgefüge sowie eine Diskrepanz zwischen Zielen und Möglichkeiten genannt. Diese Stressoren führen zu Spannungszuständen, die bei nicht erfolgreicher Bewältigung zu Stress werden können (Kap. 5.1). Biochemische und körperliche Stressoren interagieren mit den individuellen pathogenen Schwachstellen und erhöhen möglicherweise den Stresszustand.

       Widerstandsquellen

      Erfolgreiches Stressmanagement hat unmittelbar Auswirkungen auf die Positionierung im Kontinuum und stärkt den Kohärenzsinn. Innerhalb des soziokulturellen und historischen Kontextes entwickelt ein Mensch generalisierte Widerstandsquellen gegen Stressoren. Diese sorgen dafür, dass ein Mensch sich als bedeutungsvoll und kohärent erfährt. Zusätzlich bewahren sie den Organismus vor der Einwirkung von Stressoren oder helfen, erzeugte Spannung zu lösen. Als wichtige generalisierte Widerstandsquellen werden u. a. genetische und konstitutionelle Widerstandsquellen, wie z. B. immunologische Abwehrkräfte und das große Anpassungsvermögen des Menschen genannt (Antonovsky 1979, Antonovsky / Franke 1997). Den psycho-sozialen Widerstandsquellen werden materieller Wohlstand, Wissen und Intelligenz, eine stabile Ich-Identität, die Verfügbarkeit flexibler und steuerbarer Bewältigungsstrategien sowie eine präventive Gesundheitseinstellung zugeordnet. Besondere Bedeutung als Widerstandsquellen erhalten soziale Unterstützung, dauerhafte Bindungen und kulturelle Stabilität. Stabile religiöse, philosophische oder magische Weltanschauungen helfen Antworten auf die Sinnfragen des Lebens zu finden.

      Spezifische Widerstandsquellen entsprechen den persönlichen Bewältigungsstrategien im Alltag, wie z. B. eine Kopfschmerztablette bei Bedarf, ein Telefongespräch mit einer guten Freundin oder Entspannungstechniken.

       Lebenserfahrung

      Von Geburt an erleben Menschen Situationen der Herausforderung, der Anspannung, des Stresses und der Entscheidung. Je mehr diese Erfahrungen als konsistent erlebt werden, desto mehr beginnt das Individuum die Welt als kohärent und vorhersagbar zu erleben. Dabei muss es sich um ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen Überbelastung und Unterbelastung handeln. Ein starker Kohärenzsinn mobilisiert die verfügbaren generalisierten und spezifischen Widerstandsquellen in der Auseinandersetzung mit Stressoren. Erfolgreiche Bewältigung von Stressoren und Spannung stärkt wiederum den Kohärenzsinn.

      Das Salutogenese-Modell hat den gesundheitswissenschaftlichen Diskurs stark beeinflusst und erweitert. In der Weiterentwicklung der salutogenetischen Perspektive sind gesundheitliche Schutzfaktoren für unterschiedliche Altersgruppen herausgearbeitet und überprüft worden.

       Schutzfaktoren

      Schutzfaktoren sind den Kategorien soziale, wirtschaftliche, psychologische, behaviorale sowie gesellschaftliche Faktoren zuzuordnen (Hurrelmann et al. 2009). Das Konstrukt der gesundheitlichen Protektivfaktoren (Viehhauser 2000) ist ein Begriff, der interne personenbezogene Betrachtungsweisen mit externen auf die Umwelt und Lebensgestaltung bezogenen Aspekten verknüpft (Abb. 5).

       Risikofaktoren

      Als Risikofaktoren werden alle empirisch gesicherten Faktoren, die die Vorhersage von Krankheiten ermöglichen, bezeichnet:

       „Ein Risikofaktor gibt Auskunft über eine potenzielle, sich direkt oder indirekt und in der Regel erst mit zeitlicher Verzögerung manifestierende Gefährdung der Gesundheit, der Entwicklung oder der sozialen und kulturellen Integration bzw. Inklusion“ (Franzkowiak 2018c, 846)).

      Risikofaktoren werden in genetische, physiologische und psychische Dispositionen, (z. B. Verengungen der Blutgefäße) behaviorale (z. B. Zigarettenrauchen, Bewegungsmangel) und regionale umweltbezogene Dispositionen (z. B. erhöhte Strahlenbelastung) eingeteilt (Hurrelmann et al. 2009). Risikofaktoren bezeichnen keine linearen Kausalitäten. In der öffentlichen Diskussion werden sie z. T. mit Krankheitsursachen gleichgesetzt. Risikofaktoren werden nicht einzelfallbezogen ermittelt, sondern beschreiben ein Gruppenrisiko. Das bedeutet, dass sie für das Individuum nicht linaer kausal zu sehen sind.

      Im Folgenden werden psychologische, behaviorale und gesellschaftliche Schutzfaktoren vorgestellt. Zum Teil wird ein Transfer auf Fragen des betrieblichen Gesundheitsmanagements und der betrieblichen Gesundheitsförderung geleistet.

       Hoffnung

      In der Schutzfaktorenforschung wurde das Konstrukt Hoffnung bei der Bewältigung lang andauernder Belastungen als bedeutsam beschrieben. Hoffnungsvolle Menschen zeigen eher primär- und tertiärpräventives Gesundheitsverhalten, d. h. sie nehmen an Vorsorgeuntersuchungen teil und halten sich an die medizinischen Empfehlungen (Folkman 2010).

       Selbstwert

      Unter dem Begriff „Resilienz“ wurde untersucht, welche Schutzfaktoren die Bewältigung altersspezifisch anstehender Entwicklungsaufgaben im Kindesalter unterstützen oder gegen risikoreiche Einflüsse widerstandsfähiger machen (Resch et.al. 1999, Scheithauer / Petermann 1999, Wustmann 2005). „Allgemein versteht man unter Resilienz die Fähigkeit, erlernte Mechanismen zur Bewältigung alterstypischer Aufgaben trotz schwieriger Umstände zu aktivieren“ (Petermann / Schmidt 2006, 119).

       Coping

      Der Begriff Coping wird als Bewältigung von Stress und kritischen Lebensereignissen definiert (Bengel / Lyssenko 2012). Dabei werden problemorientierte und emotionsbezogene Copingstrategien unterschieden. Erstere umschreibt aktive Lösungsversuche und die Suche nach praktischen Hilfen. Zweitere bezieht sich auf die Bewältigung der durch das Ereignis ausgelösten Emotionen. Dieses Copingverhalten erscheint hilfreich, wenn es sich um subjektiv als unkontrollierbar erlebte Ereignisse handelt (Bengel / Lyssenko 2012). Dazu gehört beispielsweise die Akzeptanz einer Situation, die Wertschätzung der eigenen Kompetenz oder Humor.

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       Optimismus

      Der Schutzfaktor Optimismus bezeichnet ein psychologisches Konstrukt, welches das Verhalten von Menschen beeinflusst. Optimistische Menschen weisen eine Neigung dazu auf, eher positive Ergebnisse zu erwarten. Dies kann zu größerer Handlungsbereitschaft führen. Handlungen werden von positiven Emotionen begleitet. Der Zusammenhang von psychischer und physischer Gesundheit sowie Optimismus gilt in der gesundheitspsychologischen Forschung als evident (Grote et al. 2007, Hoyer 2000). Es besteht die Annahme, dass Optimismus positive Auswirkungen auf das Immunsystem und das Gesundheitsverhalten hat. Optimismus stärkt aktives Bewältigungsverhalten und soziale Unterstützung (Grote et al. 2007). Die Trennschärfe zu den psychologischen Konstrukten Selbstwirksamkeitserwartung und Kontrollüberzeugung ist nicht eindeutig.

       Selbstwirksamkeitserwartung

      Die sozial-kognitive Theorie der Selbstwirksamkeit von Bandura (1977) besagt, dass Handlungsintentionen von Individuen sich auf Ergebniserwartung und Wirksamkeitserwartungen stützen. Wirksamkeitserwartung, insbesondere Selbstwirksamkeitserwartung, impliziert, dass ein Individuum davon ausgeht,


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