Nur ein Tropfen Leben. Christina M. Kerpen

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Nur ein Tropfen Leben - Christina M. Kerpen


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Ihnen beiden ich den Vorzug geben sollte. Ich würde Sie beide nehmen, denn Sie sind wirklich alle beide ganz entzückende Jungs.“

      Die beiden jungen, aber längst nicht mehr ganz taufrischen Männer grinsen, denn die Witwe spricht von ihnen, als wären sie noch unreife Bubis ohne die geringste Lebenserfahrung.

      Auch Carol schmunzelt. „Mit hässlichen Menschen umgebe ich mich gar nicht erst!“

      Dann flüstert sie leise: „Wenn John nicht mein Bruder wäre, hätte ich sicherlich mehr Probleme bei der Auswahl meines Liebhabers gehabt, aber ich denke, mein Herz hätte sich in jedem Fall für David entschieden.“ Sie strahlt den Mann an und wendet ihren Blick wieder auf ihre Freundin. „Aber ich verstehe trotzdem nicht, was Sie über Charlotte sagen. Sie tun ja fast so, als wolle sie meine beiden Freunde verführen. Ehrlich gesagt, ich bekomme eine Gänsehaut, bei dem Gedanken, dass Sie gerade von Mrs. Wolters gesprochen haben, als wäre sie eine, eine Hure.“

      Trocken kommt die Antwort: „Das war früher ihre Berufsbezeichnung. Und Sie würde Deine Freunde nur allzu gerne verführen, am liebsten beide gleichzeitig!“

      Die ältere Frau lacht über Carols entsetztes Gesicht. „Das hast Du naives Dummchen tatsächlich die ganze Zeit über nicht gemerkt? Charlotte hat jede Nacht einen andern Kerl in ihrem Bett, wenn es sich einrichten lässt. Aber ich denke, um Deinen Liebsten brauchst Du Dir ganz sicher keine Sorgen zu machen, ich glaube, er ist immun gegen Charlottes reife Reize und wenn Dein Bruder ungebunden ist, solltest Du ihm das Vergnügen gönnen.“

      Carol schluckt heftig und weiß vor lauter Verblüffung nichts zu sagen, dafür fährt Mrs. Gwendale mit ihrer genüsslichen Erklärung fort: „Du warst zwar schwanger, aber Du bist noch so herrlich unschuldig in Deinem Geiste. Charlotte wird immer eine Hure bleiben, das ist so, auch wenn sie durchaus ehrbar wirkt. Daran kannst Du sehen, dass wir hier in unserem Nest bestimmt nicht prüde sind. Du hättest ruhig gestehen können, dass Du eine ledige Mutter bist, das hätte Dir hier niemand verübelt, denn der Geschlechtstrieb gehört nun einmal zur menschlichen Natur, wenn Du ihn auch vielleicht ein wenig zu früh entdeckt hast. Aber was Charlotte betrifft, wir kennen sie alle schon sehr lange und wissen, was für ein Früchtchen sie ist. Sie hat früher im Saloon gearbeitet und sich nach einer Weile den Besitzer geangelt. Die beiden haben irgendwann das Hotel gebaut und es damit zu Wohlstand und Ansehen gebracht. Das hat aber nicht das Geringste am Naturell der beiden geändert. Mr. Wolters probiert seine Saloongirls noch immer als erster aus und sie beglückt die männlichen Gäste, die ihr gefallen. Beide wissen, was der andere so treibt und beide akzeptieren das.“

      Blacky macht bei diesen Ausführungen ein so unbeteiligtes Gesicht, dass es Carol mehr wie verdächtig aussieht.

      Auch Mrs. Gwendale entgeht Johns Unschuldsblick nicht und sie lächelt wissend in sich hinein, dann wendet sie sich an Carol. „Ich denke, Wolters hat auch versucht, in Deinem Bett zu landen, aber wenn ich Charlotte richtig verstanden habe, warst Du immer das Blümchen ‚Rühr mich nicht an’, stimmt’s?“

      Carol errötet: „Sie könnten recht haben. Ich habe diese doofen Annäherungsversuche von ihm immer als ein typisch schleimiges Saloonbesitzergehabe abgetan. Dass der Kerl irgendwelche Absichten hatte, habe ich gar nicht richtig mitgekriegt, aber wenn ich mir jetzt so verschiedene Situationen ins Gedächtnis zurückrufe, stimmt das. Der wollte tatsächlich nur in mein Bett.“ Grinsend zuckt das Girl mit den Achseln. „Da hat er dann aber Pech gehabt, ich war zu blöd, um das zu kapieren, ich habe ihm nur gehörig auf die Pfoten geklopft.“

      Widefields Stirn zieren wieder die wohlbekannten Unmutsfalten. „Gut, dass Du ihm auf die Pfoten gehauen hast, mein Schatz, ich würde ihm sonst jetzt was verbiegen.“

      Allgemeines Gelächter quittiert diesen Ausspruch, nur der Cowboy selber lacht nicht mit, denn ihm war seine Äußerung mehr als ernst. Carol bemerkt es und drückt ihm einen Kuss auf die Wange. „Der Typ ist so unangenehm, dem hätte ich schon was verbogen, wenn er richtig zudringlich geworden wäre. Außerdem bin ich jetzt nicht mehr so dumm und unschuldig, wie damals, als Du mich, ... na, Du weißt schon. Ich kenne jetzt die unangenehmen Folgen und habe mit Männern fast nichts mehr im Sinn. Ich traue nur noch den Indianern.“

      David legt seine Arme um Carols Taille und zieht sie fest an sich heran, dann küsst er sie, ohne sich um die Zuschauer zu kümmern und durch Blackys Kopf schießt der Gedanke: ‚Verdammt, die kann das aber wie eine Alte!’

      Jetzt endlich verabschieden sich die jungen Leute endgültig von der Gastgeberin und verlassen das Haus.

      Beim Durchqueren des Vorgartens schaut Carol noch einmal zu der geöffneten Haustüre zurück und winkt der dort stehenden Frau zu, dann streift ihr Blick ihren Bruder und sie flüstert: „He, John, Du warst eben so komisch, als Mrs. Gwendale von Charlottes Vorlieben erzählt hat, sag bloß nicht, Du und Mrs. Wolters, ihr habt ...“, wieder ein unbeendeter Satz.

      Carol sieht John forschend an. Sein Grinsen spricht Bände und seine Antwort: „Psst!“, sagt noch viel mehr.

      In den nun folgenden Tagen bereitet sich das Trio auf die Abreise vor. Carol hat sich so häuslich in Plumquartpinie niedergelassen, dass sie noch sehr viel zu erledigen hat. Sie will so viel wie möglich von ihrem Besitz veräußern, damit ihre Abreise nicht wie ein Umzug aussieht, auch wenn es ein solcher ist. Sie hat sogar noch einige Bilder, die die beiden Männer mit unverhohlener Bewunderung bestaunen.

      Als Carol laut überlegt, wem sie die Werke zum Verkauf anbieten soll, bittet David seine Freundin, die Gemälde zu behalten, denn sie gefallen ihm ausgezeichnet, doch das Girl lacht ihn aus. „Du bist verrückt, Liebster. Wo willst Du die denn aufhängen? Die Wände in Deiner Unterkunft werden wir notgedrungen irgendwann mit Möbeln zustellen müssen und außerdem habe ich eh so viel Kram mitzunehmen, da schleppe ich mich doch nicht auch noch mit den doofen Schinken da ab, die überflüssigerweise sogar an einigen Stellen noch nicht mal ganz trocken sind. Die versauen nur womöglich was anderes.“ Sie griemelt: „Außerdem brauche ich doch irgendwann eine Mitgift und von meinem Bruder, dem armen Schlucker, kann ich in dieser Hinsicht nichts erwarten.“

      Den Punkt mit der Mitgift akzeptiert der Indian nicht, doch das mit dem Transportproblem sieht er sofort ein, besonders, nachdem sein Mädchen ihm gezeigt hat, dass die Ölfarbe längst noch nicht trocken ist und daher bei einem Verpacken damit gerechnet werden muss, dass nicht nur Verschmutzung anderer Sachen droht, sondern die Bilder zerstört werden könnten.

      Carol findet sehr schnell potente Käufer für ihre Machwerke und verdient damit auf die Schnelle die fast unvorstellbare Summe von annähernd zweitausend Dollar.

      Nun machen die beiden Cowboys, die sich bisher mit Preisen für Kunst nie auseinandergesetzt haben, ziemlich dumme Gesichter.

      Der Vormann, der in seiner hervorgehobenen Position sehr gut verdient, murmelt kleinlaut: „Dafür muss ich fast zwei Jahre schuften und Du kassierst den Betrag kaltlächelnd in ein paar Minuten.“

      Zwei große, erstaunte Augen schauen den dunkelhaarigen Mann an. „Sag bloß, dass das sehr viel Geld ist?“

      „Ach, Kindchen, das ist unheimlich viel. Damit kann man schon ein ziemliches Stück Land kaufen.“ David muss ob der Unbedarftheit der Kleinen lächeln. Sie ist so clever und intelligent in allen Lebenslagen, aber sobald Zahlen und Geldbeträge ins Spiel kommen, ist alles vorbei, dann kommt das naive, kleine Mädchen immer wieder durch. „Du bist eine gute Partie, mein Engel.“

      „Ehrlich? Da habe ich mir niemals Gedanken drüber gemacht. Geld ist bedrucktes Papier, das ich gegen Waren eintauschen kann, aber ob es viel oder wenig ist, das weiß ich leider immer noch nicht. Ich habe übrigens noch mehr davon.“

      „Von dem bedruckten Papier? So, so!“ David schmunzelt und nimmt ihr Gerede nicht für so ganz bare Münze. „Dann werde ich Dich nicht aus Liebe, sondern nur Deines Geldes wegen heiraten, bevor noch ein anderer auf die gleiche Idee verfällt.“

      Carol reißt die Augen auf. „Hä? Ich höre doch wohl nicht richtig, Mann. Man heiratet doch nicht wegen Geld, das einer hat oder nicht. Ich kann doch nicht den Rest meines Lebens mit jemandem zusammen sein, den ich nicht liebe, der aber


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