Römische Geschichte. Livius Titus

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Römische Geschichte - Livius Titus


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Auch setzte er die Werk- und Feiertage fest, weil es voraussichtlich manchmal von Nutzen sein würde, dass nichts vor dem Volk verhandelt werden könnte.

      (20) Darauf richtete er sein Augenmerk auf die Priesterwahl, obgleich er sehr viele gottesdienstliche Geschäfte persönlich verrichtete, namentlich die, auf welche jetzt Jupiters Eigenpriester angewiesen ist. 2 Weil es indessen glaublich war, dass in einem kriegerischen Staat die Könige öfter einem Romulus als einem Numa ähnlich seien und in Person zu Felde ziehen würden, ordnete er, um die Versäumung der dem König obliegenden heiligen Gebräuche zu verhüten, für Jupiter einen immer gegenwärtigen Eigenpriester an und verlieh ihm zu seiner Verherrlichung eine auszeichnende Kleidung und einen königlichen Thronsessel. Noch zwei andere Eigenpriester gab er diesem zu, einen für Mars, den andern für Quirinus. 3 Für die Vesta stellte er erlesene Jungfrauen an, ein ursprünglich albanisches und der Familie des Erbauers Romulus nicht fremdes Priestertum. Damit sie ihrem Tempel eine ununterbrochene Aufsicht widmen könnten, setzte er ihnen vom Staat ein Gehalt aus; auch machte er sie durch ihren unverheirateten Stand und andere feierliche Vorrechte ehrwürdig und heilig. 4 Ferner wählte er zwölf Salier (Tanzpriester) zum Dienst des Mars Gradivus (des Schreitenden Mars), gab ihnen einen gestickten Leibrock zum Ehrenkleid und über diesen Leibrock eine eherne Brustbedeckung. Sie sollten die Ancilien, jene vom Himmel stammenden Schilde, bei ihrem Aufzug durch die Stadt unter abzusingenden Liedern im Taktschritt und feierlichen Tänzen umhertragen. 5 Zuletzt nahm er zum Oberpriester (Pontifex) einen aus den Vätern, den Numa Marcius, des Marcus Sohn, und übergab ihm mit dem gesamten Gottesdienst eine schriftliche Übersicht und Nachweisung, mit was für Opfertieren, an welchen Tagen, in welchen Tempeln Opfer gebracht und woher die dazu erforderlichen Ausgaben genommen werden sollten. 6 Auch alles, was sonst noch auf öffentlichen oder Privatgottesdienst Bezug haben konnte, unterwarf er dem Gutachten des Oberpriesters, teils, damit das Volk an ihm den Mann haben möchte, bei dem es sich Rat holen könnte; teils, um die Vorrechte der Götter weder durch Vernachlässigung der vaterländischen noch durch Aufnahme fremder Gebräuche stören zu lassen. 7 Ferner sollte der Oberpriester nicht bloß über die Verehrung der Himmlischen Auskunft geben, sondern auch über die den Verstorbenen zu erweisende letzte Ehre und über die Sühne der Seelen; auch was für Wunderzeichen, sie möchten durch einen Blitzstrahl oder sonst durch eine Erscheinung offenbart sein, als gültig angesehen und ausgesöhnt werden sollten. Um alles dies dem Sinne der Götter zu entlocken, weihte er auf dem Aventin dem Jupiter Elicius einen Altar und befragte diesen Gott vermittels des Vogelflugs, was für Wunderzeichen als solche anzuerkennen seien.

      (21) Erkundigungen und Ausrichtungen dieser Art waren es, zu denen jetzt das ganze Volk von Gewalttaten und Kriegen überging. Teils gewannen sie durch diese Tätigkeit Beschäftigung für ihren Geist, teils flößte die ununterbrochene innige Rücksicht auf die Götter durch den Glauben, dass an dem Tun und Lassen der Menschen eine überirdische Gottheit Anteil nehme, ihren Herzen eine solche Frömmigkeit ein, dass das Gefühl für Treue und Eid auf die Leitung der Bürger fast ebenso wirksam war als die Furcht vor Gesetzen und Strafen. 2 Und indem sich so die Römer ihrerseits nach dem Wandel ihres Königs als dem einzigen Vorbild richteten, ging auch die bisherige Meinung der benachbarten Völker, dass nicht sowohl eine Stadt als vielmehr ein Lager mitten unter ihnen angelegt sei, um den Frieden aller zu stören, in eine solche Ehrerbietung über, dass sie es für Frevel hielten, sich an einem Volk zu vergreifen, das sich so ganz dem Dienst der Götter gewidmet habe.

      3 In der Mitte eines Haines ergoss aus einer schattigen Höhle ein Quell sein rinnendes Wasser. Weil sich Numa sehr oft ohne Zeugen, wie zum Besuch einer Göttin, dahin begab, weihte er ihn den Camenen (Musen), welche hier, wie er sagte, mit seiner Gemahlin Egeria Zusammenkünfte hielten. 4 Auch weihte er der Treue einen eigenen Tempel und eine jährliche Feierlichkeit. Zu diesem Heiligtum mussten ihre Eigenpriester auf einem bogenförmig überdeckten zweispännigen Wagen fahren und bei Verrichtung des Opfers die Hand bis an die Finger eingehüllt haben. Sie sollten dadurch anzeigen, dass man die Treue bewahren und ihren Wohnsitz selbst in unserer Rechten heilig halten müsse. 5 Noch viele andere Opfer ordnete er an und weihte zu ihrer Ausrichtung Plätze, welche die Oberpriester Argeer nennen. Doch unter allen seinen Werken war dies das größte, dass er während seiner ganzen Regierung den Frieden ebenso glücklich zu schirmen wusste wie sein Reich.

      6 So haben zwei aufeinanderfolgende Könige, beide auf verschiedenem Wege, jener durch Krieg, dieser durch Frieden, den Staat gehoben. Romulus hatte 37, Numa 43 Jahre regiert.

      Jetzt war der Staat kraftvoll, jetzt bei schönem Ebenmaß durch die Künste des Krieges und des Friedens.

      (22). Mit Numas Tod trat wieder eine Zwischenregierung ein. Dann ernannte das Volk den Tullus Hostilius, den Enkel des Hostilius, der sich am Fuß der Burg in der Schlacht gegen die Sabiner so rühmlich ausgezeichnet hatte, zum König. 2 Er war nicht allein dem vorigen König ganz unähnlich, sondern auch noch kriegerischer als Romulus. Teils spornten Jugend und Stärke seinen Mut, teils der Ruhm des Großvaters. Weil seiner Meinung nach der Staat durch die Ruhe in Kraftlosigkeit verfiel, so suchte er überall Anlass zum Krieg. 3 Da fügte es sich, dass einige römische Landleute auf albanischem und Albaner dagegen auf römischem Boden plünderten. 4 Zu Alba regierte damals Caius Cluilius. Die Gesandten, welche Genugtuung fordern sollten, gingen von beiden Seiten fast zugleich ab. Tullus hatte den seinigen den gemessenen Befehl erteilt, vor allem sich zuerst ihres Auftrages zu entledigen. Er vermutete nicht ohne Grund, der König von Alba werde die Genugtuung versagen; dann sei die Kriegserklärung rechtmäßig. 5 Die Gesandten von Alba betrieben ihre Sache nicht so angelegentlich. Weil Tullus sie sehr gefällig und gastfrei bewirtete, waren auch sie bei dem königlichen Mahl vergnügt. Unterdessen waren die römischen Gesandten die ersten gewesen, welche Genugtuung gefordert und dem albanischen Könige auf seine Weigerung den dreißigsten Tag zum Beginn des Krieges bestimmt hatten. Mit dieser Nachricht kamen sie wieder zu Tullus. 6 Nun ließ Tullus die fremden Gesandten vor, um sie über den Zweck ihrer Sendung zu vernehmen. Diese, mit dem ganzen Vorgang unbekannt, brachten lange Entschuldigungen vor: Wenn sie im Mindesten etwas sagen sollten, was dem König Tullus missfällig sein könnte, so würde ihnen dies sehr leid tun, sie müssten aber ihren Befehlen Folge leisten. Sie wären gekommen, auf Erstattung des Geraubten anzutragen. Sollte diese nicht erfolgen, so hätten sie Befehl, den Krieg zu erklären. Da sprach Tullus: 7 Meldet eurem König, Roms König fordere die Götter auf, alles aus diesem Krieg erwachsende Elend das Volk treffen zu lassen, das zuerst die Gesandten mit ihrem Gesuch um Genugtuung abgewiesen habe.

      (23) Mit dieser Meldung kamen die Gesandten nach Alba zurück, von beiden Seiten bot man alle Kräfte zu einem Krieg auf, der einem Bürgerkrieg sehr ähnlich war, beinahe zwischen Vätern und Söhnen. Denn beide Völker waren trojanischer Abkunft, da Lavinium von Troja, von Lavinium Alba, vom albanischen Königsstamm Rom seinen Ursprung hatte. 2 Doch gab der Ausgang diesem Krieg eine minder traurige Wendung, insofern es zu keiner Schlacht kam und bloß nach Zerstörung der Wohnhäuser in der einen Stadt beide Völker in eins schmolzen.

      3 Die Albaner fielen zuerst mit einem großen Heer ins römische Gebiet ein. Eine Meile von Rom schlugen sie ihr Lager auf und umgaben es mit einem Graben. Er hat noch einige hundert Jahre von ihrem Heerführer der Cluilische Graben geheißen, bis durch die Länge der Zeit mit der Sache auch der Name verschwand. 4 In diesem Lager starb der albanische König Cluilius; an seine Stelle wählten die Albaner einen Diktator, den Mettius Fufetius.

      Tullus, voll Mut, noch mehr bei diesem Todesfall des Königs, und nicht ohne die Bemerkung zu äußern, dass die sichtbare Einwirkung der Götter, die an dem Oberhaupt sich zuerst gezeigt habe, das ganze albanische Volk für den ungerechten Krieg zur Strafe ziehen werde, machte sich dadurch zum angreifenden Teil, dass er sein Heer vor dem albanischen Lager in einer Nacht vorbeiführte und selbst ins albanische Gebiet einfiel. Dies nötigte auch den Mettius zum Aufbruch. 5 Er rückte auch so nahe als möglich an den Feind, von da schickte er einen Gesandten voraus und ließ dem Tullus sagen: Ehe sie eine Schlacht lieferten, wünsche er sich mit ihm zu unterreden. Wenn sich Tullus darauf einlassen wolle, so wären seine Vorschläge gewiss von der Art, dass sie den Römern ebenso wichtig sein müssten wie den Albanern. 6 Tullus ließ, ohne den Antrag zu verwerfen, so unwichtig er ihm auch war, zur Schlacht ausrücken. Gegenüber traten auch die Albaner auf. Als beide Teile in Schlachtordnung dastanden, traten die Feldherren, von einigen Vornehmen


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