Römische Geschichte. Livius Titus

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Römische Geschichte - Livius Titus


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die unter den Sabinern zwischen den zum Krieg und den zum Frieden Ratenden entstand, wandte einen bedeutenden Teil ihrer Kräfte den Römern zu. 4 Attius Clausus nämlich – er führte nachher zu Rom den Namen Appius Claudius –, der von den Aufwieglern zum Krieg für seinen Rat zum Frieden verfolgt wurde und ihrer Partei nicht gewachsen war, nahm von Inregillus im Gefolge einer großen Anzahl seiner Schutzgenossen seine Zuflucht nach Rom. Sie bekamen das Bürgerrecht und jenseits des Anio Ländereien. 5 Der in der Folge durch Aufnahme mehrerer Mitglieder, die aus diesen Ländereien sich einfanden, entstandene Bezirk führt den Namen die Alte Claudische Tribus. Appius, der unter die Väter aufgenommen wurde, genoss bald mit den Ersten des Staates gleiche Achtung. 6 Die Konsuln rückten feindlich ins Sabinerland und verursachten dem Feind durch Verheerung, dann auch in einer Schlacht so großen Schaden, dass von dort aus in langer Zeit keine Erneuerung eines Krieges zu befürchten war, und zogen im Triumph nach Rom zurück.

      7 Im Jahr darauf, unter den Konsuln Menenius Agrippa und Publius Postumius, starb Publius Valerius, allgemein für den ersten Krieger und Staatsmann anerkannt, in sehr großem Ruhm und bei so geringem Vermögen, dass es nicht zu seiner Bestattung hinreichte. Er wurde auf öffentliche Kosten bestattet, und die Frauen betrauerten ihn wie Brutus. 8 In demselben Jahr fielen zwei latinische Kolonien, Pometia und Cora, zu den Aurunkern ab. Die Aurunker wurden bekriegt, ihr großes Heer, welches den einrückenden Konsuln mutig eine Schlacht anbot, geschlagen, und der ganze Aurunkerkrieg zog sich nach Pometia. 9 Auch nach der Schlacht taten die Römer dem Blutvergießen ebenso wenig Einhalt wie im Kampf selbst, obgleich sie weit mehr Feinde erschlagen als gefangen genommen hatten; an vielen Orten machten sie auch die Gefangenen nieder. Ja, als erbitterte Feinde schonten sie nicht einmal der Geiseln, deren sie dreihundert in ihrer Gewalt hatten. Auch in diesem Jahr sah Rom einen Triumph.

      (17) Die folgenden Konsuln, Opiter Verginius und Spurius Cassius, griffen Pometia anfangs mit Sturm, dann mit Schirmdächern und anderen Werken an. 2 Die Aurunker, mehr von unversöhnlichem Hass als durch irgendeine Hoffnung oder gegebene Gelegenheit gereizt, erfüllten bei einem Ausfall, zu dem sich ihrer mehrere mit Fackeln als mit Schwertern bewaffnet hatten, alles mit Mord und Brand, 3 verbrannten die Schirmdächer, verwundeten und erlegten viele Feinde, warfen den einen Konsul – seinen Namen erwähnen die Geschichtsschreiber nicht – schwer verwundet vom Pferd und hätten ihn beinahe getötet. 4 Nach diesem unglücklichen Gefecht kehrte man nach Rom zurück und ließ die vielen Verwundeten nebst dem Konsul, für dessen Leben man nur schwache Hoffnung hatte, im Lager. Nach Verlauf von einiger Zeit, welche die Heilung der Wunden und Ergänzung des Heeres erforderte, wurde jetzt mit größerer Erbitterung und verstärkter Macht der Angriff auf Pometia erneuert; 5 und schon fehlte nach Herstellung der Schirmdächer und der übrigen Sturmgerüste weiter nichts, als dass man den Soldaten die Mauern ersteigen ließ: Da ergab sich die Stadt. 6 Allein der Übergabe ungeachtet wurde sie mit derselben Härte behandelt, als wenn sie erstürmt wäre; die vornehmsten Aurunker ohne Unterschied wurden enthauptet, die Bürger der Kolonien hingegen als Sklaven verkauft, die Stadt zerstört, die Länderei käuflich weggegeben. 7 Die Konsuln verdankten die Ehre eines Triumphes mehr der nachdrücklichen Rache, die sie dem Zorn der Römer gewährt hatten, als der Größe des vollendeten Krieges.

      (18) Das folgende Jahr hatte den Postumus Cominius und Titus Lartius zu Konsuln. 2 In diesem Jahre kam es zu Rom bei einem Auflauf über den Mutwillen einiger junger Sabiner, welche bei Gelegenheit der öffentlichen Spiele sich mit Gewalt liederlicher Dirnen bemächtigten, zu einer Schlägerei und beinahe zu einer Schlacht; und aus dieser Kleinigkeit schien ein neuer Krieg hervorgehen zu wollen. 3 Mit dieser Besorgnis vor einem Sabinerkriege verband sich auch die völlige Gewissheit, dass auf Betreiben des Octavius Mamilius schon dreißig Völker sich gegen Rom verschworen hätten. 4 In der allgemeinen Ratlosigkeit, mit der man den wichtigsten Auftritten entgegensah, kam die Wahl eines Diktators zum ersten Mal in Vorschlag; man weiß aber nicht gewiss, in welchem Jahr, und wer die Konsuln waren, in die man als Anhänger der Tarquinier ein Misstrauen setzte – denn auch dies findet sich angegeben –, noch wer der erste Diktator war. 5 Indessen finde ich bei den ältesten Geschichtsschreibern den Titus Lartius als den Ersten angegeben, den man zum Diktator wählte, und den Spurius Cassius als seinen Magister Equitum.26 Man nahm dazu zwei Konsularen; so bestimmte es das über die Wahl eines Diktators gegebene Gesetz. 6 Um so mehr bin ich geneigt, zu glauben, dass man es für passender gehalten habe, den Spurius Lartius, einen Konsular,27 den Konsuln zum Aufseher und Anführer zu setzen, als Manius Valerius, des Marcus Sohn und Volesus’ Enkel, der noch nicht Konsul gewesen war. 7 Und hätte man durchaus den Diktator aus dieser Familie nehmen wollen, so hätte man doch weit eher den Vater Marcus Valerius genommen, einen Mann von bewährtem Verdienst und gewesenen Konsul.

      8 Als so zum ersten Mal in Rom ein Diktator ernannt war, gerieten die Bürger beim Anblick der aufgesteckten Beile28 in eine solche Furcht, dass sie sich’s weit mehr angelegen sein ließen, aufs Wort zu gehorchen. Denn hier fand nicht wie bei den Konsuln, welche beide gleiche Macht hatten, Schutz von Seiten des Nebenkonsuls oder Ansprache ans Volk, und überhaupt kein anderes Hilfsmittel statt, als aufs Gehorchen bedacht zu sein. 9 Auch die Sabiner setzte die Wahl eines Diktators zu Rom umso mehr in Furcht, als sie geglaubt hatten, er sei ihretwegen gewählt. Sie ließen also durch Gesandte auf Frieden antragen. 10 Auf ihre Bitte beim Diktator und Senat, sie möchten jungen Leuten einen Fehltritt verzeihen, bekamen sie zur Antwort, Jünglingen könne man verzeihen, nicht aber alten Leuten, welche einen Krieg nach dem andern unternähmen. 11 Doch kam es zu Unterhandlungen, und die Sabiner hätten den Frieden erlangt, wenn sie, wie man verlangte, sich dazu bequemt hätten, die schon auf den Krieg gewandten Kosten zu tragen. Man gab ihnen die Kriegserklärung, doch verlief bei einem nicht verabredeten Waffenstillstand das Jahr.

      (19) Konsuln waren jetzt Servius Sulpicius und Manius Tullius. Es fiel nichts Merkwürdiges vor; darauf Titus Aebutius und Caius Vetusius. 2 Unter diesen Konsuln wurde Fidenae belagert, Crustumeria erobert, Praeneste fiel von den Latinern an die Römer ab, und der Latinische Krieg, der schon mehrere Jahre unter der Asche glomm, wurde nicht länger verschoben. 3 Der Diktator Aulus Postumius und der Magister Equitum Titus Aebutius, die mit einer bedeutenden Macht zu Fuß und zu Pferd ausrückten, trafen den Feind am See Regillus im tuskulanischen Gebiet, 4 und als man erfuhr, dass sich im Heer der Latiner die Tarquinier befänden, gestattete die Erbitterung keinen längeren Aufschub des Angriffs. 5 So wurde denn die Schlacht viel hartnäckiger und schrecklicher als sonst. Denn auch die Feldherren schienen nicht bloß darum hier zu sein, das Ganze durch Übersicht zu lenken, sondern sie ließen sich, mit Aussetzung ihrer Person, auf Kämpfe untereinander ein; und in beiden Heeren schied fast kein Anführer ohne Wunde aus dem Kampf, den römischen Diktator Postumius ausgenommen. 6 Auf ihn, als er in der vorderen Reihe die Seinen ermunterte und ordnete, sprengte Tarquinius der Stolze, war er gleich an Jahren und Kraft nicht mehr der gewandte Tümmler, geradeswegs los, wurde aber von der Seite her verwundet und von den herbeieilenden Seinen in Sicherheit gebracht. 7 Auf dem andern Flügel hatte der Magister Equitum Aebutius einen Angriff auf Octavius Mamilius gemacht. Der tuskulanische Feldherr sah ihn kommen, spornte fein Pferd auch gegen ihn, 8 und sie trafen mit eingelegter Lanze so kräftig zusammen, dass Aebutius einen Stich durch den Arm, Mamilius eine Wunde auf der Brust bekam. 9 Und ihn nahmen die Latiner ins zweite Glied auf, Aebutius aber, der mit seinem wunden Arm die Lanze nicht führen konnte, verließ den Kampfplatz. 10 Der latinische Feldherr ließ sich durch seine Wunde nicht abhalten, fuhr fort, zum Kampf zu treiben, und weil er bei den Seinen Mutlosigkeit bemerkte, ließ er die Schar anrücken, die aus verbannten Römern bestand und den Titus, den Sohn des Tarquinius, zum Anführer hatte. Den Verlust ihrer Güter und ihres Vaterlandes zu rächen, kämpfte sie mit größerer Erbitterung und stellte das Gefecht eine Zeitlang wieder her.

      (20) Schon wichen die Römer auf dieser Seite, als Marcus Valerius, des Publicola Bruder, den verwegenen Königssohn Tarquinius bemerkte, wie er an der Spitze der Vertriebenen sich ein Ansehen gab. Wetteifernd mit dem Ruhm seines Bruders und den Valeriern die Ehre zu erwerben, 2 die durch sie vertriebenen Könige auch erlegt zu haben, gab er seinem Pferd die Sporen und sprengte mit eingelegter Lanze gegen Tarquinius an. 3 Tarquinius wich vor dem erbitterten Feind in den Haufen der Seinigen. Den zu unvorsichtig in die Linie der Vertriebenen eindringenden Valerius nahm einer von der Seite und durchstach ihn, und das Pferd, durch die Verwundung seines Reiters nicht im Mindesten aufgehalten, streckte den sterbenden Römer, über dem seine Waffen zusammenstürzten, zur Erde.

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